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|title=Entwicklung eines Software-Prototyps zur automatischen Erstellung nutzerspezifischer ETL-Dokumentation: Ein Fallbeispiel für gestaltungsorientierte, problemzentrierte Forschung
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==Entwicklung eines Software-Prototyps zur automatischen Erstellung nutzerspezifischer ETL-Dokumentation: Ein Fallbeispiel für gestaltungsorientierte, problemzentrierte Forschung==
Entwicklung eines Software-Prototyps zur automatischen
Erstellung nutzerspezifischer ETL-Dokumentation:
Ein detailliertes Fallbeispiel für gestaltungsorientierte,
problemzentrierte Forschung
Marcus Hofmann, Robert Krawatzeck, Frieder Jacobi
Technische Universität Chemnitz
Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Professur Wirtschaftsinformatik II
Abstract
Die Durchführung von rigoroser und relevanter gestaltungsorientierter Forschung (engl.
Design Science Research, DSR) gewinnt in der Wirtschaftsinformatik international an
Akzeptanz und Bedeutung. Der vorliegende Beitrag verfolgt das Ziel, das Verständnis von
DSR in der Wirtschaftsinformatik zu schärfen und DSR-Erfahrungen mit der Community
zu teilen. Dafür wird ein Fallbeispiel, das ein umfangreiches, mit DSR durchgeführtes
Forschungsprojekt zum Gegenstand hat, detailliert beschrieben und anschließend kritisch
diskutiert.
1 Einleitung
Die gestaltungsorientierte Herangehensweise zur Problemlösung findet in der deutschen
Wirtschaftsinformatik seit jeher Anwendung (Österle et al., 2010) und wird zunehmend
im angelsächsischen Raum befürwortet (Chen, 2011). Die von Hevner et al. (2004) vor-
geschlagenen Leitsätze sowie der von Peffers et al. (2007) angegebene Prozess für die
Durchführung von rigoroser und relevanter gestaltungsorientierter Forschung (engl. De-
sign Science Research, DSR) verhalf dem gestaltungsorientierten Problemlösungsansatz
zur internationalen Akzeptanz.
Sowohl Hevner et al. (2004) als auch Peffers et al. (2007) nutzen in ihren Veröffentli-
chungen abgeschlossene und veröffentlichte Forschungsprojekte, um die Umsetzbarkeit
und die Anwendung ihrer entwickelten Ergebnisse zu demonstrieren. Hevner et al. geben
hierfür drei Beispiele an und veranschaulichen jeweils rückwirkend, wie diese die sieben
22 Marcus Hofmann, Robert Krawatzeck, Frieder Jacobi
vorgeschlagenen DSR-Leitsätze befolgt haben. Peffers et al. demonstrieren ebenfalls
rückwirkend für die vier möglichen Forschungseinstiegspunkte („problemzentriert“,
„zielstellungzentriert“, „entwurfs- und entwicklungszentriert“ sowie „initiiert durch Auf-
traggeber/Kontext“) die Anwendung der DSR-Forschungsaktivitäten mithilfe eines Fall-
beispiels. Der Einsatz von Fallbeispielen1 veranschaulicht die Anwendung von DSR und
erhöht das DSR-Verständnis (Hevner et al., 2004; Peffers et al., 2007).
Die von Peffers et al. (2007) präsentierte DSR-Demonstration leistet einen Beitrag zur
Steigerung des DSR-Verständnisses, geht aber aufgrund der nachträglich zugeordneten
DSR-Forschungsaktivitäten sowie der kompakten Darstellung der Fallbeispiele (jedes
Forschungsprojekt wird auf maximal drei Seiten erläutert) aus Sicht der Autoren nicht
genügend in die Tiefe und öffnet somit einen Interpretationsspielraum.
Um das DSR-Verständnis weiter zu schärfen, präsentiert der vorliegende Beitrag daher
zunächst ein detailliertes DSR-Fallbeispiel, in dem ein abgeschlossenes Forschungspro-
jekt präsentiert wird, welches den DSR-Prozess vollständig durchlaufen hat (Kapitel 2).
Die Struktur des Fallbeispiels orientiert sich an dem Vorgehen von Peffers et al. (2007).
Abschließend folgt eine kritische Diskussion, in der dargelegt wird, inwiefern das Vorge-
hen des präsentierten Forschungsprojektes anzupassen ist, um die Rigorosität des DSR-
Forschungsergebnisses zu steigern (Kapitel 3).
2 DSR-Fallbeispiel „Computer-Aided Data Warehouse Engineering“
Das Forschungsprojekt „Computer-Aided Data Warehouse Engineering“ (CAWE) der
Technischen Universität Chemnitz hatte mit einer Laufzeit von 3 Jahren (August 2010 bis
Juli 2013) die Entwicklung eines modellgetriebenen Vorgehens zur Unterstützung des
Lebenszyklus von Business-Intelligence-Systemen (BI-Systemen) zum Forschungsgegen-
stand. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Forschungsarbeit lag in der Entwicklung eines
Software-Prototyps zur automatischen Erzeugung von Dokumentation für Extraktions-,
Transformations- und Ladeprozesse (ETL-Prozesse) innerhalb bestehender BI-Systeme
(Re-Dokumentation). Ausschlaggebend für die Entwicklung dieses Prototyps war eine zu
Projektbeginn durchgeführte Umfrage (Gluchowski et al., 2011; Hofmann et al., 2012),
welche einen entsprechenden Bedarf identifizierte. Das CAWE-Projekt ist demnach ein
Fallbeispiel für DSR-Forschung mit einem problemzentrierten Einstiegspunkt in die For-
schungsaktivitäten.
1 Im Rahmen dieses Beitrages wird der Begriff „Fallbeispiel“ für die Bezeichnung von beispielhaften Anwen-
dungsfällen (engl. Use Cases) verwendet und ist vom Begriff „Fallstudie“ (engl. Case Study) abzugrenzen.
Automatische Erstellung nutzerspezifischer ETL-Dokumentation 23
Dieses Kapitel beschreibt das Vorgehen und die Ergebnisse des Projektes anhand der von
Peffers et al. (2007) bezüglich des DSR-Prozesses vorgeschlagenen Aktivitäten.
2.1 Aktivität 1: Problemidentifikation und Motivation
Problemidentifikation
Eine in 2011 von CAWE durchgeführte Umfrage unter 119 Unternehmen hat ergeben,
dass BI-Systeme gar nicht oder nur unzureichend dokumentiert werden (Gluchowski et
al., 2011; Hofmann et al., 2012). BI-Architekturkomponenten werden lediglich von
36,1% der Befragten dokumentiert. Für den Fall, dass diese dokumentiert werden, betrifft
das zu 79,1% die Berichte und Reports. Das Schlusslicht bilden ETL-Prozesse mit einer
Dokumentationshäufigkeit von 53,5%.
Ferner wurde gezeigt, dass die Dokumentation häufig nur einmalig in der Entwurfs- oder
der Entwicklungsphase der Systeme erfolgt. Das Aufwand-Nutzen Verhältnis für die
Erstellung von Dokumentation wurde von den befragten Unternehmen ungünstig bewer-
tet. So schätzten lediglich 48% der Umfrageteilnehmer den durch Dokumentation gestif-
teten Nutzen höher ein als den dadurch verursachten Aufwand. Als Gründe dafür wurden
z.B. (I) der hohe personelle Aufwand bei der Dokumentationserstellung, (II) die zu gerin-
ge Haltbarkeit (sinkende Aktualität vorhandener Dokumentation im Zeitverlauf) sowie
(III) die fehlende strukturelle und inhaltliche Eignung der Dokumentation für unter-
schiedliche Nutzergruppen genannt.
Motivation
Mit Hilfe der Literatur motivierte CAWE die Relevanz von ETL-Dokumentationen, in
dem es den möglichen Nutzen für verschiedene Adressatengruppen herleitete (Jacobi et
al., 2012). Da die ETL-Prozessmodellierung bis zu 80% der Entwicklungszeit in Data-
Warehouse-Projekten in Anspruch nimmt (Greenfield, 1996), ist die Dokumentation von
ETL-Prozessen – welche zudem laut Umfrage am seltensten dokumentiert werden – von
besonderem Interesse. Von einer ETL-Dokumentation profitieren Entwickler und Unter-
nehmen wie folgt.
Entwickler erhalten Informationen über den aktuellen technischen Aufbau des Systems,
wodurch das Umsetzen von Änderungen und Erweiterungen erleichtert wird.
Unternehmen profitieren von stets aktueller Dokumentation durch Kosteneinsparungen,
die sich u.a. aus folgenden Punkten ergeben:
24 Marcus Hofmann, Robert Krawatzeck, Frieder Jacobi
durch eine verbesserte Qualität und daraus resultierender gewonnener Zeit, die
bisher benötigt wurde, um mangelhaft dokumentierte Systeme zu verstehen (Chi-
kofsky & Cross, 1990),
neue Mitarbeiter bekommen die Möglichkeit, sich schneller in die Systeme ein-
zuarbeiten, um diese produktiv nutzen zu können und
Expertenwissen liegt in expliziter Form vor, wodurch beim Ausscheiden von
Wissensträgern keine mit hohem Aufwand zu füllende Wissenslücke entsteht.
2.2 Aktivität 2: Beschreibung der Zielstellungen
Im Zuge der Ausarbeitung der Problemstellung identifizierte CAWE folgende Punkte, die
dafür verantwortlich sind, dass Unternehmen ETL-Prozesse nicht bzw. nur unzureichend
dokumentieren: (I) zu hoher personeller Aufwand, (II) zu geringe Haltbarkeit und (III)
fehlende strukturelle und inhaltliche Eignung für verschiedene Nutzergruppen.
Aus diesen wurden die Zielstellungen abgeleitet, welche eine nutzenbringende Dokumen-
tation zu erfüllen hat:
(I) kostengünstige Erstellung,
(II) hochwertige Qualität und
(III) nutzerspezifische Struktur und Inhalt.
Bei einer Analyse des Softwaremarktes wurde kein Werkzeug gefunden, das eine umfas-
sende Dokumentation von ETL-Prozessen unterstützt und dabei die genannten Zielstel-
lungen abdeckt (Jacobi et al., 2012). Daher verfolgte CAWE das Forschungsziel, einen
Software-Prototyp (im Sinne des DSR-Artefakttyps „Instanziierung“ (March & Smith,
1995; Hevner et al, 2004)) zu entwickeln, der die Dokumentation von ETL-Prozessen
unter Berücksichtigung der hergeleiteten Zielstellungen unterstützt.
2.3 Aktivität 3: Entwurf und Entwicklung
Entwurf einer Lösung ausgehend von den Zielstellungen
Nachdem Gluchowski & Kurze (2010) bereits gezeigt haben, dass der Aufwand für die
Erstellung von Dokumentation für multidimensionale Datenstrukturen (Spezifika der
Datenhaltungskomponenten) durch den Einsatz von automatisierten Dokumentationspro-
zessen um bis zu 75% gesenkt werden kann, wurde auf eine automatisierte Lösung zur
Erfüllung von Anforderung I des Forschungsziels gesetzt.
Automatische Erstellung nutzerspezifischer ETL-Dokumentation 25
Anschließend blieb zu klären, durch welche Eigenschaften sich eine qualitativ hochwerti-
ge Dokumentation (Anforderung II) auszeichnet. Nach Wallmüller (Wallmüller, 2001) ist
eine hochwertige Dokumentation durch folgende acht Merkmale gekennzeichnet:
„Änderbarkeit: Eignung von Dokumenten zur Ermittlung aller von einer Ände-
rung betroffenen Dokumententeile und zur Durchführung der Änderung.
Aktualität: Übereinstimmung der Beschreibung des Programms in der Dokumen-
tation mit dem jeweils geltenden Zustand des Programms.
Eindeutigkeit: Eignung von Dokumenten zur unmissverständlichen Vermittlung
von Information an jeden Leser.
Identifizierbarkeit: Eindeutige Ansprechbarkeit der Teile von Dokumenten, die
Angaben zu einem abgegrenzten Sachverhalt geben, die den Leser interessieren.
Normkonformität: Erfüllung der für die Erstellung von Dokumenten geltenden
Vorschriften und Normen.
Verständlichkeit: Eignung von Dokumenten zur erfolgreichen Vermittlung der
darin enthaltenen Informationen an einen sachkundigen Leser.
Vollständigkeit: Vorhandensein der für den Zweck der Dokumentation notwendi-
gen und hinreichenden Informationen [hinreichende Informationen liegen dann
vor, wenn ein Dokument so wenig Informationen wie möglich, aber dennoch alle
zur Erfüllung des Dokumentzwecks nötigen Informationen beinhaltet; Anm. d.
A.].
Widerspruchsfreiheit: Nichtvorhandensein von einander entgegenstehenden Aus-
sagen im Dokument.“
Um Anforderung III des Forschungsziels im Sinne einer geeigneten Präsentation des Do-
kumentationsinhalts zu erfüllen, empfiehlt (Wallmüller, 2001) verschiedene, an den Ziel-
gruppeninteressen ausgerichtete, Instanzen der Dokumentation zu erstellen.
Da nicht alle von Wallmüller vorgeschlagenen Dokumentationsmerkmale in Abhängig-
keit von der Nutzergruppe verschieden ausgeprägt sein müssen, wurde in Forward &
Lethbridge (2002) und Krawatzeck et al. (2011) eine Unterteilung der Merkmale von
hochwertiger Dokumentation in zielgruppenabhängige (nach Forward & Lethbridge
(2002) als Dokumentattribute bezeichnet) und zielgruppenunabhängige Merkmale (so
genannte Erstellungsprozessattribute (Krawatzeck et al., 2011)) vorgenommen. Demnach
zählen die Merkmale Eindeutigkeit, Verständlichkeit und Vollständigkeit in die Rubrik
der zielgruppenabhängigen Attribute (Dokumentattribute), wohingegen die Qualitäts-
26 Marcus Hofmann, Robert Krawatzeck, Frieder Jacobi
merkmale Änderbarkeit, Aktualität, Identifizierbarkeit, Normkonformität und Wider-
spruchsfreiheit unabhängig von individuellen Bedürfnissen sind.
Die zu dokumentierenden ETL-Prozesse beinhalten bereits einen großen Teil der für die
Erstellung einer Dokumentation nötigen Informationen in Form von Quelltext (Forward
& Lethbridge, 2002). Für den Bereich Data Warehouse Engineering angepasste modell-
getriebene Softwareentwicklungsansätze (Kurze, 2011; Mazón & Trujillo, 2008) beinhal-
ten zudem – über die im Quelltext enthaltenen Informationen hinaus – weitere für die
Erstellung von nutzerspezifischer Dokumentation erforderliche Informationen, die aus
Metadaten über die verschiedenen Anwendungen gewonnen und in maschinenlesbaren
Modellen abgelegt werden. Durch die automatisierte Erzeugung von ETL-Dokumentation
direkt aus den vorliegenden Modellen werden bis auf Normkonformität alle Erstellungs-
prozessattribute erfüllt (Krawatzeck et al., 2011):
Änderbarkeit und Aktualität: die Automatisierung erlaubt es, Systemänderungen
jederzeit durch eine Neugenerierung der Dokumentation mit minimalem Perso-
nalaufwand zu veröffentlichen und damit aktuell zu halten,
Identifizierbarkeit: durch die verfügbaren Metadaten ist es möglich, Zusammen-
hänge zwischen einzelnen Objekten, die im Quelltext u.U. nicht abbildbar sind, in
der Dokumentation wiederzugeben und
Widerspruchsfreiheit: durch die automatische Erzeugung von Dokumentation aus
Modellen wird in der Dokumentation genau der Grad an Widerspruchsfreiheit
abgebildet, der in den Modellen vorliegt.
Des Weiteren erlaubt die Verwendung eines generischen Dokumentenformatstandards
(bspw. DITA (Darwin Information Typing Architecture) (DITA, o.J.) oder DocBook
(DocBook, o.J.)) als zentrales Zwischenformat bei der Erstellung der Zielausgabeformate
die Einhaltung der Struktur- und Inhaltsvorgaben der ISO-IEC 26514 für Benutzerdoku-
mentation (International Organization for Standardization, 2008), und erfüllt damit das in
(Krawatzeck et al., 2011) nicht betrachte Erstellungsprozessattribut Normkonformität.
Um die Dokumentation nutzerspezifisch zu generieren, müssen die bereits vorhandenen
Modelle um eine Konfigurationsmöglichkeit bei der Verknüpfung von Informationen
erweitert werden. Diese Konfiguration ist in das modellgetriebene Vorgehen eingebettet,
was im Ergebnis dazu führt, dass sie ebenfalls in Form von Modellen vorliegt. Über die-
sen Konfigurationsansatz wird es möglich, die bereitgestellten Inhalte (beeinflusst die
Dokumentattribute Vollständigkeit und Eindeutigkeit), das Layout und das Ausgabefor-
mat (beeinflussen Verständlichkeit) der Dokumentation nutzerspezifisch anzupassen.
Automatische Erstellung nutzerspezifischer ETL-Dokumentation 27
Die dargestellten Überlegungen und Designentscheidungen (Automatisierung durch An-
wendung der modellgetriebenen Softwareentwicklung, Verwendung eines Dokumenten-
formatstandards und Schaffen von Konfigurationsmöglichkeiten) führten zum Entwurf
eines Architektur-Frameworks (ein Modell im Sinne der DSR (March & Smith, 1995;
Hevner et al., 2004)), welches die Architektur der gesuchten Lösung beschreibt (vgl. Ab-
bildung 1). Für eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Komponenten des Architek-
tur-Frameworks sei der interessierte Leser auf (Jacobi et al., 2012) verwiesen.
Abbildung 1: Architektur-Framework zur automatischen Erstellung nutzerspezifischer
ETL-Dokumentation (Jacobi et al., 2012)
Entwicklung der Lösung
Das in Abbildung 1 dargestellte Framework wurde mit Hilfe des Eclipse Modeling
Frameworks in Form des Software-Prototypen „DW Documenter“ implementiert.
28 Marcus Hofmann, Robert Krawatzeck, Frieder Jacobi
2.4 Aktivität 4: Demonstration
Zur Demonstration des DW Documenters wurden für verschiedene Plattformen kleinere,
von Praxispartnern bereitgestellte ETL-Prozesse dokumentiert. So konnte nachgewiesen
werden, dass die entworfene Lösung in der Lage ist (Krawatzeck et al., 2012):
ETL-Prozesse automatisiert zu dokumentieren,
detaillierte Informationen über Variablen sowie deren Lese- und Schreibzugriffe
anzugeben (vgl. Abbildung 2, links),
detaillierte Informationen über die bearbeiteten Felder einer Aktivität anzugeben,
vollständige Lineage- & Impact Analyse pro Feld (vgl. Abbildung 2, rechts)
durchzuführen und
verschiedene Ausgabeformate wie Wiki-Seiten und PDF-Dokumente (vgl. Abbil-
dung 2 und 3) zu erzeugen.
Abbildung 2: Mit DW Documenter erzeugte Dokumentation eines mit SSIS erstellten
ETL-Prozesses im MediaWiki-Format (Krawatzeck et al., 2012),
(Hyperlinks sind heller dargestellt).
2.5 Aktivität 5: Evaluation
Eine Möglichkeit zur Evaluation von Artefakten besteht nach Hevner et al. (2004) darin,
den erzeugten Nutzen der Artefakte mit dem Nutzen von anderen Artefakten, die dasselbe
Problem lösen, zu vergleichen. Eine vergleichende Evaluation des DW Documenters
(genauer: des entworfenen Architektur-Frameworks) mit anderen Softwareprodukten,
welche im Rahmen der Analyse des Softwaremarktes identifiziert wurden (vgl. Aktivität
Automatische Erstellung nutzerspezifischer ETL-Dokumentation 29
Abbildung 3: Mit DW Documenter erzeugte Dokumentation eines mit n³ DataWarehou-
seBuilder erstellten ETL-Prozesses im PDF-Format inklusive grafischer Notation für die
logische ETL-Prozessbeschreibung (Hyperlinks sind heller dargestellt).
2), war nicht möglich. Zielführend war hingegen ein Vergleich der durch die Softwarelö-
sungen erzeugten Zielartefakte (ETL-Dokumentation). Die Grundlage für den Vergleich
bilden die in Aktivität 2 definierten und in Aktivität 3 spezifizierten Zielstellungen:
I. Erstellung von kostengünstiger Dokumentation,
II. Einhaltung der acht Merkmale von qualitativ hochwertiger Dokumentation (Do-
kument- und Erstellungsprozessattribute) und
III. Bereitstellung von Möglichkeiten zur nutzerspezifischen Konfiguration.
Durch die Einschränkung auf automatisierte Lösungsansätze zur Dokumentationserstel-
lung unterstützen alle zur Untersuchung herangezogenen Softwarewerkzeuge – inkl. des
30 Marcus Hofmann, Robert Krawatzeck, Frieder Jacobi
DW Documenters – eine kostengünstige Erstellung von Dokumentation (Zielstellung I)
und erfüllen die Erstellungsprozessattribute (erster Aspekt von Zielstellung II).
Allerdings konnte der DW Documenter durch eine tiefgehende Metadatenanalyse signifi-
kante Verbesserungen im Bereich der Dokumentattribute (zweiter Aspekt von Zielstel-
lung II) erzielen.
Weiterhin konnte festgestellt werden, dass der Prototyp DW Documenter als einziges
Werkzeug die Möglichkeit zur nutzerspezifischen Konfiguration unterstützt (Zielstellung
III). Durch diese lassen sich nicht nur die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen ab-
decken, sondern auch nutzerspezifische Verbesserungen im Bereich der Dokumentattri-
bute erzielen:
Konfiguration des Inhalts (beeinflusst Vollständigkeit und Eindeutigkeit),
Konfiguration des Layouts (beeinflusst Verständlichkeit) und
Konfiguration des Ausgabeformats (beeinflusst Verständlichkeit).
Die dargestellte Argumentation bezüglich der Zielattribute macht deutlich, dass der DW
Documenter den untersuchten Dokumentationslösungen im Bereich ETL überlegen ist.
2.6 Aktivität 6: Kommunikation der (Zwischen-)Ergebnisse
Um der Bedeutung der einzelnen DSR-Aktivitäten in Hinblick auf ein relevantes Gesamt-
ergebnis Rechnung zu tragen (Gregor & Hevner, 2013), wurden die Zwischenergebnisse
wie folgt in der wissenschaftlichen Gemeinschaft publiziert und frühzeitig zur Diskussion
gestellt:
Aktivität 1: Gluchowski et al. (2011), Hofmann et al. (2012),
2 und 3: Jacobi et al. (2012) und
Aktivität 4: Krawatzeck et al. (2012).
Das vorliegende Paper fasst die Ergebnisse der DSR-Aktivitäten als Fallbeispiel zusam-
men und ergänzt die bisherigen Veröffentlichungen um die Aktivität 5 „Evaluation“.
Neben der Veröffentlichung innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft wurden die
Projektergebnisse in Form eines Fachvortrags auf einer praxisorientierten Konferenz
(Hofmann et al, 2011) sowie im Rahmen eines Messebesuches (CeBIT‘2012) der Praxis
kommuniziert.
Automatische Erstellung nutzerspezifischer ETL-Dokumentation 31
3 Kritische Diskussion
Die detaillierte Beschreibung des DSR-Fallbeispiels CAWE demonstriert, dass der DSR-
Prozess nach Peffers et al. (2007) erfolgreich umgesetzt werden kann. Trotz erfolgrei-
chem Durchlauf des DSR-Prozesses inkl. Kommunikation der Ergebnisse beinhaltet das
CAWE-Beispiel Verbesserungspotential, welches im Folgenden diskutiert und in zukünf-
tigen DSR-Projekten berücksichtigt werden kann.
Im Rahmen der dritten Aktivität „Entwurf einer Lösung“ sollte zur Darstellung von Mo-
dellen (betrifft im CAWE-Beispiel das Architektur-Framework) auf standardisierte Spra-
chen zurückgegriffen werden. Durch die Verwendung von standardisierten Sprachen wird
ein gemeinsames Grundverständnis sichergestellt und die eigentliche Lösung kann auf
einer standardisierten Basis (beispw. mit Gutachtern) diskutiert werden. Ist zur Darstel-
lung eines spezifischen Problems bzw. einer spezifischen Lösung keine standardisierte
Sprache vorhanden, sollten zunächst die dafür notwendigen Konstrukte (DSR-
Artefakttyp) eigenständig entwickelt werden (identifizierte Forschungslücke; Anwendung
von DSR möglich).
Findet die Demonstration von DSR-Ergebnissen in Zusammenarbeit mit Praxispartnern
statt, empfiehlt es sich, diese als Interviews zu führen und zu dokumentieren. Zeigt sich
im Rahmen dieser Demonstration, dass Zielstellungen noch verfeinert werden müssen,
dienen die dokumentierten Gespräche als Nachweis für die notwendigen Anpassungen.
Ferner können diese nach dem erneuten Durchlauf eines „Generate/Test Cycle“ (vgl.
Hevner et al., 2004) als Motivation für das Publizieren von verbesserten DSR-
Ergebnissen genutzt werden. Im Rahmen der Demonstration des DW Documenters wurde
beispielsweise der Bedarf an Metadatenanalysen für Lineage- und Impact-Angaben iden-
tifiziert (verbessert „Vollständigkeit“ einer ETL-Dokumentation) und im nächsten Iterati-
onsschritt im Architektur-Framework berücksichtigt. Die Publikation des verbesserten
Frameworks war aufgrund fehlender Transparenz nicht möglich, da die Praxisanforde-
rungen nicht dokumentiert wurden und somit nicht als Motivation für eine erneute Iterati-
on angegeben werden konnten.
Des Weiteren empfiehlt es sich, bereits im Rahmen der Aktivität 2 Metriken zu definie-
ren, welche eine Messung der aufgestellten Zielstellungen erlauben. Diese Metriken er-
möglichen es, eine quantitative und somit eindeutige Evaluation (Aktivität 5) durchzufüh-
ren. Ein Ausweichen auf die im CAWE-Beispiel angewendete argumentative Evaluation
ist somit hinfällig.
Abschließend sei auf die Publikation von Gregor & Hevner (2013) verwiesen, welche für
die erfolgreiche Kommunikation von DSR-Ergebnissen (Aktivität 6) ein „DSR know-
32 Marcus Hofmann, Robert Krawatzeck, Frieder Jacobi
ledge contribution framework“ sowie ein „DSR communication schema“ bereitstellt.
Diese vielversprechenden Kommunikationshinweise wurden erst nach Abschluss des
CAWE-Projektes veröffentlicht und konnten daher nicht berücksichtigt werden.
4 Anmerkungen
Das „Computer-Aided Data Warehouse Engineering“ (CAWE) Projekt, in dessen Rah-
men der vorliegende Beitrag entstanden ist, wird mit Mitteln des ESF und des Freistaates
Sachsen gefördert.
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