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==Patientenspezifische Annuloplastieringe für die Mitralklappenrekonstruktion==
Patientenspezifische Annuloplastieringe für die Mitralklappenrekonstruktion M. Gessat1,2, S. H. Sündermann1, N. Cesarovic3, T. Frauenfelder4, P.Biaggi5,D. Bettex6, V. Falk1, S. Jacobs1 ¹ Universitässpital Zürich, Klinik f. Herz- und Gefässchirurgie, Zürich, Schweiz ² Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich, Computer Vision Laboratory, Zürich, Schweiz 3 Universitätsspital Zürich, Abteilung Forschung Chirurgie, Zürich, Schweiz 4 Universitätsspital Zürich, Institut f. Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Zürich, Schweiz 5 Universitätsspital Zürich, Klinik f. Kardiologie, Zürich, Schweiz 6 Universitätsspital Zürich, Institut f. Anästhesiologie, Zürich, Schweiz Kontakt: michael.gessat@usz.ch Abstract: Es wird ein Verfahren zur Herstellung patientenspezifischer Annuloplastieringe vorgestellt. Der Mitralklappenannulus wird aus Computertomographiebildern modelliert. Eine optimale Ringgeometrie wird interaktiv erstellt. Die Ringe wer- den mittels Selective Laser Melting aus einer Titanlegierung hergestellt. Im Tierversuch wurde die Machbarkeit des Ver- fahrens überprüft. Mit patientenspezifisch geformten Annuloplastieringe für die Mitralklappenrekonstruktion könnten die chirurgische Therapie besser an die individuelle Anatomie und Pathologie angepasst werden. Schlüsselworte: Mitralklappe, Annuloplastie, Rapid Prototyping 1 Problem Die Mitralklappeninsuffizienz ist nach der Aortenklappenstenose die zweithäufigste Herzklappenerkrankung. Durch krankhafte Veränderungen an den Mitralklappensegeln und/oder Deformität des Mitralklappenannulus aufgrund von Degeneration oder Ischämien kommt es während der Systole nicht mehr zu einem vollständigen Verschluss der Mitral- klappe und Blut wird vom Ventrikel zurück in das linke Atrium gepumpt. Die chirurgische Rekonstruktion der Klappe stellt heutzutage den klinischen Standard in der Therapie dieser Erkrankung dar [1, 2]. Hierbei wird die Klappe nicht durch eine Vollprothese ersetzt sondern in ihrer Funktion so weit wie möglich unter Verwendung des nativen Gewebes wiederhergestellt. Dabei kommen verschiedene Techniken zum Einsatz. In fast allen Fällen wird ein sogenannter An- nuloplastiering eingesetzt, welcher Deformitäten und Vergrößerungen des Mitralklappenannulus ausgleichen soll und insgesamt eine stabilisierende Wirkung auf die Mitralklappe hat. Seit Einführung der Technik unter Verwendung plana- rer, ovaler Ringe in den 1970er Jahren [3] wurde die Geometrie der eingesetzten Ringe stetig weiterentwickelt, über planare D-förmig Ringe hin zu sattelförmig gebogenen Ringen. Hinter dieser Entwicklung steht die Bestrebung, die Form der Ringe besser an die Mitralklappenanatomie anzupassen und dadurch weniger Spannung auf die Anatomie, ins- besondere die Mitralklappensegel auszuüben [4] und gleichzeitig die Koaptation der Segel zu verbessern [5,6]. In der klinischen Praxis kommen Annuloplastieringe verschiedener Größe und Geometrie zum Einsatz. Dennoch deckt die zur Verfügung stehende Auswahl nicht die interindividuelle Variabilität der Anatomie und Pathologie ab. Das Konzept der Patientenspezifischen Annuloplastie wurde 2010 vorgeschlagen [7], jedoch nie in vivo überprüft. Ziel der vorgestellten Studie war es, ein Konzept zur Implantation von patientenspezifisch hergestellten Annuloplastieringen im Tierversuch auf seine Machbarkeit zu überprüfen. 2 Methoden Es wurde ein Verfahren zur Modellierung optimal auf die Patientenanatomie angepasster Annuloplastieringe anhand von Computertomographiebildern entwickelt. Zur Positionierung von 20 – 40 Landmarken zur Definition des Mitralklap- penannulus werden zunächst die beiden Kommissuren und ein dritter Punkt auf dem Annulus etwa in der Mitte des posterioren Segels durch den Nutzer in den Bilddaten markiert. Anschließend berechnet das Programm automatisch eine ungefähre Mitralklappenebene und erzeugte orthogonal dazu 20 Schnittebenen durch den Datensatz, welche sich im un- 19 gefähren Zentrum der Mitralklappe schneiden. In jeder dieser Schnittebene werden durch den Benutzer die beiden Schnittstellen mit dem Mitralklappenannulus markiert (Abb. 1, links). Ausgehend von den markierten Landmarken wird der Annulus als zyklischer Spline dritter Ordnung berechnet und als Kurve dargestellt. Durch Modifikation der Landmarken kann die Kurve interaktiv modifiziert werden, um Fehler bei der initialen Landmarkendefinition auszugleichen und die Kurve zu glätten. Nachfolgend wird ein Oberflächenmodell eines Annuloplastieringes berechnet, welches die Annulusgeometrie optimal abbildet. Der Ring weist einen zur Klappe hin abgeflachten Querschnitt auf und enthält längs des Annulus Löcher zur Durchführung von10 bis 14 Nähten (Abb. 1). Die Anzahl der Nähte richtet sich dabei nach dem Ringumfang. Abb. 1: Links: Markierung des nativen Mitralklappenannulus in Computertomographien und Planung der Ringgeomet- rie. Rechts: Fertiger Titanring vor Implantation. Zur Erprobung des Verfahrens und der chirurgischen Handhabbarkeit der definierten Ringe im Tierversuch wurden unter Anästhesie EKG-getriggerte Computertomographien (Siemens Somatom Definition Flash, Auflösung 0.3x0.3x0.3 mm3) von 6 Schweinen angefertigt. Als Kontrastmittel wurden je 80ml Ultravist venös injiziert. Beta-Blocker und Lidocain wurden verabreicht, um den Herzschlag auf 60-70 Schläge pro Minute zu senken und zu stabilisieren. Diese Pulssen- kung war erforderlich, um ein optimales Ergebnis der auf die menschliche Physiologie ausgelegten Rekonstruktionsalgo- rithmen des CT-Scanners zu erzielen. Schweine haben in der Regel einen höheren Ruhepuls als Menschen. Die Aufnah- men sowie der nachfolgende Akutversuch zur Implantation erfolgten in Übereinstimmung mit lokalen und nationalen Gesetzen sowie internationalen Standards zur Versuchstierhaltung und Durchführung von Tierversuchen. Die Definition spezifischer Ringe erfolgte wie oben beschrieben. Anhand der definierten Oberflächenmodelle wurden im Selective Laser Melting [8] Verfahren solide Ringe aus einer biokompatiblen Titanlegierung (Ti6Al4V) hergestellt (Abb. 1, rechts) und in Akutversuchen unter Narkose implantiert. Zur Überprüfung der Übereinstimmung der implantierten Ringe mit der nativen Annulusgeometrie wurde die Klappenfunktionalität nach Implantation mittels epikardial durchge- führter Doppler-Echokardiographie untersucht. Ferner wurde die Form und Größe der Ringe nach Versuchsabschluss am explantierten Herz untersucht. Hierzu wurde der native Annulus durch Entfernen des Atriums präpariert. 3 Ergebnisse Die Bildqualität der Computertomographien war in allen 6 Fällen ausreichend zur zweifelsfreien Definition des Mitral- klappenannulus. Die korrekte Positionierung, Ausrichtung und Implantation der Ringe erwies sich unter Verwendung der vordefinierten Nahtlöcher aus chirurgischer Sicht als sehr gut machbar. Das Einnähen selbst nahm nicht mehr und nicht weniger Zeit in Anspruch als bei einem herkömmlichen Ring, allerdings konnte durch das Wegfallen der intraoperativen Ringgrößenauswahl (sizing) die Operationsdauer geringfügig reduziert werden. Bei den ersten drei Tieren zeigte sich ein systematischer Fehler in der Planung der Ringgeometrien. Die Ringe erwiesen sich als zu groß. Dieser Fehler wurde für den zweiten Durchlauf mit drei weiteren Versuchstieren behoben, die in diesem Durchlauf hergestellten Ringe stimmten sehr gut mit den in situ vorgefundenen Annuli überein (siehe Abb. 2) und im Echo konnte keine funktionelle Mitralklappeninsuffizienz festgestellt werden. 20 Abb. 2: Postoperative Kontrolle der Ringgröße und –geometrie. Bei den drei Versuchstieren der zweiten Serie zeigte sich eine gute Übereinstimmung der Ringe mit den nativen Annuli. 4 Diskussion Die vorgestellte Studie ist eine reine Machbarkeitsuntersuchung. Keines der Versuchstiere wies vor dem Eingriff eine Mitralklappendysfunktion auf. Der Versuch zielte somit nicht darauf ab, eine Aussage über die Kompetenz der patien- tenspezifisch hergestellten Ringe zur Korrektur einer Deformität oder Dilatation des Mitralklappenannulus zu treffen. Ferner bleiben aufgrund der Tatsache, dass keine Langzeitbeobachtungen durchgeführt wurden, Fragen der Biokompati- bilität und Durabilität des Implantats und der Nähte unbeantwortet. Das Augenmerk der Studie lag auf der chirurgischen Handhabbarkeit der soliden Titanringe, die sich durch die vordefi- nierten Nahtlöcher in der Handhabung von den herkömmlichen Ringen unterscheiden sowie auf der Frage, ob der Mit- ralklappenannulus mittels der verfügbaren Bildgebungstechnik hinreichend genaue modellierbar ist. Unter beiden Ge- sichtspunkten zeigte sich das Konzept der patientenspezifischen Annuloplastie als durchführbar. 5 Referenzen [1] Markar SR, Sadat U, Edmonds L, Nair SK. Mitral valve repair versus replacement in the elderly population. J Heart Valve Dis. 2011;20(3):265-71. [2] Vahanian A, Baumgartner H, Bax J, et al.; ESC Committee for Practice Guidelines. Guidelines on the manage- ment of valvular heart disease: The Task Force on the Management of Valvular Heart Disease of the European Society of Cardiology. Eur Heart J. 2007;28(2):230-68. [3] Carpentier A, Deloche A, Dauptain J, et al. A new reconstructive operation for correction of mitral and tricuspid insufficiency. J Thorac Cardiovasc Surg. 1971;61(1):1-13. [4] Jensen MO, Jensen H, Smerup M, et al. Saddle-shaped mitral valve annuloplasty rings experience lower forces compared with flat rings. Circulation. 2008 Sep 30;118(14 Suppl):S250-5. [5] Salgo IS, Gorman JH 3rd, Gorman RC, et al. Effect of annular shape on leaflet curvature in reducing mitral leaf- let stress. Circulation. 2002 Aug 6;106(6):711-7. [6] Daimon M, Fukuda S, Adams DH, et al. Mitral valve repair with Carpentier-McCarthy-Adams IMR ETlogix an- nuloplasty ring for ischemic mitral regurgitation: early echocardiographic results from a multi- center study. Cir- culation. 2006 Jul 4;114(1 Suppl):I588-93. [7] Díaz Lantada A, Valle-Fernández RD, Morgado PL, et al. Development of personalized annuloplasty rings: combination of CT images and CAD-CAM tools. Ann Biomed Eng. 2010;38(2):280-90. [8] Vandenbroucke B, Kruth JP. Selective laser melting of biocompatible metals for rapid manufacturing of medical parts. Rapid Prototyping Journal 2007: 13(4):196-203. 21