=Paper= {{Paper |id=Vol-1734/fmt-proceedings-2016-paper4 |storemode=property |title=Klangsalat – Auditives Navigationssystem |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-1734/fmt-proceedings-2016-paper4.pdf |volume=Vol-1734 |authors=Andreas Negrei,Florian Csizmazia,Tamás Künsztler,Mathias Berger,Patrick Wiertel,Florian Pichler,Maximilian Sramek |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/fmt/NegreiCKBWPS16 }} ==Klangsalat – Auditives Navigationssystem== https://ceur-ws.org/Vol-1734/fmt-proceedings-2016-paper4.pdf
                                Klangsalat – Auditives Navigationssystem

         Andreas Negrei, BSc                              Florian Csizmazia, BSc                      Tamás Künsztler, BSc
        dm151555@fhstp.ac.at                              dm151504@fhstp.ac.at                        dm151553@fhstp.ac.at

         Mathias Berger, BSc                               Patrick Wiertel, BSc                        Florian Pichler, BSc
        dm151502@fhstp.ac.at                              dm151539@fhstp.ac.at                        dm151559@fhstp.ac.at

                                                   Maximilian Sramek, BSc (Hons)
                                                      dm151532@fhstp.ac.at


                                                                          akustische Ebene. Signifikante Orte der Stadt St. Pöl-
                                                                          ten, Points of Interest (POIs) genannt, werden durch
                            Abstract                                      bestimmte Sounds repräsentiert. Die Entfernung der
                                                                          NutzerInnen zu einem POI bestimmt die Lautstärke des
      Das Ziel dieser Arbeit war die Implementierung ei-
                                                                          jeweiligen Sounds. Durch gezieltes Drehen des Kör-
      ner Android-Applikation mit binauralen Klangtex-
                                                                          pers (bzw. des Smartphones) und Bewegung der Nut-
      turen, die den NutzerInnen eine Stadtführung durch
      St. Pölten auf auditiver Ebene ermöglicht. In der
                                                                          zerInnen kann die St. Pöltner Innenstadt, mit Hilfe von
      App sind 22 Points of Interest (POIs) auf einer                     visueller und akustischer Navigation, erkundet werden.
      Google Maps Karte definiert, denen jeweils ein                      Eine wichtige Rolle spielt der Einsatz von Binauralität
      spezifischer Klang zugeordnet ist. Diese Klangtex-                  (siehe Abschnitt 4.1), auch als Richtungshören be-
      turen sind akustische Simulationen der jeweiligen                   zeichnet. Bei der Bewegung des Smartphones und der
      Orte. Die Schallquellen sind, wie deren zugehöriger                 damit einhergehenden Änderung der Winkel zu den
      POI, statisch in der App positioniert und besitzen                  einzelnen POIs, sollten die Sounds weiterhin aus der
      einen klar definierten Klangradius. Bewegt sich al-                 standortspezifisch richtigen Richtung zu hören sein.
      so ein User innerhalb des Klangradius einer Schall-                 Diese Positionierung auf der horizontalen Ebene ist mit
      quelle, so beginnt diese zu klingen. Jede Klangtex-                 einfacher Stereophonität nicht bzw. in keinem zufrie-
      tur eines POI wiederholt sich und wird je nach Ent-                 denstellenden Ausmaß zu erreichen.
      fernung vom NutzerIn zum POI intensiver bzw.
      weniger intensiv und binaural aus der richtigen                     Am Ende des ersten Projektabschnittes sollte ein And-
      Richtung wahrgenommen.                                              roid-Prototyp der App Klangsalat stehen, der die akus-
                                                                          tische Ortung der NutzerInnen auf die Probe stellt.
 1     Einleitung                                                         Obwohl die visuelle Ebene in Form einer Karte trotz-
                                                                          dem bedient wird, stellt sich auch die Frage, ob die rein
 Die verbreitete Nutzung von Smartphones und immer                        akustische Navigation durch die zu den POIs gehörigen
 genauere GPS- und Richtungssensoren bieten Entwick-                      Sounds möglich und sinnvoll ist. Die Auswahl und
 lerInnen zahlreiche Möglichkeiten zur Implementie-                       Implementierung der richtigen Sounds stellte einen
 rung standortbasierter Anwendungen. Das Smartphone                       entsprechend wichtigen Teil der Entwicklungsarbeit
 ist als täglicher Begleiter oft auch Ersatz für klassische               dar. Im Rahmen einer Fokusgruppe wurden daher die
 Straßenkarten. Während die zielorientierte Verwen-                       POIs und mögliche Sounds gemeinsam mit potenziel-
 dung von Google Maps und Co. vergleichsweise wenig                       len NutzerInnen diskutiert. Usertests sollten die Funk-
 Erlebnisnutzen mit sich bringt, finden auch standortba-                  tionalität der App allgemein, die richtige Auswahl der
 sierte Spiele, wie beispielsweise Pokémon Go, immer                      Sounds und die korrekte Richtungswahrnehmung eva-
 mehr Gefallen.                                                           luieren.
 Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung einer standort-
 und richtungsbasierten App (in weiterer Folge als
 Klangsalat bezeichnet), mit der Erweiterung um die
Copyright © by the paper’s authors. Copying permitted only for private
and academic purposes.
In: W. Aigner, G. Schmiedl, K. Blumenstein, M. Zeppelzauer (eds.):
Proceedings of the 9th Forum Media Technology 2016, St. Pölten,
Austria, 24-11-2016, published at http://ceur-ws.org



                                                                         32
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 2    State of the Art                                      3       Hard- und Software Spezifikationen
 Das Projekt „Klänge der Stadt – Soundscape Regens-                 zur Umsetzung
 burg“ (List, Mantaj, & Ottmann, 2014) demonstrierte        Für die Umsetzung dieses Projekts wurde eine mobile
 bereits einen akustischen Stadtplan mit Hilfe einer        Android App entwickelt. Programmiert wurde in der
 Google Maps Karte. Hierbei wurden für bestimmte            IDE (Integrated Development Environment) „Android
 Orte die Originalklänge zugeordnet und in der              Studio“ mit der Programmiersprache Java. Die Signal-
 Soundmap mit dazugehörigem Foto markiert – jedoch          verarbeitung erfolgt mit einem Pure Data Patch. Pure
 ohne mobile Applikation. Eine solche wurde als Proto-      Data1 (Pd) ist eine Open Source2 und visuelle Pro-
 typ für Tablets von Georg Weidenauer im Rahmen             grammiersprache, die v.a. in der Audio Branche oft
 seiner Diplomarbeit „Virtual Soundscape Elements“          zum Einsatz kommt. Für den Einsatz von Pd Patches
 (Weidenauer, 2014) mit Hilfe von „KEMAR Impuls             auf Smartphones sind nur Knoten (Nodes), die im Pa-
 Antworten“ implementiert – inklusive Einbindung            ket Vanilla Pd enthalten sind, verfügbar. Weiters muss
 virtueller Schallquellen. Eine App für die Aufzeich-       eine spezielle Library (libpd)3 eingebunden werden,
 nung von Soundscapes ist auch beim Projekt „Record         welche die Kommunikation zwischen dem Client Code
 the Earth“ (Pijanowski, 2014) in Verwendung. Die           (Java) und dem Pure Data Patch ermöglicht. Da im
 dabei verwendete Methode nennt sich „Soundscape            Rahmen einiger Tests auf verschiedenen Mobiltelefo-
 Ecology“ und dient, ähnlich wie bei dem hier               nen unterschiedliche Winkeldaten ausgegeben wurden,
 vorgestellten Projekt, zur Kategorisierung von Kläng-      beschränkte man sich in der Alpha Version der Appli-
 en. Durch die daraus gewonnenen Informationen und          kation auf das Mobiltelefon Sony Xperia Z3. Es ver-
 Eigenschaften von Sounds wurde beim Projekt „Euro-         fügt über einen 2,5 GHz Quad-Core-Prozessor und 3
 noise“ (Davies et al., 2009) die Tiefenstaffelung ge-      GB RAM. Das Gerät besitzt außerdem einen internen
 bildet. Zusätzlich wurden Aspekte der Sounddefiniton       Kompass, Gyrometer und GPS Sensoren. Um auf Sen-
 vom Experiment „The measurment of soundscapes – is         sor- und GPS-Daten zugreifen zu können, muss die
 it standardizable?“ (Genuit & Fiebig, 2014) aufgegriff-    Google Play Services API mit eingebunden werden.
 en, um die emotionalen Reaktionen von NutzerInnen
                                                            Zur Verarbeitung der POIs wurden diese mit Namen,
 zu evaluieren. Mit den Attributen von Soundscapes
                                                            Beschreibung und Koordinaten in einer CSV-Datei
 beschäftigten sich Ljungdahl Eriksson und Berg bereits
                                                            gespeichert, die als Liste in Java geladen und verarbei-
 2009 in ihrer Arbeit „Soundscape Attribute Identifica-
                                                            tet werden kann. Diese Liste ist einfach wart- und er-
 tion“ (Ljungdahl Eriksson & Berg, 2009), 2014 der
                                                            weiterbar und benötigt nur wenig Speicherplatz.
 Holländer Almo Farina in „Soundscape Ecology“ (Fa-
 rina, 2014), sowie die 2015 veröffentlichte Arbeit „Ef-    Obwohl für optimales Richtungshören In-Ear Kopfhö-
 fects of Psychoacoustical Factors on the Perception of     rer verwendet werden sollten, wurde bei den Tests –
 Musical Signals in the Context of Environmental            vor allem aus hygienischen Gründen – auf halb-offene,
 Soundscape“ (Deng, Kang & Liu, 2015).                      aufliegende Kopfhörer zurückgegriffen.
 Die Verbindung einer Applikation mit GPS Daten
 behandelte das bereits erwähnte Projekt „Record the        4       Methoden
 Earth“ – jedoch ausschließlich zur Lokalisation von        Zur Findung der passenden Klänge für die einzelnen
 aufgenommenen Sounds. Die Annäherung, Ent-                 POIs wurde eine Diskussionsrunde mit Personen unter-
 fernungsunterschiede, sowie die Verwendung von             schiedlichen Alters, verschiedenen beruflichen Hinter-
 einem binauralen System war Teil des Projekts „Inter-      gründen und unterschiedlichen Wohnorten durch-
 active 3-D Audio“ (Schmidt, Schwartz, & Larsen,            geführt. Diese Fokusgruppe bestand aus elf
 2012) und „I Hear NY3D“ (Musick, Andreopoulou,             TeilnehmerInnen, denen zu jedem Point of Interest ein
 Boren, Mohanraj, & Roginska, 2013). In der aktuellen       Bild gezeigt wurde, zu dem sie jeweils die Klänge
 Smartphone-Applikation „Pokémon Go!“ ist die erfol-        beschreiben sollten, die ihnen dazu einfallen. Die Mod-
 greiche Echtzeit-Interaktion von App- und GPS-Daten        eratoren gaben zu den POIs – wenn nötig – kurze
 – also das Zusammenspiel zwischen Funktionen und           Erklärungen. Durch die Diskussion sollten zu jedem
 Standort der UserIn – in Verwendung. „Project GO!“
 (“Project GO! Trailer,” n.d.) arbeitet innerhalb einer
 App mit aktuellem und geschichtlichem Bildmaterial,        1
                                                                https://puredata.info
 welches positionsbezogen abgerufen wird. Ausgehend
                                                            2
 vom dargestellten Stand der Forschung wurde mit                Open Source bezeichnet freie Software, deren Quellcode
 Klangsalat eine App entwickelt, wo einzelne Klangtex-          frei verfüg- und erweiterbar ist
                                                            3
 turen zum Teil aus Klängen der Vergangenheit und aus           https://puredata.info/downloads/libpd
 der Gegenwart gebildet werden.



                                                           33
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 POI verschiedene Klänge und Assoziationen gefunden          lichsten wahrzunehmen. Das liegt daran, dass beim
 werden, gleichzeitig aber auch ein Konsens zum intui-       Abhören mit Kophörern die Signale am linken und am
 tiv “richtigen” Klang. Zu jedem Point of Interest           rechten Ohr völlig getrennt voneinander ankommen.
 wurden nach Übereinstimmung der Probanden                   (Jens Blauert & Jonas Braasch, 2008, Kapitel 3:
 zumindest vier verschiedene Klänge vorgeschlagen.           Räumliches Hören, Herausgeber: Stefan Weinzierl, S.
 Aus der Liste der Ergebnisse wurden im Anschluss            89-90)
 vom Projektteam jene Sounds, die der Klangästhetik          Bei der entwickelten App „Klangsalat“ wird Binaural-
 der zu produzierenden Klangtexturen am besten dien-         ität vor allem für das Orten der Richtung, aus der die
 ten, ausgewählt. Für die Produktion der Klangtexturen       Klänge der Points of Interests kommen, verwendet. Die
 wurden einerseits Klänge in St. Pölten mittels eines        Applikation berechnet den Winkel zwischen den GPS
 Aufnahmegerätes mit Stereomikrofonierung (XY-               Koordinaten der NutzerIn und des POIs in Bezug auf
 Mikrofon des Zoom H6) und einem Richtrohrmikrofon           den magnetischen Nordpol. Das Ergebnis dieser
 aufgenommen, andererseits wurde auf lizenzfreie             Berechnung wird vom aktuellen Blickwinkel der Nut-
 Sounds der Soundbibliothek www.freesound.org                zerIn (abhängig von der Ausrichtung des
 zurückgegriffen. Dabei wurden nur Sounds verwendet,         Smartphones), der über die Sensordaten erhalten wird,
 die unter der CC0 (creative commons 0 – Public Do-          abgezogen.
 main Dedication) lizensiert sind. Diese Lizenz erlaubt
 die Kopie, Veränderung und Verbreitung der Klänge
 (auch für kommerzielle Zwecke). Die durchschnittliche
 Länge einer Klangtextur beträgt 30 Sekunden. Da diese
 beim Benutzen der Applikation so lange wiederholt
 werden, bis sich der User nicht mehr in deren Klan-
 gradius befindet, war es wichtig, dass keine Übergang-
 sartefakte zwischen End- und Anfangspunkt der Klang-
 texturen wahrnehmbar sind. Die Klangtexturen wurden
 daher so produziert, dass eine beliebige Wiederholung
 ohne eindeutige Identifizerung von Start und Ende
 möglich ist. Die in St. Pölten aufgenommenen Klänge
 und jene von www.freesound.org wurden in die Soft-
 ware Ableton Live importiert und dort editiert. Jede
 Klangtextur besteht aus mehreren Klangebenen, die               Abbildung 1: Änderung der Lautstärke in Bezug auf
 zeitlich und klanglich (Filterung, Pitch-Shifting, Time-                       den Blickwinkel
 Stretching, Kompression, Hall) aufeinander angepasst
 wurden.                                                     Wenn das Ergebnis 0 oder 360 beträgt, blickt der/die
                                                             NutzerIn direkt auf den Point of Interest. Beträgt das
 4.1    Binauralität                                         Ergebnis 180, hat der/die BenutzerIn dem POI den
                                                             Rücken zugedrehte.
 Das binaurale Hören ermöglicht ein Richtungshören
 beziehungsweise ein räumliches Hören. Laut Blauert          Durch die Drehung des des Smartphones ändert sich
 und Braasch werden Schallsignale, die auf den Kopf          der erreichnete Winkel und auch die wahrgenommene
 treffen, bezüglich ihres Frequenzspektrums linear ver-      Lautstärke. Die Tatsache, dass sich die Klangtextur bei
 zerrt. Es kommt zu Änderungen von Amplituden- und           der Drehung nicht mitbewegt führt dazu, dass der POI
 Phasenverlauf des Spektrums. Diese Änderungen, die          akustisch geortet werden kann.
 auf dem Übertragungsweg zwischen Schallquelle und
 Ohren passieren, können mit Hilfe von sogenannten           5     Implementierung
 Head-Related Transfer Functions (HRTFs) mathe-
                                                             Die Programmierung von Klangsalat wurde in zwei
 matisch beschrieben und messtechnisch erfasst werden.
 Hierfür werden aus dem Nahfeld und in bestimmten            Bereiche unterteilt. Die Java-seitige Entwicklung in
 Winkeln rund um den Kopf Impulse abgespielt und             Android Studio, umfasste die Berechnung der Entfer-
 mittels Mikrofonen im Ohr der Versuchsperson oder           nungsdaten zu den POIs und die Verarbeitung der
 eines Kunstkopfes aufgenommen. Durch Laufzeit- und          Sensor- und GPS-Daten. In Pure Data wurden Binaura-
 Form-Unterschiede ergeben sich spezielle Filterkurven,      lität, Lautstärkeanpassung und das Abspielen der
 die beim Hören einen sehr realistischen, räumlichen         Sounds in Pd umgesetzt.
 (binauralen) Richtungseindruck geben. Der Binaura-          Das eingebaute GPS-Modul des Mobiltelefons liefert
 leffekt in der Stereofonie ist mit Kopfhörern am deut-      eine auf ein bis drei Meter genaue Standortlokalisation




                                                            34
Klangsalat – Auditives Navigationssystem




 mit Werten für Breiten- und Längengrad. Aus dem           Die übermittelten Winkeldaten werden zur Bearbeitung
 aktuellen GPS-Standort und den Koordinaten der POIs,      im Pd Patch für die binaurale Verteilung der Sounds
 die aus der CSV–Datei geladen werden, wird die Dis-       herangezogen. Es werden Filterkurven für beide Ohren
 tanz zu jedem POI berechnet und die nähesten vier         aus den Impulsantworten (IR) der Binaural Library4
 werden mit folgenden Parametern an Pd gesendet:           “1002” des IRCAM Instituts in Tables (Subpatches, die
     •    ID (zur Auswahl der richtigen Audiodatei)        Arrays und die dazugehörigen Graphen beinhalten) im
                                                           15-Grad-Abstand gespeichert. Diese werden abhängig
     •    Entfernung (für die Lautstärkeanpassung)
                                                           vom aktuellen Winkel über die jeweiligen
     •    Winkel (für HRTFs und Binauralität)
                                                           Klangtexturen gefalten, um eine Lokalisation der
 Im Folgenden ist ein Ausschnitt aus jener Funktion zu     Soundquelle zu ermöglichen. Die relativ grobe
 sehen, die bei jedem Standort-Update (ca. alle 20 Se-     Auflösung von 15 Grad ist für die Applikation dennoch
 kunden) durch das Smartphone aufgerufen wird, um          ausreichend, wie die Usertests (siehe Abschnitt 6)
 die notwendigen Parameter für die vier nächsten POIs      beweisen. Zusätzlich wird mit zunehmender
 an Pd zu senden.                                          Entfernung (0-200 Meter) zum jeweiligen POI die
                                                           Lautstärke des Sounds abgeschwächt.
                                                                                 7 ∗ 0,4 + 200
                                                                             6=
                                                                                     1,617

                                                                  Formel 2: Abschwächung der Lautstärke einzelner
                                                                                    POI's

                                                           L nimmt dabei Werte zwischen 0 und 200 Metern ein.
                                                           Der Mulitplikator M wird zum Schluss mit einem
                                                           "dbtorms" Befehl umgerechnet, um so einen an-
         Abbildung 2: Senden der 3 Parameter zu Pd         sprechenden Lautstärkenverlauf zu erhalten, der Werte
                                                           zwischen 0 und 8 einnehmen kann. Die Werte wurden
 Davor erfolgt eine Überprüfung, ob sich der POI inner-    im Laufe der Entwicklung und des Testens ermittelt
 halb eines Radius von 200 Metern ausgehende vom           und angepasst.
 Standort der NutzerIn befindet. Die Entfernungsbe-        Nach Anpassung aller Parameter wird der Befehl zum
 rechnung zwischen zwei Punkten ist durch folgende         Abspielen gegeben und an den Audioausgang des Mo-
 Formel gegeben:                                           biltelefons geschickt.
                ∆(                            ∆(
     ! = #$%&        + +,#(- ∗ +,#(& ∗ #$%&
                 2                             2
             + = 2 ∗ !/!%2( ! ∗    1−! )
                       4 =5∗+




           Formel 1: Berechnung des Klangradius

 Mithilfe von Gyrometer und Kompass des Smartpho-
 nes erfolgt die Winkelberechnung, welche für die Rich-
 tungsgebung der verschiedenen Sounds herangezogen
 wird.
 Die Einbindung von libpd in Android ermöglicht die            Abbildung 3: Ablauf der Berechnungen in Java und die
 Kommunikation zwischen der App und dem Pure Data                         Kommunikation zum Pd Patch
 Patch. Die Klasse PDBase erlaubt den Zugriff auf Me-
 thoden, die diese Kommunikation ermöglichen. Um die
                                                           4
 oben genannten Parameter an Pd zu schicken wird die           http://recherche.ircam.fr/equipes/salles/listen/download.html
 Methode sendFloat verwendet (Brinkmann, 2012).



                                                          35
Klangsalat – Auditives Navigationssystem




                                                           einzelner Sounds, kein automatisches Hinzukommen
                                                           bzw. Wegfallen der Instanzen und digitale Verzerrun-
                                                           gen, wenn Sounds lauter wurden. Außerdem wurde die
                                                           Qualität und Funktionalität der einzelnen Sounds beur-
                                                           teilt, wie zum Beispiel Verständlichkeit oder Identifi-
                                                           zierbarkeit.

                                                           6.3    Rundgang Wien
                                                           Vor dem Usability-Test wurden die durchgeführten
                                                           Adaptierungen noch einmal live getestet. Dieser weite-
                                                           re Rundgang fand in einer Fußgängerzone in Wien
                                                           statt. Die ursprünglichen St. Pöltner POIs wurden dabei
                                                           gleichmäßig im Testgebiet verteilt. Teile der in Ab-
                                                           schnitt 6.2 beschriebenen Probleme wurden durch
                                                           Anpassung der gesendeten Paramter an Pd bzw. durch
       Abbildung 4: Ablauf der Berechnungen im Pd Patch    eine Umpolung bei der Auswahl der Impulsantworten
                                                           behoben. Um die entstandenen Verzerrungen zu ent-
 6       Empirische Studien/Evaluierung                    fernen wurden die Sounds für die Endversion noch
                                                           einmal normalisiert.
 Die richtige Funktion der Applikation wurde in mehre-
 ren Schritten beurteilt. Im Laufe der Implementierung     6.4    Usability-Test
 wurden mehrere Testläufe durchgeführt, bevor schluss-
 endlich mit dem fertigen Prototyp mit projektfremden      Der Usability-Test wurde wieder im finalen Zielgebiet
 Personen ein Usability-Test im finalen Zielgebiet vor-    durchgeführt. Zwei Teams waren mit jeweils einem
 genommen wurde.                                           Gerät und Kopfhörern im Kerngebiet St. Pölten unter-
                                                           wegs und baten Passanten um ihre Mithilfe. Nach ei-
 6.1      Testläufe                                        nem Rundgang von maximal 5-10 Minuten sollte ein
                                                           kurzes Feedback in Form eines Fragebogens abgege-
 In den Testläufen nach den einzelnen Implementie-         ben werden. Dabei sollten Grundprinzip und Funktion
 rungsphasen wurde die richtige Funktion der jeweili-      der Applikation durch Fragen, die von „trifft sehr zu“
 gen Elemente getestet. Dazu gehörten zum Beispiel das     bis „trifft gar nicht zu“ beantwortet werden konnten,
 richtige Erkennen der Winkel und Abstände vom Gerät       bewertet werden. Dies sollte von einer möglichst diver-
 zu den einzelnen POIs, die richtige Ausgabe der Werte     sen und realitätsnahen Zielgruppe passieren.
 zur Weiterverarbeitung in Pure Data und die Einbin-
 dung des Pure Data Patches in die Applikation.            Von den Testpersonen kamen 50 % nicht aus St. Pöl-
                                                           ten, die anderen 50 % waren entweder in der Stadt
 Auf der Seite der Klangverarbeitung in Pd mussten         ortskundig oder wohnhaft. Zwei Drittel waren unter 26
 unter anderem die Änderungen des adaptierten Patches,     Jahre alt und 58,3 % weiblich.
 das flüssige Funktionieren der Binauralität und die
 Entfernungswahrnehmung, die Einbindung der produ-         Für 75 % der ProbandenInnen war die Funktion der
 zierten Sounds in die Applikation und die Verschachte-    Applikation klar verständlich. Nur 8,3 % gaben an,
 lung mehrerer Instanzen getestet werden.                  dass das eher nicht zutrifft. 83,3 % gaben an, dass die
                                                           Sounds sehr oder eher zu den festgelegten POIs passen.
                                                           Für drei Viertel der Personen war die Orientierung
 6.2      Rundgang St. Pölten
                                                           mithilfe der Klangtexturen sehr oder eher klar. Von den
 Nach dem ersten Zusammenfügen aller Einzelteile und       Befragten fühlte sich die Hälfte eher nicht und 8,3 %
 dem Übertragen auf zwei Testgeräte führte das Projekt-    gar nicht durch das Benutzen der Applikation von ihrer
 team einen Rundgang im finalen Zielgebiet durch.          Umgebung abgelenkt, 41,7 % hingegen sehr oder eher
 Dabei sollten grundsätzliche Probleme der Applikation     schon. Bei der Frage, ob die angezeigte Karte der Um-
 identifiziert und anschließend behoben werden, bevor      gebung für die Orientierung notwendig sei, waren die
 diese zur Evaluierung an Dritte weitergereicht werden     Antworten eher ausgeglichen, mit Tendenz ins Positi-
 konnte.                                                   ve: 25 % finden ja, 33,3 % eher ja, 25 % eher nein und
 Zu den Problemen gehörten zum Beispiel die Vertau-        16,7 % gar nicht.
 schung von links und rechts, Probleme beim Abspielen




                                                          36
Klangsalat – Auditives Navigationssystem




     •     Es ist für mich verständlich, wie die Applika-               •     Die Sound sind zu den jeweiligen Orten pas-
           tion funktioniert. (12 Antworten)                                  send gewählt. (12 Antworten)



    trifft gar nicht zu                                                trifft gar nicht zu

   trifft eher nicht zu                                              trifft eher nicht zu

         trifft eher zu                                                     trifft eher zu

          trifft sehr zu                                                    trifft sehr zu

                           0    20        40         60    80                                0   10   20   30   40   50


            Abbildung 5: Verständlichkeit der App                                 Abbildung 8: Qualität der Sounds

     •     Die Orientierung ist klar und ich weiß, in wel-       Da nicht alle ProbandInnen alle POIs und deren
           che Richtung ich laut Applikation gehen               Sounds gehört haben, wurden die Routen zusätzlich
                                                                 mit auf den Fragebögen vermerkt, um eine individuelle
           muss. (12 Antworten)
                                                                 Bewertung der jeweiligen Sounds zu ermöglichen.

                                                                 7       Diskussion
    trifft gar nicht zu
                                                                 7.1        Findung der richtigen Sounds
   trifft eher nicht zu
                                                                 Ziel des Projektes war die Entwicklung eines Android-
         trifft eher zu                                          Prototypen der Applikation mit Sounds zu den enthal-
                                                                 tenen 22 Points of Interest (POIs). Zur initialen Fin-
         trifft sehr zu                                          dung der Sounds wurde, wie in Abschnitt 4 beschrie-
                                                                 ben, eine Diskussion mit einer Fokusgruppe durchge-
                           0   10    20        30     40   50    führt. Bei dieser Diskussion zeigte sich auch deutlich,
                                                                 wie viele verschiedene Sounds die TeilnehmerInnen
                                                                 mit den jeweiligen POIs assoziieren. Während in der
                    Abbildung 6: Orientierung                    initialen Idee noch von Einzelsounds ausgegangen
                                                                 wurde, wurden auf Basis all dieser Ideen für viele POIs
     •     Ich werde von der Applikation sehr abgelenkt          stattdessen Soundcollagen entwickelt. Durch die Ver-
           und mir fällt es schwer mich auf die Umge-            wendung verschiedener Sounds in einer Collage sollte
           bung zu konzentrieren. (12 Antworten)                 für möglichst viele NutzerInnen eine eindeutige Zuord-
                                                                 enbarkeit zu den jeweiligen POIs gegeben sein.
                                                                 Bei den Usertests in St. Pölten zeigte sich, dass die
    trifft gar nicht zu                                          Auswahl der Sounds zu den jeweiligen POIs den Er-
                                                                 wartungen der NutzerInnen entsprach. Es gab wenig
   trifft eher nicht zu                                          Probleme mit der Vermischung der Sounds unter-
                                                                 schiedlicher POIs. Die Tatsache, dass für 83 % der
         trifft eher zu                                          TeilnehmerInnen die Aussage „Die Sounds sind zu den
                                                                 jeweiligen Orten passend gewählt.“ eher oder sehr
         trifft sehr zu
                                                                 zutrifft, unterstreicht, dass die richtigen Sounds gefun-
                                                                 den und entwickelt wurden. Auch dort, wo mehrere
                           0        20          40         60    POIs in einem sehr kleinen Radius liegen (so zum
                                                                 Beispiel am St. Pöltner Rathausplatz), konnten die
                                                                 NutzerInnen durch gezieltes Drehen des Kopfes (bzw.
           Abbildung 7: Ablenkung und Sicherheit                 des Smartphones) oder durch Bewegung in eine be-
                                                                 stimmte Richtung die POIs und ihre Sounds separieren.




                                                                37
Klangsalat – Auditives Navigationssystem




 Die binaurale Darstellung half also bei der Orientie-
 rung und Lokalisierung der POIs.                           8    Ausblick
 Neben den Ergebnissen des Fragebogens wurden auch          Bei der Entwicklung des Prototyps wurde vor allem auf
 im persönlichen Gespräch während des Usertests Fra-        die grundsätzliche Funktion der Applikation und den
 gen beantwortet und Erkenntnisse dokumentiert. Hier        Einsatz der richtigen Sounds Wert gelegt. Entwickelt
 zeigte sich, dass auch Probleme bei der Unterscheid-       wurde ausschließlich für Android auf Basis des Testge-
 barkeit der POIs und ihrer Sounds aufgetreten sind. Als    räts Sony Xperia Z3. Grundfunktionen, wie das Zulas-
 Beispiel sind hier vor allem die POIs „Sparkasse“ und      sen der Standortüberprüfung durch die UserInnen, sind
 „Marktviertel“ zu nennen. In beiden Soundcollagen          zwar enthalten, allerdings noch nicht ausreichend ge-
 kommt das Klirren von aufeinanderprallenden Münzen         testet und auf Fehler überprüft. Weiters muss bei einer
 vor (siehe auch Anhang 1). Mehrere TeilnehmerInnen         Weiterentwicklung großes Augenmerk auf die Perfor-
 des Usertest empfanden die Ähnlichkeit als verwirrend      mance der App gelegt werden. Häufiges Abstürzen
 oder sogar störend. Es zeigte sich, dass die Unter-        oder Probleme mit der Signalverarbeitung und daraus
 scheidbarkeit der einzelnen Sounds wichtig für die         resultierendes Rauschen oder Knacksen müssen analy-
 richtige Orientierung ist.                                 siert und behoben werden. Weitere Punkte sind das
                                                            Branding (zum Beispiel bei der Darstellung der Karte)
 7.2    Richtige Funktion des Prototyps                     und Entwicklung bzw. Design der Benutzeroberfläche.
                                                            Dazu gehört auch die Darstellung von Informationen
 Der bereits angesprochene Usertest hatte neben der
                                                            zu den jeweiligen POIs, die für die NutzerInnen nach
 Evaluation der erstellten Sounds und ihrer richtigen
                                                            der akustischen Navigation zu einem POI einen Zu-
 Zuordenbarkeit auch den Test der richtigen Funktion
                                                            satznutzen darstellen soll.
 der Applikation zum Ziel. Durch die Beschränkung der
 Benutzeroberfläche auf ein Minimum sollte den Nutze-       Nach Umsetzung der besprochenen Punkte kann au-
 rInnen die Möglichkeit gegeben werden, sich voll und       ßerdem über eine Entwicklung bzw. Anpassung der
 ganz auf die Funktionsweise der Sounds zu konzentrie-      App für iOS-Geräte nachgedacht werden. Die kom-
 ren. Die persönlichen Gespräche während des Usertests      merzielle Verwertbarkeit der Applikation an sich ist als
 bestätigten diese Annahme.                                 eher gering anzusehen, sie soll nach der Fertigstellung
                                                            aber gratis im Google Play Store herunterladbar sein.
 Grundsätzlich war die Funktion des Prototyps in die-
 sem Bereich gegeben und zufriedenstellend. Mit der         Das System – Location basierte und binaurale Sounds
 Bewegung der UserInnen wurden die Lautstärken der          auf Smartphones – kann allerdings auch über die Gren-
 jeweils spielenden Sounds angepasst, die Drehung des       zen der Applikation Klangsalat hinaus interessant sein.
 Smartphones führte zur Anpassung der Filterkurven          So ist es zum Beispiel in den immer beliebter werden-
 und damit zur binaural richtigen Darstellung der           den Standort basierten Smartphone-Spielen, wie
 Sounds im Raum. Probleme gab es allerdings bei sehr        Pokémon Go, denkbar, binaurale Sounds einzusetzen
 geringer Entfernung der NutzerInnen zu einem POI.          und die Spiele so um die akustische Ebene zu erwei-
 Die Maximallautstärke war zu hoch und das Drehen           tern. Klangsalat kann hier als Beispiel für die Ver-
 des Smartphones führte zu einem „Springen“ des             wendung von akustischer Orientierung in Smartphone-
 Sounds im Raum. Hierbei muss über eine Anpassung           Apps dienen.
 der Filterkurven bei geringer Distanz oder über eine
 Abschwächung der durch den Sensor erhaltenen Win-
 keldaten nachgedacht werden.
 Außerdem wurden Probleme mit der Performance der
 App auf den verwendeten Smartphones festgestellt.
 Obwohl beim Test Smartphones der Oberklasse mit
 schnellen Prozessoren und ausreichend Arbeitsspeicher
 zum Einsatz kamen (Sony Xperia Z3 und OnePlus
 Two), konnte die App nur nach Beenden aller anderen
 Prozesse zufriedenstellend verwendet werden. Bei
 Sounds mit hohem Signallevel (z.B. beim Sound „Fest-
 spielhaus“) wurden außerdem Probleme wie Rauschen
 und Knacksen festgestellt.




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Klangsalat – Auditives Navigationssystem




 Literaturverzeichnis
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Klangsalat – Auditives Navigationssystem




 17   Festspielhaus     Orchester stimmt,
                        Klatschen, Stimmen
 18   ORF Landesstudio Radio rauschen, alten
      NÖ               Fernseher einschalten,
                       Fragmente Musik aus Ra-
                       dio
 19   Schützenkompanie Marschieren, Schüsse,
                       Blasmusik
 20   Hammerpark        Bachrauschen, Vogelgez-
                        witscher
 21   Traisen           Flussrauschen, Fahrrad auf
                        Schotter
 22   Kaserne           Flugzeugmotoren, ent-
                        fernte Kanonen, Blasmus-
                        ik, Marschieren




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