=Paper= {{Paper |id=Vol-1443/paper19 |storemode=property |title=Digitale Lernszenarien zur ganzheitlichen Unterstützung von Mitarbeitern im Arbeitsalltag |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-1443/paper19.pdf |volume=Vol-1443 |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/delfi/FreithSUWKK15 }} ==Digitale Lernszenarien zur ganzheitlichen Unterstützung von Mitarbeitern im Arbeitsalltag== https://ceur-ws.org/Vol-1443/paper19.pdf
               Sabine Rathmayer, Hans Pongratz (Hrsg.): Proceedings of DeLFI Workshops 2015
      co-located with 13th e-Learning Conference of the German Computer Society (DeLFI 2015)
                                                    München, Germany, September 1, 2015 79

Digitale Lernszenarien zur ganzheitlichen Unterstützung
von Mitarbeitern im Arbeitsalltag

Sebastian Freith1, Glenn Schütze2, Dr.-Ing. Carsten Ullrich3, Dr. Stefan Welling4, Prof.
Dr.-Ing. Dieter Kreimeier 5 und Prof. Dr.-Ing. Bernd Kuhlenkötter6



Abstract: Die zunehmende Komplexität in der Bedienung von Fertigungsmaschinen offenbart
einen deutlichen Bedarf an Unterstützung der Maschinenbediener in unterschiedlichen Bereichen –
bspw. in der Reparatur oder der Fehlerbehebung. In diesem Feld bieten digitale Medien einen
geeigneten und ganzheitlichen Ansatz, um diese Anwenderunterstützung in der Produktion und im
Bereich der betrieblichen Ausbildung umzusetzen. Der vorliegende Beitrag zeigt zunächst den
Bedarf an Anwenderunterstützung auf und identifiziert im nachfolgenden Text spezifische Hand-
lungsfelder und Herausforderungen. Ebenso wird ein exemplarisches Modell beschrieben wie den
Herausforderungen begegnet werden kann.
Keywords: Digitale Medien, Anwenderunterstützung, Ausbildung, Mitarbeiterqualifikation, Trai-
ning-on-the-job, Maschinenkomplexität, Fertigungsmaschinen



1     Einleitung
Eine kontinuierliche Steigerung der Produktivität, Flexibilität und Qualität in der Pro-
duktion stellt einen entscheidenden Faktor zur Sicherstellung der internationalen Wett-
bewerbsfähigkeit der deutschen produzierenden Industrie dar [KW98]. Neben dem Be-
darf an technisch innovativen Produktionslösungen rückt gleichzeitig die Mitarbeiter-/in
als ein wesentlicher Erfolgsfaktor in den Vordergrund [Bu96]. Gerade in klein- und
mittelständischen Unternehmen (KMUs) werden Mitarbeiter-/innen an verschiedenen
Arbeitsplätzen und Maschinen in unterschiedlichen Funktionen eingesetzt. Zusätzlich
nimmt die Komplexität der Arbeitsabläufe in den Betrieben stetig zu, sodass die Mitar-
beiter/innen über ein fundiertes Arbeitsprozesswissen verfügen müssen, um die anfallen-
den Arbeitsprozesse adäquat bewältigen zu können [Ra07]. Nur dann können sie z. B.
Maschinen schnell in Betrieb nehmen, bedarfsweise umrüsten, Defekte beheben und
mögliche Lösungsvorschläge in den betrieblichen Gesamtprozess einordnen. Das gilt

1
  Lehrstuhl für Produktionssysteme, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstraße 150, 44801 Bochum,
  freith@lps.rub.de
2
  Center for Learning Technology, DFKI GmbH, Alt-Moabit 91c, 10559 Berlin, glenn.schuetze@dfki.de
3
  Center for Learning Technology, DFKI GmbH, Alt-Moabit 91c, 10559 Berlin, carsten.ullrich@dfki.de
4
  Institut für Informationsmanagement Bremen GmbH, Am Fallturm 1, 28359 Bremen, welling@ifib.de
5
  Lehrstuhl für Produktionssysteme, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstraße 150, 44801 Bochum,
  kreimeier@lps.rub.de
6
  Lehrstuhl für Produktionssysteme, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstraße 150, 44801 Bochum,
  kuhlenkoetter@lps.rub.de
80   Sebastian Freith

aber nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für KMUs. 2011 arbeiteten mehr als
60 Prozent der erwerbstätigen Personen in kleinen und mittleren Unternehmen [Sö14].
Gerade dort besteht ein hoher Bedarf an zeitgemäßen Aus- und Weiterbildungsmaßnah-
men der Mitarbeiter-/innen, die sich in den Arbeitsalltag integrieren lassen und zusätzli-
che Aufwände für Freistellungen und die Teilnahme an externen Fortbildungen auf das
notwendige Minimum reduzieren.


2    Gesamtziel des Projekts
Eine umfassende Qualifizierung der betriebseigenen Mitarbeiter ist für die Bewältigung
der o. g. Herausforderungen wesentlich. Mitarbeiter sollen – über ihre eigentliche Funk-
tion hinaus – Maschinen schnell in Betrieb nehmen, dem jeweiligen Bedarf entsprechend
umrüsten und möglichst viele Defekte umgehend und ohne Hinzuziehung kostenintensi-
ver externer Techniker/-innen beheben können. Durch die umfassende Fokussierung auf
alle genannten Bereiche können die Produktivität, die Flexibilität und die Qualität ge-
steigert werden. Ein weiterer wettbewerbsbeeinflussender Faktor ist das mitarbeiterspe-
zifische Wissen über den Gesamtzusammenhang des jeweiligen Produktionsgutes
[Tr06]. Je umfangreicher dieses Gesamtprozesswissen eines entsprechend qualifizierten
Mitarbeiters ist, desto leichter fällt es ihm, eigenständige und qualitätssichernde Ent-
scheidungen zu treffen. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass viele Mitar-
beiter-/innen an unterschiedlichen Arbeitsplätzen und Maschinen eingesetzt werden
sollen. Die Kürze der jeweils benötigten Einarbeitungszeit in die aktuell zu bedienende
Maschine ist hierbei ein entscheidender produktivitätsbestimmender Faktor. Die zweite
Herausforderung besteht in der Bewältigung der kontinuierlichen Komplexitätszunahme
der betrieblichen Qualifikation und der Zunahme der Anforderungen an z. B. eine ge-
steigerte Produktivität. Eine weitere Herausforderung besteht in der Bewältigung der
ständig wachsenden Komplexität bei der Bedienung von Maschinen [KKP14]. Bei-
spielsweise werden heutzutage zur Inbetriebnahme und auch zum Störungsmanagement
einer Fertigungsmaschine hoch qualifizierte und spezialisierte Fachkräfte benötigt. Häu-
fig reicht das interne Fachwissen für diese Tätigkeiten nicht aus. Als Folge müssen ex-
terne Fachkräfte hinzugezogen werden, die das erforderliche Fachwissen besitzen, ein-
hergehend mit zusätzlichen Kosten für Standzeiten und für die Bezahlung der externen
Expert-/innen.
Mobile digitale Medien eröffnen neue Möglichkeiten betriebseigenen Fachkräften bei
der Lösung der angesprochenen Schwierigkeiten zu assistieren. So lassen sich Informa-
tionen zur Behebung von Problemen passgenau bereitstellen und erforderliche Lernpro-
zesse am Arbeitsplatz unterstützen. Das Ziel des Projekts ist es, Mitarbeiter und Mitar-
beiterinnen adaptiv und intelligent bei der Aufnahme und bei der Wiedergabe von
Arbeitsprozesswissen zu unterstützen. Hierzu sollen mit Hilfe unterschiedlicher digitaler
Medien, semiautomatisch generierte Lernszenarien entwickelt werden, die eine neue
Form des Lernens am Arbeitsplatz ermöglichen. Diese Lernszenarien sollen von geeig-
                                      Digitale Lernszenarien zur ganzheitlichen Unterstützung
                                                       von Mitarbeitern im Arbeitsalltag 81

netem Fachpersonal (Ausbilder/-innen, Mitarbeiter/-innen und Fachkräfte) eigenständig
aufgenommen werden (user-generated content), nachdem diese einen Bedarf in einem
bestimmten Bereich identifiziert haben.


3     Differenzierungsdimensionen und Lernprofil
Das aufgenommene Arbeitsprozesswissen soll adaptiv und intelligent für den jeweiligen
Prozess und für eine konkrete Person zusammengestellt dargeboten werden. Dazu muss
das Wissen und Können einer Person modelliert werden. Dazu werden folgende Dimen-
sionen betrachtet: Berufserfahrung, Kompetenzniveau und Lerntyp.


3.1    Dimension Berufserfahrung

Die Dimension Berufserfahrung unterteilen wir in drei Klassen:

     Berufseinsteiger mit einem Erfahrungslevel von null bis fünf Jahren
     Berufserfahrener mit einem Erfahrungsgrad von mehr als fünf Jahren
     Berufserfahrener 50+ mit einem Erfahrungslevel von mehr als fünf Jahren und
      einem Alter von über 50 Lebensjahren
Ein Mitarbeiter, der bereits viele Berufsjahre einen bestimmten Stahl bearbeitet, benötigt
möglicherweise weniger Informationen über einen sich auf diesen Stahl beziehenden
Prozess als ein Berufseinsteiger. Berufserfahrene 50+ benötigen auf Grund ihres Alters
möglicherweise eine andere Form des Lernens.


3.2    Dimension Kompetenzniveau

Die Dimension Kompetenzniveau lässt sich ebenfalls in drei Klassen unterteilen:

     Kenner verfügen über theoretisches Wissen und geringes praktisches Wissen.
     Könner verfügen über theoretisches Wissen und praktisches Wissen mit vielseiti-
      ger Anwendungserfahrung und sind damit in der Lage, auf unterschiedliche Situa-
      tionen am Arbeitsplatz zu reagieren
     Experten verfügen über das breiteste Kompetenzspektrum und können auch neue
      Lösungswege identifizieren.
Die Unterteilung der Beschäftigten in diese drei unterschiedlichen Kategorien ist eben-
falls ein wichtiger Bestandteil für die ganzheitliche Implementierung. Experten benöti-
gen im Gegensatz zu Kennern andere Lerninhalte.
82    Sebastian Freith

3.3     Dimension Lerntyp

Die Dimension Lerntyp könnte zur Klassifizierung der unterschiedlichen präferierten
Formen des Wissenserwerbs herangezogen werden. Im Rahmen des Projekts wird die
Nützlichkeit dieser Dimension untersucht. Diese Dimension lässt sich ebenfalls in drei
Klassen aufteilen. Diese sind kinästhetisch, auditiv und visuell. Bei der kinästhetischen
Lernform werden Lerninhalte durch die Kombination von theoretischem Wissenserwerb
und praktischer Anwendung am schnellsten erlernt, während bei der auditiven Lernform
der höchste Lerneffekt durch die akustische Wahrnehmung gewährleistet wird. Visuelle
Lerntypen sprechen besonders gut auf das Vormachen der zu erlernenden Praxisschritte
an [Am14]. Einen Überblick über die drei Dimensionen gibt die Abbildung 1.




                         Abb. 1: Differenzierungsdimensionen und Lernprofil



4     Semi-automatisch generierte Lernszenarien
Ein Ziel dieses Projekts ist es, das vorhandene Arbeitsprozesswissen zu externalisieren,
sodass eine adaptive Weitergabe an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ermöglicht werden
kann. Als Pilotszenarien untersuchen wir zunächst Arbeitsprozesse, die im Lehrplan für
Auszubildene vorkommen. Dazu gehören bspw. die Inbetriebnahme und Umrüstung von
Maschinen sowie das Durchführen von Messungen.
Im ersten Schritt wird das Arbeitsprozesswissen durch fachkundige Mitarbeiter multi-
modal in Form von Videos, gesprochener Sprache, Bildern und der Referenzierung von
Dokumenten aufgenommen. Nach der Transformation des aufgenommenen Wissens in
eine formale Repräsentation und der Erzeugung von situativ und personell angepassten
Lernszenarien, kann das Wissen nun an die Mitarbeiter weitergegeben werden, indem es
                                     Digitale Lernszenarien zur ganzheitlichen Unterstützung
                                                      von Mitarbeitern im Arbeitsalltag 83

am vorhandenen Vorwissen anknüpft. Nach der erfolgten Erstellung der Lerninhalte
werden sie durch ein Expertengremium aus internen Fachkräften sowohl auf ihre Rich-
tigkeit als auch auf die Einhaltung von Arbeitssicherheitsvorschriften überprüft, ggf.
angepasst oder sogar blockiert.


4.1    Benutzerinterface zur Aufnahme von Wissen

Nach Beobachtung allgemeiner Arbeitstätigkeiten in Werkhallen, die von Auszubilden-
den durchgeführt werden sollen, analysierten wir die Arbeitsprozesse und erstellten ein
Mockup für ein Benutzerinterface für Tablets. Mit diesem Werkzeug soll das Aufneh-
men von Arbeitstätigkeiten so einfach wie möglich für die Mitarbeiter gestaltet werden –
einerseits aus ökonomischen Gründen und andererseits um den Umgang mit digitalen
Medien zu fördern.
Für die nachfolgende Wissensvermittlung – also für die Erstellung von Lernszenarien –
werden genau die multimodalen Medien verwendet, die bei der Aufnahme erstellt wur-
den.
Bei der Aufnahme des Arbeitstätigkeiten muss der Mitarbeiter im ersten Schritt die Ziel-
gruppe für die zu vermittelnde Arbeitstätigkeit festlegen, d. h., eine Einordnung in An-
fänger, Kenner, Könner oder Experte vornehmen. Für die analysierten Arbeitstätigkeiten
konnten wir folgende Struktur identifizieren: Eine Arbeitstätigkeit besteht aus einer
geordneten Liste von Aktivitäten. Jede Aktivität kann Vor- und Nachbedingungen und
muss eine Aktivität enthalten. Eine Vorbedingung ist eine Bedingung, die vor der Aus-
führung der eigentlichen Tätigkeit erfüllt sein muss. Eine Nachbedingungn ist eine Be-
dingung, die nach Abschluss der Tätigkeit erfüllt ist. Vor- und Nachbedingungen können
mit Hilfe von Videos, Fotos, digitalen Zeichnungen und Kommentaren aufgenommen
werden. Zum Beispiel ist eine Vorbedingung für die Durchführung einer Messung mit
einem Messgerät die Sauberkeit der Messfläche am Messgerät.
84    Sebastian Freith




                    Abb. 2: Aufnahme von Vorbedingungen für Arbeitstätigkeiten
Abb. 2 zeigt das Mockup für die Aufnahme von Vorbedingungen. Falls es keine Vorbe-
dingungen gibt, kann dieser Schritt einfach übersprungen werden und mit der Aufnahme
der Tätigkeit fortfahren.
Die Aktivität selbst wird wie eine Vor- oder Nachbedingung aufgenommen. Zusätzlich
können jedoch Warnhinweise, Kontextinformationen und typische Fehler aufgenommen
werden, siehe Abb. 3. Außerdem lassen sich verschiedene bereitgestellte Dokumente mit
dieser Aktivität verknüpfen.
Als Schritt-für-Schritt-Werkzeug unterstützt dieses Werkzeug die Mitarbeiter bei der
Aufnahme von Arbeitstätigkeiten und soll die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter auf
Schritte lenken, die möglicherweise vergessen werden.


4.2     Rückmeldungen zum Benutzerinterface

Nach einer ersten Begutachtung des Benutzerinterfaceprototypen schlugen die Projekt-
partner die Möglichkeit einer Kontrolle der gesamten aufgenommenen Arbeitstätigkeit
vor bevor sie gespeichert wird. Zudem sollte es möglich sein, typische Fehler und War-
nungshinweise ebenso multimodal aufzunehmen. Die verwendete Sprache des Benutzer-
interfaces soll so einfach wie möglich sein, bspw. sollte der Term Kontextinformation
mit Zusatzinformation ersetzt werden. Um das mentale Modell so einfach und über-
schaubar wie möglich zu halten und einen Überblick über den aktuellen Stand der Auf-
nahme einer Arbeitstätigkeit anzubieten, muss der aktuelle Stand stärker hervorgehoben
werden.
                                       Digitale Lernszenarien zur ganzheitlichen Unterstützung
                                                        von Mitarbeitern im Arbeitsalltag 85




        Abb. 3: Screenshot des Benutzerinterface zur Aufnahme von Arbeitstätigkeiten
Abbildung 3 zeigt einen Screenshot des Benutzerinterfaces. In diesem Schritt wird eine
Übersicht über einen Prozessschritt angezeigt, wobei die Vorbedingungen und die Akti-
vität selbst aufgenommen wurde – visualisert durch grün gefärbte Buttons. Einzig die
Aufnahme der Nachbedingung fehlt. Neben den Buttons bekommt der Mitarbeiter eine
Übersicht über die Anzahl und die Art der verwendeten Medien angezeigt. Die Status-
zeile am oberen Rand des Bildschirms zeigt den aktuellen Stand während der gesamten
Arbeitstätigkeitsaufnahme.


4.3    Wissensdarbietung

Nach erfolgreicher Prüfung der erstellten Lernszenarien werden die Lerninhalte über ein
Content-Management-System (CMS) der ganzen Belegschaft zur Verfügung gestellt.
Mittels mobiler Endgeräte kann darauf zugegriffen und die zuvor erstellten und geprüf-
ten Inhalte abgerufen werden. Diese Inhalte werden der jeweiligen Mitarbeiter-/in ent-
sprechend des vorher erstellten Mitarbeiterprofils unter Berücksichtigung der drei Diffe-
renzierungsdimensionen in der von ihm oder ihr präferierten Aufbereitungsweise zur
Verfügung gestellt. Auf diese Weise erhalten alle beteiligten Mitarbeiter-/innen auf ihre
speziellen Bedürfnisse abgestimmte, situativ angepasste Lerneinheiten. Das zugrunde
liegende System aus Lerninhalten und Lernprofilen ist in Abb. 4 visualisiert.
86   Sebastian Freith




                  Abb. 4: Koppelung zwischen Lernszenarien und Lernprofilen



5    Adaption
Das geplante System soll eine Vielzahl von Adaptions- und Erweiterungsmöglichkeiten
bieten. So ist bspw. geplant, durch eine Erweiterung des Systems Lernempfehlungen zu
geben, die die Mitarbeiter-/in zum eigenständigen Weiterlernen über den eigentlichen
Arbeitsplatz hinaus anregen. Diese Lernempfehlungen könnten ebenfalls semi-
automatisch auf Grundlage der bereits verwendeten Lerninhalte und der daraus abgelei-
teten Präferenzen abgeleitet und visuell dargestellt werden. Des Weiteren wäre es sinn-
voll, ein solches System bereits in der Berufsausbildung einzusetzen, da die Auszubil-
denden so frühzeitig lernen würden digitale Medien auf der Basis von Selbstlern-
prozessen im Rahmen ihrer Arbeit einzusetzen. Die frühe Heranführung an die Arbeit
mit solchen Medien würde außerdem dazu beitragen, die Akzeptanz solcher Medien im
späteren Berufsalltag zu erhöhen. Des Weiteren können auch hier gezielte Inhalte darge-
stellt und dem Auszubildenden zugängig gemacht werden. Eine weitere Adaptionsmög-
lichkeit bietet sich in der Darstellung von Prozesszusammenhängen. So ist es z. B. denk-
bar, Videos einzubinden, die den späteren Anwendungsfall eines Produktes zeigen. Auf
diese Weise wird nicht nur die Möglichkeit geschaffen, hinsichtlich des späteren An-
wendungsfalls qualitätsbeeinflussende Entscheidungen zu treffen, sondern auch die
Identifikation mit dem herzustellenden Produkt könnte gesteigert werden.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Einsatz digitaler Medien im Kontext der
beruflichen Bildung vielfältige neue Ansätze einer effizienten, effektiven und gezielten
Wissensvermittlung eröffnet, die das Qualifizierungsniveau der Beschäftigten im Unter-
nehmen nachhaltig steigern kann und die Mitarbeiter-/innen für unterschiedliche Aufga-
                                       Digitale Lernszenarien zur ganzheitlichen Unterstützung
                                                        von Mitarbeitern im Arbeitsalltag 87

ben im Unternehmen besser befähigt als bislang.


Förderkennzeichnung
Dieser Artikel entstand im Rahmen des Forschungsprojekts „DigiLernPro - Digitale
Lernszenarien für die arbeitsplatz-integrierte Wissens- und Handlungsunterstützung in
der industriellen Produktion (Kennzeichen 01PD14007E)“, das durch das Bundesminis-
terium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert und dem Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR) betreut wird.


Literaturverzeichnis
[Am14]    Amrou, S.; Bitzer, P.; Böhmann, T.; Hirdes; Lehmann, K.; Leimeister, J.; Semmann,
          M.; Wortmann, F.; Zülch, J.: Produktivitätssteigerung in der Aus- und Weiterbildung
          durch Service Engineering (ProduSE). Springer Gabler, Wiesbaden, 2014.
[Bu96]    Bullinger, H.-J.: Der Mitarbeiter als Erfolgsfaktor im Unternehmen. Erfolgsfaktor
          Mitarbeiter: Motivation, Kreativität, Innovation, S. 1–8, 1996.
[KKP14]   Kreimeier, D.; Kreggenfeld, N.; Prinz, C.: Situative Kompetenzanpassung für die
          Mensch-Maschine Interaktion in Cyber-Physischen Produktionssystemen. Tagungs-
          band „Produktion und Arbeitswelt 4.0 - 15. Tage des Betriebs- und Systemingenieurs“,
          S. 99–108, 2014.
[KW98]    Kinkel, S.; Wengel, J.: Produktion zwischen Globalisierung und Regionaler Vernet-
          zung - mit der richtigen Strategie zu Umsatz- und Beschäftigungswachstum. Fraunhof-
          er ISI, Karlsruhe, 1998.
[Ra07]    Rauner, F.: Praktisches Wissen und berufliche Handlungskompetenz. Europäische
          Zeitschrift für Berufsbildung, S. 57–72, 2007.
[Sö14]    Söllnerl, R.: Die wirtschaftliche Bedeutung kleiner und mittlerer Unternehmen in
          Deutschland. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2014.
[Tr06]    Trojan, J.: Strategien zur Bewahrung von Wissen: Zur Sicherung nachhaltiger Wett-
          bewerbsvorteile.       GWV       Fachverlag    GmbH,       Wiesbaden,       2006.