Entwicklung einer Echtzeitnadelführung unter Nutzung des optischen Moiré Phase Trackingsystems am 3 T wide-bore System U. Kägebein¹, F. Godenschweger¹, D. Stucht¹, K. A. Danishad¹, M. Zaitsev2, O. Speck¹ ¹ Otto-von-Guericke Universität, Abteilung biomedizinische Magnetresonanz, Magdeburg, Deutschland ² Universitätsklinikum Freiburg, Abteilung Röntgendiagnostik, Freiburg, Deutschland Kontakt: urte.kaegebein@ovgu.de Abstract: In den vergangenen Jahren entwickelte sich Magnetresonanztomographie (MRT)-geführte Brust-Biopsie zu einer der vielversprechendsten Verfahren innerhalb des Feldes der interventionellen Magnetresonanztomographie (iMRI). Die vorliegende Arbeit präsentiert ein neu entwickeltes Verfahren zur verbesserten Echtzeitnadelführung unter Nutzung ei- nes optischen Moiré Phase Tracking (MPT) Systems. Es ermöglicht die interaktive und intuitive Steuerung der Bildebe- nen vom Inneren des MRT zur Realisierung von Biopsien mit geringer Durchführungszeit und hoher Genauigkeit. Be- kannte Probleme der MR-geführten Brust-Biopsie konnten somit gelöst werden. Schlüsselworte: Tracking, iMRI, MR-geführte Brust-Biopsie, Moiré Phase Tracking System 1 Problemstellung Im Bereich der MRT-geführten Brust-Biopsie werden derzeit zwei Verfahren genutzt. Innerhalb des geschlossenen MRT Systems wird die statische stereotaktische Führung verwendet. Sie ist durch Patientensicherheit, Effizienz in der Pro- benentnahme und einer zufriedenstellenden diagnostischen Ausbeute bekannt [1]. Einschränkungen liegen in der limi- tierten Anzahl der Nadeltrajektorien als auch möglicher Coregistrierungsfehler vor. Insbesondere Gewebeverschiebun- gen können nicht korrigiert werden [2,3]. Die Freihandtechnik ist als dynamische Führung im offenen MRT bekannt. Sie ist in der Lage Bewegungen und Kom- pressionen des Ziels auszugleichen. Desweiteren ist es möglich, dass jede Region innerhalb der Brust erreicht werden kann [4]. Der Hauptnachteil ist die notwendige Kommunikation zwischen dem Interventionalisten, der die Biopsie im Inneren des MRT durchführt und den Assistenten im Kontrollraum, der das MRT bedient. Insbesondere die Gradientengeräusche und der damit verbundene notwenige Hörschutz für den Patienten und den Interventionalisten füh- ren dazu, dass die Kommunikation weiterhin schwierig bleibt [5]. Das Ziel dieser Arbeit war es, MRT-geführte Biopsie mit Hilfe des optischen Moiré Phase Tracking Systems durchzu- führen. Es soll die Vorteile der Freihandführung mit der Genauigkeit der stereotaktischen Führung vereinen. 2 Material und Methoden Das neue Verfahren der MRT-geführten Biopsie wurde am 3 T wide-bore System (MAGNETOM Skyra) entwickelt. Das optische MPT System be- steht aus einem planaren Moiré Phase (MP) Marker, einer einzelnen Trackingkamera im Inneren des MRT mit eingebautem Beleuchtungssystem sowie einer entsprechenden Verarbeitungseinheit (siehe Abb.1). Auf dem MP Marker befinden sich vier zir- kulare Landmarken, eine Sternlandmarke in der Mitte sowie vier RetroGrate Reflektoren (RGR) in denen sich Moiré Strukturen befinden. Bei out-of- plane Rotationen verändert sich die Phase der Moiré Strukturen (siehe Abb.1). Unter Ein beziehung der Abbildung 1: Messaufbau (links), MP Marker (oben rechts) und fünf Landmarken und gewöhnlicher Bildererken- Tracking-kamera (unten rechts) nungsalgorithmen können in-plane Rotationen sowie 22 Translationen des MP Markers detektiert werden. Laut Maclaren et al. beläuft sich die Genauigkeit des MPT Systems in x, y und z Richtung des MRT Scanners auf 1 µm, 12 µm und 1 µm, sowie 0,01° für Rotationen um alle drei Achsen. Die Genauigkeit ist hierbei definiert als „standard deviation of tracking noise for a stationary marker during MR imaging“ [6]. Die Tiefenschärfe der Kamera beträgt 60 cm [6]. Ausgangspunkt bildete eine Gradientenecho (GRE) Sequenz, die die Echtzeitpositionsdaten des MP Markers nutzte um prospektive Bewegungskorrektur durchzuführen. Diese Sequenz wurde weiter modifiziert, so dass Echtzeitnadelfüh- rung möglich war. Der MP Marker befand sich hierfür am Ende der Biopsie-Nadel. Durch den MP Marker war die Ori- entierung und somit die Position der Nadel innerhalb des MRT Scanners bekannt (siehe Abb.1). Das wurde dazu ge- nutzt, zwei sich schneidende und senkrecht zueinander liegende Bildebenen automatisch entlang der Nadelachse zu de- finieren. Rotationen und Translationen der Biopsie-Nadel führten zur direkten Aktualisierung von Position und Orientierung der Bildgebungsschichten. Dementsprechend ist der Interventionalist in der Lage vom Inneren des MRT Scanners die Bildebenen interaktiv und intuitiv steuern zu können. Die Verifizierung der Echtzeitnadelführung fand mit Hilfe einer Phantomstudie statt. Das Phantom enthielt Kupfersul- fat, dass die T1 Zeit verkürzt und fünf einzelne Weintrauben, die eine sehr lange T1 Zeit aufweisen. Dementsprechend besaßen die Bilder einer T1-gewichtete GRE Sequenz den nötigen Kontrast zur Identifizierung der Biopsie-Ziele. Das Experiment unterteilte sich in drei Teilschritte: (1) Referenzscans: Mit Hilfe einer transversalen T1-gewichten 2D GRE Sequenz und unter der Nutzung der Fin- gerspitze wurde das Biopsie-Ziel und somit der optimale Eintrittspunkt für die Nadel definiert. (2) MRT-geführte Biopsie: Die Nadel mit dem befestigten MP Marker wurde an den entsprechenden Eintrittspunkt angesetzt und die MRT-geführte Biopsie mit Hilfe der GRE Sequenz zur Echtzeitnadelführung durchgeführt (Akquisitionszeit pro Bild t=3,4 s). Durch Rotation des Instrumentes konnte der Interventionalist stetig zwi- schen den beiden Bildebenen wechseln und sich somit zum Ziel navigieren. (3) Verifizierungsscans: Eine 2D Spin Echo Sequenz (transversal und sagittal) wurde genutzt um das Erreichen der Zielweintraube zu verifizieren. Die drei Teilschritte wiederholten sich für jede einzelne Weintraube. Die Zeit vom ersten Referenzscan bis zum Erreichen des Biopsieziels stellte die Performancezeit dar. Die Abweichungen der Nadelspitze vom Zentrum der Weintraube in x, y und z Richtung relativ zum MP Marker wurde evaluiert (siehe Abb.2). 3 Ergebnisse Der Interventionalist war in der Lage die Ebenen interaktiv vom Inneren des MRT-Scanners durch Translation und Ro- tation der Biopsie-Nadel zu kontrollieren. Abweichungen von der Zieltrajektorie konnten sofort korrigiert werden. Zwi- schen der transversalen und sagittalen Bildebene relativ zur Biopsie-Nadel wurde im Durchschnitt drei- bis viermal ge- wechselt. Abbildung 3: Auszug der Verifizierungsscans: Transversale (links) und sagittale Bildebene (rechts) des Phantoms rela- Abbildung 2: Ausrichtung der Achsen relativ zum MRT tiv zur Biopsie-Nadel Fünf Biopsien wurden erfolgreich durchgeführt mit einer durchschnittlichen Performancezeit von lediglich 3,49 min (SD=±0,46 min). Die durchschnittliche Abweichung der x, y und z Koordinaten der Nadelspitze zum Zentrum der Wein- traube (siehe Abb.2 und Abb.3) betrugen jeweils 2,8 mm (SD=±1,0 mm), 3,3 mm (SD=±1,5 mm) und 3,0 mm (SD=±1,6 mm) (siehe Tabelle 1). 23 Versuch Zeit (min) Abstand (mm) Δx Δy Δz 1 3,88 3,2 4,1 2,8 2 3,83 2,9 2,4 4,1 3 3,20 3,8 5,4 0,3 4 2,83 3,0 3,7 5,1 5 3,73 0,9 1,1 2,5 Mittel 3,49 2,8 3,3 3,0 Std ±0,46 ±1,1 ±1,6 ±1,8 Tabelle 1: Messergebnisse 4 Diskussion Innerhalb dieser Arbeit wurde MRT-geführte Biopsie mit Hilfe des MPT System erfolgreich entwickelt, implementiert und verifiziert. Es umgeht die Probleme der Freihandführung, während die Vorteile vorhanden bleiben. Desweiteren be- sitzt es die Genauigkeit der stereotaktischen Führung ohne dessen Nachteile. Die durchschnittliche Performancezeit ist mit 3,49 min (SD=±0,46 min) sehr gering im Vergleich zu stereotaktischen Führung in Phantomexperimenten, in derer sich die durchschnittliche Zeit auf 16 min belief [7]. Menschliche Experi- mente mit Hilfe der stereotaktischen Führung ergaben 35 min [8]. Die Freihandtechnik von Fischbach et al. verringert diese Zeit sogar bis auf 12 min [4]. Die hier vorgestellte MRT-geführte Biopsie mit dem MPT System ist noch kürzer. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Phantomstudien unter vereinfachten Bedingungen durchgeführt werden können. Lehman et al. dokumentierte eine durchschnittliche Abweichung der x, y und z Koordinaten in Phantomexperimenten von 2,9 mm (SD=±1,7 mm), 3,7 mm (SD=±2,4 mm) und 2,4 mm (SD=±3,8 mm) [7]. Die hier erwiesenen Abweichungen gleichen der stereotaktischen Führung signifikant (p=0,005). Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass die Genauigkeit der optischen Nadelführung mit der stereotaktischen Führung signifikant übereinstimmt. MRT-geführte Biopsie unter Nutzung eines optischen Trackingsystems wurde bereits in Lewin et al. und Ojala et al. durchgeführt. Mehrere Licht emittierende Dioden befanden sich an dem jeweiligen Instrument und wurden durch eine Stereokamera, die sich am Eingang des MRT Scanners befand, detektiert [8, 9]. Die Gefahr, die Sichtlinie zwischen der Stereokamera und den mehreren Dioden zu blockieren, ist größer im Vergleich zum MPT System, was dazu führt, dass die Bewegungen des Interventionalisten im oberen Fall stärker eingeschränkt sind. Auch wenn das Sichtfeld der MPT Kamera limitiert ist, was eine bewusste Positionierung des Phantom bzw. Probanden nach sich zieht, ist es dennoch the- oretisch möglich, die Echtzeitnadelführung von jeder Stelle im MRT durchzuführen indem die Kamera entsprechend angebracht wird. In Realität allerdings wird der Zugang zum Patienten als auch die gewünschte Bildqualität die mögli- chen Kamerapositionen einschränken. Desweiteren erhöht das MPT System die Genauigkeit und Präzession von opti- schen Trackingdaten enorm [6]. Die Integration von zusätzlichen Hilfslinien, die die aktuelle Zieltrajektorie wiederspiegeln, als auch die Erweiterung der vorgestellten MRT-geführten Brust-Biopsie auf andere Bereiche der Nadelführung sind potenzielle Zukunftsper- spektiven dieser Arbeit. Darüber hinaus soll der Versuchsaufbau in Kooperation mit interventionellen Radiologen an die realistischen Umgebungsbedingungen während einer Biopsie angepasst werden. Dies impliziert unter anderem die Platzverhältnisse im MRT-Scanners, der Zugangsweg zum Patienten als auch der Nadel sowie der passenden Kamera- position. Desweiteren könnten die Positionsdaten der Nadel anstatt durch einen MP Marker durch das Anbringen von passiven Markern (z.B. Mikrospulen, resonante Schwingkreise) an die Nadelspitze ermittelt und in die interaktive Se- quenz eingeführt werden. Das hätte den besonderen Vorteil, dass auch nicht rigide Instrumente genutzt werden können. 5 Zusammenfassung MRT-geführte Biopsie mit Hilfe des Moiré Phase Tracking System demonstriert hohe Genauigkeit und eine kurze Durchführungszeit. Diese Echtzeitnadelführung verbessert, vereinfacht und erweitert die bisher vorhandenen MRT- geführten Techniken zur Brustbiopsie. 6 Danksagungen Diese Arbeit wurde innerhalb des Forschungscampus STIMULATE, ein durch das BMBF gefördertes Projekt (Förder- kennzeichen 03F016101A), durchgeführt. 24 7 Referenzen [1] Chen X., Lehmann C., Dee K, MRI-Guided Breast Biopsy: Clinical Experimence with 14-Gauge Stainless Steel Core Biopsy Needle, American Journal of Roentgenology, 182 1075-1080 (2004) [2] Weiss C., Nour S., Lewin J., MR-guided Biopsy: A Review of current Techniques and Applications, Journal of Magnetic Resonance Imaging, 27(2) 311–325 (2008) [3] Moche M., Trampel R., Kahn T., et al., Navigation Concepts for MR Image-guided Interventions, Journal of Magnetic Resonance Imaging, 27(2) 276–291 (2008) [4] Fischbach F., Eggemann H., Bunke J., et al., MR-guided Freehand Biopsy of Breast Lesions in a 1.0-T Open MR Imager with a Near-Real-time Interactive Platform: Preliminary Experience, Radiology, 265(2) 359–370 (2012) [5] Bock M., Wacker K., MR-guided Intravascular Interventions: Techniques and Applications, Journal of Magnetic Resonance Imaging, 27(2) 326-338 (2008) [6] Maclaren J., Armstrong B., Barrows R., et al., Measurement and Correction of Microscopic Head Motion during Magnetic Resonance Imaging of the Brain, PLOS ONE (2012) [7] Lehmann C., Alkawa T., MR-guided Vacuum-assisted Breast Biopsy: Accuracy of Targeting and Success in Sam- pling in a Phantom Model, Radiology, 232(3) 911–914 (2004) [8] Lewin J., Petersilge C., Hatem S., et al., Interactive MR Imaging-guided Biopsy and Aspiration with a modified clinical C-arm System, American Journal of Roentgenology, 170(6) 1593–1601 (1998) [9] Ojala R., Sequeiros R., Klemola R., et al., MR-guided Bone Biopsy, Journal of Magnetic Resonance Imaging, 15(1) 82-86 (2002) 25