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                                                                    10. CURAC-Jahrestagung, 15. - 16. September 2011, Magdeburg




            Kinematik und Arbeitsraum eines Polymer-Schlauchaktors
                  mit sechs Freiheitsgraden für flexible Endoskope
                               J.-H. Borchard¹, S. Tauscher¹, F. Wehrheim2, T. Ortmaier¹

                          ¹ Leibniz Universität Hannover, Institut für Mechatronische Systeme,
                                     Appelstraße 11a, 30167 Hannover, Germany;
                      2
                        Richard Wolf GmbH, Pforzheimer Straße 32, 75438 Knittlingen, Germany

                      Kontakt: Jan-Hinnerk.Borchard@imes.uni-hannover.de

Abstract:

Um den Bedienkomfort flexibler Endoskope bei komplexen medizinischen Eingriffen zu erhöhen und neue Anwendungs-
gebiete zu erschließen soll die Beweglichkeit des distalen Endes gesteigert werden. Der vorgestellte Polymer-
Schlauchaktor stellt hierzu sechs Freiheitsgrade zur Verfügung und lässt sich bauraumoptimiert in die Endoskopwand
integrieren. Ziel des Beitrags ist eine Arbeitsraumanalyse des Schlauchaktors und ein qualitativer Vergleich mit der dis-
talen Abwinklung verbreiteter Endoskope mit zwei Freiheitsgraden. Grundlage für die Arbeitsraumanalyse ist ein geo-
metrisches Modell des Schlauchaktors, anhand dessen die direkte und die inverse Kinematik berechnet werden. Die Er-
gebnisse zeigen eine signifikante Aufweitung des Arbeitsraumes im Vergleich zu dem klassischen Endoskop, sowie die
Möglichkeit Objekte aus verschiedenen Richtungen zu betrachten. Unter Annahme der Realisierbarkeit gleicher Biege-
radien ist der Elastomer-Schlauchaktor aus kinematischer Sicht klassischen Systemen überlegen.

Schlüsselworte: Endoskopie, Polymeraktor, Kinematik, Arbeitsraumanalyse


1. Problem

1.1.    Stand der Technik der medizinischen Endoskopie

Als Endoskopie werden Maßnahmen bezeichnet, die Spiegelung von Körperöffnungen oder -aushöhlungen mit Hilfe
optischer Instrumente ermöglichen. Aus technologischer Sicht werden Endoskope nach flexiblem und starrem Endo-
skopschaft unterschieden [1]. Da der vorliegende Beitrag eine Arbeitsraumanalyse eines flexiblen Endoskopschafts mit
der Anwendung des Konzeptes für eine Polymer-Aktorstruktur zum Ziel hat, wird im Folgenden der Stand der Technik
für flexible medizinische Endoskope aufgeführt.
Ein flexibles Endoskop gehört heutzutage zum klinischen Standard. Die verbreitete klassische Ausführung beinhaltet
eine Steuereinheit (sog. Griffstück) am proximalen, dem Bediener zugewandten, Ende. An diesem sind beispielsweise
Bedienknöpfe zur Aktivierung von Spül-, Insufflations- oder Saugeinheit sowie ein (doppeltes) Drehrad mit Feststell-
mechanismen angebracht. Letzteres wird für die Steuerung des beweglichen, distalen (dem Patienten zugewandten) En-
des verwendet. Die Kraftübertragung ist dabei mittels Bowdenzügen realisiert. Darüber hinaus sind bei Videoskopen
mit integriertem Bildsensor Anschlüsse für den Kameracontroller zur Darstellung des Videobildes sowie weitere An-
schlüsse für die Versorgung mit Licht, Spülflüssigkeit und Insufflationsgas vorgesehen. Am Griffstück beginnt der fle-
xible, passiv verformbare Endoskopschaft. In diesem sind sämtliche Versorgungs- und Datenleitungen sowie die Bow-
denzüge und entsprechende Arbeitskanäle für die Einführung weiterer Instrumente untergebracht. Die Leitungen wer-
den bis an das distale Ende geführt, das neben einer Kinematik zur Abwinklung einen miniaturisierten Kamerachip
enthält, mit dem hochaufgelöste Bilder aufgenommen werden können.


1.2.    Anforderungen neuer Operationsmethoden an die Endoskopie

In verschiedenen Gebieten der medizinischen Endoskopie wie z.B. in der Urologie, Gynäkologie oder Gastroenterolo-
gie werden zunehmend auch therapeutische Maßnahmen mit endoskopischen Instrumenten durchgeführt. Verbreitete
klassische Endoskope verfügen hierbei über ein manuell in ein oder zwei Ebenen abwinkelbares distales Ende. Diese
Systeme stellen schon bei verhältnismäßig einfachen Eingriffen hohe Anforderungen an das räumliche Vorstellungs-




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vermögen und die Konzentrationsfähigkeit des Endoskopikers und erfordern ein zeitintensives Training für eine sichere
und zügige Operation.
Die in diesem Beitrag vorgestellte distale Abwinklung mit Polymeraktoren besitzt sechs Freiheitsgrade und hat zum
Ziel den Bedienkomfort zu erhöhen, neue Anwendungsgebiete erschließen, die Dauer des Eingriffs zu verkürzen sowie
die Sicherheit steigern. Hierzu sind eine intuitive Bedienbarkeit und ein ausreichend großer Arbeitsraum des kinemati-
schen Systems erforderlich. Letzterer wird im vorliegenden Beitrag anhand von Arbeitsraum- und Blickrichtungsanaly-
sen beschrieben und bewertet.


2. Methoden

2.1.      Aktorprinzip

Für die distale Abwinklung werden die in Bild 2. (a) dargestellten Polymeraktoren verwendet. Diese sind grundsätzlich
als elektrischer Kondensator mit dem Elektrodenabstand 𝑦 zu verstehen. Durch Anlegen einer elektrischen Spannung
wird eine mechanische Spannung T (Maxwellspannung) zwischen den beiden Elektroden bewirkt. Diese führt zur Ver-
drängung des elastischen Dielektrikums und zu einer relativen Verkürzung
                                                          ∆𝑦
                                                     𝑆=                                                         (2.1)
                                                           𝑦
des Aktors mit der Ursprungslänge 𝑦 und der Verkürzung ∆𝑦 [2]. Im Gegensatz zu den in [3] und [4] beschriebenen
dielektrischen Elastomeraktoren werden hier starre Elektroden verwendet. Wie in [2] gezeigt wird, ergibt sich daraus
ein verändertes Verdrängungsverhalten des dielektrischen Elastomers bei Aktivierung des Aktors. Dies hat Auswirkun-
gen auf die Gesamtsteifigkeit des Aktors.
In der Anwendung als endoskopische Abwinklung sollen die Einzelaktoren zu einer Schlauchstruktur angeordnet wer-
den. Eine ringförmige starre Referenzelektrode mit dem mittleren Durchmesser d stabilisiert die Schlauchform und trägt
über ihren Umfang tmax unabhängig bewegliche Steuerelektroden in äquidistantem Abstand. Damit ergibt sich der Tei-
lungswinkel
                                                          2𝜋
                                                    𝛽=                                                          (2.2)
                                                         𝑡
zwischen zwei Steuerelektroden bzw. Einzelaktoren. Ein Aktorsegmentring 𝑛 der Länge 𝑙 besteht aus mehreren axialen
Abfolgen der in Bild 2. (b) skizzierten Stapel aus Steuerelektroden (SE), Dielektrikum (DE), Referenzelektrode (RE)
und zweitem Dielektrikum (DE). Eine axiale Anordnung von Einzelaktoren innerhalb eines Aktorsegmentrings wird
gemeinsam angesteuert und im Folgenden als Aktorfeld bezeichnet [5]. Die in Bild 2. (c) dargestellte Abwinklung 𝜙 in
Richtung 𝜃 (Rotation um die Schaftlängsachse) wird erreicht, wenn der Aktorsegmentring in dieser Richtung eine rela-
tive axiale Verkürzung S        erfährt und in der entgegengesetzten Richtung unverkürzt bleibt. Die Verkürzung
𝑆     lässt sich unter der Annahme ideal steifer Referenzelektrodenringe und einer bogenförmigen Abwinklung des Ak-
torsegments geometrisch zu
                                                             𝜙𝑑
                                                   𝑆     =                                                      (2.3)
                                                             𝑙
berechnen. Für ein Aktorfeld t ergibt sich damit eine relative Verkürzung von
                                                 𝑆
                                           𝑆 =           (1 + cos(𝛽(𝑡 − 1) − 𝜃)).                                (2.4)
                                                     2




       (a) Polymeraktor im akti-      (b) Axiale Anordnung der                      (c) Abwinklung 𝜙 eines Aktor-
           vierten Zustand [2]            Elektroden [5]                                segmentrings in Richtung 𝜃
      Bild 2.1: Verwendetes Aktorprinzip und Nomenklatur



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Die Werte der für die weitere Berechnung wichtigsten Parameter des Schlauchaktors sind in Tabelle 2.1 angegeben.

 Parameter           Wert     Beschreibung
      𝑙            32,4 mm    Länge eines unverkürzten Aktorsegmentrings (vergleiche Bild 2.1 (c))
    𝑙              97,2 mm    Länge des unverkürzten aktuierten Endoskopendes mit drei Aktorsegmentringen
      d             4 mm      Durchmesser des Schlauchaktors
   𝜙                92,54°    Maximal mögliche Abwinklung eines Aktorsegmentrings
   𝜙               277,62°    Maximal mögliche Abwinklung des aktuierten Endoskopendes mit drei Aktorsegment-
                              ringen
       𝑟          16,06 mm    Minimal möglicher Biegeradius des aktuierten Endoskopendes
         ℎ         0,1 mm     Wandstärke des Schlauchaktors
         𝑦        0,035 mm    Elektrodenabstand des Einzelaktors im unverkürzten Zustand
       𝑡              76      Anzahl der einzeln ansteuerbaren Aktorfelder in Umfangsrichtung des Schlauchaktors

 Tabelle 2.1: Geometrische Daten des simulierten Schlauchaktors


2.2.         Direkte Kinematik

Mittels der direkten Kinematik wird im Allgemeinen die Position und Orientie-
rung 𝒙 einer Endeffektorplattform (hier das jeweilig distale Ende des betrach-
teten Systems) in Abhängigkeit der angetriebenen Gelenkvariablen 𝒒 bezogen
auf die Basis eines Manipulators berechnet. Da es sich bei dem betrachteten
Mechanismus um eine serielle Verknüpfung von Aktorsegmentringen handelt,
wird zunächst die Position und Orientierung des körperfesten Endeffektorkoor-
dinatensystems (KS) des n-ten Aktorsegmentrings (vgl. Bild 2.1) relativ zum
körperfesten Endeffektorkoordinatensystems (KS)         des vorherigen Aktor- Bild 2.1: Koordinatensysteme ei-
segmentrings berechnet. Mit der homogenen Transformationsmatrix                    nes Aktorsegmentringes
                                                     cos 𝜃     0 sin 𝜃       0
                                                        0      1      0      0
                                    𝑻       (𝜃 ) = (                           )                                (2.5)
                                                     −sin 𝜃 0 cos 𝜃 0
                                                        0      0      0      1
wird dazu zunächst die vorgegebene Richtung 𝜃 der Abwinklung berücksichtigt. Mit dieser erfolgt die virtuelle Rotati-
on des Koordinatensystems (KS)          um die y-Achse des körperfesten Koordinatensystems (KS)         . Aus der vor-
gegebenen Abwinklung 𝜙 wird mittels der homogenen Transformationsmatrix
                                                                                 𝑙     𝑑
                                          cos 𝜙 −sin 𝜙 0 (cos 𝜙 − 1) ( − *
                                                                                 𝜙     2
                                                                              𝑙    𝑑
                           𝑻    (𝜙 ) = sin 𝜙       cos 𝜙     0      sin 𝜙 ( − *                                 (2.6)
                                                                              𝜙    2
                                             0        0      1               0
                                       ( 0            0      0               1           )
die Position und Orientierung des Koordinatensystems (KS)          bezüglich des Koordinatensystems (KS)           be-
stimmt. Mit der homogenen Transformationsmatrix
                                          𝑻 (𝜃 ) =        𝑻       (−𝜃 )                                         (2.7)
wird die virtuelle Rotation rückgängig gemacht und es ergibt sich das körperfeste Endeffektorkoordinatensystems
(KS) . Um einen Schlauchaktor mit sechs aktiven Freiheitsgraden zu erhalten, sind drei Aktorsegmente mit je zwei
Freiheitsgraden erforderlich. Die Gesamttransformationsmatrix für die distale Abwinklung ergibt sich somit zu

                        𝑻    (𝒒 ) = ∏       𝑻       (𝜃 )       𝑻    (𝜙 )       𝑻    (𝜃 )                               (2.8)

mit den Gelenkvariablen 𝒒 = (𝜃 𝜙 𝜃 𝜙 𝜃 𝜙 ) . Die Basis (KS) = (KS) der endoskopischen Abwinklung
wird für die folgenden Untersuchungen als gegeben und ortsfest betrachtet. Die Position des distalen Endes der endo-
skopischen Abwinklung
                                 𝒙 = (𝑥 𝑦 𝑧 𝛼 𝛽 𝛾 ) = 𝒇( 𝑻 (𝒒 ))                                               (2.9)
kann bei seriellen Kinematiken, wie beispielsweise in [6] beschrieben, aus der Transformationsmatrix 𝑻 (𝒒 ) ermit-
telt werden, wobei eine geeignete Orientierungsdarstellung zu wählen ist.




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2.3.      Inverse Kinematik

Die inverse Kinematik 𝒈(𝒙 ) beschreibt die Berechnung der Gelenkvariablen 𝒒 in Abhängigkeit der Endeffektorkoor-
dinaten 𝒙 . Da eine analytische Form des nichtlinearen Gleichungssystems
                                                  𝒒 = 𝒈(𝒙 )                                                  (2.10)
für serielle Kinematiken nur in Sonderfällen existiert, wird aus (2.9) ein Least-Squares Optimierungsproblem
                                     𝒒 = arg min‖𝒙 − 𝒇( 𝑻 (𝒒 ))‖                                              (2.11)
                                                 𝒒
mit der Ungleichsnebenbedingung für die maximale Abwinklung
                                       0≤𝜙 ≤𝜙            ; 𝑛 ∈ *1 2 3+                                          (2.12)
definiert und anschließend iterativ numerisch gelöst. Die maximal mögliche Abwinklung eines Aktorsegments 𝜙
ist dabei durch das Aktorprinzip gegeben. Falls mindestens eine Lösung des inversen kinematischen Problems existiert,
hängt es vor allem von den gegebenen Startwerten 𝒒 ab, ob und in wie vielen Iterationsschritten der verwendete trust-
region-reflective Algorithmus [7] die gesuchte Lösung findet. Über die Gleichungen (2.3) und (2.4) kann die erforderli-
che Aktorverkürzung 𝑆 ermittelt werden.
Mittels der direkten und der inversen Kinematik lassen sich die im folgenden Kapitel beschriebenen Arbeitsraumanaly-
sen durchführen.


3. Ergebnisse

3.1.      Arbeitsraumanalyse

Als Arbeitsraum wird der Wertebe-
reich der möglichen Endeffektorpo-
sitionen und Orientierungen 𝒙 be-
zeichnet. Er ist durch die Geometrie
und den gegebenen Wertebereich
der Gelenkvariablen 𝒒 des Endo-
skops gegeben. Letzterer wird für
die Analyse des Arbeitsraumes zu
                  2𝜋
        𝜃 =𝑗 ( *                 (3.1)
                  10
und
                𝜙
      𝜙 =𝑗 (           *         (3.2)           (a) Sechs Freiheitsgrade                  (b) Stand der Technik
                   9                        Bild 3.1: Distale Endoskopabwinklungen und erreichbare Punkte im
mit 𝑗 ∈ *0 … 9+, 𝑛 ∈ *1 2 3+ und
                                            Arbeitsraum
𝜙       = 𝜙 /3 diskretisiert. An-
schließend wird die direkte Kinematik mit allen 106 möglichen Kombinationen der Gelenkvariablen berechnet. In Bild
3.1 (a) sind diejenigen der auf diese Weise berechneten Endeffektorpositionen dargestellt, welche in der x-y-Ebene der
Basis (KS) liegen. Aufgrund der Rotationssymmetrie bezüglich der y-Achse ist die Darstellung repräsentativ für den
gesamten Arbeitsraum. Zur qualitativen Bewertung sind in Bild 3.1 (b) diskrete Werte aus dem Arbeitsraum eines Ver-
gleichsendoskops dargestellt. Dieses besitzt dieselbe maximale Abwinklung 𝜙          und Länge wie der vorgestellte
Schlauchaktor. Daraus ergibt sich der gleiche Biegeradius. Es verfügt jedoch insgesamt nur über zwei distale Freiheits-
grade, wie in der klassischen Endoskopie üblich.




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3.2.    Blickrichtungsanalyse

Bei der Blickrichtungsanalyse
wird unter Verwendung der inver-
sen Kinematik untersucht an wel-
chen Positionen des distalen En-
doskopendes eine Orientierung
des Endoskops derart möglich ist,
dass ein vorgegebenes Objekt
(hier Kugel) zentrumsnah im
Blickfeld liegt (vgl. Bild 3.2. (a)).       (a) Skizze                            (b) Vektorfeld
In Bild 3.2. (b) ist das Ergebnis        Bild 3.2: Blickrichtungsanalyse
für Endeffektorpositionen in der
x-y-Ebene der Basis (KS) der distalen Abwinklung als Vektorfeld dargestellt. Der Ursprung der Vektoren gibt dabei die
Endeffektorposition und der Pfeil die Blickrichtung des Endoskops an. Das zu betrachtende Objekt liegt an der Position
(60 mm, 70 mm, 0) ausgehend von der Basis des Schlauchaktors. Klassische Abwinklungen mit zwei Freiheitsgraden
besitzen bei ortsfester Basis im Gegensatz zu dem vorgestellten Schlauchaktor im Allgemeinen nur eine einzige Positi-
on bei der ein gegebenes Objekt im Zentrum des Blickfeldes liegt.


4. Diskussion
Die in Abschnitt 3.1 beschriebenen Ergebnisse der Arbeitsraumanalyse zeigen eine Aufweitung des Arbeitsraums der
vorgestellten Abwinklung mit Anwendung von Polymeraktoren gegenüber dem Vergleichsendoskop. Die in Bild 3.1 (b)
dargestellten Ergebnisse belegen, dass bei einem klassischen Endoskop lediglich Punkte auf einer Hüllfläche erreicht
werden können, während das vorgestellte System mit sechs Freiheitsgraden auch Punkte innerhalb und außerhalb dieser
Hüllfläche erreicht (siehe Bild 3.1 (a)), ohne dass der passive flexible Endoskopschaft bewegt werden muss. Außerdem
zeigen die in Abschnitt 3.2 (b) vorgestellten Resultate der Blickrichtungsanalyse, dass es im Gegensatz zu klassischen
Systemen auch bei ortsfester Basis möglich ist ein Objekt aus mehreren Richtungen zu betrachten. Diesem prinzipbe-
dingten Vorteil, verschiedene Orientierungen bei gegebener Endeffektorposition einnehmen zu können, steht die noch
offene Frage gegenüber, ob mit dem System Biegeradien möglich sind, die mit klassischen Endoskopen vergleichbar
sind, da diese das für die Bewegung der Endoskopspitze erforderliche Volumen maßgeblich bestimmen. Ist dies der
Fall, ist die bei komplexen endoskopischen Eingriffen geforderte Flexibilität und Manipulierbarkeit im Vergleich zu
klassischen Systemen deutlich erhöht. Noch ausstehend ist eine detailliertere Analyse der Dynamik, sowie der erzeug-
baren Manipulationskräfte des Schlauchaktors. Dies soll perspektivisch an einem Demonstrator evaluiert werden.


5. Referenzen
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