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==Wissensmanagement in volatilen und temporären
Organisationen==
Wissensmanagement in volatilen und temporären Organisationen. Andreas Korger Angesagt GmbH, Dettelbachergasse 2, 97070 Würzburg a.korger@angesagt-gmbh.de Abstract: In volatilen und temporären Organisationen erschweren sich viele Aufgaben des Wissensmanagements. Mit volatil ist gemeint, dass Akteure einer Organisation oft wechseln, in ihren Eigenschaften divers sind, räumlich verteilt sind oder organisationstypische Strukturen wie fixe Stellen oder Weisungs- und Informationspflichten kaum vorhanden sind. Temporär meint, dass die Organi- sation in ihrer Aktivität zeitlich beschränkt ist. Dieses Papier ist ein Vorschlag für eine Forschungsarbeit. Ziel ist es, alle Beteiligten solcher Organisationen zu integrieren und damit den Zugang zu Wissensmanagement zu ermöglichen. Keywords: Wissensmanagement, Wissensmanagementsysteme, Erfahrungs- management, Prozessmanagement, Organisation 1 Problemstellung und Motivation In einer „normalen“ Organisation sind Strukturen relativ klar erkennbar und verläss- lich. Akteure gehören der Organisation in der Regel einige Jahre an, haben Erfahrung gesammelt und besetzen eine Stelle mit konkret definierten Aufgaben. Akteure unter- liegen einer Hierarchie oder vergleichbaren Struktur, die Weisungs- und Informati- onssystematik zwischen den Akteuren regelt. Es gibt formalisierte Prozesse, nach denen sich die Akteure richten können und die Abläufe in der Organisation steuern. Die Organisation besitzt ein gewisses, von den Akteuren abstrahiertes Wissen, wel- ches formalisiert vorhanden ist. Auch haben solche Organisationen meist einen Be- stand von mehreren Jahrzehnten und können dementsprechend längerfristig planen und handeln. Solche Organisationen erfüllen auch die Voraussetzungen bewährte Methoden des Wissensmanagements effizient einsetzen zu können [1, S. 300]. Diese Voraussetzungen liegen in Organisation, Mensch und Technik begründet. Beispiele sind das Vorhandensein einer technischen und organisatorischen Infrastruktur, ein Minimum an Prozessorientierung oder motivationale Unterstützung [1, S. 310]. Es gibt aber auch Organisationen, bei denen die Strukturen sehr veränderlich sind. Das Wissen ist weitgehend in den Akteuren „gespeichert“ und liegt meist als Erfah- rungswissen vor. Wenn Wissen gespeichert ist, dann in der Regel unstrukturiert. Das ____________________ Copyright © 2015 by the paper’s authors. Copying permitted only for private and academic purposes. In: R. Bergmann, S. Görg, G. Müller (Eds.): Proceedings of the LWA 2015 Workshops: KDML, FGWM, IR, and FGDB. Trier, Germany, 7.- 9. October 2015, published at http://ceur-ws.org 279 Wissen der Akteure liegt in verschiedener Form vor. Man hat gewisse Prinzipien (Regeln), man erinnert sich an ähnliche Situationen (Fälle) oder hat erlerntes Wissen (Ontologien). Der Informationsfluss zwischen den Akteuren ist unterschiedlich stark ausgeprägt und kaum geregelt. Im Vordergrund soll hier weniger die rechtliche und betriebswirtschaftliche Form der Organisation stehen. Der Begriff meint eher den ursprünglicheren Sinn von gemeinsamer zielgerichteter Tätigkeit unter Einfluss ge- wisser Regeln. Diese Charakteristik hat zur Folge, dass Voraussetzungen, auf Basis derer konventionelle WM-Methoden entwickelt wurden, ganz oder teilweise fehlen. Es stellt sich die Frage, wie man nun Wissensmanagement an eine solche Umgebung anpassen kann. Ist das im Einzelfall überhaupt sinnvoll, weil ggf. die Kosten den Nutzen übersteigen. Forschungsfragen sind in diesem Zusammenhang wie man eine temporäre Organisation, ein zugehöriges Kosten- und Nutzenkonzept sowie ein Kommunikationskonzept geeignet modellieren kann. Wie können bestehende Metho- den vereinfacht werden? Wie können Kosten des WM reduziert werden? Das Ziel der Forschung ist es, die Nutzung von Wissensmanagement insbesondere Erfahrungsma- nagement einem größeren Kreis zugänglich zu machen. 1.1 Charakteristik volatiler Organisationen Kennzeichen einer volatilen Organisation sind die räumliche Verteilung, der häufige Wechsel und die ggf. hohe Anzahl zugehöriger Akteure. Außerdem sind die Akteure sehr unterschiedlich, was ihre Eigenschaften betrifft. Dies hat gravierende Folgen. Es bleibt kaum Zeit, das Wissen der Akteure dem Organisationswissen hinzuzufügen, den Akteuren etwas beizubringen oder sie an die Ablaufstrukturen der Organisation anzupassen (soweit überhaupt vorhanden). Die Akteure wechseln häufig und damit auch deren Qualifikation sowie die Besetzung von Stellen in der Organisation. Es besteht Unsicherheit darüber, welches Wissen neue Akteure mitbringen und Wissen der alten Akteure geht regelmäßig verloren. Akteure zeigen kaum Bestreben freiwillig Organisationsinteressen und damit auch Wissensziele zu verfolgen, da ihr Verbleib ja ohnehin nur von kurzer Dauer ist. Die Flüchtigkeit des Wissens ist ein zentrales Prob- lem des Wissensmanagements [1, S. 7] und wird hier noch verstärkt. Außerdem wird die Festlegung und Verfolgung einer Organisationsstrategie schwierig. Gleichwohl besteht natürlich trotzdem das kollektive Interesse am Erhalt und Erfolg der Organisa- tion, man will ja an ihr teilhaben. 1.2 Charakteristik temporärer Organisationen Wissen geht von Periode zu Periode verloren, wenn es nicht rechtzeitig formalisiert und damit konserviert wird, da sich die Akteure nicht mehr erinnern können. Fehler werden so immer wiederholt, insgesamt ist der Lernprozess für Akteure deutlich schwieriger und langsamer im Vergleich zu einer dauerhaft ausgeführten Tätigkeit. Für alle Tätigkeiten steht ein maximales Zeitfenster zur Verfügung, während dessen diese abgeschlossen sein müssen. Zeitknappheit ist eine der höchsten Barrieren für Wissensmanagement [1, S. 310]. Im Gegensatz zu einer dauerhaften Organisation ist es nicht ohne weiteres Möglich mehr Ressourcen für eine Aufgabe bereitzustellen. 280 Außerdem stellt sich die Frage, wie und für wen Wissen bewahrt werden kann oder soll, wenn die Organisation verschwindet. Das gilt z.B. für Organisationen und Bran- chen, deren Tätigkeit eine Art allgemeines Kulturgut darstellt. 1.3 Skizze eines generischen und systemischen Models Die Art der Modellierung ist inspiriert durch den Ansatz zur systemischen Organisati- onstheorie von Fritz B. Simon sowie Ideen der Lehre der Synergetik, die die Selbst- organisation komplexer Systeme beschreibt [7][8]. Teil von Simons Theorie ist, dass Organisationen in erster Linie auf ihre Selbsterhaltung bedacht sind. Dies ermöglicht eine zunächst ziellose (einziges Ziel=Selbsterhaltung) und ggf. führungslose Model- lierung der Organisation. Wenn keine aktive Führung vorliegt, so muss eine Form der Selbstorganisation aktiv sein. Es ist wahrscheinlich sinnvoll, nicht gegen die Selbst- organisation zu arbeiten, sie zu nutzen, zu verstärken ggf. aber auch zu verhindern. Weitere Anregungen lassen sich in der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre finden. So gibt es hier bereits Modelle für alternative Organisationsformen wie die virtuelle Organisation oder die Netzwerkorganisation, die ebenfalls einen temporären Charakter haben können. Im Folgenden eine grobe Skizze, wie man eine temporäre Organisation modellie- ren könnte. Das Modell erhebt keinerlei Anspruch auf Korrektheit oder Vollständig- keit, sondern versucht erste Ideen zu einer Struktur zusammenzufassen. Sei A0={a1,…,an} eine Menge von Akteuren, sei E0={e1,…,en} eine Menge von Ereignissen, sei T0={t1,…,tn} eine Menge von Aufgaben, sei O0={o1,…,on} eine Menge von Handlungen, sei R0={r1,…,rn} eine Menge von Regeln, sei C0={c1,…,cn} eine Menge von Kommunikationsvorgängen. Sei die Zusammenfassung ORG0={A0,E0,T0,O0,R0,C0} dieser Mengen eine temporäre Organisation für das In- tervall 0, die „Startkonfiguration“ vor dem ersten Ablauf der Organisation. Sei ORG1={A1,E1,T1,O1,R1,C1} die Organisation nach dem ersten Durchlauf und ORGn nach dem n-ten Durchlauf. ORGn-1 ist ab n=1 jeweils die Startkonfiguration für das Intervall n. Änderungen die nach Abschluss von n auftreten, werden erst in n+1 reali- siert. Zusätzlich besteht Unsicherheit, nicht alle Elemente der Mengen, sowie deren Eigenschaften müssen bekannt sein. Es besteht keine vollständige Information. Sei Vi(ORGj) eine Teilmenge von ORGj, die beschreibt, wie der Akteur ai die Organisati- on zum Zeitpunkt j wahrnimmt. Vi(ORGj-1) zum Zeitpunkt j könnte die Sicht auf die Vergangenheit modellieren, Vi(ORGj+1) Erwartungen an die Zukunft. Sei PR0={pr1,…,prn} ein Menge von Prozessen. 2. Vorgeschlagener Lösungsweg Prozesse bzw. Handlungspläne sind ein wichtiger Aspekt in der Planung temporärer und volatiler Organisationen. Die richtige inhaltliche und zeitliche Abfolge von Hand- lungsschritten ist erfolgskritisch [2, S. 230]. In jeder Periode ist eine Menge von Auf- 281 gaben (Tj) zu erledigen. Die Aufgaben stehen in Relation zueinander und werden zu Prozessen (PRj) zusammengesetzt. Jeder Akteur bekommt einen individuellen Hand- lungsplan. Diese sollen im Einklang mit einem idealtypischen Ablaufplan der tempo- rären Organisation stehen. Die Pläne werden in BPMN (Business Process Modelling and Notation) [3] dargestellt. Dies hat den Vorteil, dass die Prozessbeschreibung au- tomatisiert und standardisiert behandelt werden kann. Nachteil ist, dass BPMN alleine für die Darstellung von z.B. Erfahrungswissen nicht gut geeignet ist, da Aufbauorga- nisation, Daten, Strategie oder Geschäftsregeln nicht abgebildet werden können [3, S. 20]. Das ARIS-Konzept wäre eine Option, die Lücken von BPMN zu schließen. Frag- lich ist und zu prüfen bleibt, ob die Architektur für den hier benötigten Zweck nicht zu komplex ist. Gesucht wird ein semi-automatisches Vorgehen, das aus unstruktu- riertem Wissen, Fällen, Regeln und Ontologien ein Prozessmodell entwickelt und an die Umwelt anpasst. Abb. 1. Von der Erfahrung zum Prozessmodell Die Entwicklung und Anpassung des Prozessmodells richtet sich nach Zielen. Sinnvoll erscheint es, sich hier an klassischen Organisationszielen der Betriebswirt- schaftslehre zu orientieren und diese dann individuell zu gewichten. Die in Kapitel 1 beschriebenen Schwierigkeiten beachtend, ist es das grundlegende Ziel, den Bestand der Organisation nicht zu gefährden. Das bedeutet beispielsweise, dass Unfälle, ille- gales Handeln der Akteure oder Insolvenz vermieden werden. Weiter ist zu beachten, dass die Organisation eigene Ziele hat, jeder Akteur aber auch von individuellen Zie- len getrieben ist und zweckrational handelt. Die Umwelt bewertet die Organisation ebenfalls vor dem Hintergrund allgemeinerer Ziele, Zielkonflikte sind deshalb kaum vermeidbar, ließen sich aber ggf. minimieren. Diese unterschiedliche Wahrnehmung und Bewertung der Organisation durch die Akteure ai wird über die Sichten Vi(ORGj) realisiert. Das Prozessmodell wird von den Akteuren durchlaufen, welche als Agenten mo- delliert werden. Die in Kapitel 1 beschriebenen Charakteristika von volatilen und temporären Organisationen werden in den Eigenschaften des Agentenmodells abge- bildet. So könnte ein Agent z.B. die Eigenschaften: Art, Ort, Volatilität, Risikobereit- 282 schaft, Kommunikationskonto, monetäres Budget, Altruismus und Egoismus und Treue haben. Auf Grund der Verschiedenartigkeit der Akteure muss die Kommunika- tion über verschiedene Kanäle möglich sein. Abbildung 2. zeigt, wie eine Architektur aussehen könnte, die es ermöglicht, sich an verschiedenste Benutzer und Szenarien zu adaptieren. Templates ermöglichen je nach Art des Kommunikationskanals die geeig- nete Darstellung und Vermittlung der zu erledigenden Aufgaben. Der Kontext beein- flusst z.B. welche Aufgaben aktuell an Akteure vermittelt werden sollen. Durch den Zugriff auf externe Dienste und Daten können möglicherweise Lücken geschlossen werden. So ließe sich ein externer Übersetzungsdienst nutzen, um Templates an ver- schiedene Sprachen der Akteure anzupassen. Abb. 2. WMS-Architektur Durch einen Aufnahmetest wäre es möglich, Eigenschaften der Akteure einzugren- zen. So kann für neue Akteure festgelegt werden, welche Kommunikationskanäle bevorzugt werden und wie hoch das Maß der individuellen Fähigkeiten ist. Sind die Fähigkeiten eines Akteurs hoch, so kann z.B. ein komplexeres Prozessmodell kom- muniziert oder dem Akteur die Aufgabe eines Knowledge Engineers (KE) zugeordnet werden. Analog zu den Agenteneigenschaften kann man auch Prozesselementen Ei- genschaften zuordnen die volatilem und temporärem Charakter der Organisation ge- schuldet sind: Prozesselementeigenschaften: wann etabliert, wann geändert, wie oft geändert, Volatilität, organisationskritisch, Priorität, etc. Die Eigenschaften der Pro- zesselemente können dann unter Einfluss von Erfahrungswissen und Agentenverhal- ten angepasst werden. Für die Bewertung der Zielerfüllung lassen sich durch das Ver- halten der Agenten in Abgleich mit dem Prozessmodell Metriken entwickeln, die aggregiert wiedergeben, wie nah die Gemeinschaft am idealtypischen Prozessablauf ist. Geeignete Visualisierungen geben komplexe Hintergründe an die Agenten weiter. Hinweise, auf deren Basis sich geeignete Prozessmodelländerungen ableiten lassen, werden aus den Disziplinen Handlungspsychologie [4], der Massenpsychologie [5] oder Theorien wie dem „Nudging-Prinzip“ [6] entnommen. Geeignete Quellen sind sicher auch Theorien aus der neuen Institutionenökonomik wie die Principal-Agent- Theorie, die Theorie der Verfügungsrechte oder die Transaktionskostentheorie. 283 3. Algorithmusskizze Im Folgenden eine erste Skizze, wie ein Wissensmanagementsystem mit den Ak- teuren interagieren könnte. Initialisierung Bei der ersten Zusammenkunft der Organisation müssen Ausgangsparameter festge- legt werden. Wissensidentifikation o Handlungen und Ereignisse identifizieren o Grundlage für zeitliche Reihenfolge identifizieren o Grundlage für inhaltliche Reihenfolge identifizieren o Agenten modellieren: Startbelegung für alle Parameter ermitteln z.B. durch Befragen der Akteure o Überschneidende Handlungen (Interaktionen) identifizieren Organisationsziele / Wissensziele o Zusammenhang zwischen Zielen und Handlungen bewerten o Einfachste Strategie: Alle Akteure befragen, und die Handlungen in Reihenfolge bringen und bewerten lassen o Andere Strategien: z.B. 3 wichtigste Handlungen, bei welchen 3 Handlungen gibt es möglicherweise Probleme, vor welchen 3 Handlungen haben Sie Angst, welche Handlungen fehlen, Erfahrene Akteure werden höher gewichtet, nur die 3 erfahrensten Akteure bewerten (Knowledge Engineers), … Iteration 1 erstmaliger Zusammentritt der Organisation Wissenserwerb o Umweltparameter abfragen (Wetter, Feiertage, Ferien, Parallel- veranstaltungen, etc.) o Externe Experten beauftragen Wissensentwicklung o Prozesskette unter Befragung der Akteure an Umweltparameter an- passen Durchlauf der Prozesskette (Wissensverteilung, Wissensnutzung) Wissensbewahrung / Wissensbewertung o Anonyme gegenseitige Bewertung der Akteure o Erfassung, wie tatsächlich gehandelt wurde (unvollständige Infor- mation, nicht zu 100% möglich, wie viel % wurden erfasst) o Akteure fragen, wie zufrieden sie mit dem Organisationsablauf sind o Handlungswünsche für nächste Periode 284 Iteration n Mögliche Ereignisse: neuer Akteur, neue Regel, neue Erfahrung, neuer Fehler, … Wissensentwicklung: Prüfen ob neue Ereignisse Prozesskette beeinflussen = Vergleich mit Regeln, Wissensbasis, Erfahrungswissen (Befragen der Akteu- re), Vergleich mit „älteren“ Veranstaltungen ähnlichen Fall finden, etc. Wissenserwerb: Umweltparameter abfragen und Prozesskette anpassen Durchlauf der Prozesskette (Wissensverteilung, Wissensnutzung) o Wie viel Prozent der Handlungen habe ich erfüllt o Wo stand ich in der letzten Periode zu diesem Zeitpunkt o Wo stehen andere Akteure aktuell und in der letzten Periode Wissensbewahrung / Wissensbewertung: Bewertungs- und Anpassungsvor- gang für Iteration n+1 Mögliche weitere Datenquellen: Presseartikel, Soziale Medien, Wetter, Geodaten, Bewegungsdaten der Akteure, Medizinische Daten der Akteure wie Puls, etc. Fragestellungen sind z.B. Wie können Handlungen synchronisiert werden? Wie kann verhindert werden, dass Handlungen gleichzeitig von vielen Ak- teuren durchgeführt werden (Anlieferung > Verkehrsstau, Überfüllung von Plätzen, etc.)? Welche Kommunikationswege stehen mit welchen Vor- und Nachteilen zur Verfügung? Wie kann das Prozessmodell verfeinert werden? Wie lassen sich Zusammenhänge geeignet in BPMN modellieren? Wie kann man verschiedene „Erfahrungshintergründe“ (Akteur, Organisati- on, Umwelt, …) modellieren? Wie lassen sich Informations- und Weisungsstrukturen abbilden? Wie kann die Zahl der Kommunikationskanäle reduziert, bzw. optimiert werden? 4. Beispielhafte Anwendung und Ausblick Basis für eine Implementierung des Modells ist die langjährige Erfahrung bei der Organisation und Durchführung eines Festes mit ca. 100.000 Besuchern. Feste unter- liegen einem starken demografischen Wandel, haben meist eingeschränkte Organisa- tionsstrukturen und finden nur temporär statt. Die Akteure sind hinsichtlich ihrer Ei- genschaften divers, räumlich verteilt, wechseln oft und die Zahl der Organisations- teilnehmer kann sehr groß werden. Klar ist, man will gemeinsam ein Fest veranstal- ten. Weitere Ziele liegen zunächst nicht vor; man möchte wirtschaftlich erfolgreich sein. Es existiert ein Regelwerk bestehend aus Gesetzen, Sicherheitsvorschriften und Vorgaben der Verwaltung. Rechtlich ist die „Organisation“ als Verein konstruiert. In der Realität gibt es aber keine oder nur sehr unverbindliche Aufgabenverteilung. 285 Problemlösung erfolgt meist unter hohem Kommunikationsaufwand und Einbindung vieler Akteure, man will nicht selbst entscheiden. Es gibt eine Art Führungsgremium (Vorstandschaft des Vereins), jedoch mit begrenzter Weisungsbefugnis. Das Ziel der Organisationsführung ist es, einen Prozessablauf für das Fest vorzugeben, nach dem sich alle teilnehmenden Akteure richten können und diesen Prozessablauf jedes Jahr aufgrund der Erfahrungen zu verbessern. Eingehend auf Abbildung 2, würden die Mitglieder der Vorstandschaft als Knowledge Engineers tätig sein. Rollen an die sich das WMS adaptieren muss sind z.B. Mitarbeiter der Feuerwehr, der Stadtverwaltung, des kommunalen Ordnungsdienstes, der Presse, Festwirte aber auch Besucher des Festes. Jeder möchte ganz spezielle Informationen und auf unterschiedlichen Informa- tionskanälen. Feedback von Gästen muss genauso für die nächste Periode berücksich- tigt werden, wie Beschwerden von Anwohnern oder neue technische Anforderungen. Weitere Anwendungen wären Veranstaltungen mit unabhängigen Teilnehmern bei hohem Anspruch an die Teilnehmer wie eine Regatta (z.B. Kieler Woche mit 5.000 teilnehmenden Booten und Schiffen) oder ein großer Stadtlauf (Frankfurter Iron Man). Als nächster Schritt erscheint es sinnvoll, sich auf die Entwicklung des generi- schen Modells zu konzentrieren. Danach kann der Algorithmus und die WMS- Architektur an das Modell angepasst und verfeinert werden. Stehen Modell, Architek- tur und Algorithmus kann die Systematik auf reale Welt der beispielhaften Anwen- dung übertragen werden. Referenzen 1. Lehner, F.: Wissensmanagement. Hanser-Verlag, München, 2014 2. Paul, S.; Ebner, M.; Klode, K.; Sakschewski, T.: Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen. DIN, Beuth Verlag GmbH, Berlin, 2014 3. Freund, J.; Rücker, B.: Praxishandbuch BPMN 2.0. Hanser, 2012 4. Kaiser, H. J.; Werbik, H., Handlungspsychologie. Eine Einführung, UTB GmbH, 2012 5. Keith Still, G.: Introduction to Crowd Science. CRC Press Taylor & Fran- cis Group, 2013 6. Thaler, R.; Sunstein, C.: nudge – Improving decisions about health, wealth and happiness. Penguin Books, 2008 7. Simon, F.: Einführung in die systemische Organisationstheorie. Carl- Auer, 2015 8. Haken, H.: Die Selbstorganisation komplexer Systeme – Ergebnisse aus der Werkstatt der Chaostheorie. Picus, 2013 286