Lernzentrierte Lehre: Retrieval-Based Learning in der Softwaretechnik Dominikus Herzberg, Technische Hochschule Mittelhessen Kerstin Raudonat, Hochschule Heilbronn dominikus.herzberg@mni.thm.de, kerstin.raudonat@hs-heilbronn.de Zusammenfassung lotete die Integration von Lernkarten mit Hilfe eines digitalen Lernkartensystems aus. Von diesem Wir Lehrenden lassen die Studierenden mit dem Experiment wird in diesem Beitrag ausführlich die Lernen oft allein, wir halten es für ihre originäre, Rede sein. Die Studie wurde im Rahmen der Soft- eigene Angelegenheit – und messen anschließend waretechnik-Veranstaltung für Informatiker mit der Strenge einer Prüfung den Erfolg ihrer durchgeführt. Lernbemühungen. Die Idee der lernzentrierten Lehre stellt das Lernen in den Mittelpunkt des Inte- Die Softwaretechnik (SWT) ist für ein solches Expe- resses. Lernzentrierte Lehre bereitet systematisch riment ein prädestinierter Kandidat. Meist ist hier auf die Prüfungssituation vor und gibt den Studie- schon eine Dichotomie gegeben: In einem Teil der renden Lernwerkzeuge an die Hand. Die Lernfor- Veranstaltung werden praxisnahe und anwen- schung zeigt, dass Studierende wenig effektive dungsorientierte Übungen durchgeführt, oft unter Lernformen nutzen. Dabei ist das Retrieval-Based Betreuung von Assistent(inn)en und/oder Tu- Learning (RBL) sehr wirksam und leicht umzuset- tor(inn)en, so dass Rückmeldungen möglich sind zen. Der Beitrag stellt die Umsetzung von RBL in und die Studierenden Korrekturimpulse erfahren. einer Vorlesung zur Softwaretechnik vor. Die be- An vielen Hochschulen wird der Praxisteil darüber gleitende Untersuchung macht Hoffnung, dass es hinaus in weiterführenden Veranstaltungen ausge- sich lohnt über eine weitreichende Vision der lern- baut zu SWT-Projekten, Lernbühnen (Herzberg & zentrierten Lehre nachzudenken – und weitere Marsden, 2005a/2005b) etc. An Praxisbezug, ver- Experimente zu machen. ständnis- und anwendungsorientiertem Lehren und Lernen mangelt es in der SWT nicht. Das do- Einleitung: Lernzentrierte Lehre kumentieren auch die Bände zur Workshopreihe „Software Engineering im Unterricht der Hoch- Die Lernforschung belegt es: Studierende lernen schulen“ (SEUH) eindrucksvoll. oftmals falsch. Weit verbreitet ist das wiederholte Lesen von Aufzeichnungen und Manuskripten, so Es bleibt in der Regel ein Teil der Softwaretechnik, lange, bis der Stoff vermeintlich „sitzt“ – unglückli- der nachwievor vorlesungsorientiert ausgerichtet cherweise geht damit eine Kompetenzillusion ein- ist und mit einer Klausurprüfung abschließt. In der her. Nachweislich effektiver ist das sogenannte Softwaretechnik hat sich ein breiter Wissenskanon Retrieval-Based Learning (RBL), das prüfungsori- ausgeprägt, der das Fach und eine dazugehörige entiert aktives Erinnern einfordert; Lernkartensys- Vorlesung sehr wissensintensiv macht. In aller teme sind z.B. eine bekannte Form des RBL. Es Regel fehlt den Studierenden praktische Erfahrung nützt allerdings wenig, den Studierenden ein Lern- zur Softwaretechnik z.B. in der Art eines mehrmo- kartensystem vorzusetzen. Das Lernverhalten wird natigen Praktikums in der Industrie. Man muss sich nur dann am RBL orientieren, wenn die Lehre Wissen auf einem weitgehend „unbestelltem entsprechend darauf ausgerichtet ist. Das folgende Acker“ sähen. Aber wie soll das bei den Studieren- Kapitel arbeitet die wissenschaftlichen Grundlagen den verstetigt werden? dazu auf. Lernzentrierte Lehre heißt, vom Ende her zu den- Wenn das Retrieval-Based Learning so wirksam ist, ken. Studierende sind elementar am Prüfungser- dann ist es ein interessanter Versuch, sich mit lern- gebnis einer Klausur interessiert. Wenn man ver- zentrierter Lehre auseinander zu setzen und dazu steht, wie Studierende lernen und was sich verbes- praktische Erfahrungen zu sammeln. Ein Experi- sern ließe, dann kann man die Lehre vom Ende her ment an der Technischen Hochschule Mittelhessen gedacht entsprechend aufbauen. Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 29 Lernforschung und Lernverhalten diese Strategie auch dann anzuwenden, wenn sie alleine für sich lernen. Wie lernt ein Student bzw. eine Studentin außer- halb einer Lehrveranstaltung? Was tun Studieren- Newport (2007) empfiehlt in seinem Ratgeberbuch de, um den Stoff für eine Prüfung in ihren Köpfen Studierenden eine Methode, die er „Quizz-and- zu verankern und abrufbar zu halten? Die Lernfor- Recall“ nennt – es mag wenig überraschen: Es ist schung gibt darauf interessante Antworten: eine Retrieval-basierte Technik (a.a.O., S. 59 ff.).  Studierende wählen in der Mehrzahl Lern- Was ist und was leistet Retrieval-Based formen, die schlechter sind als das soge- Learning? nannte Retrieval-Based Learning. Der Begriff des Retrieval-Based Learning ist mit  Das Potenzial des Retrieval-Based Learning „Erinnerungslernen“ leidlich übersetzt. Es fehlt der wird von den Studierenden unterschätzt; Aspekt, dass die Erinnerung durch eine Aufforde- vermutlich ist es bei den Lehrenden nicht rung, meist eine Frage, angestoßen und in Gang anders. gesetzt wird. Die Richtigkeit der gegebenen Ant- Es gibt also gute Gründe, Studierende für das Ret- wort oder der Erfüllungsgrad der Aufforderung rieval-Based Learning zu sensibilisieren und es in lässt sich messen und bewerten. Damit grenzt sich die Lehre zu integrieren. So drängt sich eine Frage Retrieval-Based Learning als „prüforientiertes Er- auf: innerungslernen“ deutlich vom reinen „Wiederho- lungslernen“ ab, ohne dass das eine das andere  Welche Anreize kann die Lehre setzen, um ausschließen würde. Der Lernstoff wird aktiv abge- Studierende für das Retrieval-Based Learn- fragt, und es erfolgt eine unmittelbare Rückmel- ing zu gewinnen, und wie kann die Lehre dung. das Lernen für eine Prüfung unterstützen? Beispiele für Techniken, die unter das Retrieval- Auf diese drei Aspekte wird im Folgenden einge- Based Learning fallen, sind sämtliche Variationen gangen, um das Problem und seine Relevanz zu von Frage/Antwort-Spielen wie Quizze, Multiple erläutern. Choice Tests, Lernkarten usw. Andere Techniken Wie lernen Studierende? wie das Erstellen von Mindmaps, Concept-Cards oder Texten können zum Retrieval-Based Learning Cal Newport hat zu seinen Studentenzeiten ein verwendet werden, wenn sie mit einer klaren Auf- Buch über erfolgreiche Studier-Strategien geschrie- forderung zur Erinnerung verbunden sind: „Was ben und warnt darin: „Most students incorrectly haben sie eben in der Vorlesung gehört?“ oder believe rote review is the only way to study“ „Was steht in dem gelesenem Text?“. Notizen und (Newport 2007, S. 63). Diese Beobachtung wird von sonstige Erinnerungshilfen sind währenddessen der Lernforschung bestätigt (Karpicke et al. 2009): tabu. Studierende praktizieren in der überwältigenden Mehrheit das wiederholte Lesen ihrer Mitschriften, Wie die aktuelle Lernforschung zeigt, ist Retrieval- des Vorlesungsmanuskripts oder des Lehrbuchs Based Learning für das Lernen von besonderer und halten das für eine effektive Lernform. Eine Bedeutung („critical importance“), es ist anderen signifikant wirkungsvollere Lernstrategie ist, den Lerntechniken in der Regel deutlich überlegen Lernstoff aktiv abzuprüfen und zu erinnern – dies (Karpicke und Roediger 2008). Und es muss mit wird in der Fachliteratur als Retrieval-Based Learn- einem möglichen Vorbehalt aufgeräumt werden: ing bezeichnet. Retrieval-Based Learning eignet sich nicht nur für das Vokabel-Lernen, Faktenwissen oder die Füh- Es ist nicht so, dass Studierende nicht um alternati- rerscheinprüfung. ve Strategien wüssten, dennoch bedient sich nur eine absolute Minderheit verschiedener Erinne- In Experimenten wurde nachgewiesen, dass das rungs- und Abfragetechniken. Studierende sind aktive Erinnern und Rekonstruieren von Wissen sich nicht darüber im Klaren, dass das Testen oder ein tieferes Lernverständnis hervorbringt als das Abfragen des Lernstoffes gleichzeitig mit einem Studieren mit der Ausarbeitung von Concept-Maps Lerneffekt einhergeht (testing effect). Wenn einge- (Karpicke und Blunt 2011). Der Akt des Retrievals setzt, dann gilt das Testen bzw. Abfragen eher zur ruft nicht nur Inhalte aus dem Gedächtnis ab, son- Ermittlung des Lernstands, weniger als Lerntech- dern verknüpft Wissen und stellt Sinnzusammen- nik. Karpicke und Kollegen (2009) vermuten, dass hänge her. Die Wirkmechanismen des Lernens sind die Studierenden Opfer einer Illusion des Kompe- sehr gut erforscht (Rösler 2011), und die Ergebnisse tenzerwerb sind, der mit dem wiederholten Lesen zum Retrieval-Based Learning fügen sich gut in die des Lernmaterials einhergeht: der Text wird zu- Theorien gut ein (Grimaldi und Karpicke 2012). Es nehmend flüssiger gelesen und bewältigt. Diese ist an der Zeit, das Retrieval-Based Learning in die Kompetenz-Illusion verleitet Studierende dazu, Lehre zu integrieren. 30 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 Retrieval-Based Learning in der Lehre Untersuchung zum Einsatz retrieval- Die Empfehlung, Studierende zum Retrieval-Based basierter Methoden in der Vorlesung Learning zu ermutigen, ist naheliegend, greift aber „Softwaretechnik“ zu kurz (Karpicke et al. 2009). Ohne eine Integrati- Es gibt viele Möglichkeiten der Gestaltung lernzen- on in die Lehre ist den Studierenden wenig Grund trierter Lehre, die das Retrieval-Based Learning in gegeben, neue Lerntechniken und Lernansätze im den Mittelpunkt rückt. Eine Vision, wohin das füh- Selbststudium anzuwenden und Lernerfolge zu ren kann, skizziert das vorletzte Kapitel. In den reflektieren. Lehre, die nicht zum Lernen folgenden Kapiteln wird unter den Überschriften (ver)führt, verfehlt ihr Ziel: „teaching occurs only „Methodik“, „Evaluation“ und „Diskussion“ ein when learning takes place“ (Bain 2004). Folgende Experiment ausführlich beschrieben, das den Ein- Maßnahmen geben Beispiele für eine Integration satz von digitalen Lernkarten in der Softwaretech- von RBL in die Hochschullehre: nik vorstellt, auswertet und bewertet. Ziel der Stu-  Jeder Studierende memoriert zu Veranstal- die ist es, den Ansatz der lernzentrierten Lehre mit tungsbeginn schriftlich den Inhalt der vo- einem einfachen Verfahren – einem Lernkartensys- rangegangenen Vorlesung. tem – auszuloten und belastbare Daten zur Aus- wertung der Erfahrungen zu erheben.  Während oder am Ende der Vorlesung legt jeder Studierende eine Concept-Map zum Wissensstand an. Methodik  Die Vorlesung stößt zur Reflexion des Ver- Die folgenden Unterkapitel beschreiben den Ver- ständnisses an, beispielweise durch Kurz- lauf der Softwaretechnik-Veranstaltung, den Ver- tests, Verständnisfragen und Quizze. such lernzentrierter Lehre und die letztlich konse- quente Ausrichtung der Klausur auf diesen Ansatz.  Zu komplizierten und schwer zu merken- Die Beschreibung schließt neben der Vorlesung die den Zusammenhängen werden den Studie- Übung ein, da Studierende mit der Übung für die renden Gedächtnistechniken und Eselsbrü- Klausur relevante Punkte erlangen können. cken angeboten  Die Studierenden identifizieren in Klein- Der Veranstaltungskontext gruppenarbeit Leitfragen zur Vorlesungen Die „Softwaretechnik“ (SWT) ist ein Pflichtfach für und formulieren Antworten dazu; die Stu- Bachelor-Studierende des 3. Semesters im Fachbe- dierenden erstellen als Teil der Veranstal- reich Mathematik, Naturwissenschaft und Informa- tung Lernkarten. tik (MNI) der Technischen Hochschule Mittelhes-  Alternativ werden den Studierenden Lern- sen (THM). Die Veranstaltung bedient alle Informa- karten zur Verfügung gestellt. tik-Studiengänge des Fachbereichs. Rund 120 Stu- dierende besuchen die Veranstaltung zu Beginn Mit solchen Maßnahmen kann der Wert aktivie- des Sommersemesters 2014. render Erinnerungstechniken erlebt und eingeübt werden – in der Hoffnung, dass sich das Verhalten Die SWT-Veranstaltung teilt sich auf in 2 SWS Vor- beim eigenständigen Lernen daran orientiert. Die lesung und 2 SWS praktischer Übung; die Veran- Sinnhaftigkeit und Motivation ist freilich nur dann staltung ist 6 ECTS wert. Der Besuch der Übung ist gegeben, wenn die Studierenden um die Prüfungs- verpflichtend, die Teilnahme an der Vorlesung ist relevanz der derart wiederholten und aktiv erin- es nicht. Die Übung wird viermal in der Woche nerten Lerninhalte wissen. angeboten, so dass eine Gruppengröße von etwa 30 Studierenden Freiräume für individuelle Betreuung Die Forschung zeigt, dass verschiedene Formate schafft. Zwei Assistenten unterstützen die Durch- zum Retrieval-Lernen weitgehend gleichwertig führung der Übungen. sind. Gibt es jedoch unmittelbares Feedback, ob das Erinnerte richtig oder falsch ist, dann steigert das Von den 15 Wochen des Sommersemesters sind 14 den Lerneffekt (Smith und Karpicke 2013). Lernkar- Wochen mit Übungsaufgaben verplant und tensysteme bringen mehreres zusammen: Retrieval- gleichmäßig über die Vorlesungszeit verteilt: es Learning mit Feedback und Wiederholungen. gibt sieben Pflichtübungen und – darin eingescho- Wenn Lernkarten in einer Lehrveranstaltung ent- ben – fünf Wahlübungen; zwei der Übungen sind wickelt und genutzt werden und prüfungsrelevant aufgrund des Umfangs auf eine zweiwöchige Bear- sind, dann wird ein starker Anreiz zu einem selbst- beitungszeit angelegt. Die Studierenden erhalten gesteuerten, retrieval-basierten Selbstlernen ge- ein, zwei Wochen vor dem Übungstermin die Auf- setzt. gaben, die zum vorgesehenen Wochentermin ab- zugeben sind. Wird die Abnahme verweigert, gibt es in aller Regel die Möglichkeit der Nacharbeit und der endgültigen Einreichung in der Folgewo- Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 31 che. Die sieben Pflichtaufgaben sind ausnahmslos klären die Erwartungshaltung für Antworten. Teils zu bestehen, um die Berechtigung zur Klausurteil- wird beispielhaft erklärt, welche Arten von Ant- nahme zu erhalten. worten aus welchem Grund zu weniger Punkten Die Übungsaufgaben dienen zur Einübung von führen. Oder auch, warum andere Antworten eben- Verfahren und Techniken, zur Erarbeitung von falls volle Punktzahl erzielen. Sachverhalten und der Entwicklung von Verständ- Weitere Lernkarten werden aus dem Stoff der ak- nis. Die Übung ist ein wichtiger und die Vorlesung tuellen Vorlesung abgeleitet. Ein Assistent wohnt flankierender Anteil. So geht es z.B. um die Analy- der Vorlesung bei und macht sich Notizen zu wich- se einer einfachen Applikation zur Verwaltung von tigen oder ausdrücklich betonten „Wissensfrag- Musik-Dateien, die Ableitung eines Zustandsdia- menten“. Aus diesen Notizen entstehen weitere gramms aus der Anleitung zu einer Stoppuhr, die Lernkarten. Pro Vorlesung erweitert sich der Pool Zuordnung von Objekt- zu Klassendiagrammen, an Lernkarten im Schnitt um 20 Fragen und Ant- der Anwendung der Muster Kompositum, Strate- worten. Am Ende des Semesters bilden 290 Lern- gie und Visitor etc. karten das Wissen aus der Vorlesung ab. Mit den fünf Wahlaufgaben können Bonuspunkte Neben den Lernkarten stehen den Studierenden erzielt werden. Bei Erfolg werden je Wahlaufgabe unmittelbar nach der Vorlesung die Folien als PDF fünf Bonuspunkte auf die Klausur angerechnet, zur Verfügung. Die Verteilung der Folien sowie die sofern die Klausur mit mindestens „ausreichend“ Distribution der Lernkarten erfolgt über die hoch- bestanden ist. Die Klausuren werden gemäß Prü- schulinterne Moodle-Plattform2. fungsordnung nach einem Punktsystem mit 0 bis Die Vorlesung wird Mitte Juni, knapp vor Beginn 100 Punkten bewertet.1 Die Bestehensgrenze („aus- des letzten Drittels der Vorlesungszeit, evaluiert. reichend“) liegt bei 50 Punkten. Mit 95 Punkten ist Die Evaluation führt eine unabhängige Person des die Note 1.0 erreicht. Zentrums für Qualitätsentwicklung (ZQE) der Durch die Bonuspunkte haben die Studierenden THM in der letzten Viertelstunde der Vorlesung die Möglichkeit, die Risiken und Unwägbarkeiten, durch. Es kommt der an Hochschulen übliche die mit jeder Klausur einhergehen, in Grenzen zu EvaSys-Fragebogen zum Einsatz. halten. Hat eine Studentin oder ein Student alle Bonuspunkte erlangt (5 x 5 = 25 Punkte) und die BrainYoo als Plattform für Lernkarten Klausur mit 50 Punkten mindestens bestanden, so Mit ein, zwei Wochen Verzögerung zur jeweiligen sind ihr oder ihm 75 Punkte sicher. Dem entspricht Vorlesung erhalten die Studierenden über Moodle die Note 2.4. Die Punkte rechnen sich in Noten mit ein inkrementelles Update zum aktuellen „Lernkas- der Genauigkeit einer Nachkommastelle um. ten“. Die Vorlesung: Anreize setzen zum Retriev- Die Lernkarten sind mit der Software der Firma al-Based Learning BrainYoo erstellt. Dazu ist ein kostenpflichtiger Zugang notwendig. Die Studierenden können die Die 90-minütige Vorlesung hat ein festes Schema: Software zum Lernen kostenfrei nutzen. Es stehen Zu Beginn werden vier bis sieben Fragen an die Apps für Android- wie auch iPhone-Geräte zur Tafel geschrieben oder an die Wand projiziert. Die Verfügung. Es gibt eine Desktop-Variante für den Studierenden haben etwa zehn Minuten Zeit, die PC und – Onlinefähigkeit vorausgesetzt – eine Fragen zu beantworten. Der „Test“ simuliert eine webbasierte Version der Lernkartensoftware. Gerä- Prüfsituation unter den Bedingungen einer Klau- tevielfalt, taugliche Mobilversionen und ausgereifte sur. Es sind nur Papier und Stift erlaubt, es gibt Software haben die Wahl auf BrainYoo fallen las- keinen Austausch mit den Sitznachbarn. sen. Die Fragen greifen den Stoff der letzten Vorlesung Ein mit BrainYoo erstellter digitaler Lernkasten ist auf. Sie dienen der Wiederholung, der aktiven Er- als zip-komprimierte Datei verteilbar und in die innerung und Reflexion, der Gewöhnung an typi- Lernumgebung importierbar. Entpackt stellen sich sche Klausurfragen und der Herstellung von An- die Lernkarten als leicht lesbare und nachvollzieh- schlussfähigkeit an die aktuelle Vorlesung. Die bare XML-Dateien dar. Die zwischen den - und -Marken abgelegten Informati- werden dafür 20 Minuten benötigt. Es bleiben ca. onen sind im HTML-Format festgehalten. Eingebet- 60 Minuten für die Vorlesung übrig. tete Medien liegen ebenfalls der komprimierten Alle besprochenen „Testfragen“ gehen in den Fra- Dateisammlung bei. Die Lernkarten können prin- genpool der Lernkarten ein. Der Test und die Be- zipiell auch ohne die BrainYoo-Software verarbeitet sprechung üben klausurrelevantes Wissen ein und und aufbereitet werden. Die Offenheit des Formats 1 2 http://goo.gl/jVKN2Y (Zugriff am 31. Okt. 2014) https://moodle.thm.de (Zugriff am 31. Okt. 2014) 32 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 ist ein weiterer Fürsprecher für die Wahl von Brai- Die Umfrage und die Erfassung der Antworten ist nYoo. mit Google Forms realisiert worden. Zu folgenden Fragen wird anonym um Antwort gebeten: Die Klausur  Wie fair war die SWT-Klausur? (Mit „fair“ In der letzten Vorlesung bekommen die Studieren- meine ich: Kam das dran, was Sie erwarten den ein klares Versprechen: „Wer die Lernkarten durften und angekündigt war?) – Antwort beherrscht, dem ist das Bestehen der Klausur ga- auf einer Skala von „sehr fair“ (1) bis „ab- rantiert.“ Die Lernkarten sind damit ausdrücklich solut unfair“ (5) in den Mittelpunkt der Vorbereitungen gerückt.  Wie schwer war die SWT-Klausur? (Mit Bereits erbrachte Leistungen aus den Übungen sind „schwer“ meine ich: Waren die Fragen zu nur in Grenzen Bestandteil der Klausur – damit kompliziert, war Ihnen nicht klar, was Sie sind weitreichende Doppelprüfungen von Inhalten antworten sollten etc.) – Antwort auf einer ausgeschlossen. So bleiben noch einige Anteile aus Skala von „sehr schwer“ (1) bis „gar nicht der Vorlesung übrig, die nicht durch Lernkarten schwer“ (5) erfasst und die potentiell klausurrelevant sind. Darauf wird in der letzten Vorlesung hingewiesen.  Waren der Umfang der SWT-Klausur und die zur Verfügung stehende Zeit angemes- Zwischen der letzten Vorlesung am Ende des sen – Antwort „Ja“ oder „Nein“ Sommersemesters und dem Klausurtermin liegen zwei Monate. Von den drei Prüfungswochen sind  Wieviele Tage haben Sie vor dem Klausur- zwei direkt im Anschluss an die Vorlesungszeit; termin mit dem Lernen begonnen? (Geben die dritte Prüfungswoche liegt kurz vor dem Be- Sie die Anzahl der Tage ein. Versuchen Sie, ginn der nächsten Vorlesungsperiode. Das soll die ehrlich zu sein ;-) – Angabe einer positiven Vorbereitungszeiten für die Studierenden entzer- Ganzzahl ren.  Welche Plattformen haben Sie zum Lernen Eine Woche vor dem Klausurtermin erfolgt über mit den Lernkarten genutzt? – Antworten Moodle eine Benachrichtigung an alle SWT- mit Mehrfachnennungen: „App auf dem Studierende, sich zur Vorbereitung besonders mit Handy“, „App auf dem Tablett“, den Lernkarten auseinander zu setzen. „Webbrowser“, Freitext für „Sonstiges“ Die schriftliche Klausur enthält schlussendlich eine  Wie effizient ist Ihrer Meinung nach das Auswahl von 33 der 280 Lernkarten – ein klarer Lernen mit Lernkarten gewesen? (Mit „ef- Entschluss, das Lernkarten-Experiment konsequent fizient“ meine ich: zu lernendes Wissen ist umzusetzen. Pro „Lernkarte“ können maximal drei schnell anzueignen; man weiß sehr gut, wie Punkte erlangt werden. Bei Fehlern werden die gut man den Stoff beherrscht.) – Antwort Punkte in Einserschritten reduziert. Im ungünstigs- auf einer Skala von „sehr effizient“ (1) bis ten Fall erhält die Studentin oder der Student null „gar nicht effizient“ (5) Punkte. Minuspunkte sind ebenso ausgeschlossen  War die Menge der Lernkarten (290) ange- wie halbe Punkte oder gar Viertelpunkte. Jeder und messen? – Antwort mit „Ja“ oder „Nein“ jede Studierende erhält einen Punkt „geschenkt“,  Haben Sie außer den Lernkarten zur Klau- um in Summe maximal 100 Punkte erreichbar zu survorbereitung … – Mehrfachnennung machen. möglich: „die Folien durchgearbeitet“, „die Zu der 90minütigen Klausur sind keine Hilfsmittel Testfragen zu Beginn einer Vorlesung be- zugelassen. 88 Studierende schreiben die Klausur. arbeitet“, „Übungsaufgaben nachgearbei- tet“, Freitext zu „Sonstiges“ Umfrage  Womit haben Sie fest in der Klausur ge- Eine Woche nach der Klausur werden die Noten an rechnet, was aber dann doch nicht abge- das Sekretariat des Fachbereichs gemeldet. Mit der fragt wurde? – Antwort als Freitext Notenmeldung geht eine E-Mail an all die Studie-  Würden Sie einem MNI-Studenten bzw. ei- rende, die die Klausur geschrieben haben und in ner MNI-Studentin empfehlen, die SWT- Moodle eingetragen sind. Die E-Mail teilt die Mel- Vorlesung zu besuchen? (Auch wenn man dung der Note ans Prüfungsamt mit und bittet um die Klausur allein mit dem Lernen der die Teilnahme an einer kurzen, freiwilligen Umfra- Lernkarten bestehen kann?) – Antwort „Ja“ ge. Der Link zur Umfrage ist in der Email enthal- oder „Nein“ ten. Zwar wird um sofortige Rückmeldung gebe- ten, dennoch können Studierende auch erst nach  Möchten Sie mir Feedback zur SWT- Einsicht in das Notenergebnis die Fragen beant- Klausur hinterlassen? (Haben Sie irgend- worten. Nach zwei Wochen endet die Umfrage. Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 33 welche Anmerkungen rund um die Klau- Auf Nachfrage deutet sich an, dass viele Studie- sur?) – Antwort als Freitext. rende gegen Semesterende eine Überlast durch Alle Fragen sind optional zu beantworten. andere Veranstaltungen empfinden – und die SWT- Klausur ja erst im Oktober sei und man noch genug Zeit zum Lernen daheim hätte. Es scheint, als sei Evaluation der Besucherrückgang nicht in der Vorlesung an Wie viele Studierende haben die Klausurzulassung sich begründet. erhalten und Bonuspunkte gesammelt? Wie viele Die EvaSys-Evaluation weist auf keine Probleme Studierende haben die Vorlesung besucht? Wie mit der Vorlesung hin. Die Bewertungen sind sehr sind die Ergebnisse der Klausur ausgefallen? Und positiv, das Konzept der Tests zu Beginn der Vorle- was hat die Umfrage ergeben? Diese Fragen wer- sung gefällt. Auch die Lernkarten werden positiv den in den nachfolgenden Unterkapiteln beantwor- aufgenommen. Wenn Kritik geäußert wird, so be- tet. zieht sie sich auf die Übung. Die Übung: Klausurzulassung und Bonus- Die Klausur: Abgabe und Notenverteilung punkte Von den 96 gemeldeten Kandidaten treten 88 zur Insgesamt haben 96 Studierende mindestens einmal Klausur an; eine Person schreibt die Klausur zeit- die Übung besucht und eine Pflichtaufgabe einge- gleich im Ausland. reicht. 81 Studierende haben mindestens drei Ab- gaben gemacht. Die Klausurzulassung haben 71 Im Mittel werden unter Einrechnung eventuell Studierende mit allen sieben Abgaben erfolgreich erlangter Bonuspunkte 66,4 Punkte erreicht bei erhalten. einer Standardabweichung von 22,9 Punkten. 21 Studierende (23,9%) bestehen die Klausur nicht. Wiederholer, die die SWT-Klausur in einem frühe- ren Semester geschrieben und nicht bestanden ha- Ohne die durchgefallenen Studierenden ergibt sich ben, behalten die vormals erlangte Klausurzulas- ein Mittelwert von 76,5 Punkten (Note 2,3) bei einer sung. Aus diesem Grund haben so gut wie keine Standardabweichung von 13,9 Punkten. Hat ein Wiederholer die Pflichtübungen abgelegt. Studierender die Klausur nicht bestanden, so sind im Mittel 32 Punkte bei einer Standardabweichung Es versuchen sich 60 Studierende an den Bonus- von 10,7 Punkten erreicht worden. aufgaben – und daran beteiligen sich auch Wieder- holer, um ihre Klausurnote potenziell verbessern Umfrage zu können. Sie erreichen in Summe 675 Punkte, Ein besonderes Augenmerk soll auf die Umfrage was im Mittel 11,25 Punkte und damit eine mittlere nach der Klausur gelegt werden. Wenn, dann ist es Verbesserung der Klausurnote um 0,8 ausmacht. den Studierenden nach der Klausur möglich, die Die Standardabweichung von 8,2 deutet auf eine Veranstaltung in der Gesamtschau zu betrachten hohe Streuung hin. Es gibt einige Studierende, die und uneingeschränkt Kritik zu üben. Dieser Aspekt nur 5 oder 10 Punkte haben, aber ebenso viele, die wird von den Pflichtevaluationen an den Hoch- 20 oder 25 Punkte erreichen. schulen weitgehend ausgeblendet. Eine Rückmel- In den Freikommentaren zur EvaSys-Evaluation dung nach der Vorlesungszeit ist nicht vorgesehen. zeigt sich, dass Verbesserungen in der Strukturie- Zur Erinnerung: Mit der Notenmeldung geht eine rung der Übungen und im Umgang mit dem „Mas- E-Mail an alle Studierenden, die die Klausur mitge- senbetrieb“ angebracht sind. schrieben haben und in Moodle zum Kurs eingetra- Die Vorlesung gen sind. Das sind 83 Studierende. In Moodle registrieren sich 187 Studierende, zur 53 Rückmeldungen sind zur Umfrage nach der ersten Vorlesung erscheinen ca. 120 Studierende. Klausur eingegangen. Dem entspricht eine Rück- laufquote von 64%. Eine offensichtliche Doppel- Zählungen werden keine vorgenommen, es meldung ist hierbei schon entfernt. Mit dieser Um- herrscht keine Anwesenheitspflicht. Geschätzt frage konnten mehr Studierende erreicht werden kommen zur zweiten und dritten Vorlesung noch als über die im Rahmen der Vorlesung durchge- um die 100 Studierende, dann pendelt es sich rasch führte EvaSys-Evaluation (n=47). auf 70-80 Studierende ein; das entspricht ungefähr der Zahl der die Übung besuchenden Studieren- Eine überwiegende Mehrheit von 85% hält die den. Klausur für „sehr fair“ oder „fair“. Eine Minderheit von 8% stuft die Klausur als „absolut unfair“ bzw. Im letzten Drittel des Semesters kommen um die „unfair ein“. 40-50 Studierende. Und das, obwohl es in Woche 14 der 15 Vorlesungswochen noch eine letzte Pflicht- 70% halten die Klausur für „gar nicht schwer“ oder übung gibt. „nicht schwer“, weitere 24% halten die Klausur 34 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 weder für zu schwer noch für zu leicht. Eine Min- tung, die Klausur oder die Lernkarten betrifft. 3 derheit von 6% ist mit dem Schweregrad der Klau- Studierende sind in ihrer Kritik weder besonders sur nicht einverstanden. positiv noch negativ. Merkliche Kritik äußern 4 94% der Rückmeldungen halten den Umfang der Personen, 2 Meinungsbilder fallen differenziert aus. Klausur und die zur Verfügung stehende Klausur- In den Rückmeldungen wird viermal, teils deutli- zeit von 90 Minuten für angemessen; der Rest wi- che Kritik an den Lernkarten geäußert und zwar derspricht. Dieses Ergebnis entspricht dem Ein- jedes Mal in ähnlicher Tonlage: jeder könne mit druck bei der Klausur. Mehr als die Hälfte der Stu- zweiwöchiger Vorbereitung „durch einfaches dierenden hat die Klausur nach 45 Minuten bereits Auswendiglernen eine gute Note erreichen“, egal abgegeben. Nur wenige Studierende nutzen die ob er oder sie in der Vorlesung gewesen sei oder gesamte verfügbare Zeit. etwas verstanden habe. Es wäre schön, wenn die Rund zwei Wochen (Mittelwert ist 15 Tage) haben „Klausur einen höheren Anspruch gehabt hätte“. die Studierenden vor der Klausur mit dem Lernen Dem gegenüber stehen andere Kommentare, die begonnen. Allerdings verrät die Standardabwei- den Klausurerfolg auf die Effizienz der Lernens mit chung von 12,4 Tagen, dass es ebenso zahlreiche Lernkarten zurückführen, die die Vorlesung durch Kurzlerner wie auch langfristig Lernende gibt. die Lernkarten gut abgebildet sehen, die glauben, Bei der Lernkartensoftware haben sich 55% der viel gelernt zu haben: „Die Lernkarten haben mir Studierenden der Version für das Smartphone be- beim Lernen sehr geholfen“, „Ich konnte überall dient, 26% nutzen ein Tablett zum Lernen, 32% lernen.“ haben mit der Browserversion gearbeitet und 20% benutzen die Desktopversion auf ihrem Rechner. Diskussion 64% der Studierenden haben dabei entweder nur Ist lernzentrierte Lehre mit Lernkarten ein geglück- das Smartphone, das Tablett, den Browser oder die tes Experiment für die Softwaretechnik? Das disku- Desktopversion genutzt. 36% der Studierenden tiert dieses Kapitel. arbeiten parallel mit mehreren Varianten und End- Das Experiment ermutigt, eine lernzentrierte Lehre geräten der Lernsoftware. mit Lernkarten in der Softwaretechnik fortzusetzen Als „sehr effizient“ bzw. „effizient“ betrachten 83% und auszubauen. Das Etablieren einer Retrieval- der Studierenden das Lernen mit Lernkarten. Wei- Kultur zu Vorlesungsbeginn sowie die Verteilung tere 15% sind in der Einschätzung indifferent. Ge- von Lernkarten kommen bei den Studierenden gut rade einmal 2% halten Lernkarten für „nicht effi- bis sehr gut an. Das zeigen die EvaSys-Evaluation zient“. Niemand hält sie für „gar nicht effizient“. und die Auswertung der Umfrage nach der Klau- Die Menge an Lernkarten finden 88% der Studie- sur deutlich. Mit Lernkarten und auch der Menge renden als angemessen, 12% sehen das nicht so. an Lernkarten haben Studierende keine Probleme, sie schätzen diese Lerntechnik als effizient ein. Neben den Lernkarten haben 90% der Studieren- den die Klausur mit weiteren Maßnahmen vorbe- Fast jeder Teilnehmer bzw. jede Teilnehmerin hat reitet. Von ihnen haben 75% die Folien zur Vorle- etwas für die Klausur getan – so kann man die rela- sung durchgearbeitet, 46% haben die Testfragen zu tiv hohe Zahl der im Mittel erreichten Punkte in- Beginn einer Vorlesung noch einmal bearbeitet, terpretieren. Wenn ein Student oder eine Studentin 54% haben die Übungsaufgaben nachgearbeitet. die Klausur bestanden hat, dann in der Regel mit 29 der 53 Rückmeldungen (55%) machen Angaben, merklichem Abstand von der Bestehensgrenze; die Durchschnittsnote von 2,3 belegt das. Auch spricht womit Sie in der Klausur gerechnet haben. Einige die hohe Bestehensquote von rund 75% für die hielten die Lernkarten-Ankündigung für so deut- Machbarkeit der Klausur. lich, dass sie das Lernen darauf beschränkt haben. Viele haben Programmieraufgaben und Diagram- Das Ziel, die Lehre vom Ende her und so von der me verschiedenster Art (Klassen-, Objekt-, Zu- Klausur her zu denken und zu gestalten, darf ange- stands- und Sequenzdiagramme) in der Klausur sichts von Note und Bestehensquote als Erfolg be- erwartet. wertet werden. Allerdings müsste dieser Effekt in einer Zeitreihenstudie auf seinen Bestand hin un- Den Vorlesungsbesuch würden 94% der Studieren- tersucht werden. Auch darf man die Messlatte den ihren Kommilitonen empfehlen, selbst wenn durchaus höher legen und der Vision folgend die man die Klausur allein mit den Lernkarten beste- Möglichkeiten der lernzentrierten Lehre weiter hen kann. 6% der Studierenden würden das nicht ausloten: Sind nicht sogar höhere Bestehensquoten tun. und noch bessere Durchschnittsnoten möglich, Den Freitext mit Feedback zur Klausur nutzen 25 ohne Kompromisse an die Qualität der Lehre und der Rückmeldungen (47%). 16 Studierende geben ihre Inhalte machen zu müssen – Stichwort „Mas- ein sehr positives Feedback ab, was die Veranstal- tery Learning“? Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 35 Durchgefallene Studierende erzielen mit einem Carl von Linné, im 18. Jahrhundert erfunden wur- Drittel der Punkte im Schnitt einen Achtungserfolg, de, um Wissen effizient mit den Mitteln des Papier- meist ist der Abstand zur Bestehensgrenze jedoch zeitalters zu erfassen, zu verschlagworten und zu nicht zu leugnen. Anders ausgedrückt: Drei Viertel indizieren. Von der Wissenskarte hin zur Lernkarte der Studierenden scheinen mit dem Lernkarten- ist es nur ein kleiner Schritt. Dokumentiert sind die konzept gut zurechtgekommen zu sein, einem Vier- Lernkarten der englischen Kinderbuchautorin Fa- tel darf eine falsche Vorbereitung oder ein fehlen- vell Lee Mortimer aus dem Jahr 1834. Die aus der der Wille zur Auseinandersetzung mit den Lern- Lernforschung bekannte Wiederholungsstrategie karten unterstellt werden. Spaced Repetition und die Lernkarte haben jedoch Bei einer Auswahl von 33 der 290 Lernkarten darf erst 1973 zum heutigen Lernkasten und dem Leit- man davon ausgehen, dass die Studierenden, die ner-System geführt. Seitdem sind die Vokabelbox die Klausur bestanden haben, die Lernkarten um- und andere thematische Lernkarteien populär. fassend gelernt haben. Bei dieser relativ geringen Neu ist auch nicht die „Elektrifizierung“ der Lern- Auswahl ist es unwahrscheinlich, nur Glück in der kartei. Es gibt Anbieter von Lernkarten-Software, Auswahl der Klausurfragen zu haben. Breites Ler- die sowohl im Webbrowser als auch auf mobilen nen ist als Strategie zur Vorbereitung angemesse- Endgeräten läuft, Geräte gegeneinander synchroni- ner als punktuelles Lernen. Insofern dürfte ein siert und Verknüpfungen mit sozialen Medien an- Lernziel erreicht sein, die Studierenden mit einem bietet. Kommerziell ausgerichtet sind die Angebote umfassenden Wissen zur Softwaretechnik ausge- von BrainYoo und StudyBlue; als freie Software ist stattet zu haben. beispielsweise Anki verbreitet. Aber auch das ist ein wichtiger Punkt: Die Verant- Dabei sind die Möglichkeiten digital aufbereiteter wortung für das Lernen geht – bei aller lern- Lerninhalte bei weitem nicht ausgeschöpft. Für das zentrierten Lehre – zurück an den Studierenden. vorgeschlagene System sind drei Aspekte neuartig: Wer sich mit den Lernkarten nicht befasst, hat im  Die Art der digitalen Lernkarte wahrsten Sinne des Wortes „schlechte Karten“.  Die Beobachtung des Lernens und des Wenn die Möglichkeit zum digitalen Lernen gege- Lernprozesses ben ist, dann werden Smartphone, Tablett und Browser herangezogen. Die Anwendung auf dem  Der Einfluss auf die Lehre Laptop oder dem heimischen Desktop ist nicht Die Art der digitalen Lernkarte mehr zeitgemäß und verträgt sich nicht mit mobi- lem Lernen in Bus oder Bahn oder im Urlaub. Eine Lernkarte aus Papier hat eine Vorder- und eine Rückseite: vorne steht ein Begriff, eine Auffor- Es gibt nur wenige Studierende, die Lernkartensys- derung oder eine Frage, auf der Rückseite die Ant- teme für das „Auswendiglernen“ als geeignet, für wort. In ihrer digitalen Version kann die Lernkarte das Verständnis deutlich ungeeignet halten. Man ähnlich einer Klappkarte um einen Innenteil erwei- kann beides vermuten: Äußert sich hier der Unwil- tert werden, mediale Inhalte bereitstellen und ge- le, mal etwas wirklich „auswendig“ zu lernen? nerell um dynamische und interaktive Elemente (Was, wie besprochen, deutlich mehr leistet.) Oder bereichert werden. ist es der Wunsch, sich über Transferleistungen deutlich besser profilieren zu wollen? An dieser  Bei der traditionellen Lernkarte bewertet Stelle sind weitere Untersuchungen und Studien man die Richtigkeit einer Antwort mit angebracht. Blick auf die „Rückseite“ einer Lernkarte selbst. Interaktive Elemente können die Eingabe einer Antwort verlangen, bei der Eine Vision: Was digitale Lernkarten Mehrfachauswahl (Multiple Choice) die ermöglichen können Auswahl der richtigen Antwort einfordern Die Möglichkeiten der digitalen Lernkarte sind usw. Der Lernvorgang wird durch interak- noch lange nicht ausgeschöpft. Insbesondere die tive Elemente aktivierend und immersiv Idee einer lernzentrierten Lehre lässt sich mit digi- gestaltet. talen Lernkarten auf die Spitze treiben – und sehr  Dynamische Elemente können z.B. Fragen gut mit anderen Ansätzen vereinen, wie z.B. dem selber generieren, so dass Antworten nicht Inverted Classroom Model (Handke und Sperl einfach auswendig gelernt werden. Dyna- 2012). Eine Vision! mische Elemente können eine Auswahl an Antworten automatisch erzeugen. Damit Die Ursprünge ist für Abwechslung und aktives Nachden- Neu ist die Idee der Lernkarte nicht. Ihr histori- ken gesorgt. scher Wegbereiter ist die Kartei- oder Registerkarte, die von dem „Vater der modernen Taxonomie“, 36 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015  Ein „Innenteil“ kann zu einer Lernkarte Er- verhalten protokollieren lassen, müssen es aber klärungen anbieten und dabei Audios oder nicht – und die Erfassung der Metadaten während Lernvideos einbinden. Der „Innenteil“ er- des Lernens ist pseudonymisiert, d.h. die Identität füllt die Funktion eines multimedialen des Lernenden bleibt gewahrt. Lehr- oder Nachschlagewerks, das Lern- Ein anderer wichtiger Punkt, der sich mit sozialen fragmente in einen Kontext stellt. Medien koppeln lässt, ist eine zumindest teilweise All diese Aspekte helfen, das Lernen ansprechend, Gamifizierung des Lernens mit Lernkarten. Das sinnhaft und effizient zu gestalten. Ganze Lehrein- Lernen kann belohnt werden, wenn ein bestimmtes heiten können vollständig in Form derartiger Lern- Lernpensum erreicht wird. Der Lernstand im Ver- karten aufbereitet werden. Die Lernkarte bietet den gleich mit den Kommiliton(inn)en (aktuellen aber Aufhänger zum Retrieval-Based Learning, ihr In- auch mit in der Vergangenheit erfolgreichen Stu- nenteil stellt die Anbindung an ganze Lehreinhei- dierenden) mag zur Einschätzung und Korrektur ten oder Lektionen her. des eigenen Lernverhaltens dienen. Die Gamifizie- Zu einem Lernkartensystem gehört ein Karteikas- rung mag helfen, die Isolation und die Problematik ten mit Fächern, in die gelernte Karten einsortiert der Selbstmotivation beim Alleinlernen zu lösen. und nach einer gewissen Zeit zur Wiedervorlage Davon abgesehen spiegelt ein Lernkartensystem an gebracht werden; dies nennt man „Spaced Repeti- sich schon Lernerfolge klar zurück und setzt das tion“. Jede Form des nachhaltigen Lernens bedarf Prinzip direkten Feedbacks um. Das sind Techni- der Wiederholung, um sich dauerhaft im Gedächt- ken, derer sich auch die Gamifizierung bedient. Es nis zu verankern. Das Leitner-System schlägt eine ist gut möglich, dass Lernkartensysteme keiner solche Strategie zur Wiedervorlage vor. Ein digita- ausgeprägten Gamifizierung bedürfen. Dies gilt es les Lernkartensystem kann beliebige Systeme zur in weiterführenden Untersuchung zu analysieren. Wiedervorlage von Lernkarten umsetzen. Offenbar Der Einfluss auf die Lehre ist kein System dem anderen überlegen, doch mö- gen persönliche Präferenzen oder schlicht ein an- Mit ihrem „Innenteil“ erweitert sich die Lernkarte stehender Prüfungstermin ein bestimmtes Wieder- vom Lernmedium hin zum Lehrmedium. Der In- vorlagesystem favorisieren lassen. Ein digitales halt einer Lehrveranstaltung wird portioniert und Lernkartensystem sollte solche individuellen Wün- gleichermaßen eingeklappt in einen „Innenteil“, die sche und Konfigurationen berücksichtigen. relevanten und leitgebenden Fragen werden auf den „Vorderseiten“ eines Lernkartensatzes ver- Die Beobachtung des Lernens und des merkt und auf den „Rückseiten“ beantwortet. Lernprozesses Wenn sich die Lehre an diesem Modell der Aufbe- Wann lernen Studierende: abends, mittags oder reitung und Ausrichtung orientiert, dann ist die morgens? Nutzen Studierende „Totzeiten“, z.B. Lehre hochgradig lernzentriert und damit in letzter Pausen zwischen den Vorlesungen zum Lernen? Konsequenz auch prüfungszentriert: eine Prüfung Wann beginnen sie mit dem Lernen für Prüfungen: ist immer auf das zu Lernende ausgerichtet. Dass es kurz vor der Prüfung oder noch in der Vorlesungs- dabei nicht ausschließlich um Lerninhalte von zeit? Wie verteilt sich die Lernintensität und -dauer Lernkarten, sondern auch um Anteile aus z.B. über einen Tag und über die Tage einer Woche? Übungen und Hausarbeiten geht, versteht sich von Welche Lernstrategien erweisen sich mit Blick auf selbst. das Prüfungsergebnis als erfolgreich? Ehrlich ge- Die Lern- und damit Prüfungszentrierung bringt sagt wissen Lehrende darüber erstaunlich wenig. eine unmittelbare Konsequenz mit sich: Richtig Digitale Lernkarten eröffnen ganz neue Möglich- gelernt wird vor den Prüfungen. Das ist eine stu- keiten der Transparenz und versprechen unge- dentische Realität im derzeitigen Prüfungssystem! kannte Einblicke in den Lernprozess. Es kann er- In der Vorlesungszeit findet die Lehre statt, wozu fasst werden, wann ein Student bzw. eine Studen- Vorlesungen, Übungen, Seminare, Praktika, Haus- tin eine Lernkarte lernt, wie lange er oder sie mit übungen etc. gehören. Auch dann wird gelernt. der Lernkarte befasst ist, ob die Lernkarte gekonnt Doch die intensivste Lernzeit liegt unmittelbar vor wurde oder nicht, welche Wiederholungsstrategie den Prüfungen, und meist liegt diese Zeit außer- gewählt wird usw. Wenn Lernkarten mit sozialen halb der Lehrzeit oder überschneidet sich nur in Funktionen versehen sind, können Unstimmigkei- Teilen mit dem Ende der Vorlesungszeit. Dann, ten oder Verständnisprobleme erfasst werden. Inte- wenn die Studierenden lernen, fehlt ihnen die ressant ist auch, ob und welche Lernkarten sich Lehrperson. Studierende zu ihrem Kartensatz hinzufügen. Der „Innenteil“ einer Lernkarte wird in diesem Es versteht sich von selbst, dass der Datenschutz Moment besonders wichtig. Lehrinhalte können gewahrt sein muss. Studierende können ihr Lern- aufgefrischt und nachgeholt werden. Aber das Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 37 kompensiert nicht den fehlenden Dialog mit der nen wichtigen Anteil daran. So ist ein potentieller Lehrperson und die Kommunikation der Studie- Experimentalraum geschaffen für Lehr- und Lern- renden untereinander in der kritischen Phase der experimente jenseits der traditionellen Vorlesung. Prüfungsvorbereitung. Der Dialog kann ermöglicht Die Vision der digitalen Lernkarte zeigt, dass es werden durch kollaborative Elemente und eine noch viel auszuprobieren, zu erkunden, zu erfor- Anbindung an soziale Medien. Zwei Beispiele da- schen und in seiner Wirksamkeit zu validieren gibt. zu. (1) Welche Lernkarten bereiten den Studierenden Herzlichen Dank an Nils Becker und Artur Klos, die die Probleme? – Die Diskussionen auf einer so- SWT-Veranstaltung begleitet und das Lernkarten- zialen Plattform (wie z.B. Facebook oder Experiment möglich gemacht haben. Twitter) um die Art der Fragestellung, die Verständlichkeit und Einprägsamkeit einer Antwort, den inhaltlichen Bezug zum kon- Literatur textgebenden „Innenteil“ einer Lernkarte, Herzberg, D. & Marsden, N. (2005a): Praxisnahe ist wichtig im Lernprozess und gibt der Förderung von Handlungskompetenz im Soft- Lehrperson Hinweise für Klärungsbedarfe. ware Engineering, in Studienkommission für Updates zu den Lernkarten, verbesserte Hochschuldidaktik an Fachhochschulen in Ba- Fragen, klarere Antworten, überarbeitete den-Württemberg (Hrsg.): Beiträge zum 6. Tag Erklärungen während der Lernzeit sind der Lehre, Geschäftsstelle der Studienkommis- denkbar. sion für Hochschuldidaktik, Karlsruhe, S. 99- 103 (2) Welche Lernkarten fügen die Studierenden hin- zu? – Dies ist ein Beispiel für ein kollabora- Herzberg, D. & Marsden, N. (2005b): Das Software- tives Element: Studierende entwickeln er- labor als Lernbühne: Soziale Kompetenzen im gänzende Lernkarten, um z.B. Inhalte aus Studiengang Software Engineering praxisnah Übungen abzudecken, stellen die Karten vermitteln, in Berendt, B., Voss, H.-P., Wildt, J. zur Diskussion und erlauben anderen die (Hrsg.) Neues Handbuch Hochschullehre, Aus- Aufnahme in ihren individuellen Karten- gabe 04/2005, Berlin: Raabe, S. 1-24 satz. Solche Prozesse haben durchaus einen Cal Newport (2007): How to become a Straight A- rückkoppelnden und edukativen Aspekt Student, Broadway Books, S. 63 auch für die Lehrperson. Jeffrey D. Karpicke, Andrew C. Butler, Henry L. Roediger III (2009): Metacognitive strategies in Zum Abschluss student learning: Do students practise retrieval Es sieht so aus, als ließen sich Studierende leichter when they study on their own?, Memory, 17:4, für Lernkarten in der Softwaretechnik begeistern pp. 471-479 als gedacht. Die durchgeführte Studie gibt einen Jeffrey D. Karpicke and Henry L. Roediger III Anhaltspunkt, dass es so sein könnte. (2008): The Critical Importance of Retrieval for Die Vorbehalte liegen vermutlich eher bei den Leh- Learning, Science 319, 966, DOI: renden: Man muss Wissen reduzieren und auf den 10.1126/science.1152408 Punkt bringen; man muss ein Gefühl für die Menge Jeffrey D. Karpicke, Janell R. Blunt (2011): Retrieval an Lernkarten und die Relevanz der Lernkarten Practice Produces More Learning than Elabora- entwickeln; man muss bereit sein, Lernkarten als tive Studying with Concept Mapping, Science Werkzeug in die Lehre zu integrieren; man muss 331, pp. 772-775, DOI: 10.1126/science.1199327 Lernkartenwissen prüfungsrelevant machen. Vor allem müssen Lehrende mit einem möglichen Vor- Frank Rösler (2011): Psychophysiologie der Kogni- urteil aufräumen: Es ist nicht so, dass Studierende tion – Eine Einführung in die Kognitive Neu- hirnlos auswendig lernten. Die Lernforschung be- rowissenschaft, Spektrum Akademischer Ver- legt deutlich, dass beim Retrieval-Based Learning lag semantische Verknüpfungen und Verständnis auf- Phillip J. Grimaldi, Jeffrey D. Karpicke (2012): gebaut werden. Davon abgesehen: ohne Erinne- When and why do retrieval attempts enhance rung, ohne im Besitz des Wissens zu sein, können subsequent encoding?, Mem Cogn 40:505–513, erst gar keine Verknüpfungen entstehen. DOI 10.3758/s13421-011-0174-0 Gerade in der Softwaretechnik können sich Leh- Ken Bain (2004): What the best College Teachers do, rende sehr gut auf ein Lernkarten-Experiment ein- Harvard University Press, p. 173 lassen. Wer Sorge um Verstehens- und Verständ- Megan A. Smith & Jeffrey D. Karpicke (2013): Re- nisprozesse hat: der praktische, anwendungsorien- trieval practice with short-answer, multiple- tierte Übungsanteil in der Softwaretechnik hat ei- 38 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 choice, and hybrid tests, Memory, DOI: 10.1080/09658211.2013.831454 Handke, J. & Sperl, Alexander (Hrsg.) (2012): Das Inverted Classroom Model, Oldenbourg British Society for the History of Science. "Carl Lin- naeus Invented The Index Card." ScienceDaily. www.sciencedaily.com/releases/2009/06/090616 080137.htm (Zugriff am 3. Juli 2014). Todd Pruzan, Favell Lee Mortimer (2005): The clumsiest people in Europe, or: Mrs. Mortimer’s bad-tempered guide to the Victorian world, Bloombury Publishing, p. 5 Sebastian Leitner (2011): So lernt man Lernen – Der Weg zum Erfolg, Nikol, 18. Aufl. Jeffrey D. Karpicke and Althea Bauernschmidt (2011): Spaced Retrieval: Absolute Spacing En- hances Learning Regardless of Relative Spac- ing, Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, Vol. 37, No. 5, 1250–1257 Axel Schmolitzky, Anna Sabine Hauptmann (Hrsg.): SEUH 2015 39