Sabine Rathmayer, Hans Pongratz (Hrsg.): Proceedings of DeLFI Workshops 2015 co-located with 13th e-Learning Conference of the German Computer Society (DeLFI 2015) München, Germany, September 1, 2015 203 Konzepte und Verfahren zur Visualisierung von Kontextin- formationen und Adaptionsmechanismen in mobilen adap- tiven Lernanwendungen Tobias Moebert1, Martin Biermann1, Helena Jank1 und Ulrike Lucke1 Abstract: Damit kontextsensitive mobile Lernanwendungen ihre Inhalte an die Situation und die Vorlieben des Lernenden anpassen können, werden unbemerkt Kontextinformationen erfasst und ausgewertet. Bedingt durch technische Einschränkungen, sind diese Informationen jedoch nicht immer akkurat. Dies kann dazu führen, dass das Verhalten der Anwendung nicht mehr nachvoll- ziehbar ist. Um dies zu vermeiden, müssen Konzepte für Benutzeroberflächen entwickelt werden, die die gesammelten Kontextinformationen und die auf der Basis dieser Informationen durchge- führten Anpassungen für den Benutzer transparent machen. Keywords: E-Learning, Mobiles Lernen, Kontexterfassung, Kontextsensitivität, Adaptierung, Benutzerfreundlichkeit, User-Interfacedesign 1 Einleitung Auf Smartphones zum Einsatz kommende adaptive Mikrolernanwendungen können Kontextinformationen erfassen und dadurch den Lernprozess an den Nutzer und sein Verhalten anpassen (vgl. [SAW94]). Kontext umfasst hierbei alle Informationen, die die Situationen charakterisieren, in der sich der Benutzer gerade befindet und welche für die Interaktion mit der Anwendung relevant sind [De01]. Vorwiegend findet die Erfassung von Kontextinformationen unauffällig im Hintergrund statt. Jedoch ist diese oft einge- schränkt, hinsichtlich Genauigkeit und Verlässlichkeit der Daten. Dadurch kann das Verhalten der Lernanwendung für den Benutzer nicht mehr nachvollziehbar oder sogar befremdlich wirken. Zudem birgt die Erfassung von Kontextinformationen die Gefahr eines Einschnitts in die Privatsphäre des Benutzers. Eine noch offene Fragestellung ist die nach der Sicherstellung einer hinreichenden In- formationsversorgung und der gleichzeitigen Vorbeugung von Datenschutzverletzung durch den möglichen Mangel an transparenter Kontexterfassung. Hierzu müssen, basie- rend auf etablierten Designprinzipien, neue Entwurfsmuster für die Benutzerfreundlich- keit von mobilen adaptiven Mikrolernanwendungen erarbeitet werden. Der weitere Ver- lauf dieses Papers soll einen Vorschlag für solche Entwurfsmuster vorstellen. 1 Universität Potsdam, Institut für Informatik und Computational Science, August-Bebel-Str. 89, 14482 Pots- dam, vorname.nachname@uni-potsdam.de 204 Tobias Moebert et al. 2 Benutzerfreundlichkeit Benutzerfreundlichkeit umfasst die Konzepte Usability und User Experience (UX): Usa- bility bezeichnet die effektive, effiziente und zufriedenstellende Gebrauchstauglichkeit einer Software, UX darüber hinaus das ganzheitliche Erlebnis des Nutzers vor, während und nach der eigentlichen Nutzung (EN ISO 9241-210:2010 [EN10]). In früheren Arbei- ten wurden die “acht goldene Regeln” [Sh86] bzw. “zehn Heuristiken” [Ni94] für User Interface Design erarbeitet, mit Hilfe derer es möglich werden soll, ein hohes Maß an Benutzerfreundlichkeit gewährleisten zu können. Von diesen, sich teilweise überdecken- den, Designprinzipien waren für diese Arbeit folgende sechs im Hinblick auf das Ziel einer transparenten Kontextverarbeitung von besonderem Interesse:  Informatives Feedback soll angeboten werden.  Aktionen sollen einfach rückgängig gemacht werden können.  Der Nutzer soll das Gefühl der Kontrolle über das System behalten.  Das Kurzzeitgedächtnis des Nutzers soll entlastet werden.  Der Systemzustand soll jederzeit sichtbar sein.  Das Design soll ästhetisch und minimalistisch (auf die nötigsten Informationen beschränkt) sein. Zusätzlich zu diesen allgemeingültigen Empfehlungen für benutzerzentriertes Interface Design gilt es, die Besonderheiten zu beachten, die vor allem Smartphones mit sich bringen, und die neue Herausforderungen, aber auch Chancen für die Benutzerfreund- lichkeit [Ni15][Ba07] bergen. 3 Konzeption Basierend auf einem Beispiellehrszenario für mobile adaptive Lernanwendungen wurde ein digitaler Paper-Prototype erstellt und später als Grundlage für die Studie der entwi- ckelten Prinzipien genutzt. Dieser zeichnet sich durch die folgenden Schlüsselmerkmale aus: 1. Verwendung von üblichen Benutzerschnittstellenkomponenten: Es wurden le- diglich Benutzeroberflächenkomponenten verwendet, die zum Standard-Set des Be- triebssystems gehören. Da diese Komponenten den Schnittstellenrichtlinien der Platt- form entsprechen, kann davon ausgegangen werden, dass sie sich bewährt haben und von den meisten Benutzern verstanden werden. 2. Simulation von realistischen Kontextveränderungen: Die simulierten Adaptie- rungen basieren auf Kontextveränderungen, die jeden Tag für die meisten mobilen Be- Konzepte und Verfahren zur Visualisierung von Kontextin-formationen und Adaptionsmechanismen in mobilen adap-tiven Lernanwendungen 205 nutzer geschehen. 3. Realistisches Beispielszenario: Es wird ein Szenario verwendet, das auf Lehrin- halten aufbaut, die bereits in gewöhnlichen Lehrformen eingesetzt wurden. Diese Lehrinhalte wurden für das Szenario als Mikrolerninhalte umgesetzt. Um die Bereiche zu identifizieren, die maßgeblich für die Entwicklung neuer Entwurfs- muster sind, wurde der charakteristische Programmablauf innerhalb des Beispiellehrsze- narios betrachtet. Dieser beginnt mit dem ersten Starten der Anwendungen, dem typi- scherweise die Navigation durch die verschiedenen Lerninhalte folgt. Da die Lerninhalte in solchen Anwendungen häufig in alternativen Präsentationsformen vorliegen, kommt es regelmäßig zur Auswahl dieser Alternativen durch das System oder den Nutzer. Zu- dem werden während der gesamten Nutzung der Anwendung in regelmäßigen Abstän- den Kontextinformationen erfasst und Inhalte basierend auf diesen Informationen aus- gewählt oder angepasst. Basierend auf diesen Abläufen wurden die folgenden Entwurfsmuster für die Benutzerfreundlichkeit entwickelt: 3.1 Onboarding Mittels eines sogenannten Onboarding-Prozesses wird der Benutzer mit Interaktionsmus- tern vertraut gemacht, die ihm durch seine bisherige Nutzung oder aus anderen Anwen- dungen noch nicht vertraut sind. Das Onboarding besteht aus mehreren informatorischen Ansichten, die mit dem ersten Anwendungsstart angezeigt werden. Sie bieten eine kurze Einführung in die Anwendung und erläutern die wichtigsten Funktionen. Besonderer Fokus wurde auf situatives Lernen gelegt, auf die explorative “Honeycomb”- Navigationsansicht (Abb. 1) und die Art und Weise, wie neu erfasste Kontextinformatio- nen angezeigt werden. 206 Tobias Moebert et al. Abb. 1: Der Onboarding-Prozess hebt den Fokus auf situatives Lernen, die explorative “Ho- neycomb”-Navigationsansicht und die Erfassung von Kontextdaten hervor. 3.2 Navigation in Lerninhalten Vergangene Forschung hat gezeigt, dass Lehr- / Lernstile sich dahingehend unterschei- den, wie Lerninhalte präsentiert bzw. diese vom Lernenden aufgefasst werden [FS02]. Eine dieser Unterscheidungen differenziert zwischen einem sequentiellen und einem globalen Lehr- / Lernstil. Hierbei umfasst sequentielles Lehren “[...] die Präsentation von Lehrmaterial in einem logisch geordneten Fortschritt” [FS02] Um diese klassische Lehr- / Lernmethode abzubilden, wurde der “Learning Card Stream” entworfen (Abb. 2). Jede Karte repräsentiert eine Mikrolerneinheit. Neue Karten werden dem Strom von oben hinzugefügt, wenn entweder ein Mikrolerninhalt konsumiert wurde oder neue bzw. aktu- alisierte Kontextinformationen verfügbar werden. Eine neu hinzugefügte Karte wird als solche markiert, um besser erkennbar zu sein. Um dem Lernenden eine allgemeine Vor- stellung davon zu geben, welcher Inhalt sich hinter jeder Karte verbirgt, haben diese einen Titel, eine kurze Beschreibung und ein Symbol, das auf den Inhaltstyp hindeutet. Obwohl hier ein linearer Lernstil im Fokus steht, ist ein gewisser Grad an Freiheit beim Abarbeiten der Karten gegeben. Beispielsweise können jederzeit ältere Karten oder al- ternative Lerninhalte aufgerufen werden. Im Gegensatz zu einem sequentiellen Lernstil, wo Lernende “[...] linearen Denkprozes- sen beim Lösen von Problemen folgen [...] am besten lernen, wenn das Lernmaterial einem stetigen Anstieg von Komplexität und Anforderung folgt.”[FS02], neigen Lernen- de, die einem eher globalen Lernstil folgen, dazu “[...] stoßweise zu lernen [...] intuitive Konzepte und Verfahren zur Visualisierung von Kontextin-formationen und Adaptionsmechanismen in mobilen adap-tiven Lernanwendungen 207 Sprünge im Stoff zu vollführen [...] manchmal erfolgreicher zu sein, wenn sie direkt zu komplexerem oder schwererem Material springen.”[FS02] Um einen solchen globalen Lernstil zu unterstützen, wurde die “Honeycomb”-Navigationsansicht entwickelt (Abb. 2). Hierbei werden alle Lerneinheiten eines Szenarios als Wabenstruktur dargestellt, in der verwandte Lerneinheiten in unmittelbarer Nähe positioniert sind. Dies ermöglicht es dem Lernenden, einen Blick auf zukünftige Lerneinheiten zu nehmen. Gerade erreichba- re Lerneinheiten sind blau gefärbt und die Auswahl einer solchen Lerneinheit zeigt die direkt nachfolgenden Lerneinheiten an. Dies ermöglicht dem Lernenden, den weiteren Verlauf des Lernpfades abzuschätzen und so einen umfassenderen Überblick über den zu lernenden Stoff zu erhalten. Welche Lerneinheiten folgen, basiert auf den erfassten Kon- textinformationen und den vom Autor festgelegten Beziehungen zwischen den Lernein- heiten. Die unterschiedlichen Navigationsansichten geben dem Lernenden mehr Möglichkeiten, die Lerninhalte an seine eigenen Bedürfnisse anzupassen und erleichtern es ihm indivi- duelle Lernpfade zu finden. Da es schwierig ist, ohne Weiteres vorherzusehen, welchen Lernstil der Lernende momentan bevorzugt, sollte es möglich sein, zu jeder Zeit zwi- schen den beiden Navigationssystemen zu wechseln. 3.3 Alternativen In einem adaptiven Lernszenario ist es sehr wahrscheinlich, dass unterschiedliche Versi- onen desselben Lerninhalts existieren. Diese Versionen können sich beispielsweise in den verwendeten Medientypen unterscheiden oder unterschiedliche Kontextinformatio- nen voraussetzen. Auch wenn eine adaptive Lernanwendung anfänglich Annahmen dar- über tätigen wird, welche Version für die aktuelle Situation, in der sich der Lernende befindet, optimal ist, ist es dennoch von großer Wichtigkeit, dass der Lernende manuell zwischen den Alternativen wechseln kann. Eine Liste der alternativen Darstellungen (falls vorhanden), kann durch ein Tippen auf das Symbol, das den aktuellen Inhaltstyp der Karte darstellt, geöffnet werden. In der Liste werden für jede Alternative die Kontex- tinformationen, die als Voraussetzung festgelegt wurden, sowie der Inhaltstyp angezeigt. Zudem soll ein Vorschaubild des Karteninhalts es dem Lernenden erleichtern, die Inhalte zu finden, die für ihn am besten geeignet sind. 208 Tobias Moebert et al. Abb. 2: Der “Card Stream” (links) unterstützt sequentielles Lernen, die “Honeycomb”-Navigationsansicht (rechts) fokussiert einen globalen Lernstil. 3.4 Kalibrierung Ein bedeutender Bedarf für die Kalibrierung der adaptiven Lernanwendung geht aus dem Fakt hervor, dass Kontextinformationen subjektiv vom Lernenden aufgefasst werden können. So werden beispielsweise Umgebungsgeräusche von Lernenden unterschiedlich stark als störend empfunden. Die Kombination von Kontextinformationen und dem Nut- zerverhalten liefert bereits einige Hinweise, die für die Erkennung von Situationen ge- nutzt werden können, welche besonders gut für das Lernen geeignet sind. Eine weitere Möglichkeit ist, die aktuell erfassten Kontextinformationen zu nutzen und gelegentlich den Lernenden zu fragen, ob dieser das Gefühl hat, dass die aktuelle Situation seine Konzentration beim Lernen behindert. Dies bietet eine direkte Rückmeldung durch den Lernenden dahingehend, welche Situationen für ihn persönlich ideal für das Lernen sind und welche nicht. 3.5 Benachrichtigung über Kontextänderungen Wesentlich ist, dass der Lernende über neu erfasste oder aktualisierte Kontextinformati- onen informiert wird. Allem voran soll dies ein Bewusstsein für die von der Anwendung Konzepte und Verfahren zur Visualisierung von Kontextin-formationen und Adaptionsmechanismen in mobilen adap-tiven Lernanwendungen 209 Abb. 3: Die “Trail”-Funktionalität hält in chronologischer Reihenfolge vergangene Ereignisse und erfasste Kontextinformationen fest. Zusätzlich gibt sie dem Lernenden die Möglichkeit, von der Kontexterfassung getätigte Annahmen zu revidieren. gesammelten Kontextinformationen schaffen. Im Gegenzug wird dem Lernenden ermög- licht, Verletzungen seiner Privatsphäre, aber auch fehlerhafte Informationen zu identifi- zieren. Um den Lernenden nicht von seiner eigentlichen Lernaufgabe abzulenken, ver- sperren Meldungen so wenig wie möglich vom Bildschirm, liefern gleichzeitig jedoch eine geeignete Menge an Informationen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Benutzer benachrichtigt werden möchte, weshalb Nachrichten nach kurzer Zeit ohne Zutun des Lernenden verschwinden und ihm gleichzeitig die Möglichkeit bietet, zukünftige Benachrichtigungen vollständig abzustellen. Was noch ausgewertet werden muss, ist, welche Arten von Kontextinformationen sich für diese Art von Benachrichti- gungen eignen und welche Meldefrequenz akzeptabel für den Benutzer ist. So kann beispielsweise sicher davon ausgegangen werden, dass in den meisten Lernszenarien eine sekündliche Benachrichtigung über die Änderung der Umgebungslautstärke schnell als störend empfunden werden wird. 3.6 Ereignishistorie Ebenso wie das Bewusstsein über sich ändernde Kontextinformationen, ist entscheidend, dass dem Benutzer eine einfach zu verstehende Übersicht über erfasste Kontextinforma- tionen oder vergangene Ereignisse zur Verfügung steht. Eine solche Historie wird durch die “Trail”-Funktionalität bereitgestellt (Abb. 3). Zusätzlich zur Übersicht über die ge- sammelten Daten, kann der Benutzer einzelne Ereignisse oder Informationen auswählen 210 Tobias Moebert et al. und Annahmen der Kontexterfassung revidieren (z.B. Informationen löschen, Informati- onen als falsch markieren oder die Erfassung bestimmter Informationen anpassen). 4 Untersuchungsergebnisse Um eine erste Untersuchung der hier aufgestellten Konzepte durchzuführen, wurden mehrere Usability-Tests in Form von Experteninterviews durchgeführt. Dazu wurden Experten aus den Bereichen Produktvermarktung, Design und akademische Lehre be- fragt. Diese haben in einem Interview, teilweise geführt und teilweise explorativ, ver- schiedene Anwendungsfälle mit dem entwickelten digitalen Paper-Prototypen durchge- spielt. Dabei konnten sowohl allgemeine als auch konzeptspezifische Erkenntnisse gewonnen werden: 1. Generelle Erkenntnisse − Probanden mit sporadischem oder situativem Lernverhalten, lernen auf Ba- sis von Lernmaterialien mit atomarem Lernfokus, d.h. nicht aufeinander aufbauenden Elementen. Im Vordergrund steht direkt erreichbarer Lerner- folg. − Nutzer jedweder Herkunft und Profession empfinden mangelhaftes Durch- haltevermögen und abnehmende Konzentration beim langfristigen Lernen. − Experten erhoffen sich integrative Lerninteraktion mit extern geplanter Lernpfadoptimierung für lang-, sowie kurzfristige Lernziele. Diese sollen in Form von Meilensteinen und unären Zielen explizit auswählbar sein. 2. Für das Lösungskonzept spezifische Erkenntnisse − Die Experten haben bestätigt, dass die Verwendung von plattformspezifi- schen Benutzeroberflächenelementen eine intuitive Nutzerinteraktion er- möglicht. − Die inhärente Verknüpfung von “Card Stream”- und “Honeycomb”- Navigation war oft nicht intuitiv ersichtlich und die Einfärbung der Waben wurde vermehrt missverstanden. − Für die “Trail”-Ansicht der vergangenen Sensordatenerfassung und Ereig- nisprotokollierung wünschen sich die Mehrzahl der Experten die Möglich- keit einer Filterung, um sich auf jeweilige Einträge in diesen Kategorien konzentrieren zu können. − In der Stichwortsuche oder bei Referenzen innerhalb einer Karte war unklar, inwiefern Karten, welche nicht auf dem aktuellen Lernpfad enthalten sind, verfügbar gemacht werden können. Die Experten waren jedoch in der Mei- Konzepte und Verfahren zur Visualisierung von Kontextin-formationen und Adaptionsmechanismen in mobilen adap-tiven Lernanwendungen 211 nung gespalten, ob eine vollständige oder eine gefilterte Ergebnisliste in Be- zug auf den aktuellen Lernpfad notwendig ist. 5 Zusammenfassung und Ausblick Die Erfassung von Kontextinformationen und die Adaptierung von Lerninhalten basie- rend auf diesen Informationen hat das Potential, die Lernerfahrung an die Bedürfnisse und die Situation des Lernenden anzupassen. Werden Kontexterfassung und Adaptierung jedoch nicht klar genug vermittelt, kann das Verhalten der Lernanwendung für den Ler- nenden nicht mehr nachvollziehbar oder sogar befremdlich wirken. Zudem kann die unbewusste Erfassung von Kontextinformationen einen Einschnitt in die Privatsphäre des Lernenden darstellen. Dieses Paper präsentiert erste Konzepte, um die Mechanismen von Kontexterfassung und Adaptierung für den Lernenden bewusst zu machen, ohne ihn jedoch durch kogniti- ve Überlastung von der eigentlichen Lernaufgabe abzulenken. Innerhalb von Expertenin- terviews wurde versucht, die entwickelten Entwurfsmuster für die Benutzerfreundlich- keit von kontextsensitiven Lernanwendungen zu verifizieren. Es hat sich dabei gezeigt, dass einige der für die Konzeption getroffenen Annahmen (z.B. Verwendung von übli- chen Benutzerschnittstellenkomponenten oder die Unterstützung von irregulärem Lern- verhalten) sich als richtig erwiesen haben, genauso ist aber auch ersichtlich geworden, dass bestimmte Konzepte (z.B. “Honeycomb”-Navigation oder das Onboarding) die erhofften Effekte noch nicht im vollen Umfang befriedigen. Was die Erfüllung der Kernanforderung, der Verbesserung der Transparenz von Kontexterfassung und Adapti- on, angeht, so kann noch keine endgültige Aussage getroffen werden. Hierfür bedarf es umfangreicherer Tests mit “echten” Lernenden und “echten” Lerninhalten. Aus den Experteninterviews geht jedoch hervor, dass Kontexterfassung und Adaptierung weder positiv noch negativ aufgefallen sind. Dies lässt jetzt schon den Schluss zu, dass, um das Ziel der Bewusstmachung dieser Mechanismen zu erreichen, weitere Anpassungen an den Konzepten nötig sein werden. Dies könnte beispielsweise durch ein weiterentwickel- tes primäres Onboarding mit klarerem Fokus auf Adaptivität und Kontexterfassung, sowie einem sekundären Onboarding auf Lernszenario-Ebene zur Einführung in erwei- terte Adaptionsmethodik und Szenariostruktur, ermöglicht werden. Auch die Verwen- dung von eingebetteten “Coach Mark” 2- Hilfestrukturen zum interaktiven Erlernen der applikationsspezifischen Navigationsstruktur und zur Lokalisierung der unterschiedli- chen Funktionen, sind als zielführend einzustufen. 2 engl. Trainermarkierung; ursprünglich: Markierungen auf einem Spielplan, um den Spielern die vom Trai- ner geplanten Spielzüge zu erklären. 212 Tobias Moebert et al. Literaturverzeichnis [Ba07] Ballard, Barbara: Designing the mobile user experience. John Wiley & Sons, 2007. [De01] Dey, A.: Understanding and using context. Pervasive and Mobile Computing, 5(1):4– 7, 2001. [EN10] EN ISO 9241-210:2010: Ergonomics of human-system interaction – Part 210: Human- centred design for interactive systems. Standard, International Organization for Standar- dization, 2010. [FS02] Felder, Richard M.; Silverman, Linda K.: LEARNING AND TEACHING STYLES IN ENGINEERING EDUCATION. 78(June):674–681, 2002. [Ni94] Nielsen, Jakob: Heuristic evaluation. Usability inspection methods, 17(1):25–62, 1994. [Ni15] Nielsen Norman Group: User Experience for Mobile Applications and Websites. Ber- icht, 2015. [SAW94] Schilit, B.; Adams, N.; Want, R.: Context-Aware Computing Applications. 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