=Paper= {{Paper |id=Vol-1669/WS6_7_109_Paper |storemode=property |title=Assistenz von Arbeitsprozessen auf der Baustelle |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-1669/WS6_7_109_Paper.pdf |volume=Vol-1669 |authors=Mareike Schmidt,Jan Spilski,Uta Schwertel,Michael Heil,Thomas Lachmann |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/delfi/SchmidtSSHL16 }} ==Assistenz von Arbeitsprozessen auf der Baustelle== https://ceur-ws.org/Vol-1669/WS6_7_109_Paper.pdf
                                   Raphael Zender (Hrsg.): Proceedings of DeLFI Workshops 2016
        co-located with 14th e-Learning Conference of the German Computer Society (DeLFI 2016)
                                                    Potsdam, Germany, September 11, 2016 216
Assistenz von Arbeitsprozessen auf der Baustelle

Mareike Schmidt1 Jan Spilski2 Uta Schwertel1 Michael Heil3 Thomas Lachmann2



Abstract: Die zunehmende Digitalisierung im Handwerk fordert den vermehrten Einsatz von Infor-
mations- und Kommunikationstechnologien. Die Vermittlung der damit verbundenen neuen An-
forderungen und die Unterstützung der Mitarbeiter sollte möglichst kontextbezogen und ortsun-
abhängig zur Verfügung stehen. Das Verbundprojekt S MART W ERK entwickelt dafür prototypisch
für drei Szenarien (Baustellenbegehung und Dokumentation, Bedienung innovativer Maschinen auf
der Baustelle, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz) ein Assistenzsystem - die S MART W ERK
Assistance Suite (SWAS). Dabei wird ein partizipativer Prozess der Technikentwicklung verfolgt,
der technische und inhaltliche Anforderungen sowie subjektive Akzeptanzaspekte fortlaufend eva-
luiert. Die so gewonnenen Ergebnisse werden in die Entwicklung der SWAS integriert und mögliche
Kommunikationsstrategien zur Akzeptanzsteigerung abgeleitet.

Keywords: Digitalisierung, Bauhandwerk, Assistenzsystem, kontextbezogenes, prozessorientiertes,
mobiles Lernen.



1    Einführung

Die Digitalisierung verändert in einem disruptiven Prozess Industrien und Dienstleistun-
gen. In den Branchen Bau und Energie werden jedoch digitale Technologien bisher als
wenig bedeutsam für das eigene Geschäftsmodell angesehen [Di16], obwohl die Anforde-
rungen an die digitale Dokumentation und Planung zunehmen. Vor dem Hintergrund der
komplexeren Vernetzung von Maschinen (Internet of Things) sowie Digitalisierungspro-
zessen wie z.B. BIM (Building Information Modeling im Bauwesen), sind Veränderungen
im Bauhandwerk notwendig. Digitale Technologien, die Beschäftigte bei der Ausführung
ihrer Arbeit unterstützen, sogenannte Assistenzsysteme, werden bisher stärker in ande-
ren Fachgebieten, wie z.B. der Gesundheitsüberwachung [Ly03, Pi16] oder in der Indus-
trie [We16, MP14] eingesetzt. Im Gegensatz zu diesen Bereichen sind Prozessschritte im
Handwerk ständigen Veränderungen unterworfen und weniger fixiert und präzise vorher-
sagbar.
Im Bauhandwerk handelt es sich in der Regel um sehr kleine Unternehmen mit handwerk-
licher Struktur. So waren im Jahr 2013 bei den rund 545.000 Mitgliedsunternehmen der
BG BAU rund 2,7 Millionen Beschäftigte tätig. 95% dieser Betriebe haben weniger als 20

1 IMC    AG, Innovation Labs, Uni-Campus Nord, Scheer Tower, 66123 Saarbrücken, {mareike.schmidt,
  uta.schwertel}@im-c.de
2 Technische Universität Kaiserslautern, Center for Cognitive Science, Erwin-Schrödiger-Straße, 67663 Kai-

  serslautern, {lachmann,jan.spilski}@sowi.uni-kl.de
3 Institut für kybernetisches Planen und Bauen, Projektzentrale Kaiserslautern, Trippstadter Straße 122, 67663

  Kaiserslautern, heil@ikpb.de
                       Assistenz zur Unterstützung von Arbeitsprozessen auf der Baustelle   217

Beschäftigte [Be13]. Für diese Unternehmen ist es oft schwierig, digitale Möglichkeiten
und Anforderungen zu erkennen und umzusetzen. Herkömmliche Lernsysteme, wie z.B.
MOOC-Plattformen oder Lern-Apps, zum Aufbau notwendiger Kompetenzen sind auf-
grund geringer Akzeptanz und zeitlicher Ressourcen für einen Großteil der Bauhand-
werksbetriebe ungeeignet. So zeigt sich aktuell, dass trotz digitaler Angebote (z.B. in Aus-
bildungsgruppen des Elektronik-Ausbaugewerbes [EE12]) kaum eine Nutzung stattfindet.
Das interdisziplinäre Verbundprojekt S MART W ERK4 entwickelt ein Assistenzsystem für
das Bauhandwerk, welches die genannten Herausforderungen bei der Digitalisierung me-
thodisch und technisch gezielt berücksichtigt. In einem partizipativen Technikentwick-
lungsprozess werden – ausgehend von konkreten Problemen – Lösungen im engen Dialog
zwischen den Stakeholdern konzipiert, prototypisch implementiert und bei Anwendungs-
partnern fortlaufend evaluiert. Während bei etablierten Vorgehensmodellen der Software-
entwicklung die Anforderungen oftmals durch einzelne Auftraggeber spezifiziert werden,
die die Systeme eher selten benutzen, werden in S MART W ERK unmittelbare Nutzer des
angestrebten Produkts soweit möglich in die Prozesse miteinbezogen. Um eine Akzep-
tanzsteigerung bei der Einführungvon Assistenzsystemen zu erreichen, ist es notwendig zu
prüfen, welche Faktoren einen Einfluss auf die Technikakzeptanz der Mitarbeiter haben.
Daraus können dann Gestaltungsempfehlungen und Kommunikationsstrategien abgeleitet
werden.
Daher wurde aus Theorien der Akzeptanzforschung, dem TAM 3 [VB08] und der TPB
[Aj91], ein Akzeptanz-Rahmenmodell abgeleitet und um differenzierte Einstellungs- und
Persönlichkeitsdeterminanten (z.B. Involvement, regulatorischer Fokus) [PC86, Hi97] er-
weitert. Die Erhebung der Akzeptanzfaktoren erfolgt in sechs Erhebungs-Wellen (sog. Ak-
zeptanzpanel), um deren Veränderungen während der Projektlaufzeit miteinzubeziehen.
Für die technische Realisierung der S MART W ERK Assistance Suite (SWAS) werden aus
identifizierten Problemen im Bauhandwerk Anforderungen für drei exemplarische Sze-
narien extrahiert. Die SWAS bietet digitale, kontextbezogene und ortsunabhängige In-
formationen, um (a) Mitarbeiter im Baugewerbe bei prozessorientierten Arbeiten zu un-
terstützen, (b) ihnen die Bedienung moderner Baugeräte zu erleichtern und (c) sie im The-
ma Sicherheit auf der Baustelle zu schulen.
In diesem Beitrag erläutern wir unsere Vorgehensweise am Beispiel eines Erstbegehungs-
szenarios (Bereich prozessorientierte Unterstützung auf der Baustelle). Im nächsten Ab-
schnitt werden Konzeption und Realisierung des SWAS Systems vorgestellt, während Ab-
schnitt 3 die verwendeten Evaluationsmethoden präsentiert und über erste Ergebnisse be-
richtet. Schließlich fasst Abschnitt 4 die Resultate zusammen und gibt einen Ausblick.


2       Realisierung des Assistenzsystems

Dieser Abschnitt verdeutlicht mit dem Nutzungsszenario der Erstbegehung die Anforde-
rungen an das Assistenzsystem und beschreibt die technische Umsetzung der SWAS .
4 DasProjekt S MART W ERK wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter FKZ
 16SV6272 gefördert., http://ikpb-de.jimdo.com/forschung/esmartwerk/
218 Mareike Schmidt et al.

Beim Ablauf einer prototypischen Erstbegehung ohne den Einsatz neuer Technologien er-
scheint der Baustellenleiter bei Kunden eines neuen Projekts. Im Kundengespräch notiert
er sich mit einem Stift notwendige Informationen (z.B. Maße) auf einem Notizblock, füllt
evtl. einen Fragebogen aus und macht mit seiner Kamera Fotos von relevanten Details
der zukünftigen Baustelle. Später müssen die Daten im Büro nachbearbeitet werden: Auf-
zeichnungen werden ergänzt, die Notizen und Fotos digitalisiert und idealerweise unter
dem passenden Projekt im richtigen Kontext abgelegt. Die Prozessschritte, die sich durch
die Mehrfachanlage der Daten ergeben, sind aufwendig und kosten die beteiligten Mitar-
beiter Zeit.

Mit Hilfe der SWAS wird dieser Prozess wie folgt optimiert: Der Bauleiter erscheint mit
einem Tablet bei seinem Kunden zu einer Erstbegehung und bekommt von der SWAS alle
relevanten Arbeitsschritte angezeigt (siehe Abb. 1). Durch Auswahl der aktuellen Aufga-
be stehen ihm die passenden Dokumente und unterstützenden Lerninhalte zur Verfügung.
Erstere können z.B. Fragebögen sein, die für manche Prozessschritte vonnöten sind, letz-
tere Anleitungen, wie man bestimmte Arbeitsschritte durchführen kann. Die Lerninhalte
eignen sich zur Vor- und Nachbereitung angehender Bauleiter, aber auch als Unterstützung
beim Kunden bei verändertem Vorgehen innerhalb eines Arbeitsschritts.




              Abb. 1: Arbeitsschritte und Hilfsinhalt für den Prozess Erstbegehung

Während des Kundengesprächs kann der Baustellenleiter zu jedem Arbeitsschritt alle re-
levanten Informationen via (a) Tastatureingabe, (b) Handschrifteingabe mit Eingabestift
oder (c) diktierte Sprachnachricht hinzufügen. Weiterhin stehen zu bestimmten Schrit-
ten Fragebögen mit unterschiedlichen Frage-Antwortformaten zur Verfügung, die er vor
Ort ausfüllen kann. Durch die strukturierte Anzeige und eine Suchfunktion findet er sich
schnell in den Dokumenten zurecht. Auch können zu jedem Arbeitsschritt Bilder gemacht
oder Videos gedreht werden, die direkt im passenden Kontext abgespeichert werden. Diese
Funktion soll später noch erweitert werden, so dass die Medien auch per Sprachsteuerung
mit einer Smartglass aufgenommen und abgespeichert werden können. Im Büro können
alle Daten der Erstbegehung über den Desktop PC abgerufen, finalisiert und weiterver-
wendet werden, indem sie zur Angebotserstellung für den Kunden oder für die Projektdo-
kumentationen genutzt werden. Der Aufwand durch die direkte digitale Datenerfassung,
die kontextsensitive Speicherung und das Abrufen der Daten mit unterschiedlichen Ziel-
geräten (Büro PC oder Tablet auf der Baustelle) reduziert sich erheblich.
SWAS wurde als Client-Server Architektur realisiert und stellt Schnittstellen bereit, um die
Anforderungen des gegebenen Szenarios abzudecken. Zur Integration existierender Ar-
                        Assistenz zur Unterstützung von Arbeitsprozessen auf der Baustelle   219

beitsabläufe (Workflows) soll eine Schnittstelle zu der im Bauhandwerk stark verbreiteten
ERP-Lösung WinWorker5 geliefert werden. Die Kernfunktion der SWAS ist die Assistenz
vor Ort, die durch den Einsatz von Mobilgeräten ermöglicht wird. Arbeitsabläufe wer-
den als BPMN6 Prozesse dargestellt. Der Vorteil einer formalen Prozessdefinition ist, dass
alle nötigen Arbeitsschritte erfasst und festgelegt werden und durch technisches System
bearbeitet werden können. Dadurch kann die Assistenz direkt auf den echten Arbeitsab-
lauf abgebildet und im richtigen Prozessschritt zugeliefert werden. Letztendlich sind damit
nicht nur lineare Workflows, sondern auch komplexere Abläufe (z.B. Bedingungen oder
Ereignisse) modellierbar.




                       Abb. 2: Datenfluss in der SmartWerk Assistance Suite

Wenn der Baustellenleiter den Besuch der Baustelle beginnt, wird der Prozess durch die
SWAS instanziert und der Kontext (z.B. aktueller Prozesszustand, Ausführungshistorie
und aktiver Nutzer) für die Prozessausführung erstellt. Auf das Mobilgerät des Baustel-
lenleiters werden die notwendigen Prozessschritte mit den dazugehörigen Dokumenten
geliefert. Die Assistenz, die dem Nutzer zur Verfügung gestellt wird, ist zu den jewei-
ligen Aufgaben der Prozessdefinition annotiert. Die Geräte werden durch einen Dienst
koordiniert, der auch die Informationsströme in zwei Richtungen (siehe Abb. 2) leitet:
Assistenzinformationen und Anfragen vom Server zu den Ausgabegeräten und Nutzerant-
worten, Notizen und Bilder von der Baustelle zurück zum System. Die erfassten Daten
werden mit dem Kontext der Prozessausführung verlinkt, um bei einem späteren Zugriff
darauf die Nachverfolgbarkeit zu garantieren.
Die Nutzung sogenannter Device-Klassen dient, unabhängig von konkreten Gerätemodel-
len, der Entscheidung, welche Informationen auf welchem Endgerät angezeigt werden. So
unterscheiden wir in unserem Szenario drei unterschiedliche Darstellungen: Das Tablet
zeigt alle wichtigen Informationen über den Prozessstatus und dazu passende Assistenz,
die Smartglass nur Prozessveränderungen und offene Fragen an. Am Büro PC greift man
auf die Daten über eine Dokumentenverwaltung zu; diese Darstellung wäre auf der Bau-
stelle mit den Mobilgeräten weder übersichtlich noch sinnvoll.


5 http://www.winworker.de/, letzter Zugriff am 10.06.2015
6 http://www.bpmn.org/,letzter Zugriff am 10.06.2015
220 Mareike Schmidt et al.

3   Evaluation

Die Evaluation im Projekt S MART W ERK lässt sich in zwei Evaluationspakete unterteilen:
(a) Die fortlaufende Evaluation von Akzeptanz- und Kommunikationsaspekten (Evaluation-
Akzeptanzpanel) durch Fragebögen mit überwiegend festem Antwortformat und (b) Soft-
waretests, die praktisches Testen der SWAS auf Mobilgeräten sowie gleichzeitige Befra-
gungen und Think-Aloud-Protokolle beinhaltet. Im Folgenden werden das methodische
Vorgehen und erste Ergebnisse beider Evaluationspakete beschrieben.
Um bedeutsame Faktoren der Akzeptanz von Assistenzsystemen und Dynamiken im Ak-
zeptanzprozess zu identifizieren und daraus verallgemeinerbare Kommunikationsstrategi-
en für Führungskräfte im Bauhandwerk abzuleiten, wird ein 6-Wellen Akzeptanzpanel
umgesetzt. Neben den beiden bereits mit digitalen Technologien vertrauten Demonstra-
tionsunternehmen (DU) nehmen zusätzlich Kontrollunternehmen (KU) teil, die sich ab-
wechselnd bei jeder zweiten Welle beteiligen. Außerdem gibt es in jeder Welle noch al-
ternierende Kontrollunternehmen (ALT-KU), die nur einmalig befragt werden. Es werden
Fragebögen genutzt, deren Fragen überwiegend mit einer 7-stufigen Ratingskala (stimme
überhaupt nicht zu bis stimme voll und ganz zu) beantwortet werden. Die verwendeten
Fragen werden aus einem Basissatz und einem flexiblen Erweiterungssatz mit Bezug zu
digitalen Assistenzsystemen ausgewählt. Zusätzlich werden relativ zeitstabile Drittvaria-
blen (z.B. Soziodemografie, Persönlichkeit) und organisationsbezogene Kontextvariablen
(z.B. Führungskultur, Normen) aufgenommen. Diese werden in unterschiedlichen Erhe-
bungswellen implementiert, um eine zeitökonomische und motivierende Befragung zu
ermöglichen.

Die Befragungen dauerten zwischen 12 bis 35 Minuten. Alle bisher erhobenen Fakto-
ren (bisher 23) wurden aus dem Akzeptanz-Rahmenmodell abgeleitet und jeweils durch
mehrere Indikatoren (bisher 203 Fragen) operationalisiert. Die psychometrische Güte der
Faktoren kann als akzeptabel bis sehr gut bezeichnet werden (Cronbachs Alpha > .70
bis .94). In den ersten beiden Wellen erfolgten die Befragungen von insgesamt N = 144
Mitarbeitern in sechs Unternehmen. Bei der Auswertung erfolgte zuerst eine Analyse der
Zusammenhänge zwischen den Faktoren (z.B. individuelle Nützlichkeit, Technikselbst-
wirksamkeit und Nutzungsabsicht) und anschließend eine stratifizierte Auswertung der
Gruppenunterschiede zwischen Demonstrations- und Kontrollunternehmen.
Die folgenden Ergebnisse beziehen sich nur auf einen Teilausschnitt der erhobenen Fak-
toren. Es konnten überwiegend signifikante, bivariate Korrelationen zwischen den Akzep-
tanz beeinflussenden Faktoren, wie z.B. Leichtigkeit der Bedienung, allgemeine Nützlich-
keit, individuelle Nützlichkeit, Technikselbstwirksamkeit, externale Kontrolle und der Nut-
zungsabsicht statistisch abgesichert werden. Keine statistisch bedeutsamen Zusammen-
hänge traten dagegen mit den Faktoren Misstrauen in die Datenspeicherung, Image und
Einfluss von Meinungsführern auf.
Vertiefende statistische Modellierungen (regressionsanalytische Mediationsmodelle) zeig-
ten, dass eine Betrachtung von direkten Effekten auf die Nutzungsabsicht vermutlich zu
Fehlschlüssen und unnötigen Maßnahmen führen würde. Eine Steigerung der Nutzungs-
absicht für Assistenzsysteme würde sich beispielsweise nicht über die Verbesserung und/
                       Assistenz zur Unterstützung von Arbeitsprozessen auf der Baustelle   221

oder Kommunikation der Leichtigkeit der Bedienung erzielen lassen (b = 0.04; p > .05
nicht signifikant), obwohl isoliert betrachtet, statistisch signifikante Zusammenhänge vor-
liegen (r = .65; p < .001). Eine wirksame Erhöhung der Nutzungsabsicht lässt sich ver-
mutlich im Bauhandwerk über die Steigerung der allgemeinen Nützlichkeit (von Techno-
logien) vermittelt über eine spezifische, mit der eigenen konkreten Tätigkeit verbundene
Nützlichkeit (individuelle Nützlichkeit) erreichen (95% BcaCi: .05, .50, signifikante Me-
diation). Einschränkend muss aber erwähnt werden, dass es sich nur um ein Teilergeb-
nis handelt, das im Projektverlauf noch mit größeren Stichproben validiert werden sollte.
Stratifizierte Auswertungen auf Gruppenunterschiede (t-Tests) zeigten signifikante Unter-
schiede zwischen den Demonstrationsunternehmen (DU) und den Kontrollunternehmen
(KU). Dem Einsatz von Assistenzsystemen wird in den DU (M = 4.89; Fünf = stimme
eher zu) im Vergleich zu den KU (M = 4.23, Vier = teils/teils) signifikant stärker zuge-
stimmt (p < .05), während sich bei allgemeinen Innovationen das Befundmuster genau
entgegengesetzt verhält.
Die Funktionalität der SWAS wird in beiden Demonstrationsunternehmen durch Software-
tests evaluiert, indem zuerst die Funktionalität der Software erklärt wird und die Probanden
danach die Prototypen auf dem Mobilgerät testen können. Anschließend wird ein Frage-
bogen zur Usability ausgefüllt und Rückmeldungen (Think-Aloud-Protokolle und offene
Interviews) dokumentiert. Die erste Evaluation für das Erstbegehungsszenario fand noch
während der Implementierungsphase statt und war hinsichtlich der Funktionen (Sprach-
erkennung, Kontextsensitivität und Prozessführung) sehr positiv. Demgegenüber zeigten
sich Schwachstellen bei der Client-Server Verbindung. Nach einer Verbesserung des ers-
ten Prototyps wurde die zweite Evaluation durchgeführt, die ebenfalls positiv ausfiel. Vor
allem die flüssige Spracheingabe und die Möglichkeit zur nachträglichen Bildbearbeitung
wurden als besonders nützlich beurteilt. Als Potential für die Weiterentwicklung wurden
der Ausbau von Schnittstellen zu diversen Systemen (bspw. WinWorker, Smartglass) und
Maßnahmen zur Datenspeicherung bei schlechter Internetverbindung genannt.



4   Zusammenfassung und Ausblick

In diesem Paper wurden Teilergebnisse des interdisziplinären Projekts S MART W ERK vor-
gestellt. Anhand des konkreten Szenarios der Baustellenerstbegehung wurde die SWAS
eingeführt, die kontextsensitive, prozessorientierte digitale Unterstützung von Arbeitspro-
zessen auf der Baustelle bietet und den Arbeitsablauf deutlich optimieren konnte. Existie-
renden Akzeptanzproblemen von innovativen digitalen Systemen im Bauhandwerk wird
aktiv durch eine partizipative Technikentwicklung und eine umfassende Evaluation begeg-
net. Die funktionale Erprobung bei den Anwendungspartnern zeigte, dass der Prototyp der
SWAS den Mitarbeitern sinnvolle Prozessunterstützung bietet und ein weiterer Ausbau der
Schnittstellen gewünscht wird, um eine Insellösung zu vermeiden. Einige Rückmeldungen
der Mitarbeiter nach dem ersten Test konnten bereits dazu beitragen, Lösungen (z.B. um
die schwache Client-Server Verbindung zu umgehen) in eine neue Version des Prototypen
zu integrieren und damit die Software zu verbessern.
222 Mareike Schmidt et al.

Unseres Wissens nach werden erstmals etablierte Akzeptanztheorien auf das Bauhand-
werk übertragen, durch das Akzeptanzpanel validiert, und daraus möglichst wirkungs-
volle und umsetzbare Kommunikations- und Gestaltungsempfehlungen abgeleitet. Erste
Evaluationsergebnisse geben Hinweise darauf, dass auf Aspekte der kontextbezogenen,
individuellen Nützlichkeit der SWAS fokussiert werden sollte, um die Implementierungs-
und Nutzungschancen von Assistenzsystemen im Bauhandwerk zu erhöhen.
Im Laufe des Projekts werden wir unsere Konzepte und die SWAS erweitern und ergänzen
sowie Erkenntnisse der Evaluationen berücksichtigen, um die Anforderungen der beiden
anderen Szenarios (Kontextsensitive Unterstützung für komplexe, moderne Baugeräte und
Unterstützung zum Thema Baustellensicherheit “) optimal realisieren zu können.
                          ”


Literaturverzeichnis
[Aj91] Ajzen, Icek: Theories of Cognitive Self-Regulation The theory of planned behavior. Orga-
       nizational Behavior and Human Decision Processes, 50(2):179 – 211, 1991.

[Be13] Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft: , BG Bau, 2013 Annual Report, 2013. Last acces-
       sed on 2016-05-20.
[Di16] Digitalisierung im deutschen Mittelstand, Befragung von 3000 mittelständischen Unterneh-
       men in Deutschland, März 2016. Last accessed on 2016-03-15.

[EE12] Engert, V.; Englert, J.: Mobile Learning - prozessbezogenes Informieren und Lernen in
       wechselnden Arbeitsumgebungen. Daimler AG, 2012.

[Hi97] Higgins, E Tory: Beyond pleasure and pain. American psychologist, 52(12):1280, 1997.

[Ly03] Lymberis, A: Smart wearable systems for personalised health management: current R&D
       and future challenges. In: Engineering in Medicine and Biology Society, 2003. Proceedings
       of the 25th Annual International Conference of the IEEE. Jgg. 4. IEEE, S. 3716–3719, 2003.

[MP14] Mayer, Felix; Pantförder, Dorothea: Unterstützung des Menschen in Cyber-Physical-
      Production-Systems. In (Bauernhansl, Thomas; ten Hompel, Michael; Vogel-Heuser, Birgit,
      Hrsg.): Industrie 4.0 in Produktion, Automatisierung und Logistik: Anwendung · Technolo-
      gien · Migration. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden, S. 481–491, 2014.

[PC86] Petty, R.; Cacioppo, J.: The Elaboration Likelihood Model of Persuasion. In: Advances in
       Experimental Social Psychology Volume 19, Jgg. 19 in Advances in Experimental Social
       Psychology. Elsevier, S. 123–205, 1986.

[Pi16] Piwek, Lukasz; Ellis, David A.; Andrews, Sally; Joinson, Adam: The Rise of Consumer
       Health Wearables: Promises and Barriers. PLoS Med, 13(2):1–9, 02 2016.

[VB08] Venkatesh, Viswanath; Bala, Hillol: Technology Acceptance Model 3 and a Research Agen-
      da on Interventions. Decision Sciences, 39(2):273–315, 2008.
[We16] Weidner, Robert; Meyer, Tobias; Argubi-Wollesen, Andreas; Wulfsberg, Jens P: Towards
       a modular and wearable Support System for industrial Production. Applied Mechanics &
       Materials, 840, 2016.