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==Lernziele für die Kompetenzentwicklung auf höheren Taxonomiestufen==
Lernziele für die Kompetenzentwicklung auf höheren Taxonomiestufen Veronika Thurner, Axel Böttcher, Kathrin Schlierkamp, Daniela Zehetmeier Fakultät für Informatik und Mathematik, Hochschule München. @hm.edu Zusammenfassung tages wurde deutlich, dass zwischen den fachlichen Nach unserer eigenen Lehrerfahrung ebenso wie der und den nicht-fachlichen Kompetenzen gewisse Ab- von zahlreichen Kolleginnen und Kollegen fällt es vie- hängigkeiten bestehen. Insbesondere beobachten wir, len Studierenden in MINT-Fächern schwer, höhere dass ausgewählte Schlüsselkompetenzen wie z. B. das Kompetenzebenen gemäß der überarbeiteten Lern- abstrakte Denken oder die Fähigkeit zur Selbstreflexi- zieltaxonomie von Bloom (Anderson u. a., 2001) zu on mit einem gewissen Reifegrad in den Studierenden erreichen. Als Grundlage für die Konzeption von Lehr- ausgebildet sein müssen, bevor sie hochwertige fachli- /Lernmethoden, die für die Entwicklung dieser höhe- che Kompetenzen überhaupt entwickeln können. ren Kompetenzebenen förderlich sind, definieren wir Nicht alle Studierenden bringen jedoch diese er- detaillierte Lernziele für die entsprechenden fachli- forderlichen Schlüsselkompetenzen in ausreichendem chen Kompetenzen. Diese ergänzen wir um Lernziel- Maße mit, sondern müssen diese erst im Laufe ihres definitionen für diejenigen Schlüsselkompetenzen, die Studiums entwickeln. Daher ist es notwendig und sinn- eine essenzielle Voraussetzung dafür sind, dass diese voll, für ausgewählte Schlüsselkompetenzen ebenfalls fachlichen Kompetenzen auf der gewünschten Stufe Lernziele auf den verschiedenen Kompetenzebenen zu überhaupt entwickelt werden können. definieren, um greifbar zu machen, welche Fähigkei- ten hier konkret erwartet werden bzw. zu entwickeln sind. Motivation Heutzutage müssen gute Softwerker mit anspruchsvol- Zielsetzung len Jobs in der Lage sein, in einem komplexen Umfeld und unterschiedlichsten Kontexten sicher zu agieren. Um unsere Studierenden angemessen auf ihr späte- Dafür müssen Sie sowohl über eine Fülle von nicht- res Arbeitsleben vorzubereiten, streben wir an, ihre fachlichen Kompetenzen verfügen als auch fachlich fachlichen Kompetenzen bis hin zu den hochwertigen hochqualifiziert sein (Böttcher u. a., 2011). kognitiven Ebenen zu entwickeln. Dazu definieren wir Um diesen fachlichen Anforderungen gerecht zu für die Pflichtveranstaltungen „Softwareentwicklung 1 werden, müssen die Studierenden hochwertige kog- und 2“ aus dem ersten und zweiten Fachsemester der nitive Fähigkeiten entwickeln, die weit darüber hin- Studiengänge Bachelor Informatik und Bachelor Wirt- aus gehen, einfach nur irgendwelches Wissen aus- schaftsinformatik fachliche Lernziele auf unterschied- wendig zu lernen und in der Prüfung wiederzuge- lich anspruchsvollen Kompetenzebenen. ben (Schaper u. a., 2012) (Bulimie-Lernen). Diese hö- Des Weiteren definieren wir Lernziele für ausgewähl- heren Kompetenzebenen werden jedoch nicht ganz te Schlüsselkompetenzen, die für die Entwicklung der von alleine erreicht, sondern erfordern geeignete Lehr- höherwertigen fachlichen Lernziele essenziell erfor- /Lernansätze, die die angestrebten Kompetenzebenen derlich sind. Diese Lernziele sind die Grundlage für gezielt entwickeln. die Konzeption von Lehrmethoden und Interventio- nen, die den Auf- und Ausbau dieser zentralen Schlüs- Grundlage für die Konzeption solcher Lehrmetho- selkompetenzen in den Studierenden gezielt fördern. den ist die detaillierte Definition von entsprechenden Lernzielen, die genau beschreiben, was denn eigent- lich eine bestimmte Fähigkeit auf einer bestimmten State of the Art Kompetenzebene ausmacht. Diese muss insbesondere Orientiert an (Schott u. Ghanbari, 2009) verstehen die fachlichen Fähigkeiten definieren, die die Studie- wir unter Kompetenzen diejenigen Eigenschaften und renden entwickeln sollen. Fähigkeiten, die erforderlich sind, um eine bestimmte Beim Definieren der angestrebten fachlichen Kom- Menge und Art von Aufgaben sinnvoll ausführen zu petenzen und aus den Erfahrungen unseres Lehrall- können. Dabei kategorisieren wir Kompetenzen in Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 9 Anlehnung an (Chur, 2004) und (Schaeper u. Briedis, veranstaltung behandelt werden, insbesondere für die 2004) in die vier Bereiche Selbst-, Methoden-, Sozial- folgenden inhaltlichen Themenbereiche: Klassen, Da- und Fachkompetenz. tentypen, Variablen, primitive Datentypen, Sichtbar- Als Schlüsselkompetenzen bezeichnen (In der Smit- keit, Pakete, Zeichenketten, Arrays, Rekursion, Listen, ten u. Jaeger, 2009) diejenigen Kompetenzen, die die Vererbung, Exception Handling, Generische Datenty- spezifisch-fachlichen Fähigkeiten so ergänzen, dass pen und Collections. Da diese Lernzieldefinitionen eine Person damit ihren eigenen Bedürfnissen gerecht hochgradig redundant mit der generischen Definition werden, in Gemeinschaft mit anderen leben und einer verlaufen, bieten sie keinen nennenswerten Mehrwert nützlichen und einkommenssichernden Arbeit nach- gegenüber der generischen Definition. Entsprechend gehen kann. wird hier auf eine weitere Ausarbeitung für andere Ein bekannter Ansatz zur Beschreibung von Lern- programmiersprachliche Konstrukte verzichtet. zielen im kognitiven Bereich ist die Lernzieltaxono- Einige der fachlichen Inhalte, die in der Lehrver- mie von Bloom (Bloom u. a., 1956), die Kompetenzen anstaltung „Softwareentwicklung“ behandelt werden, auf verschiedenen Fähigkeitsebenen definiert. Dieser sind jedoch prinzipiell anders gelagert als die program- Ansatz wurde später insbesondere hinsichtlich der hö- miersprachlichen Konstrukte. Entsprechend erfordern heren Kompetenzebenen von (Anderson u. a., 2001) deren zugehörige Kompetenzen daher eine komplett überarbeitet. eigenständige Lernzieldefinition, die sich nicht sche- Im Folgenden orientieren wir uns an dieser über- matisch aus der generischen Lernzieldefinition ablei- arbeiteten Version, mit den Kompetenzstufen 1: Er- ten lässt. innern, 2: Verstehen, 3: Anwenden, 4: Analysieren, 5: Die Programmentwicklung ist eine ausgeprägt kon- Evaluieren und 6: Kreieren. struktive Tätigkeit, bei der ein (hoffentlich) lauffähi- ges System erstellt und somit etwas geschaffen wird. Lernziele für Fachkompetenzen Im Gegensatz dazu ist Testen vom Prinzip her eine destruktive Tätigkeit (auch wenn das Ziel des Testens Die nachfolgenden Tabellen definieren Lernziele für ist, dass das geschaffene System am Ende stabil und die fachlichen Inhalte, die im Fokus der Lehrveranstal- damit qualitativ besser wird). Beim Testen geht es dar- tungen „Softwareentwicklung 1“ bzw. „Softwareent- um, wunde Punkte zu identifizieren und diese sichtbar wicklung 2“ stehen, die an der Fakultät für Informa- zu machen. Dieses prinzipiell andere Ziel erfordert an- tik und Mathematik der Hochschule München durch- dere Ansätze und damit auch andere Kompetenzen als geführt werden. In den einzelnen Spalten werden der zu entwickelnde Anteil der Softwareentwicklung bewusst nicht die Verben aus den Spaltenüberschrif- (siehe Tabellen 3 und 4 (Mitte)). Die Lernziele auf ten (den Kompetenzebenen nach der überarbeiteten Level 6 (Kreieren) liegen dabei nicht mehr im Fokus Lernzieltaxonomie von Bloom) verwendet. Stattdes- der Lehrveranstaltungen „Softwareentwicklung 1 und sen werden Verben gewählt, die ein von außen beob- 2“. achtbares Ergebnis nach sich ziehen. Dadurch wird Debugging wiederum, also die systematische Feh- die Testbarkeit der Lernziele gewährleistet. lersuche, ist eine methodenintensive Fachlkompetenz Da die Kompetenzen auf den verschiedenen Ebe- (siehe Tabellen 3 und 4 (unten)). Auch hier wird im nen für viele der fachlichen Inhalte vom Prinzip her Gegensatz zur eigentlichen Programmierung kein Pro- ähnlich gelagert sind, definieren Tabellen 1 und 2 dukt gebaut, das zwar virtuell, aber trotzdem irgend- (oben) die Lernziele generisch im Sinne einer Scha- wie greifbar ist. Statt dessen geht es beim Debugging blone, in deren Formulierung bei Bedarf konkrete pro- eher um die Anwendung von Werkzeugen und Strate- grammiersprachliche Konstrukte bzw. Artefakte einzu- gien zum Finden und Beseitigen von Fehlern, die nach setzen sind. erfolgreichem Debugging hoffentlich nicht mehr da Ergänzend werden in Tabellen 1 und 2 (mitte) Lern- sind. Entsprechend sind auch hier potenziell messbare ziele für Qualitätskriterien für Software definiert, da Ergebnisse der einzelnen Kompetenzstufen grundsätz- diese Qualitätskriterien als Maßstab für die generi- lich anders geartet als bei den programmiersprachli- schen Lernziele für Softwareentwicklung benötigt wer- chen Konstrukten, sodass eine spezifische Lernzielde- den. Für den Bereich der Qualitätskriterien liegen die finition für den Themenbereich des Debuggings erfor- Lernziele der Level 5 (Evaluieren) und 6 (Kreieren) derlich ist. Auch in diesem fachlichen Bereich liegen dabei nicht mehr im Fokus der Lehrveranstaltungen die Lernziele auf Level 6 (Kreieren) nicht mehr im „Softwareentwicklung 1 und 2“. Fokus der Lehrveranstaltungen „Softwareentwicklung Die Lernzieldefinitionen in Tabellen 1 und 2 (unten) 1 und 2“. sowie 3 und 4 (oben) zeigen exemplarisch für die fach- lichen Inhalte Kontrollstrukturen und Algorithmen, wie die generische Definition der Lernziele für Software- Zusammenhang zwischen Fach- und entwicklung schematisch auf programmiersprachliche Schlüsselkompetenzen Konstrukte übertragen wird. Nach dem gleichen Sche- In der Lehrpraxis ist zu beobachten, dass viele Stu- ma verlaufen die Lernzieldefinitionen für alle anderen dierende sich nicht nur beim Erlernen spezifischer programmiersprachlichen Konstrukte, die in der Lehr- fachlicher Inhalte schwer tun, sondern dass das prin- 10 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 Tabelle 1: Definition generischer und konkreter fachlicher Lernziele für Softwareentwicklung (Teil 1) Fach- Stufe 1: Erinnern Stufe 2: Verstehen Stufe 3: Anwenden kompetenz Die Studierenden... Generisch ... definieren die Grundbegrif- ... erklären in eigenen ... setzen einen textuell für fe des jeweiligen fachlichen Worten die Bedeutung der oder grafisch vorgegebenen Software- Inhalts. Grundbegriffe des jewei- Entwurf in Quelltext einer entwicklung ligen fachlichen Inhalts, festgelegten Programmier- ... benennen in einem insbesondere der program- sprache um. Der Entwurf vorgegebenen Artefakt miersprachlichen Konstrukte. gibt dabei die Struktur der (Anforderungsdefinition, Klassen incl. von deren Testfälle, Entwurf, Algorith- ... beschreiben in eigenen Attributen und Methoden musspezifikation, Quelltext) Worten die Unterschiede vor. Für die Methoden ist der die dort verwendeten Kon- zwischen den einzelnen Algorithmus in seinen Grund- strukte/Elemente mit den programmiersprachlichen zügen ebenfalls vorgegeben. korrekten Fachbegriffen. Konstrukten. Der Quelltext erfüllt dabei grundlegende Qualitätsan- ... schreiben die konkrete ... begründen, welches forderungen (Lesbarkeit, Syntax eines programmier- programmiersprachliche Kon- Testbarkeit, Korrektheit). sprachlichen Konstruktes kor- strukt in welchem Kontext zu rekt auf und halten dabei die verwenden ist, und warum. ... ermitteln zu einer ge- Syntaxkonventionen ein. gebenen Implementierung ... begründen, warum Soft- und konkreten Eingabe- bzw. wareentwicklung aus mehr Startwerten das konkrete Schritten besteht als nur der Ergebnis. Implementierung. Qualitäts- ... benennen grundlegen- ... erklären in eigenen ... halten bei der Softwareent- kriterien für de Qualitätskriterien für Worten die Bedeutung der wicklung die vorgegebenen Software Software, z.B. Lesbarkeit, einzelnen Qualitätskriterien. Qualitätskriterien ein. Testbarkeit, Korrektheit und Effizienz. ... beschreiben, warum diese Qualitätskriterien wichtig ... definieren die Bedeutung sind und welche Folgen es der Qualitätskriterien. hat, wenn sie nicht eingehal- ten werden. Kontroll- ... benennen verschiedene Ar- ... erklären in eigenen ... setzen eine textuell oder strukturen ten von Kontrollstrukturen. Worten die Bedeutung der grafisch vorgegebene Al- verschiedenen Kontrollstruk- gorithmusspezifikation in ... definieren für jede Art turen. Quelltext einer festgelegten von Kontrollstruktur deren Programmiersprache um und Bedeutung. ... beschreiben in eigenen verwenden dabei die pas- Worten die Unterschiede senden Kontrollstrukturen. ... benennen in einem vorge- zwischen for-, while- und Der Quelltext erfüllt dabei gebenen Quelltext die dort do-while-Schleife. grundlegende Qualitätsan- verwendeten Kontrollstruk- forderungen (Lesbarkeit, turen mit den korrekten ... beschreiben in eigenen Testbarkeit, Korrektheit). Fachbegriffen. Worten die Unterschiede zwi- schen if-, if-else- und switch- ... werten zu einer gegebenen ... schreiben für jede Art von Fallunterscheidungen. Implementierung die Kon- Kontrollstruktur deren kon- trollstrukturen korrekt aus, krete Syntax auf und halten ... begründen, welche Kon- indem sie zu konkreten dabei die Syntaxkonventio- trollstruktur in welchem Eingabe- bzw. Startwerten nen ein. Kontext zu verwenden ist, das konkrete Ergebnis ermit- und warum. teln. Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 11 Tabelle 2: Definition generischer und konkreter fachlicher Lernziele für Softwareentwicklung (Teil 2) Stufe 4: Analysieren Stufe 5: Evaluieren Stufe 6: Kreieren Die Studierenden... ... geben zu einer vorgegebenen ... wägen systematisch ab, welches ... entwickeln für ein einfaches Implementierung an, was diese Konzept bzw. Konstrukt der Problem aus einer gegebenen prinzipiell macht, abstrahiert Programmiersprache am besten Anforderungsspezifikation heraus von konkreten Eingabe- bzw. geeignet ist, um eine bestimmte einen Entwurf, der sowohl die Startwerten. Anforderung umzusetzen. Gesamtstruktur der Lösung als auch die einzelnen Algorithmen ... ermitteln aus einer informell ... identifizieren Stärken und vorgibt. Der Entwurf erfüllt dabei gegebenen Problemformulierung Verbesserungspotenzial in einem grundlegende Qualitätsanforde- die Anforderungen und doku- gegebenen Artefakt (Anforde- rungen (Korrektheit, Effizienz der mentieren diese präzise in einer rungsspezifikation, Testfälle, Algorithmen, Testbarkeit). angemessenen Form (grafisch Entwurf, Algorithmusspezifikation, oder textuell). Quelltext) oder in der Problemfor- (Ein „einfaches Problem“ ist da- mulierung bzw. Anforderungsbe- bei eine Aufgabenstellung, die mit ... identifizieren in einer gege- schreibung des Kunden. maximal zehn Klassen objektorien- benen Anforderungsbeschreibung tiert zu lösen ist. Für komplexe- Strukturen und Zusammenhänge ... bewerten ihre eigene Lösung re Probleme ist diese Kompetenz und dokumentieren diese präzise (d.h. ein von ihnen selbst erstelltes Lernziel der Veranstaltung „Soft- in einer angemessenen Form (gra- Artefakt) kritisch auf Stärken und ware Engineering“.) fisch oder textuell). Schwächen, die hinsichtlich grund- legender Qualitätsanforderungen bestehen (Lesbarkeit, Testbarkeit, Korrektheit). ... untersuchen, inwieweit eine ... bewerten kritisch, ob die beste- ... definieren selbst neue, eigene bestehende Software die vorge- henden Qualitätskriterien für ein Qualitätskriterien für neuartige An- gebenen Qualitätsanforderungen gegebenes Anwendungsszenario wendungsszenarien. erfüllt. angemessen und ausreichend sind. ... identifizieren Verstöße gegen die vorgegebenen Qualitätskriteri- en. ... geben zu einer vorgegebenen ... wägen systematisch ab, wel- ... entwickeln für ein einfaches Folge/Konstruktion aus Kon- che Kontrollstruktur am besten Problem aus einer gegebenen trollstrukturen an, was diese geeignet ist, um eine bestimmte Anforderungsspezifikation heraus prinzipiell macht, abstrahiert Anforderung umzusetzen. einen Algorithmus oder Quell- von konkreten Eingabe- bzw. text, der dazu die geeigneten Startwerten. ... identifizieren Stärken und Kontrollstrukturen verwendet. Verbesserungspotenzial in einem Dieser erfüllt dabei grundlegende ... ermitteln aus einer gege- gegebenen Artefakt (Algorithmus- Qualitätsanforderungen (Korrekt- benen Anforderungsbeschreibung, spezifikation, Quelltext). heit, Effizienz der Algorithmen, mit welchen Kontrollstrukturen Testbarkeit). die Anforderung prinzipiell erfüllt ... bewerten ihre eigene Lösung werden kann. (d.h. ein von ihnen selbst erstelltes Artefakt) kritisch auf Stärken und Schwächen, die hinsichtlich grund- legender Qualitätsanforderungen bestehen (Lesbarkeit, Testbarkeit, Korrektheit). 12 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 Tabelle 3: Beispiele für konkrete fachliche Lernziele für Softwareentwicklung (Teil 1) Fach- Stufe 1: Erinnern Stufe 2: Verstehen Stufe 3: Anwenden kompetenz Die Studierenden... Algorithmen ... definieren den Begriff ... erklären in eigenen ... setzen eine textuell Algorithmus. Worten die Bedeutung des oder grafisch vorgegebene Begriffs Algorithmus. Algorithmusspezifikation in ... benennen mindestens eine einer festgelegten Program- formale, nicht programmier- ... begründen, warum forma- miersprache um. sprachliche Notation zum le Notationen zur Beschrei- Formulieren von Algorith- bung von Algorithmen not- ... führen einen gegebenen men. wendig sind. Algorithmus für vorgegebene Startwerte aus und ermitteln das Ergebnis. (Bsp.: Für die Startwerte 18 und 24 liefert der Al- gorithmus den Wert 6 als Ergebnis.) Unit-Testen ... definieren den Begriff ... begründen, warum auto- ... erstellen schematisch Unit-Testen. matisiertes Testen notwendig grundlegende Testfälle. und sinnvoll ist. ... benennen verschiedene ... setzen systematisch Werk- assert-Methoden, die in ... beschreiben in eigenen zeuge ein, die den Grad der JUnit-Tests verwendet wer- Worten die Bedeutung und erreichten Testabdeckung den können. den qualitätssichernden Bei- ermitteln. trag einer vollständigen Test- ... benennen die verschie- abdeckung. ... nutzen ein Werkzeug wie denen Annotationen für z.B. JUnit, um Unit-Tests au- Unit-Tests. tomatisiert auszuführen. ... schreiben die konkrete Syntax für Testklassen und Testmethoden auf und halten dabei die Syntaxkonventio- nen ein. Debugging ... definieren den Begriff ... erklären in eigenen Wor- ... verwenden den Debug- Debugging. ten, warum die Verwendung ger schematisch, um das eines Debugging-Werkzeuges Programmverhalten zu ... benennen verschiedene sinnvoll ist visualisieren. Ansätze für das Debugging. ... gleichen beim Verwenden ... benennen verschiedene des Debuggers das, was der Grundfunktionen eines Debugger anzeigt, ab mit der Debugging-Werkzeuges. eigenen mentalen Erwartung, bis beides nicht mehr zuein- ander passt und zeigen so Soll-/Ist-Differenzen auf. Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 13 Tabelle 4: Beispiele für konkrete fachliche Lernziele für Softwareentwicklung (Teil 2) Stufe 4: Analysieren Stufe 5: Evaluieren Stufe 6: Kreieren Die Studierenden... ... geben zu einem vorgegebenen ... wägen systematisch ab, welches ... entwickeln für ein einfaches Pro- Algorithmus an, was dieser prinzi- Konzept bzw. Konstrukt der blem aus einer gegebenen Anfor- piell macht, abstrahiert von kon- Programmiersprache am besten derungsspezifikation heraus einen kreten Eingabe- bzw. Startwerten. geeignet ist, um eine bestimmte Algorithmus. Dieser erfüllt da- (Bsp.: Der Algorithmus ermittelt Anforderung in einem Algorithmus bei grundlegende Qualitätsanfor- den größten gemeinsamen Teiler umzusetzen. derungen (Korrektheit, Effizienz, zweier natürlichen Zahlen.) Testbarkeit). ... identifizieren Stärken und Verbesserungspotenzial in einer gegebenen Algorithmusspezifikati- on. ... bewerten einen von ihnen selbst erstellen Algorithmus kritisch auf Stärken und Schwächen, die hinsichtlich grundlegender Qualitätsanforderungen bestehen (Lesbarkeit, Testbarkeit, Korrekt- heit). ... untersuchen, welche Rand- und ... bewerten, ob die Menge und ... entwickeln eigene Teststra- Normalfälle in einer gegebenen Art der formulierten Tests zur tegien für komplexe, neuartige Aufgabenstellung auftreten, fassen Qualitätssicherung ausreichend ist. Problemstellungen. diese zu geeigneten Äquivalenz- (Die werkzeuggemessene Testab- klassen zusammen und definieren deckung ist nur ein Teil dieses Be- ... entwickeln eine neue Testinfra- dazu passende Testfälle als Reprä- wertungsprozesses.) struktur. sentanten. ... ziehen Rückschlüsse aus den im ... bewerten, ob eine gegebene, ... entwickeln neuartige Strategien Debugger erkannten Differenzen selbst angewendete oder beobach- zur Suche und Eingrenzung von aus Soll und Ist. Dabei suchen sie tete Vorgehensweise zur Fehlersu- Softwarefehlern. nach der Ursache der beobach- che zielführend und effizient ist. teten Differenzen und ermitteln die Stelle, an der die Ursache vermutet wird und an der somit die Lösung ansetzen muss. 14 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 zipielle Erreichen einer bestimmten Kompetenzebene Um greifbar zu machen, was diese Schlüsselkom- Probleme aufwirft, unabhängig vom konkreten fach- petenzen im informatik-nahen Lernkontext genau be- lichen Inhalt. Dies führte zu der These, dass nicht deuten und welches Maß an Fähigkeiten als erforder- ausschließlich fachliche Defizite dafür verantwortlich lich vorausgesetzt bzw. bei Bedarf zu entwickeln ist, sind, dass Studierende eine gewünschte höhere Kom- definieren wir im Folgenden auch für einige Schlüs- petenzebene für einen konkreten fachlichen Inhalt gar selkompetenzen Lernziele gemäß der überarbeiteten nicht oder nur eingeschränkt entwickeln können. Viel- Lernzieltaxonomie von Bloom. Dabei fokussieren wir mehr müssen also bestimmte Schlüsselkompetenzen lediglich eine Auswahl an relevanten Schlüsselkom- in den Studierenden bereits bis zu einem gewissen petenzen, mit jeweils einem Repräsentanten aus den Grad entwickelt sein, damit insbesondere die höhe- Bereichen der Selbst-, Sozial- und Methodenkompe- ren Ebenen der überarbeiteten Lernzieltaxonomie von tenzen. Bloom überhaupt erreichbar sind. Auch hier liegen jeweils die Lernziele auf Level 6 Um diese These zu belegen haben wir eine Vielzahl (Kreieren) der einzelnen ausgewählten Schlüsselkom- von Fehlern analysiert, die beim Erlernen des Program- petenzen nicht mehr im Fokus der Lehrveranstaltun- mierens mit großer Häufigkeit auftreten, basierend gen „Softwareentwicklung 1 und 2“. sowohl auf Fehlern aus der Literatur (wie z. B. (Hri- Selbstkompetenz: Selbstreflexion stova u. a., 2003; Humbert, 2006; Kaczmarczyk u. a., 2010; Sirkiä u. Sorva, 2012; Sorva, 2008)) als auch „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung“, sagt ein auf eigenen Beobachtungen. Diese Fehler haben wir deutsches Sprichwort. Dahinter steckt die Idee, dass anschließend kategorisiert und den entsprechenden ich ein Problem selbst nur dann beheben kann, wenn Kompetenzebenen nach der überarbeiteten Lernziel- ich es erkannt habe und darüber nachdenken kann. taxonomie von Bloom zugeordnet. Darauf aufbauend In diesem Sinne ist die Fähigkeit zur Selbstreflexion wurden die Ursachen dieser Fehler analysiert und kate- also zentraler Bestandteil eines effizienten Lernpro- gorisiert. Dabei wurde deutlich, dass bestimmte Kom- zesses und damit eine Selbstkompetenz, die für den petenzebenen bestimmte Grundfähigkeiten essenziell Studienerfolg, das spätere Arbeitsleben sowie allge- erfordern (Zehetmeier u. a., 2015). mein auch für die persönliche Weiterentwicklung im privaten Leben von zentraler Bedeutung ist. Gleichzei- Beispielsweise setzt die Ebene 4 Analysieren zwin- tig zeigt unsere Lehrerfahrung aus den letzten Jahren, gend die Fähigkeit des analytischen Denkens voraus, dass die Fähigkeit zur Selbstreflexion bei unseren Stu- sowie (zumindest im informatischen Kontext) abstrak- dierenden zu Beginn des Studiums wenig bis gar nicht tes Denken. Ebene 5 Evaluieren erfordert unter ande- ausgeprägt ist. Daher fokussieren wir diese Kompetenz rem kritisches Hinterfragen sowie ggf. die Fähigkeit in besonderem Maße als eine Schlüsselkompetenz im zur Selbstreflexion, und Ebene 6 Kreieren benötigt ein Sinne der Studierfähigkeit. gewisses Maß an Kreativität. Tabelle 5 fasst die Er- Tabellen 6 und 7 (oben) definieren für die Fähigkeit gebnisse zusammen, in Erweiterung von (Zehetmeier der Selbstreflexion Lernziele auf den verschiedenen u. a., 2015). Kompetenzebenen. Wünschenswert im Sinne der Stu- Wenn wir mit unseren Studierenden insbesondere dierfähigkeit wäre eine Kompetenzebene von mindes- die höheren Kompetenzebenen nach der überarbeite- tens Stufe 4 (Analysieren). Viele unserer Studieren- ten Lernzieltaxonomie von Bloom erreichen wollen, den (insbesondere diejenigen, die sich fachlich schwer müssen diese grundlegenden Schlüsselkompetenzen tun) verfügen jedoch lediglich über Stufe 1 (Erinnern) also zunächst in ausreichendem Umfang vorhanden dieser Fähigkeit. D. h. ihnen ist zwar immerhin der sein, bzw. bei Bedarf entsprechend entwickelt werden. Begriff vage bekannt. Ein Grundverständnis dafür, in- Erst wenn hier die notwendigen Voraussetzungen ge- wieweit Selbstreflexion den eigenen Lernprozess un- schaffen sind macht es Sinn, sich auf die entsprechen- terstützt, ist dagegen bei diesen Personen meist nicht den fachlichen Inhalte zu fokussieren, weil diese sonst vorhanden. ohnehin nicht effektiv gelernt werden können. Die Frage, inwieweit die Entwicklung der erforder- Sozialkompetenz: Kritikfähigkeit lichen Schlüsselkompetenzen im Aufgabenbereich der Gerade dann, wenn die Fähigkeit zur Selbstreflexi- Hochschullehre liegt, ist nicht einfach zu beantworten. on erst unzureichend entwickelt ist, ist Feedback von Eine umfassende Diskussion der möglichen Sichtwei- außen oft ein notwendiges Mittel, um Stärken und sen liegt nicht im Fokus dieser Arbeit. Schwächen bewusst zu machen und so eine Weiter- entwicklung effektiv auf den Weg zu bringen. Diese „Weiterentwicklung von außen“ setzt jedoch voraus, Lernziele für Schlüsselkompetenzen dass der Empfänger mit dem erhaltenen Feedback an- Unabhängig vom konkreten fachlichen Inhalt sind al- gemessen umzugehen weiß. Entsprechend ist Kritikfä- so bestimmte Schlüsselkompetenzen erforderlich, um higkeit in der Rolle der Kritikempfangenden wichtiger fachliche Kompetenzen auf einer gewünschten höhe- Bestandteil der Studierfähigkeit. ren Ebene gemäß der überarbeiteten Lernzieltaxono- In vielen Veranstaltungen arbeiten die Studieren- mie von Bloom überhaupt entwickeln zu können. den in Teams zusammen. Darüber hinaus streben viele Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 15 Tabelle 5: Schlüsselkompetenzen, die zum Erreichen einer fachlichen Kompetenzebene notwendig sind (Auswahl) Stufe Kompetenz- Fehlerklasse Erforderliche Schlüsselkompetenzen ebene 6 Kreieren Mangel an Kreativität Innovation Abstraktes Denken (Neuartige Gesetzmäßigkeiten finden) 5 Evaluieren Qualitätslücke Analytisches Denken (Kritische Punkte identifizieren) Abstraktes Denken (Relevanz der kritischen Punkte werten) Kritisches Hinterfragen Selbstreflexion (Bei Evaluation eigener Ergebnisse) Pragmatismus (Kosten-Nutzen-Entscheidung fällen) 4 Analysieren Unstrukturiertheit Analytisches Denken (Bestandteile identifizieren, Zusammenhänge erkennen) Abstraktes Denken (Sinn der Zusammenhänge werten) 3 Anwenden Falsche Abstraktes Denken (Passende Abstraktionsstrategie wählen) Entscheidungen Analytisches Denken (Problem klassifizieren) Entscheidungsfähigkeit (Lösungsansatz wählen) 2 Verstehen Fehlvorstellung Abstraktes Denken (Regelwerk erkennen und anwenden) Analytisches Denken (Zusammenhänge nachvollziehen) Ganzheitliches Denken (Mit Vorwissen verbinden) 1 Erinnern Wissenslücke Durchhaltevermögen Fleiß Selbstreflexion (Eigenen Lerntyp kennen, eigene Fähigkeiten einschätzen) 0 – Geistiger Tippfehler Sorgfalt „Mental Typo“ nach Konzentration D. E. Knuth (Knuth, Belastbarkeit 1989) 16 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 Tabelle 6: Definition von Lernzielen für Schlüsselkompetenzen (Teil 1) Schlüssel- Stufe 1: Erinnern Stufe 2: Verstehen Stufe 3: Anwenden kompetenz Die Studierenden... Selbst- ... definieren den Begriff ... erklären in eigenen ... setzen sich anhand ei- reflexion Selbstreflexionsfähigkeit. Worten die Bedeutung von nes gegebenen Reflexions- Selbstreflexion im Lernpro- leitfadens mit einer eige- zess und für die persönliche nen Situation, Vorgehenswei- Weiterentwicklung. se oder einem selbst erstell- ten Artefakt auseinander und ... erklären in eigenen dokumentieren ihre Erkennt- Worten die Bedeutung von nisse auf der Ebene von beob- Reflexion für die Fähigkeit achtbaren Symptomen (nicht des kritischen Hinterfragens von Ursachen). und die Fähigkeit des Evalu- ierens allgemein. Kritik- ... definieren den Begriff ... begründen die Strin- ... formulieren als Feedback- fähigkeit Kritikfähigkeit. genz der Feedback-Regeln Geber ihre Kritik gemäß der für Feedback-Geber und Feedback-Regeln. ... benennen die beiden Feedback-Nehmer. (Das Identifizieren der Kritik- Rollen, die eine Person im punkte, die hier kommuni- Kontext von Kritik einneh- ... beschreiben in eigenen ziert werden, kommt dabei men kann. Worten die Bedeutung von aus einem anderen Kompe- Kritik für die persönliche Wei- tenzbereich, beispielsweise ... benennen die zentralen Re- terentwicklung. aus der „Evaluieren“-Spalte geln für das Geben und Emp- einer fachlichen Kompetenz.) fangen von Feedback. ... halten als Feedback- Nehmer beim Empfangen von Kritik die formalen Feedback-Regeln ein, hören also zu und rechtfertigen sich nicht. Abstraktes ... definieren die Begriffe ... erklären, dass es in der ... leiten aus einer gegebenen Denken Abstrahieren und Konkreti- Informatik überwiegend um einfachen Abstraktion bzw. sieren. abstrakte Inhalte geht und einem gegebenen einfachen abstraktes Denken daher Regelwerk konkrete Dinge ... definieren die Kompetenz in diesem Bereich eine und Aussagen ab. des abstrakten Denkens. unerlässliche Fähigkeit ist. ... extrahieren aus einer gege- benen Menge von konkreten, ... definieren den Begriff Ab- ... begründen, dass jegliches einfachen Beispielen das straktionsebene und die Zu- Verstehen eines Sachverhal- zugrunde liegende, ebenfalls sammenhänge zwischen kon- tes voraussetzt, dass das noch einfache Regelwerk. kreter Ebene, Typ-Ebene und grundlegende Regelwerk bzw. ... ermitteln aus einer gegebe- Meta-Ebene. die grundlegenden Gesetz- nen Menge von nichttrivialen mäßigkeiten verstanden wur- Beispielen anhand eines den. vorgegebenen Leitfadens das (Bsp: Auch wenn ich weiß, zugrunde liegende Regel- dass 2+3=5 gilt kann ich werk. 3+4=? trotzdem nur lösen, wenn ich das grundlegende ... lesen aus einem vorgege- Regelwerk verstanden habe.) benen Metamodell Aussagen über die darunter liegende Typ-Ebene heraus. Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 17 Tabelle 7: Definition von Lernzielen für Schlüsselkompetenzen (Teil 2) Stufe 4: Analysieren Stufe 5: Evaluieren Stufe 6: Kreieren Die Studierenden... ... bestimmen ein Ziel für die ... bewerten, ob ein gegebenes ... konzipieren eigenständig einen Selbstreflexion, also eine tiefer Konzept der Selbstreflexion für Leitfaden zur Selbstreflexion (ggf. greifende Erkenntnis, die mittels das von ihnen angestrebte Ziel der gemeinsam mit einem zugehöri- Selbstreflexion gewonnen werden Reflexionsarbeit hilfreich ist. gen Übungsszenario), der anderen soll. Personen als Anleitung für deren ... erarbeiten die Ursachen der ... beobachten ihren eigenen Selbstreflexion über eine bestimm- beobachteten Symptome. Reflexionsprozess und bewerten, te Situation, Vorgehensweise oder inwieweit dieser stattfindet und ein selbst erstelltes Artefakt als ... identifizieren Maßnahmen, die zielführend für das angestrebte Leitfaden dient und dabei gezielt geeignet sind, um die Symptome Reflexionsziel ist. auf diejenige Erkenntnis hinarbei- zukünftig zu vermeiden (falls tet, die als Ziel der Reflexionsarbeit diese negativ waren) oder erneut (Was hier passiert ist Reflektieren gewünscht ist. zu provozieren (falls diese positiv über die Selbstreflexion.) waren); im Sinne von „Lessons Learned“. ... identifizieren ein Ziel („Kri- ... reflektieren in ihrer Rolle als ... konzipieren eigenständig einen tikziel“, das sie mit dem Geben Feedback-Geber ergebnisoffen Leitfaden und ggf. ein Übungssze- bzw. Empfangen von Feedback darüber, welche der von ihnen nario, das andere Personen als An- erreichen möchten. identifizierten Kritikpunkte im leitung für das Geben bzw. Emp- gegebenen Kontext zielführend fangen von Feedback nutzen kön- ... überlegen sich in der Rolle als sind. nen, um deren Kritikfähigkeit zu Feedback-Geber, wie die Kritik schulen. formuliert werden muss, damit ... reflektieren in ihrer Rolle als das Gegenüber sie annehmen Feedback-Nehmer ergebnisoffen kann. darüber, welche der empfangenen Kritikpunkte und Verbesserungs- ... setzen sich in ihrer Rolle als vorschläge sie für sich als schlüssig Feedback-Nehmer inhaltlich mit und anwendbar erachten. Kritik und Verbesserungsvorschlä- gen auseinander und versuchen, diese nachzuvollziehen. ... finden einen stringenten Ansatz, ... bewerten, ob das Ergebnis einer ... entwickeln selbst einen Leit- um aus einer vorgegebenen Abstraktionsaufgabe (d.h. ein faden für Abstraktion in einem Menge von konkreten Beispielen abstraktes Modell bzw. Regelwerk) bestimmten Kontext. ein passendes Regelwerk zu eine für diese Aufgabe sinnvolle extrahieren und wählen dazu Abstraktion ist, inkl. der gewählten ... erarbeiten selbst eine Aufgabe, eine geeignete Abstraktions- bzw. Struktur der Abstraktionsebenen. die die Anwendung abstrakten Lösungsstrategie aus. Denkens erfordert. ... prüfen und bewerten, ob das (ei- ... wenden zum Lösen einer Ab- gene oder fremde) Vorgehen bei ... konzipieren zu einem neuem straktionsaufgabe eine Metastra- der Abstraktion zielführend und ef- Kontext und einer neuen Art tegie an, um eine geeignete fizient ist. von Aufgabe eigenständig eine Abstraktions- bzw. Lösungsstrate- (neuartige) Abstraktionsstrategie. gie zu identifizieren. ... entwickeln selbst ein neuartiges Metamodell. 18 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 im Berufsleben mittelfristig eine Führungstätigkeit an. diese Schlüsselkompetenzen zentrale Voraussetzung Folglich ist auch die Kritikfähigkeit in der Rolle der Kri- sind. tikgebenden eine erforderliche Schlüsselkompetenz. Da viele unserer Studierenden weder in der geben- Zusammenfassung und Ausblick den noch in der empfangenden Rolle in ausreichen- Durch die detaillierte Definition der fachlichen Lern- dem Maße über Kritikfähigkeit verfügen, fokussieren ziele über die verschiedenen Kompetenzebenen hin- wir diesen Bereich im Sinne der Studierfähigkeit als weg haben wir aufgeschlüsselt, was eine softwaretech- zentrale Sozialkompetenz (siehe Tabellen 6 und 7 nische Fachkompetenz auf den einzelnen Ebenen der (Mitte)). Wünschenswert im Sinne der Studierfähig- überarbeiteten Lernzieltaxonomie von Bloom jeweils keit wäre auch hier eine Kompetenzebene von min- ausmacht. Analog haben wir auch für die relevanten destens Stufe 4 (Analysieren), besser noch Stufe 5 überfachlichen Schlüsselkompetenzen erarbeitet, wel- (Evaluieren). cher genauen Fähigkeit diese auf den jeweiligen Kom- Viele Studierende befinden sich hier jedoch auf petenzebenen entsprechen. Dadurch wurden nicht nur Stufe 1 (Erinnern). Beispielsweise ist zu beobachten, die an die Studierenden gestellten fachlichen Anforde- dass viele Studierende auch auf angemessen formu- rungen klarer herausgearbeitet, sondern auch verdeut- lierte Verbesserungshinweise mit langen „Ja aber“- licht, welche Schlüsselfertigkeiten in welchem Umfang artigen Rechtfertigungen oder Ähnlichem reagieren. Voraussetzung für ein erfolgreiches informatik-nahes Ein Grundverständnis dafür, dass Kritik eine wertvolle Studium sind. Unterstützung bei der eigenen Weiterentwicklung dar- Darauf basierend können wir nun gezielt Lehrkon- stellen kann, ist in diesen Fällen offensichtlich nicht zepte für Interventionen erarbeiten, die zum einen die vorhanden. Feedback-Regeln, die insbesondere in der relevanten Schlüsselkompetenzen bis auf die erforder- Rolle des Feedback-Gebers einzuhalten sind, sind vie- lichen Ebenen hin aufbauen, und zum anderen auf len Studierenden ebenfalls nicht bekannt. dieser Grundlage die gewünschten fachlichen Kom- petenzen in den Studierenden entwickeln. Dabei ist Methodenkompetenz: Abstraktes Denken zu berücksichtigen, dass die Ausgangsbasis (d. h. die Eingangsqualifikation) der Studierenden an den Hoch- Viele fachliche Inhalte der Informatik befassen sich schulen erfahrungsgemäß sehr heterogen ist, sowohl mit Konzepten, die nicht physisch greifbar sind und fachlich als auch hinsichtlich der Schlüsselkompeten- somit ein hohes Maß an abstraktem Denken erfordern. zen. Des Weiteren erfordert jeglicher fachliche Kompetenz- erwerb, der über rein auswendig gelerntes Wissen hinaus geht, ein Grundmaß an Abstraktion, da bereits Dank für das Verstehen (Stufe 2) eines jeglichen fachlichen Wir bedanken uns bei Claudia Walter (DiZ Bayern) für Sachverhaltes dessen grundlegende Gesetzmäßigkei- den Tipp, bei der Definition von Lernzielen Verben zu ten erfasst werden müssen. Diese grundlegenden Ge- verwenden, die ein von außen wahrnehmbares Ver- setzmäßigkeiten sind selbst bereits eine Abstraktion halten beschreiben, weil erst dadurch die definierten konkreter Einzelbeobachtungen aus der realen Welt. Lernziele auch wirklich testbar werden. Des Weiteren Entsprechend ist das abstrakte Denken eine weitere danken wir Ingrid Cavalieri (Coach am DiZ Bayern) Schlüsselkompetenz, die insbesondere für informatik- für die kritische Durchsicht unserer Lernzieldefinitio- nahe Studiengänge von entscheidender Bedeutung nen. ist. Das Autorenteam wurde gefördert durch das BMBF Tabellen 6 und 7 (unten) definieren für das ab- Förderkennzeichen 01PL11025 (Projekt "Für die Zu- strakte Denken Lernziele auf den verschiedenen kunft gerüstet"), im Programm "Qualitätspakt Lehre". Kompetenzebenen nach der überarbeiteten Lernziel- taxonomie von Bloom. Auch hier wäre eine Stufe 4 Literatur (Analysieren) oder sogar Stufe 5 (Evaluieren) bei den [Anderson u. a. 2001] A NDERSON, Lorin W. ; K RA - Studierenden wünschenswert. In der Realität kennen THWOHL , David R. ; A IRASIAN , Peter W. ; C RUIKS - viele Studierende zwar relativ schnell die zentralen HANK , Kathleen A. ; M AYER , Richard E. ; P INTRICH , Grundbegriffe der Abstraktion und verstehen deren Paul R. ; R ATHS, James ; W ITTROCK, Merlin C.: A Bedeutung für den informatik-nahen Lernprozess. Spä- Taxonomy for Learning, Teaching, and Assessing. A testens bei Stufe 3 (Anwenden) sind jedoch massive Revision of Bloom’s Taxonomy of Educational Objecti- Schwierigkeiten zu beobachten, beispielsweise beim ves. 1. New York : Longman, 2001 Ableiten einer Regel, eines Modells oder einer Klas- senstruktur aus konkreten Beispielen. [Bloom u. a. 1956] B LOOM, B. S. ; E NGELHART, M. B. Angesichts dieser Defizite in den grundlegenden ; F URST, E. J. ; H ILL, W. H. ; K RATHWOHL, D. R.: Schlüsselkompetenzen ist es also nicht verwunderlich, Taxonomy of educational objectives: The classificati- dass Studierende Schwierigkeiten haben, diejenigen on of educational goals. New York : David McKay fachlichen Kompetenzebenen zu erreichen, für die Company, 1956 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 19 [Böttcher u. a. 2011] B ÖTTCHER, Axel ; T HURNER, [In der Smitten u. Jaeger 2009] S MITTEN, Susanne Veronika ; M ÜLLER, Gerhard: Kompetenzorientierte In d. ; JAEGER, Michael: Kompetenzerwerb von Lehre im Software Engineering. 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