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==Digitale Infrastruktur und Learning Analytics im Co-Design==
Raphael Zender (Hrsg.): Proceedings of DeLFI Workshops 2016 co-located with 14th e-Learning Conference of the German Computer Society (DeLFI 2016) Potsdam, Germany, September 11, 2016 8 Digitale Infrastruktur und Learning Analytics im Co- Design Truong-Sinh An1, Francois Dubois1, Eileen Manthey1, Agathe Merceron1 Abstract: Im Projekt SLHw wird ein neuartiges didaktisches Konzept für die berufliche Fortbildung zur/m Gebäudeenergieberater/-in erarbeitet. Die generische digitale Infrastruktur für das Speichern und die Anzeige der Lehrmaterialen wird parallel mit den Auswertungsmöglichkeiten für die Learning Analytics Web-App entwickelt. Dies ermöglicht es, Benutzerinteraktion gezielt zu verfolgen. Es werden zunächst Dashboards entwickelt, welche den Dozenten einen schnellen Überblick über den Kenntnisstand der Lernenden ermöglichen. Dieser Beitrag präsentiert die generische digitale Infrastruktur und die Learning Analytics Web-App. Keywords: Digitales Lehrmaterial, Learning Analytics, Benutzerinteraktionen, xAPI, Learning Record Store 1 Einleitung Die Forschungsgebiete „Educational Data Mining“ und „Learning Analytics“ beschäftigen sich mit der Auswertung von Daten, die von Lernsystemen gespeichert werden, mit dem Ziel Lernen und Lehren besser zu unterstützen. Eine Voraussetzung für eine sinnvolle Auswertung der Daten ist, dass das Lernsystem die richtigen Benutzerinteraktionen speichert. Dies ist in der Praxis nicht immer gegeben. In vielen Fällen ist ein Lernsystem vorhanden, welches nicht genügend Interaktionen speichert. Wenn das System beispielsweise nicht alle Versuche beim Lösen einer Übung speichert, kann der Schwierigkeitsgrad der Übung nicht ausreichend analysiert werden. Als weiteres Beispiel ist es problematisch zu berechnen, wie lange Lernende das Material einer Lernplattform bearbeiten; ein Grund unter anderen ist, dass die Interaktionen der Lernenden mit dem Lehrmaterial nicht explizit genug gespeichert werden. Wie die Autoren in [Ko15] zeigen, hat die Heuristik, welche bei der Auswertung der „time on task“ benutzt wird, Einfluss auf die Ergebnisse. Dieser Beitrag beschreibt, wie im Projekt Smart Learning im Handwerk [Zw15] (kurz SLHw) der didaktische Ansatz und die digitale Infrastruktur zusammen mit der Learning Analytics Web-App konzipiert werden, mit dem Ziel eine solide Datenbasis für die Analyse der Benutzerinteraktionen zu schaffen. Im Projekt SLHw wird ein didaktisches Konzept für die berufliche Fortbildung zur/m Gebäudeenergieberater/-in erarbeitet. Das didaktische Konzept beinhaltet insbesondere (1) die Erstellung von strukturierten 1 Beuth Hochschule für Technik Berlin, Fachbereich VI – Informatik und Medien, Luxemburger Str. 10, 13353 Berlin, {vorname.nachname}@beuth-hochschule.de Digitale Infrastruktur und Learning Analytics im Co-Design 9 digitalen Inhalten auf Basis wiederverwendbarer Lehrmaterialien, damit sich Lernende auf die Präsenzphasen selbstständig vorbereiten können, (2) die Entwicklung einer Lernbegleiter-App [Kr16], die Lernenden Lernempfehlungen anbietet, und (3) die Entwicklung einer Learning Analytics Web-App, damit Dozenten die Präsenzphasen passgenau vorbereiten können. Zusätzlich zu den Interaktionen der Lernenden mit dem digitalen Lehrmaterial werden weitere optionale Interaktionsmöglichkeiten angeboten, welche den Lernenden aktiver in den Lernprozess mit einbeziehen kann. Die digitale Infrastruktur für das Speichern und die Anzeige der Lehrmaterialen wird parallel mit den Auswertungsmöglichkeiten für die Learning Analytics Web-App entwickelt. Dies ermöglicht es, Benutzerinteraktion gezielt zu verfolgen. Die Vorgehensweise ist generisch und auch in einem anderen Umfeld einsetzbar. Unter Berücksichtigung des Datenschutzes erklären die Lernenden per Opt-in, ob Benutzerinteraktionen gar nicht, anonym oder nicht-anonymisiert erfasst werden. Dieser Artikel ist wie folgt organisiert: Zuerst wird kurz der Stand der Forschung über Learning Analytics insbesondere für Dozenten vorgestellt. Dann werden die digitale Infrastruktur und das digitale Lehrmaterial beschrieben, gefolgt von der Learning Analytics Web-App. Fazit und Ausblick beenden den Beitrag. 2 Stand der Forschung und Technik zu Learning Analytics Verschiedene Learning Analytics (LA) Anwendungen wurden in den letzten Jahren entwickelt, siehe die Übersicht bei Verbert und al. [Ve13]. In diesen Arbeiten werden vor allem Tools mit ihren Funktionalitäten präsentiert. A.L. Dyckhoff in [Dy13] erforscht dagegen, welche Funktionalitäten eine LA Anwendung, unabhängig von einem konkreten Tool, anbieten sollte. Andere Beiträge verbinden die Bedürfnisse ihrer Anwender und die Entwicklung eines LA Tools, wie z. B. im Projekt LeMo [EFM13] oder im Ansatz von Bakharia et al. [Ba16]. Dieser Stand zeigt, dass es noch kein allgemein gültiges Konzept für eine LA Anwendung gibt. Die Funktionalitäten einer LA Anwendung hängen vor allem von den Zielen und Bedürfnissen der Anwender ab. Aus diesem Grund ist die Einbeziehung der Anwender bei der Entwicklung so wichtig, wie in [Ma15] argumentiert. Es gibt aber Funktionalitäten, die in den genannten Beiträgen als primär angesehen werden. Eine ist, dem Dozenten einen Überblick über die Zugriffe der Lernenden auf das Lehrmaterial – über die Zeit hinweg – zu ermöglichen. Im Projekt SLHw werden die Dozenten in der Entwicklung der LA Web-App regelmäßig einbezogen. Es werden Dashboards entwickelt, welche den Dozenten einen schnellen Überblick über den Kenntnisstand der Lernenden ermöglichen. Die Diagramme können nach dem top-down Prinzip analysiert werden, indem Dozenten zuerst einen Überblick des Lernfortschrittes der Lernenden im gesamten Kurs erhalten und dann nach Bedarf, weitere Details über untergeordnete Lehrmaterialien anzeigen lassen können, wie in [Sch96] geschildert. Angelehnt an Dollár und Steif [DS12], benutzen die Diagramme die Ampel-Farbcodierung, welche es erlaubt auf einen Blick zu erkennen, wie viele Lernende im grünen oder roten Bereich liegen, siehe Kapitel 4. 10 Truong-Sinh An et al. 3 Digitale Infrastruktur Der didaktische Ansatz wurde gemeinsam mit den Dozenten und Medienerstellern erarbeitet und sieht die Erstellung von strukturierten digitalen Lehrmaterialen vor, damit sich Lernende auf die Präsenzphasen selbstständig vorbereiten können. Die kleinstmögliche Lernvermittlung, die sogenannten Lernobjekte (LO), sind Übungen, Animationen, Audio- sowie Video-Dateien, und Texte, siehe Abb. 1, und werden zentral in einem Repository gehalten, siehe [Kr16]. Zu jedem LO werden Metadaten assoziiert. Die Metadaten beinhalten unter anderem die Lernziele und die vom Dozenten angegebene Lernzeit. Die LO können zu Lerneinheiten (LE) komponiert werden, diese wiederum werden zu einem Kurs komponiert; die Infrastruktur erlaubt mehr Zwischenstufen. Jede Stufe erbt die Metadaten ihrer Komponenten. Dieser Ansatz erlaubt es ein LO in mehreren Kursen zu verwenden. Bei der Darstellung jedes einzelnen LO im Kontext einer LE, die wiederum Bestandteil eines Kurses sind, wurden die Bedürfnisse der Learning Analytics bedacht und die technischen Möglichkeiten bei der Erfassung von Benutzerinteraktionsdaten gezielt für die Learning Analytics optimiert. Um eine kontrollierte und konsistente Erfassung zu gewährleisten, wurde ein Player entwickelt, welcher die Darstellung von LE übernimmt. Zur Steigerung des Lernerlebnisses werden im Player weitere Interaktionsmöglichkeiten generiert, welche die Lernenden aktiver in den Lernprozess einbeziehen. So generiert der Player am Anfang und am Ende einer LE eine Selbsteinschätzung, welche alle Lernziele der in der LE beinhaltete LO listet; jedes Lernziel kann mit 1 (schlecht) bis 5 (sehr gut) Sternen von Lernenden bewertet werden. Die Lernziele sind in Sätzen formuliert, welche die Bloomsche Taxonomie (wissen, verstehen, anwenden usw.) benutzen. Die Selbsteinschätzung am Anfang der LE erlaubt dem Lernenden zu entscheiden, ob er den Inhalt der LE bereits beherrscht; am Ende der LE erlaubt sie, über das Gelernte zu reflektieren. Die eigene Bewertung ist bei jedem Öffnen der Selbsteinschätzung sichtbar und modifizierbar. Zusätzlich, wie in [HC13] beschrieben, erzeugt der Player am Ende der LE eine Abfrage über die Lernzeit. Die Lernzeiten aus den Metadaten der einzelnen LO werden summiert und dem Lernenden zur Bewertung angeboten: genau richtig, zu viel oder zu wenig. Eine LA Web-App kann diese Information, sowohl für eine feinere Analyse der Lernzeit jedes Einzelnen, als auch für die Anpassung der Metadaten, auswerten. Schließlich generiert der Player ein Textfeld, um Lernenden die Eingabe von Fehlermeldungen und freien Kommentaren zu ermöglichen. Digitale Infrastruktur und Learning Analytics im Co-Design 11 Abb. 1: Lernobjekte und digitale Infrastruktur Der im Dialog mit den Dozenten und Medienerstellern verfolgte Ansatz von LO spiegelt sich auch im Player wieder. Durch eine Akkordeon-Ansicht wird nur ein einziges LO gezeigt, um den Fokus der Lernenden jeweils auf die Lernvermittlung des jeweiligen Lernziels zu lenken. Ein Benutzer muss den Titel eines LO innerhalb der LE anklicken, um dieses sehen zu können. Diese Interaktion wird als implizites Feedback gespeichert und kann von der LA Web-App ausgewertet werden, um die Verweildauer auf einem LO innerhalb einer LE zu berechnen. Das Starten oder Stoppen eines Videos oder einer Audio-Datei und die Interaktionen innerhalb Animationen werden ebenso verfolgt. Hierbei werden alle erfassten Interaktionen im Kontext eines Kurses jeweils zu der übergeordneten Interaktion, im Sinne der Komponierung der Lerninhalte wie im ersten Absatz erwähnt, referenziert. Dadurch kann ein nachträgliches Navigations- bzw. Lernverhalten nach [MD11] in der LA Web-App ermittelt werden. Übungen können aus mehreren Aufgaben bestehen, siehe Abb. 1. Neben der impliziten Interaktion der Öffnung einer Übung werden auch alle expliziten Möglichkeiten erfasst. Diese sind z. B. jeder Versuch eine Aufgabe zu lösen, sowie das Anfordern von Hilfestellungen. Gemeinsam mit diesen expliziten Interaktionen werden die abgegebene Auswahl gegenüber der erwarteten Antwort und der erreichte Punktestand erhoben. Unter Berücksichtigung des “User data Manifesto” [UDM14] hat der Lernende die Kontrolle über das Erfassen von Interaktionen. Über das doppelte Opt-In Verfahren stimmt der Lernende im ersten Schritt zu, ob seine Benutzerinteraktionen erfasst werden und in einem zweiten Schritt entscheidet dieser über die Anonymisierung seiner Daten. Es wurde angestrebt, Standards und übliche Spezifikationen zu benutzen, siehe [Kr16]. Ein Kurs kann sowohl in eine Lernplattform wie Moodle, als auch in den im Projekt entwickelten Lernbegleiter importiert werden. Das einheitliche Datenmodell für die erfassten Benutzerinteraktionsdaten basiert auf dem Experience API (xAPI). Diese Daten werden in dem Learning Record Store (LRS) Learning Locker gehalten. Neben dem Player und den Editoren für LO und Metadaten beinhaltet die digitale Infrastruktur - open Learning Content Management System Infrastruktur (OpenLCMSI) genannt - eine 12 Truong-Sinh An et al. Middleware, bei der einheitliche Datenformate, wie z. B. Experience API, über festgelegte Routen und mit Hilfe von Konnektoren mit Drittanbieter-Anwendungen auf anderen Servern kommunizieren kann. Diese generische und flexible Infrastruktur erlaubt z. B. Learning Locker als LRS durch eine weitere Alternative zu ergänzen oder zu ersetzen, ohne die Funktionalität bei den Anwendungen, wie der Lernbegleiter Web- App, zu beeinträchtigen. 4 Learning Analytics im SLHw Die Learning Analytics Web-App im SLHw Projekt stellt den Dozenten eine Auswertungsplattform über die Nutzung der Lehrmaterialien zur Verfügung. Da die Dozenten im SLHw Projekt noch nicht viel Erfahrung mit Learning Analytics besitzen, müssen die Web-App und die Diagramme einfach, verständlich und passgenau sein. Die Passgenauigkeit wird ermöglicht, indem die Struktur der Auswahlmöglichkeiten zum Anzeigen der Diagramme dem Aufbau der Lehrmaterialien (vgl. Abb. 1) angepasst ist. Der Dozent wählt seinen Kurs, seine LE oder sein LO aus und kann diese auswerten lassen. Zusätzlich zeichnet sich die LA Web-App durch ihre Individualisierbarkeit, die Vergleichbarkeit der Diagramme und durch das Responsive Webdesign aus. Durch die Verwendung eines Widget-Systems wird die Individualisierbarkeit erreicht. Die unterschiedlichen Diagramme werden jeweils in einem sogenannten Widget dargestellt, welches nach Belieben angeordnet, vergrößert und verkleinert werden kann. Durch das individuelle Anordnen können problemlos verschiedene Diagramme gegenübergestellt werden und miteinander verglichen werden. Die Anordnung und Skalierung der Widgets, sowie die Auswahl der Lehrmaterialien, werden gespeichert, sodass jeder Dozent seine persönliche Ansicht generieren und später wieder abrufen kann. Durch das verwendete Widget-System müssen die Diagramme responsive und platzsparend sein. Zudem müssen die Diagramme einfach und übersichtlich sein, um die Verständlichkeit zu gewährleisten. Aus diesen Gründen werden die Diagramme als gestapelte Balkendiagramme mit vertikaler Ausrichtung dargestellt. Die vertikale Ausrichtung hat den Vorteil, dass die Diagramme immer eine feste Breite haben können, wodurch sie problemlos auch auf dem Smartphone dargestellt werden. Die gestapelte Anzeige der Balkendiagramme ermöglicht einen platzsparenden und zugleich übersichtlicheren Anblick. Um die Einfachheit und Verständlichkeit der Diagramme weiter zu verbessern, wird ein intuitives Ampel-Farbkonzept verwendet, wie bei Dollár und Steif [DS12]. Grün sind die positiven Auswertungen, rot die negativen und gelb sind die Auswertungen dazwischen. Die gestapelten Balkendiagramme werden von links nach rechts von grün über gelb bis rot angezeigt. Durch das Co-Design der Auswertungsmöglichkeiten mit der digitalen Infrastruktur, wird es ermöglicht, dass genau die Benutzerinteraktionsdaten im Rahmen der technischen Möglichkeiten gespeichert werden, die für die Auswertung benötigt werden. Die Auswertung der xAPI-Statements erfolgt in der LA Web-App. Drei Bereiche der Digitale Infrastruktur und Learning Analytics im Co-Design 13 Auswertung werden hier näher erläutert: der Bearbeitungsstatus, die Selbsteinschätzung und die Aufgabenauswertung. Diese drei Bereiche werden hierarchisch dem Aufbau der Lehrmaterialien (vgl. Abb. 1) angepasst, sodass ein Überblick dieser Bereiche über den gesamten Kurs, über die LE bis hin zu einer detaillierten Ansicht der einzelnen LO ermöglicht wird. Der Bearbeitungsstatus ist abhängig von der Medienart des LO (vgl. Abb. 1) und analysiert, inwieweit sich die Lernenden mit dem LO beschäftigt haben. Für den Bearbeitungsstatus von Texten wird die Dauer, wie lange das LO im geöffneten Zustand war, mit der Lernzeit, die in den Metadaten des LO angegeben wird, verglichen. In diesem Projekt haben die LO in der Regel eine kurze Lernzeit von wenigen Minuten, um mobiles Lernen zu ermöglichen. Der Vergleich dieser Dauer mit der Lernzeit ermöglicht eine genauere Einschätzung, ob sich die Lernenden vermutlich ausreichend mit dem LO beschäftigt haben. Allerdings kann mit der Dauer des geöffneten Zustandes nicht ermittelt werden, ob sich der Lernende auch tatsächlich mit dem LO beschäftigt hat. Wenn ein Lernender sich beispielsweise von seinem PC entfernt, läuft die Zeit, in der das LO im geöffneten Zustand ist, weiter. Durch die Akkordeon-Ansicht betrifft diese möglicherweise viel zu hohe Zeit nur ein LO. Im konkreten Diagramm wird für den Bearbeitungsstatus die Hälfte der Lernzeit als Referenzpunkt verwendet. Wenn ein Lernender ein LO über 50 % der Lernzeit geöffnet hat, dann wird davon ausgegangen, dass er sich mit dem LO ausreichend beschäftigt hat und gelangt somit in den grünen Bereich. Unterhalb der Hälfte der Lernzeit wird der Lernende im gelben Bereich eingeordnet. Wenn ein Lernender das LO noch gar nicht geöffnet hat, ist er im roten Bereich. In der detaillierten Ansicht wird zudem noch analysiert, wie häufig das LO besucht wurde und ob die einzelnen Besuche kürzer oder länger als die halbe Lernzeit gedauert haben. Die detaillierte Auswertung kann zudem über den gesamten angegebenen Zeitraum, über Monate, Wochen oder Tage angezeigt werden, um eine genaue zeitliche Nutzung des LO wiederzugeben. Der Bearbeitungsstatus von Videos, Audiodateien und Animationen ähnelt dem der Texte und erfolgt durch die Auswertung der Interaktionsbuttons. Bei einem Video werden zum Beispiel die Interaktionen „start“ (initialized), „pause“ (suspended), „weiter“ (resumed), „zu Ende abgespielt“ (completed) und „schließen“ (exited) aufgezeichnet. Das Vor- und Zurückspulen und das Springen innerhalb des Videos werden immer mit den Interaktionen „pause“ und „weiter“ versehen. Die Endpunkt-Interaktionen, also „pause“, „zu Ende abgespielt“ und „schließen“, beinhalten immer den Startpunkt von wo aus abgespielt wurde und die Dauer von dem Startpunkt bis zum Endpunkt. Durch diese Informationen und durch die Länge des gesamten Videos ist es möglich die prozentuale Abdeckung des Videos zu berechnen. Für die Anzeige als Diagramm wurde bei der Befragung der Dozenten ebenfalls eine Unterteilung in drei Bereiche gewünscht, wobei der Referenzpunkt bei 90 % der Abspielung liegt. Wenn mehr als 90 % des Videos angeschaut wurde, wechselt der Lernende in den grünen Bereich. Wenn das Video nicht angeschaut wurde ist der Lernende im roten Bereich. Der gelbe Bereich deckt 1-89 % des Videos ab. In der detaillierten Ansicht kann ebenfalls der Zeitraum in Monaten, Wochen oder Tage angezeigt werden und es wird die Häufigkeit der einzelnen Abspielungen angezeigt. Der 14 Truong-Sinh An et al. Bearbeitungsstatus der Übungen wird anhand der Anzahl der abgegebenen Antworten der einzelnen Aufgaben berechnet. Wenn alle Aufgaben beantwortet wurden, rückt der Lernende in den grünen Bereich, bei keinen Antworten verbleibt der Lernende im roten Bereich. Dazwischen ist der gelbe Bereich. Für den Überblick über die gesamte LE wird der Bearbeitungsstatus der einzelnen LO herangezogen und akkumuliert. Der Überblick über den gesamten Kurs akkumuliert die enthaltenden LE. Die Selbsteinschätzung, welches den geschätzten Wissenstand der Lernenden zu den Lernzielen mithilfe eines Fünf-Sterne System angibt, wird für die Überblick-Ansicht so ausgewertet, dass die letzte abgegebene Selbsteinschätzung im gewählten Zeitraum angezeigt wird. In Abb. 2 auf der rechten Seite ist dieser Überblick dargestellt. Die Lernenden werden von grün mit sehr gutem Wissen, bis rot mit keinem Wissen eingeordnet. Die Lernenden, die keine Selbsteinschätzung abgegeben haben, werden grau dargestellt. Durch diesen Überblick kann der Dozent schnell den aktuellen selbsteingeschätzten Wissensstand der Lernenden sehen und dadurch seinen Unterricht gezielt an den Wissensstand der Lernenden anpassen. Die Aufgabenauswertung zeigt den Wissensstand der Lernenden anhand der Aufgaben an. Die Überblick-Ansicht erfolgt auf Ebene einer Übung, wobei die Lernenden in vier Bereiche unterteilt werden: (1) 100 % richtig abgegebene Antwort, (2) 50-99 % teilweise richtig abgegebene Antwort. (3) 0-49 % falsch abgegebene Antwort und (4) keine abgegebene Antwort. Der Umbruchpunkt von 50 % lehnt sich an die Einteilung von Prüfungsergebnissen der Handwerkskammer Berlin an, bei der unter 50 % die Prüfung als nicht bestanden gilt. Diese Unterteilung gibt den Dozenten einen genaueren Überblick, ob die Lernenden die Übung in einer Prüfung bestanden hätten oder nicht. Die detaillierte Auswertung der Aufgaben erfolgt je nach Aufgabentyp, wobei immer die Häufigkeit der gewählten Antwort und die Anzahl der Lernenden, die diese Antwort gewählt haben, ausgewertet werden. Diese detaillierte Auswertung soll dem Dozenten zeigen, wie nahe die Lernenden an der richtigen Antwort liegen, wenn sie diese falsch beantwortet haben. Dadurch kann der Dozent den Wissensstand der Lernenden genauer einschätzen. In Abb. 2 ist auf der linken Seite die detaillierte Auswertung einer Multiple- Choice Aufgabe dargestellt. Hierbei werden alle Auswahlmöglichkeiten der Mutiple- Choice Aufgabe angezeigt. Zu jeder Auswahlmöglichkeit wird die Häufigkeit, wie oft in dem gewählten Zeitraum diese Auswahl gewählt wurde, angezeigt und wie viele Lernende diese Auswahl getätigt haben. Digitale Infrastruktur und Learning Analytics im Co-Design 15 Abb. 2: Diagramm einer detaillierten Auswertung einer Multiple Choice Auswertung (links) und die Diagrammdarstellung der Selbsteinschätzung (rechts) 5 Fazit und Ausblick Die Entwicklung der digitalen Infrastruktur im Co-Design mit der Learning Analytics Anwendung bietet den Mehrwert, dass bei der technischen Umsetzung die Bedürfnisse des integrierten Lernens bedarfsorientiert berücksichtigt werden. Die einheitliche Erfassung von implizitem Feedback, wie das Anklicken der Titel der Lerneinheiten oder Lernobjekte oder Starten / Stoppen von Videos, und von explizitem Feedback, wie die Selbsteinschätzung der Lernziele, die Selbsteinschätzung der Lernzeit oder die Antworten in den Übungen, ergibt einen reichen Datenbestand für die Analyse. Die Diagramme der LA Web-App werden iterativ weiterentwickelt und ausgebaut. Es soll eine Verbindung zwischen Selbsteinschätzungen, Lernzeit und Bearbeitungsstatus erfolgen, sodass die Dozenten erkennen können, ob ein Lernender z. B. wegen seiner Vorkenntnisse das entsprechende LO nicht bearbeitet. Ferner ist vorgesehen, dass die Aufgabenergebnisse nach der Anzahl der Versuche unterteilt werden können. Dadurch wird erkennbar, wie viel Versuche im Schnitt benötigt wurden. Zudem soll die detaillierte Selbsteinschätzungs-Ansicht so verbessert werden, dass der Verlauf des eingeschätzten Wissens erkennbar wird. Da der Bearbeitungsstatus von den Texten anhand der Lernzeit, die der Medienersteller in den Metadaten hinterlegt hat, ausgewertet wird, kann nicht angenommen werden, dass die Hälfte der Lernzeit für alle 16 Truong-Sinh An et al. Texte der richtige Schwellwert ist. Aus diesem Grund ist geplant, dass der Dozent für jede Medienart der LO den Prozentsatz des Schwellwertes individuell einstellen kann. Dozenten oder Medienersteller sind in der geschätzten Bearbeitungszeit eines LO nicht immer realistisch. Die Abfrage der Studierenden über die Lernzeit soll bei den Medienerstellern oder Dozenten zur Selbstreflektion führen, um gegebenenfalls Anpassungen an den Metadaten vorzunehmen. Des Weiteren soll mit Clustering- Algorithmen untersucht werden, ob es typische Profile von Lernenden gibt. Auf Basis dieser Lerntypen können die Dozenten zum Beispiel die Lernenden für Gruppenarbeiten einteilen. Die Medienersteller können diese Lerntypen für eine Personalisierung der LO verwenden. Ab September 2016 wird die digitale Infrastruktur und die LA Web-App in Kursen an der Handwerkskammer Berlin und der TU Berlin eingesetzt. Danksagung Wir danken B. Bayat, M. Bärenfänger, R. Chandru, M. Dinziol, M. Edriss, I. Fritsch, D. Jürgensen, J. Kania, C. Krauß, U. Meurer, S. Müller und M. Zwicklbauer für Diskussionen. Das diesem Beitrag zugrundeliegende Vorhaben wird mit Mitteln des BMBF Förderkennzeichen 01PD14002B gefördert. Literaturverzeichnis [Ba16] Bakharia, A.; Corin, L.; de Barba P.; Gasevic, D.; Dawson, S.: A conceptual framework linking learning design with learning analytics. Proceedings of the 6th International Conference on Learning Analytics and Knowledge, ACM, New York, 2016, pp. 329-338. [DS12] A. Dollár and P. Steif, “Web-based statics course with learning dashboard for instructors,” Proceedings of Computers and Advanced Technology in Education (CATE 2012), Napoli, 2012. [Dy13] Dychoff, A.L.; Lukarov, V.; Muslim, A.; Chatti, M.A.; Schroeder, U.: “Supporting action research with learning analytics”. Proceedings of the 3th International Conference on Learning Analytics and Knowledge, ACM, New York, 2013, pp. 220-29. [EFM13] M. Elkina, A. Fortenbacher, and A. Merceron, “The learning analytics application LEMO - rationals and first results,” International Journal of Computing, vol. 12(3), 2013, pp. 226-234. [HC13] Hsu, Y.-C., & Ching, Y.-H.: “Mobile app design for teaching and learning: Educators’ experiences in an online graduate course.” In: The International Review of Research in Open and Distance Learning, 14(4), 2013. Digitale Infrastruktur und Learning Analytics im Co-Design 17 [Ko15] Kovanovic, V.; Gašević, D.; Dawson, D.; Joksimovic, S.; Baker, R.: Does Time-on-task Estimation Matter? Implications on Validity of Learning Analytics Findings. Journal of Learning Analytics, Vol 2, N° 3, S. 81 – 110, 2015. [Kr16] Krauß, C.; Merceron, A.; An, T.; Zwicklbauer, M.: The Smart Learning Approach – A mobile Learning Companion Application. In: Proceedings of eLmL 2016 International Conference on mobile Learning, hybrid Learning and Online Learning, 2016, Venice, in press. [Ma15] Martinez-Maldonado, R.; Pardo, A.; Mirriahi, N.; Yacef, K.; Kay, J.; Clayphan, A.: “The LATUX workflow: designing and deploying awareness tools in technology-enabled learning settings,” In: Proceedings of the 5th International Conference on Learning Analytics and Knowledge, ACM, New York, 2015, pp. 1-10. [MD11] Munk, M., Drlík, M.: “Impact of Different Pre-Processing Tasks on Effective Identification of Users`Behavioral Patterns in Web-based Educational System.” In: Procedia Computer Science, 4, 1640-1649, 2011. [Sch96] Shneiderman, B.: The eyes have it: A task by data type taxonomy for information visualizations. In: Proc. of the IEEE Symposium on Visual Languages, pp. 336. IEEE, 1996. [UDM14] User Data Manifesto, 2014, Available: https://userdatamanifesto.org/, Accessed: 18.07.2016. [Ve13] Verbert, K. et al.: “Learning dashboards: an overview and future research opportunities,” In: Personal and Ubiquitous Computing, vol. 18(6), 2013, pp. 1-16. [Zw15] Zwicklbauer, M.; Krauß, C.; Merceron, A.; Kania, J.; Scharp, M.: „Smart Learning: Der digitale Lernbegleiter für die berufliche Bildung“. In: Proceedings of DeLFI 2015, 2015, S. 227-232, Gesellschaft für Informatik Publisher, München.