=Paper= {{Paper |id=Vol-1475/paper11 |storemode=property |title=Repräsentation flexibler Implantate durch DICOM |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-1475/Proceedings_CURAC_2010_Paper_11.pdf |volume=Vol-1475 |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/curac/RitterWSDB10 }} ==Repräsentation flexibler Implantate durch DICOM== https://ceur-ws.org/Vol-1475/Proceedings_CURAC_2010_Paper_11.pdf
                Repräsentation flexibler Implantate durch DICOM
                            N. Ritter¹, M. Werner², S. Scherer², W.G. Drossel², O. Burgert¹

                ¹ Universität Leipzig, Innovation Center Computer Assistent Surgery, Leipzig, Germany
                 ² Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik, Dresden, Germany



                           Kontakt: nils.ritter@medizin.uni-leipzig.de

Abstract:

Wesentliche Defizite verfügbarer Software zur Planung von Stenting-Interventionen sind die Beschränkung auf zweidi-
mensionale Projektionen der Gefäße und Stents sowie fehlendes Wissen über das Verhalten des Stents im Gefäß. Zur
Ermittlung der Stentabmessungen werden derzeit in 2D-CT Schichten am betreffenden Areal Gefäßdurchmesser und
Länge gemessen. Die Praxis zeigt, dass bei stark gekrümmten Gefäßen eine exakte Längenermittlung nur schwer mög-
lich ist. Daher wird intraoperativ, unter Einsatz eines Drahtes mit Markierungen im Abstand von je 1cm, eine zweite
Längenmessung durchgeführt. Der in diesem Artikel vorgestellte Ansatz soll diese zusätzliche Messung unnötig machen.
Unter Einsatz eines 3D-Planungsmodells, bestehend aus patientenspezifischem Gefäß und Stent, wird, in Kombination
mit einer DICOM-basierten Beschreibung der Biegeeigenschaften des Stents, eine erste Abschätzung der Stent-
Verformbarkeit im Gefäß möglich. Dies lässt eine optimierte Stentauswahl hinsichtlich Abmessungen und Design er-
warten.

Schlüsselworte: DICOM, Implantate, Planung


1       Problem
Die Planung zum Einsatz von Implantaten ist fester Bestandteil des radiologischen Alltags. So werden in einigen Fach-
richtungen wie zum Beispiel der Orthopädie starre Implantate verwendet, um Teile des Skeletts und sogar ganze Gelen-
ken zu ersetzen. In der Gefäßchirurgie werden für das Weiten und Offenhalten von arteriosklerotisch erkrankten Gefäß-
abschnitten (Stenosen) flexible Implantate, sogenannte Stents (Gittergerüste in Röhrenform aus Metall oder Kunststoff)
eingesetzt. Weiterhin werden ummantelte Stents, auch Stentgrafts genannt, eingesetzt, um krankhafte
Gefäßaussackungen (Aneurysmen) mit hohem Rupturrisiko zu überbrücken. Diese formflexiblen Implantate passen
sich, je nach Steifigkeit des verwendeten Materials, an dem Gefäßverlauf an. Die Entscheidung, welches Implantat für
welche Anatomie ausgewählt wird, basiert auf den Erfahrungswerten des planenden Chirurgen. Dieser wird bei der Ent-
scheidungsfindung derzeit lediglich durch Messmöglichkeiten im CT-Datensatz des Patienten unterstützt.
Um den Planungsablauf zu verbessern und den Chirurgen in seiner Arbeit zu unterstützen, wäre ein System, welches
genauere Messungen an dreidimensionalen Modellen von Gefäß und Implantat sowie eine interaktive Implantat-
Positionierung im 3D-Gefäß ermöglicht, von großem Nutzen. Ein solches System sollte eine Datenbank verfügbarer
Gefäßimplantate beinhalten. Diese sollte in einem herstellerunabhängigen Format vorliegen, um die Übertragung der
Prothesenbeschreibung von den Prothesenherstellern an die Hersteller der Planungssoftware zu ermöglichen. Des Wei-
teren sollte ein solches System das Picture Archiving and Communication System (PACS) als schon vorhandenen Teil
der Klinikinfrastruktur nutzen, um eine nahtlose Integration in die klinische Routine sowie eine Langzeitarchivierung
der Planungsergebnisse sicher zu stellen.


2       Methoden
In der Radiologie dominiert das DICOM-Format [1] die digitalen Speicherformate. Es existieren vielerorts [2] bereits
PACS-Server und der Datenaustausch von Bild- und Patientendaten wird bereits über DICOM-Mechanismen realisiert.
Die Verwendung von DICOM als Datenbasis ermöglicht weiterhin den Anschluss an bereits bestehende klinische Ar-
beitsabläufe. Trotz der räumlichen und fachlichen Trennung von Radiologe und Gefäßchirurg sind durch die Verwen-
dung von DICOM keine neuen Systeme oder Kommunikationswege erforderlich [3]. Eine Kompatibilität mit bereits in
Kliniken existierenden Systemen, und damit auch die Verknüpfung mit Patientendaten und Berichten, ist somit gewähr-




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leistet. Im Folgenden wird das „Generic Implant Template“ DICOM-Supplement [4], welches für die Speicherung star-
rer Implantate entworfen wurde, auf seine Eignung für flexible Implantate untersucht.

Flexible Implantate teilen viele der zu beschreibenden Eigenschaften mit starren Implantaten. Allgemeine Eigenschaf-
ten, wie Hersteller, Teilenummer oder Version sind wichtige Daten für beide Implantatarten. Die Beschreibung von star-
ren Implantaten ist bereits durch das „Generic Implant Template“ DICOM–Supplement möglich. Dieses befindet sich in
einer fortgeschrittenen Phase des Standardisierungsprozesses und wird voraussichtlich Ende 2010 Teil des DICOM-
Standards werden. Das „Generic Implant Template“ ermöglicht die Beschreibung von allgemeinen Implantatdaten, Ver-
bindungspunkten zwischen mehrteiligen Implantaten („Mating Features“) sowie zweidimensionalen Abbildungen der
Implantate und die Verwendung der DICOM „Information Object Definition“ (IOD) für Oberflächennetze („Surface
Mesh“) [5] zur Speicherung der dreidimensionalen Oberflächen des Implantates.




Abb. 1: Vascutek Anaconda Stentgraft zur Implantation in        Abb. 2: Modelliertes Oberflächennetz eines Vascutek
die Bauchaorta                                                  Anaconda Stentgrafts


Basierend auf den bisherigen Untersuchungen kann festgehalten werden, dass die mechanischen Eigenschaften nicht
unmittelbar durch das „Generic Implant Template“ Supplement gespeichert werden können. Attribute, die flexible von
starren Implantaten unterscheiden, wie etwa der Biegeradius oder die Verwindungssteifigkeit zur Beschreibung der elas-
tischen Verformbarkeit, sind aktuell nicht DICOM-standardisiert speicherbar. Aus diesem Grund wurde die Struktur ei-
niger flexibler Implantate untersucht, um daraus Surrogatparameter abzuleiten, die sich als DICOM-Attribute ablegen
lassen und die flexiblen Attribute repräsentieren können.

Stents für die Arteria carotis communis (Kopf- oder Halsschlagader), Arteriae coronariae (Koronararterien) und peri-
phere Arterien sind zylindrisch, angelehnt an die Form der Gefäße im menschlichen Körper. Die Darstellung eines sol-
chen Stents in einer parametrisierten, geometrischen Form ist somit möglich. Stentgrafts für die Behandlung von abdo-
minalen Aneurysmen haben die grobe Form einer Hose: ein zylindrischer Hauptkörper von dem aus zwei schmalere
„Beinchen“ in die Beinarterien abgehen. Für diese Stentgrafts ist die Beschreibung durch mehrere zusammengesetzte
Zylinder möglich. Geometrisch wird das Volumen eines Zylinders durch seine Grundfläche und seine Höhe vollständig
beschrieben. Diese formale Darstellung ist nicht durch DICOM beschreibbar, wohl aber ihre diskrete Darstellung in
Form von Knoten und geometrischen Primitive, wie Dreiecke oder Linien, mit Hilfe der DICOM „Surface Mesh“ IOD.

Daraus abgeleitet kann ein Zylinder durch zwei miteinander verbundene Flächen beschrieben werden. Für das komple-
xes Modell eines flexiblen Implantates ist die Darstellung durch einen einzelnen Zylinder jedoch nicht ausreichend. Aus
diesem Grund wird der Zylinder in mehrere zusammenhängende Stücke aufgeteilt, die ihrerseits wieder durch Zylinder
dargestellt werden können. Die formale Darstellung ist somit durch eine Folge von verbundenen Flächen beschrieben.
Die Geometrie und Anzahl der Verbindungen zwischen den Flächen ist nicht vorgegeben. Abhängig von Art und Anzahl
der Verbindungen kann man so das flexible Verhalten anpassen.




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Knoten werden innerhalb der DICOM Surface Mesh Datenstruktur nur durch ihre Position im Raum beschrieben und in
einer Liste abgelegt. Es ist nicht möglich, diese Punkte nach Art zu unterscheiden oder Attribute hinzufügen. Die im
„Surface Mesh“ vorgesehenen geometrischen Objekte referenzieren die Positionen der zugehörigen Knoten in der Kno-
tenliste, eine feinere Unterscheidung oder weitere Attribute sind durch den DICOM Standard nicht beschrieben. Die
Logik, welche Knoten und Objekte welche flexiblen Attribute haben, kann nicht durch DICOM selbst repräsentiert
werden und muss Teil der Applikationslogik sein, die diese Implantate verarbeitet. Die Beschreibung als Knotennetz
erlaubt Grundflächen beliebiger Gestalt. Die kreisförmige Grundfläche eines Zylinders ist dabei eine der einfachsten
Formen.

Die geometrische Form und die Anzahl der Verbindungen haben maßgeblichen Einfluss auf die flexiblen Eigenschaften
des Stentmodells. Da denen in der Surface Mesh IOD beschriebenen geometrischen Objekten keine weiteren Attribute
hinzugefügt werden können, um das Verhalten zu bestimmen, ist das Verhalten der Verbindungselemente nicht vorge-
schrieben. Im einfachsten Fall können sie als starre Achsen angenommen werden, aber auch andere Annahmen sind
möglich. Geht man von starren Achsen als Verbindungen aus, entsteht durch das Verbinden von korrespondierenden
Knoten zweier Grundflächen die Zylinderform. Verbindet man die Grundflächen an ihren Mittelpunkten mit nur einer
Achse, entsteht ein Scheiben-Ketten Modell [Abb.3]. Mit den Verbindungselementen als starre Achsen ist eine beliebige
Rotation der Ringe um diese Achse möglich. Durch Berechnung der Kollision zwischen zwei Grundflächen können nun
flexible Eigenschaften des Stents dargestellt werden [Abb. 4]. Bezieht man die Achsen in die Kollisionsberechnung mit
ein, können weitere Eigenschaften, etwa die Verwindung des Stents, dargestellt werden. Die Anzahl gleichmäßig an-
geordneter, paralleler Achsen wirkt beispielweise beschränkend auf die Rotation zweier Flächen zueinander, gegenläu-
fige Verbindungen die sich kreuzen können die Verwindungseigenschaften fixieren.




Abb. 3: Mittelachse und Stentringe                           Abb. 4: Beschränkung der Biegsamkeit des Stents
                                                             durch Kollision der Stentringe



Die oben beschriebene Beschränkung der „Surface Mesh“ IOD in Bezug auf die Unterscheidbarkeit von Knoten und
geometrischen Objekten auf Grund von Eigenschaften, erfordert eine Teilung des Modells in mehrere Teile. Das
„Generic Implant Template“ erlaubt dieses Vorgehen, das zugehörige „Surface Mesh“ kann eine beliebige Anzahl Ober-
flächen in einer Sequenz speichern. Die Achse besteht aus einer Anzahl von Punkten, jedem Punkt wird fortlaufend ein
Ring zugeordnet. Achse und Ringe werden jeweils einzeln innerhalb des „Generic Implant Template“ gespeichert. Jeder
Knoten der Achse wird dabei dem ersten Knoten und Mittelpunkt einer Grundfläche zugeordnet. Die genaue Verwen-
dung der in der Surface Mesh IOD gespeicherten Informationen liegt bei der Software die sie verwendet, der DICOM
Standard gibt die Verwendung nicht vor. Eine andere Form der Speicherung ist daher möglich und kann an die jeweili-
gen Anforderungen angepasst werden.


3        Ergebnisse
Mit dem „Generic Implant Template“ Supplement und DICOM wurde eine Möglichkeit gefunden, digitalisierte Implan-
tate im DICOM-Format zu speichern. Damit ergibt sich die Möglichkeit, Implantate im Radiologieinformationssystem
(RIS) für Applikationen und Betrachter zugänglich zu machen, ohne spezielle Server oder Programme zur Speicherung
vorhalten zu müssen.




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Das digitale Modell eines Stents kann durch Ablegen seiner Geometrie und durch die Beschreibung der Eigenschaften
erreicht werden. Durch ein parametrisches Modell, welches das Oberflächennetz um Funktionen erweitert, kann eine
kompakte Form dieses digitalen Modells erreicht werden. Das Modell kann in seine geometrische Form, aufgebaut aus
Punkten und geometrischen Primitive überführt werden. Die funktionelle Repräsentation kann dann, zusammen mit
dem Oberflächennetz, gespeichert und so in Programmen zur Betrachtung von Modell oder Simulationen verwendet
werden. Parametrische und funktionelle Modelle können dabei auch an bestimmte Fragestellungen angepasst werden.
Die parametrischen Modelle dienen hierbei zur Unterstützung, nicht als Ersatz für die Oberflächennetze, von Darstel-
lungs- und Planungsprozessen in dem sie komplexe Eigenschaften auf einfachere Berechnungsmodelle reduzieren. Bei-
spielweise kann, unter Verwendung von dreidimensionalen Modellen des Gefäßes in das implantiert werden soll, die
Einpassung eines Stents in das Gefäßmodell in Echtzeit ermöglicht werden. Dies versetzt den planenden Mediziner vor
dem Eingriff in die Lage, die ungefähre Position des Stents im Gefäß abzuschätzen, Risiken früher zu erkennen und
nicht zuletzt die Auswahl der möglichen Stents durch automatisierte Messfunktionen für den Eingriff im Vorhinein zu
begrenzen. Ein solches System, welches Implantatdaten und zu den Oberflächennetzen hinzugefügte parametrische
Modelle lesen und verarbeiten kann, befindet sich derzeit in der Entwicklung.


4       Diskussion
Die hier vorgestellt Methode zur Speicherung von flexiblen Implantaten im DICOM-Format ermöglicht die Planung
einer Stentimplantation anhand des 3D-Modells eines Gefäßes und eines funktionellen 3D-Modells des Stents. Die ge-
wählten Parameter ermöglichen eine virtuelle Einpassung des Stents in das Gefäß, genauere Messungen als in Schicht-
bildern und eine bessere Auswahl des zu verwendenden Stentmodells. Dies deckt jedoch nur ein Teil der Flexibilitätsei-
genschaften ab. Die gewählten Surrogatparameter können die realen Parameter nur in konkreten Anwendungsfällen er-
setzen. Beispielsweise ist die maximale Biegsamkeit zwar durch die Kollision von Ringen modellierbar, das Maximum
gibt aber keinen Aufschluss über den nötigen Kraftaufwand oder die elastische Verformung des gesamten Stents. Um
weitere Eigenschaften zu speichern und für einen Planungsprozess zur Verfügung zu stellen, ist eine Erweiterung des
DICOM Standards nötig.


5       Danksagung
Die Autoren danken Dr. med. Hans-Joachim Florek von der Weißeritztal Klinik Freital (Deutschland) für die freundli-
che Unterstützung.

Das Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS) an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig ist
finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Sächsisches Staatsministerium
für Wissenschaft und Kunst im Rahmen der Initiative Unternehmen Region mit den Zuwendungsnummern 03 ZIK 031
und 03 ZIK 032. Diese Unternehmung ist ebenfalls finanziert durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwick-
lung (EFRE) und den Freistaat Sachsen im Rahmen der Förderung des Technologiesektors.


6       Referenzen
[1]     National Electrical Manufacturers Association (2008) Digital Imaging and Communications in Medicine
        (DICOM), Rosslyn, Va: NEMA. http://medical.nema.org. Accessed 10 January 2010
[2]     eHealth Niedersachsen (2009) IT-Bericht Gesundheitswesen, S.59
        Hübner, et al.: nordmedia. http://www.nordmedia.de/scripts/getdata.php?DOWNLOAD=YES&id=23112
[3]     Lemke HU, Vannier MW (2006) The operating room and the need for an IT infrastructure and standards. Int J
        CARS. 1(3): 117-121.
[4]     National Electrical Manufacturers Association (2008) Digital Imaging and Communications in Medicine
        (DICOM), Supplement 131: Implant Templates, Rosslyn, Va: NEMA. http://medical.nema.org. Accessed 10
        January 2010
[5]     National Electrical Manufacturers Association (2008) Digital Imaging and Communications in Medicine
        (DICOM), Supplement 132: Surface Segmentation, Rosslyn, Va: NEMA. http://medical.nema.org. Accessed 10
        January 2010




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