Einsatzmöglichkeiten von Crowdsourcing im Umfeld des Mecklenburgischen Flurnamenarchivs Applications of Crowdsourcing in The Mecklenburg Field Name Archive Martin Lichtwark, Holger J. Meyer and Andreas Heuer University of Rostock, 18051 Rostock, Germany, Martin.Lichtwark@uni-rostock.de, Holger.Meyer@uni-rostock.de, Andreas.Heuer@uni-rostock.de Abstract. The benefits of crowdsourcing is depicted in the context of the Mecklenburg Field Names Archive. This archive encompasses a large collection of field names. Transforming the hand-written field name lists and the corresponding map entries into structured digital content is still a manual task. This paper presents insights into crowd based realizati- ons that have been evaluated in the project WossiDiA. Afterwards, we present the ongoing crowd based process of transfering field name lists and corresponding map entries into a hypergraph database. We conclude comparing our approach to related work. Kurzfassung. Sowohl in der Kulturlandschaftsforschung wie auch in der Volkskunde spielen Flurnamen von Orten oder Landschaftsteilen eine wesentliche Rolle. Aber auch die Regional- und Lokalgeschichte, Sprachwissenschaftler und Ortschronisten sind an ihnen interessiert. Ne- ben der regionalen Einordnung ist dabei der Verortungsaspekt wesent- lich. Dieser wird heute häufig mit Geoposition sowie einer Darstellung mittels Web Mapping Service verknüpft. Die Bereitstellung dieser digi- talen Information ist Ziel des hier vorgestellten digitalen Flurnamenar- chivs für Mecklenburg. Ausgehend von den zu Beginn des 20. Jahrhun- derts von der Mecklenburgischen Flurnamenskommission erfassten, noch ca. 20.000 erhaltengebliebenen Flurnamen, wird die Digitalisierung mit- tels Crowd-basierter Verfahren und deren Nutzbarmachung für digitale Archivanwendungen beschrieben. Nach einer Einordnung dieses Vorha- bens in den Kontext des WossiDiA-Projektes, werden die untersuchten crowd-basierten Umsetzungsmöglichkeiten vorgestellt und anschließend das derzeitig laufende Szenario der Übertragung des in Flurnamenlisten und auf Karten verzeichneten Bestandes und verwandte Arbeiten skiz- ziert. Schlüsselwörter: Digitales Archiv, Crowdsourcing, WossiDiA, Flurna- menarchiv, Transkription, Verortung Copyright © 2017 by the paper’s authors. Copying permitted only for private and academic purposes. In: M. Leyer (Ed.): Proceedings of the LWDA 2017 Workshops: KDML, FGWM, IR, and FGDB. Rostock, Germany, 11.-13. September 2017, published at http://ceur-ws.org 1 Motivation Eine digitale Erschließung von analogen Archiven mit Unterstützung von Crowd- sourcing Methoden ist in der heutigen Zeit keine Seltenheit mehr. Auch im Zu- sammenhang mit der Wahrung wichtigen Kulturerbes gibt es bereits viele, auch internationale, Initiativen, die eine solche Arbeitsweise für sich entdecken konn- ten [2, 8, 13, 14]. Ein explizites Konzept, ausgerichtet auf das Mecklenburgische Flurnamenarchiv (FNA) mit einer aktuellen Bestandsaufnahme, einhergehend mit der Kategorisierung und Fokussierung für mögliche Szenarien einer Um- setzung, fehlte jedoch bislang, aufgrund seines hoch speziellen Charakters. Um dieses Vorhaben zu konkretisieren, unter Einbeziehung und Untersuchung um- fassender Einflussfaktoren und beteiligter relevanter Themenbereiche, entstand im Rahmen der interdisziplinären Zusammenarbeit des Instituts für Volkskunde und des Lehrstuhls für Datenbank- und Informationssysteme der Universität Ro- stock seit Mitte letzten Jahres eine Forschungsarbeit. Diese war darauf ausgelegt eine solch notwendige Präzisierung in Form einer umfassenden Untersuchung und der zielgerichteten Erstellung eines Konzeptes zu forcieren und eine Projektum- setzung zur Deskribierung des digitalen Mecklenburgischen Flurnamenarchivs voranzutreiben. Die Analyse in diesem Zusammenhang ergab, dass an die 95% des derzeitigen Gesamtbestandes per Crowdsourcing deskribiert werden können [9]. 2 Das Mecklenburgische Flurnamenarchiv Flurnamen gehören sprachwissenschaftlich zu den sogenannten Toponymen. Sie werden für topographische Gegenstände verwendet, wozu bspw. auch Landschafts- und Ortsnamen gehören und benennen und beschreiben als Mikrotoponyme kleinräumige Landschaftsteile, die allgemein landwirtschaftlich oder forstwirt- schaftlich genutzt werden. Flurnamen sind somit ein wichtiges Kulturgut [und ” spiegeln] ein Stück der volkskundlichen Überlieferung eines Territoriums wider“ [4]. Dazu zählen auch Erkenntnisse über Besiedlungen, Mythologien, geologische und wirtschaftliche Bedingungen, genauso wie Informationen zur Sprachentwick- lung, um nur einige zu nennen. Mit Blick auf die Region Mecklenburg gehen die ersten Quellen, in welchen sowohl kartographisch als auch in Registern die Flur- namen erfasst wurden, auf die Direktorial-Vermessung von 1768 bis 1780 zurück. Angeregt auf Basis der deutschlandweiten Bewegungen entstand auch regio- nal in Mecklenburg auf der zweiten Hauptversammlung des neu gegründeten Hei- matbundes (1906–1918) ein Bestreben zur Sammlung von Flurnamen [6]. Nach mehreren Sammelaktionen, welche 1930 mit der zweiten Kommission endeten, wurde dem Bestand im Laufe der Jahrzehnte durch verschiedene Einflüsse ein erheblicher Schaden zugefügt, sodass heute nicht mehr, die zur damaligen Zeit gesammelte Menge an Flurnamen, zur Verfügung steht. Die noch vorhandenen echt-realen Restbestände des FNA wurden im Zuge eines, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten, Digitali- sierungsprojektes in den Bestand von WossiDiA1 integriert [11]. Bis ins Jahr 2010 lagen diese lediglich in Form einer Access-Datenbank vor, werden jedoch im Rahmen des hier vorgestellten Projektes in eine Graph-Datenbank, die eine Vernetzung im räumlich-zeitlicheh Kontext erlaubt, überführt [12, 10]. 3 Herausforderungen und das Potenzial von Crowdsourcing Auch wenn das Anwendungspotenzial von Crowdsourcing (CS) vielseitig ist und in den unterschiedlichsten Bereichen bereits zum Einsatz kommt, ist gerade im Zusammenhang zum Bestand des Mecklenburgischen Flurnamenarchivs der in- terdisziplinäre Teilbereich Digital Humanities im Kontext dieser Initiative als besondere Spezialisierung, unter anderem durch die Zusammenarbeit mit einem externen CS-Dienstleister zur vollständigen Abarbeitung, hervorzuheben. Die Aufbereitung und Analyse des Archivs im Rahmen der Konzeption für die eigentliche Umsetzung ergab zwei zu lösende Kernprobleme, auf die es sich zu fokussieren galt. Abb. 1: Fragebogen der Flurnamenforschung — Beispielort: Boissow; Quelle: Wossidlo- Archiv Entscheidend und zielführend für eine erfolgreiche Umsetzung sind hierbei die Teilbereiche der Überarbeitung (Transkription) der Flurnamen selbst und der Verortung der eingezeichneten Nummerierungen der Fragebögen der Flurna- menforschung (Abb. 1) des analogen Archivs, in die sich die Kernprobleme der Deskribierung des FNA klassifizieren lassen [1]. Eben diese Teilaufgaben stel- len die Crowd-basierte Abarbeitung vor diverse Herausforderungen. Diese sind 1 https://www.wossidia.de/ nicht ausschließlich rein technischer Art, hinzu kommen Aspekte wie die Akqui- rierung und Motivation der Crowdworker, die Qualität der Abarbeitung selbst sowie weitere Qualitätsfaktoren, wozu unter anderem Vollständigkeit, relative und absolute Genauigkeit, aber auch Korrektheit und Konsistenz zählen. Teilaufgaben Auf Basis des spezifischen Bestandes des FNA und der Art der Erfassung ist eine Zweiteilung der Aufgabenschwerpunkte unabdingbar. So ist eine Transkription der Namen als erster Schritt notwendig. Hierbei gibt es vor allem Herausforderungen in der Vielfältigkeit der Typografie und der Diversität von Typen von Handschriften, welche Expertise benötigen, um einen qualita- tiv genügenden Prozess zur Digitalisierung dieser Namen möglich zu machen. Gleichermaßen ist in diesem Zusammenhang auch eine Mitführung der Numme- rierung zur Referenzierung der Namen mit den Markierungen in den Karten für den nachfolgend notwendigen Schritt der Verortung entscheidend. Diese Num- merierungen werden erst nach dem Ende der Georeferenzierung ihre Bedeutung verlieren. Für die Verortung stellt die Diversität an Karten, wie Messtischblätter, Flur- karten, Übersichtskarten, Gutskarten oder angefertigte Handzeichnungen, um nur einige zu nennen und die Vielfalt an Formaten in Form von unterschiedli- chen Maßstäben eine Herausforderung für die Crowd-basierte Abarbeitung dar. Technologisch kann hier auf bekannte Web Mapping Services wie die von Goo- gle Maps und OpenStreetMap zur Realisierung zurückgegriffen werden. Zudem bietet sich aufgrund der vielfältigen Unterschiede eine Visualisierung mittels ei- ner Side-by-Side Darstellung an. Die zu bearbeitende Diversität im Bestand des FNA verdeutlicht die nachfolgende Zusammenstellung in Abb. 2. Abb. 2: Diversität von Karten und handgeschriebenen Flurnamen; Quelle: Wossidlo- Archiv Ziel der vorangegangenen wissenschaftlichen Forschungsarbeit war es zum einen die Herausforderungen und Probleme einer möglichen Abarbeitung aufzuzeigen und andererseits gleichermaßen Lösungsmöglichkeiten durch bereits etablierte Plattformen oder auch Anbieter von solchen Umsetzungsprozessen zu evaluieren. Plattformen und Anbieter Die Untersuchung verschiedener etablierter Platt- formen im Crowdsourcing Umfeld (Tab. 1) in den relevaten Bereichen Engage- ment (Mitwirkung von freiwilligen Helfern), Microtasking & Tasks, Marktplätze (Markrotasks & Projekte) und bei Anbietern auf Meta-basierten Angeboten, wel- che Teil-Services anderer Anbieter nutzen, hat gezeigt, dass weitestgehend keine einheitlichen Lösungsszenarien für den speziellen Kontext des FNA bei der brei- ten Masse von Anbietern anwendbar sind. Im Zuge der Wettbewerbsfähigkeit wird sich in der Wirtschaft zunehmend auch auf kundenspezifische Angebote und Projektabläufe fokussiert. Die Anbieter versuchen sich damit gegenüber komple- xer Anforderungen breiter aufzustellen, um auch solchen Kunden Lösungen für ihre Problemstellungen anzubieten. Andere Anbieter sind auf vielversprechen- de Spezialisierungen ausgerichtet und bieten so umfassende Möglichkeiten, in ähnlichem Maße wie zugeschnittene Angebote. Herangezogen wurden bei der Bildung unterschiedlicher Crowd-basierter Szenarien für das Mecklenburgische Flurnamenarchiv, nach tiefgreifender Untersuchung [9], die hervorgegangenen vielversprechenden Plattformen: Clickworker, Crowdguru und Georeferencer. Nr. Anbieter Link Kategorie 1 Amazon Mechanical Turk www.mturk.com Mikrotasks 2 Clickworker www.clickworker.de Mikrotasks 3 CrisisCommons www.crisiscommons.org Engagement 4 CrowdFlower www.crowdflower.com Mikrotasks (Meta) 5 Crowdguru www.crowdguru.de Mikrotasks (Meta) 6 Crowdsource www.crowdsource.com Mikrotasks (Meta) 7 Fiverr www.fiverr.com Mikro- bis Makrotasks 8 Fixmystreet www.fixmystreet.com Engagement 9 Georeferencer www.georeferencer.com Mikrotasks 10 Samasource www.samasource.org Mikrotasks Tabelle 1: Übersicht untersuchter Plattformen und Anbieter Weiterhin können, im Falle einer mittel- bis langfristigen Orientierung für ein ergänzendes internes Projekt zum Ausbau des Bestandes in Form einer Eigen- entwicklung, nachfolgende Anbieter einen interessanten Beitrag bezüglich an- gewandter Implementierungen, Verfahrensweisen und den Umgang mit Crowd- workern bieten: CrisisCommons, Fixmystreet und ebenfalls Georeferencer. Somit beherbergten fünf der untersuchten Anbieter einen potenziellen Mehrwert zum Erreichen der Zielstellung des gestellten Problems im Rahmen des FNA. Die an- deren in der Untersuchung selektierten Anbieter sind aufgrund der Machbarkeit, des eingeschränkten oder unvollständigen Portfolios, auf Basis wirtschaftlicher Aspekte oder durch ausschließende rechtliche Bedingungen nicht einsetzbar. 4 Arbeiten zur Umsetzung und Integration in WossiDiA 4.1 Aktuelle Umsetzung Im Rahmen der Konzeption einer möglichen Umsetzung kristallisierten sich, aus den untersuchten Plattformen und Anbietern interne, externe und kollabora- tive Ansätze, bezüglich einer Crowd-basierten Abarbeitung beider zu losenden Kernprobleme, heraus [9]. Nach Entscheidung für ein vollständig externes Sze- nario durch Beauftragung des Full-Service Dienstleisters Crowdguru und des damit einhergehenden neuartigen Projektcharakters einer solchen vollständig ausgelagerten spezifischen Pilot-Initiative, startete auch die geplante Umset- zung des Projektes. Damit ist dieses Projekt in der Zusammensetzung und der Art der ausgelagert nutzbar gemachten Crowdsourcing-Plattform eine neuartige Herangehensweise an eine solch kombinierte Problemstellung, welche das Meck- lenburgische Flurnamenarchiv aufzuweisen hat. Der explorative Erfahrungsge- winn ist somit umso wertvoller in Hinblick auf die Verwendbarkeit im Rahmen ähnlicher Archivbestände oder zum Ausbau eigens gehosteter Crowdsourcing- Applikationen. Nach den ersten Analysen von Beispielen aus dem Bestand des FNA und dem Abstecken der benötigten Expertisen begann Crowdguru unverzüglich mit der Auswahl eines geeigneten Crowdworker-Kollektivs. Gleichermaßen wurde im Projektteam des WossiDiA Umfeldes die Aufbereitung des digitalen Bestandes von Rohdaten in Form von Bilddateien vorangetrieben und dem Unternehmen mittels Links in Form einer CSV-Datei auf Seitenbasis zur Crowd-basierten Ab- arbeitung bereitgestellt. Eine Übersicht zum Prozess zeigt die nachfolgende Abb. 3. Deutlich wird hierbei die vollständige Auslagerung der Teilaufgaben inklusive aller abhängi- gen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise eine Qualitätssicherung durch Va- lidatoren oder abschließende Sichtkontrollen je Teilaufgabe, an das beauftragte Unternehmen. Neben regelmäßigen Gesprächsterminen mit Crowdguru zur Abstimmung des Fortschritts, konnte das Unternehmen anfangs aus einem Kollektiv von 100 Crowdworkern schöpfen, welche sich mit der ersten Teilaufgabe der Transkripti- on beschäftigen sollten. Diese wurden zunächst durch eine initiale Testaufgabe, in Form einer Übersetzung eines einfachen in Sütterlin geschriebenen Rezeptes einer Eierpfanne mit Champignons, identifiziert. Aufgrund des speziellen Be- standes und der Diversitäten an Handschriften und Typografien kristallisierten sich allerdings 40 fähige Personen heraus, welche den komplexen Anforderungen in vollem Umfang gerecht werden konnten, denn wo bei einem Rezept noch Zu- sammenhänge erschlossen werden können, ist dies bei einer Transkription von separat stehenden Flurnamen nicht möglich. Bestätigt und bewertet wurde die Ergebnismenge im Rahmen durchgeführter Qualitätsprüfungen, welche wieder- um durch zwei identifizierte Experten innerhalb der Crowdworker vorgenommen Selektion eines Aufbereitung Transkription Verortung inkl. geeigneten Abschließende Import der und Export der inkl. Qualitäts- Qualitäts- Crowdworker- Sichtkontrolle Ergebnisdaten Rohdaten sicherung sicherung Kollektivs Abb. 3: Szenario der gestarteten Crowdsourcing-Initiative durch Zusammenarbeit mit Crowdguru (schwarz) und dem WossiDiA-Team der Universität Rostock (blau) wurde. So wurden innerhalb von anderthalb Wochen etwa 3100 Einheiten (Sei- ten) des gelieferten Bestandes abgearbeitet. Bei den verbleibenden Einheiten gab es jedoch zusätzliche Probleme aufgrund der Lesbarkeit und der Typografie, sodass am Ende noch einmal 100 Einheiten neu abgearbeitet werden mussten, durch 10 bis 15 spezialisierte Crowdworker, die auf Grundlage ihrer vorherigen Transkriptionsergebnisse speziell dafür selektiert werden konnten. Mit solchen Herausforderungen war, nach der Aufarbeitung und Untersuchung des Archivs und der Kernproblematiken im Rahmen der Konzeption, jedoch zu rechnen. Außerdem interessant ist die Zusammensetzung des Crowdworker-Kollektivs aus annähernd 50% Rentnern und Personen über 50 Jahren. Die anderen 50% bestehen vorrangig aus Studenten und Personen im Alter von 20 bis 30 Jah- ren. Es wird demnach ersichtlich, dass eine relativ große Altersgruppe von die- sem Aufgabentyp nicht angesprochen wird. Dies lässt sich vor allem mit zeitli- chen Kontext der Flurnamenforschung begründen. Wo die erste Gruppe unter Umständen noch direkt mit den damaligen Typografien in Berührung kam, ist die zweite Gruppe hauptsächlich in fachspezifischen Bereichen der Geschichte, Sprachwissenschaften sowie auch der Volkskunde aktiv. In annähernd zwei Wochen wurden somit insgesamt 3906 Einheiten als di- gitalisierte Seitenobjekte im ersten Schritt, der Transkription der Namen mit Nummern, verarbeitet. Anschließend startete mit den vorher geprüften Transkriptionen die Veror- tung der Namen über die gegebene Referenzierungsmöglichkeit der Nummern aus den Fragebögen der Flurnamenforschung (Abb. 1). Dieser Prozess dauert derzeit an, verspricht auf Basis der technischen Möglichkeiten einer Side-by-Side Darstellung seitens Crowdguru, mittels einer angebundenen GoogleMaps API Lösung, jedoch eine strukturierte Möglichkeit zur Abarbeitung in einem recht kurzen Zeitraum. Nicht zuletzt auch, da für die Referenzierung keine speziali- sierten Crowdworker notwendig werden und auf das gesamte Kollektiv zurück- gegriffen werden kann. Diese Teilaufgabe ist seitens Crowdguru somit nicht auf die 100 Crowdworker der Transkription begrenzt. Die größte Herausforderung in diesem Abschnitt stellt eindeutig die Diver- sität an Kartenmaterial aus Messtischblättern, Handzeichnungen, Übersichtskar- ten und Flurkarten dar, um nur einige zu nennen. Sobald die externe Projektumsetzung abgeschlossen ist, wird das WossiDiA- Team unter anderem eine eigene konkrete Bewertung der Qualität und der Vollständigkeit der Ergebnisdaten dieser ausgelagerten CS-Initiative durchführen. Anschließend ist es geplant diese Erkenntnisse und die konkreten Ereignisse des Ablaufs, durch Analyse eines mitgeschnittenes Protokolls der gesamten Initiative des externen Anbieters, auszuwerten und zu publizieren. 4.2 Integration in WossiDiA Die Speicherung der transkribierten Flurnamen und ihre Lokation wird mit dem WossiDiA zugrunde liegenden Graphdatenbanksystem PowerGraph [10] reali- siert. Im Folgenden soll kurz angedeutet werden, wie die Hypergraphstrukturen [3] aus typisierten Knoten und Hyperkanten definiert werden kann. Eine Auswer- tung ist dann mit der Graphanfragesprache GrafL möglich. Die gerichtete Hyper- graphen kommen im Digitalen Wossidlo-Archiv zum Einsatz [15], da sie (1) eine Darstellung einer Vielzahl von deskriptiven, strukturellen, administrativen und technischen Metadaten erlauben, (2) den volkskundlichen Kanon (Thesaurus) ef- fektiv darstellen können, (3) die gespeicherten Fakten in den räumlich-zeitlichen (historischen) Kontext setzen können, (4) eine Darstellung unscharfer und vager Information erlauben, sowie (5) das Mashup mit anderen Systemen wie OPACs, Dokument-Repositorien, GND- und GOV-Datenbanken erlauben. Die Graphda- ten in WossiDiA2 umfassen ca. 2 Millionen Knoten und 800.000 Hyperkanten sowie 1,2 Millionen digitalisierte Dokumente, vornehmlich Feldforschungsbelege, Beiträgerkorrespondenzen, Flurnamenverzeichnisse, Literaturauszüge und wei- teres Material. In der Abbildung 4 wird ein kleiner Ausschnitt des zum Flurna- menarchiv gespeicherten Graphen gezeigt. Die wesentlichen Merkmale jedoch, die das Modell von anderen Graphenmodellen unterscheiden, werden schon hier deutlich. Eine Hyperkante kann mehr als zwei Knoten verbinden. Im Fall vom PowerGraph ist der Graph auch gerichtet. Weiterhin haben sowohl Knoten als auch Hyperkanten einen Typ, der die Menge der Eigenschaften und bei der Hy- perkante zusätzlich auch die Menge und den Typ der teilnehmenden Knoten bestimmt. In der Abbildung sind Ort, Erzähler, Konvolut und Koord Knoten- typen und Erzählt mündlich und Flurnamenverortung Hyperkantentypen. Für einige folgt eine kurze Beschreibung und die zugehörigen Datendefiniti- onsanweisungen. Der Knotentyp Flur repräsentiert Informationen zum Flurna- men selbst, Namen, die intern verwendete Nummer in der liste und Karte, die ermittelte Ortslage und eventuelle erfasste Bemerkungen des Beiträgers: CREATE NODETYPE Flur ( Nummer String, (: Number in the list; related to the place :) Name String, (: Name of the recorded cadastral section :) 2 http://www.wossidia.de/ Ort: Kl.Mal- chow Konvolut: FNA-02-27 Erzähler: Schulz Erzählt en- mündlich Flurmapp g verortun Datum: 24.09. 1930 Flurname: Pappel- brack Ort: Koord: Besitz 53.331384, g 10.852992 verortun Flurnamen Abb. 4: Flurname, Mappe und Beiträger als Hyperkanten modelliert Lokation String, (: Location; cardinal direction :) Info String (: Remarks for the field name :) ); Die 1:m Zuordnung von Flurnamen zu Orten erfolgt über einen speziellen Hyperkantentyp Flurnamenverortung: CREATE EDGETYPE Flurnamenverortung MODEL ( Ort:place IN, Flurname:Flur+ OUT ); Während die speziell die Definition von Hyperkanten viele Ähnlichkeiten mit den semi-strukturierten Inhaltsmodellen von XML aufweist, lehnt sich die Gra- phanfragesprache GrafL stark an XQuery, neben der allgemeinen Form der Klau- seln insbesondere bei der Form der Variablenbindung und der Verwendung von Knoten- und Kantenkonstruktoren. Gründe für die Wahl Hydra.PowerGraph’s sind die direkte Unterstützung von räumlichen Datentypen zur Darstellung von Ortsinformationen und die In- tegration mit dem WossiDiA-System, dessen integraler Bestandteil nicht nur das Flurnamenarchiv ist, sondern auch Flur- und Ortsnamensammlungen Ri- chard Wossidlos. Letzteres ergibt über das Hypergraphmodell vielfältige Ver- netzungsmöglichkeiten. Das Graphdatenbanksystem ist als eine Erweiterung des objekt-relationalen System PostgreSQL realisiert. So werden für die Implemen- tierung der Knotentypen Tabellenhierarchien genutzt und etwa für Ortsinfor- mationen finden Datentypen und Operationen von PostGIS Anwendung. Für weitere Details Hydra.PowerGraph’s soll auf [10] verwiesen werden. 5 Verwandte Arbeiten Im Bereich der Transkription gibt es vor allem eigens durchgeführte Initiativen, welche einen ähnlichen Charakter aufweisen, wie das Mecklenburgische Flurna- menarchiv, jedoch inhaltlich andere Fachgebiete ansprechen. Zu erwähnen ist hier das Projekt Old Weather: Whaling“, wo der Fokus darauf gelegt wurde, ” handgeschriebene Wetteraufzeichnungen von Royal Navy Schiffen, um die Zeit des ersten Weltkrieges, zu übersetzen“ [13]. ” Außerdem hervorzuheben bleibt die Abschrift historisch handschriftlicher Do- kumente am Beispiel des Tagebuchs von F. Douglass im Rahmen des Projektes Written Rummage [8]. Hier wurden neben Zeit- und Kostenaspekten auch die moralischen und ethischen Zusammenhänge zu geringfügig entlohnten Arbeiten durch die Crowd behandelt. Im Teilbereich der Verortung gibt es ebenfalls eine Vielzahl ähnlich aufgestell- ter Projekte. Auch hier wird der Charakter der eigens verwalteten Applikation zur Bewältigung, großteils ohne Einsatz eines Dienstleistungsanbieters, deutlich. Das Projekt 1001 stories of Denmark“ dient der Erfassung von historischen ” Geschichten Dänemarks, welche durch die Crowd mit einem Orts- und Zeitbe- zug zu versehen waren [2]. Dieses Projekt zeigte eine rege Beteiligung aus der Bevölkerung, setzt jedoch keine spezifischen Fachkenntnisse voraus und wird auf freiwilliger Basis betrieben, ohne Bezahl- oder Qualitätsaspekte, bezogen auf die Crowdworker und die erfassten Daten, einzubeziehen. Ein weiteres Projekt dieser Art ist Pin-a-Tale“ der British Library, wo Perso- ” nen mittels CS dazu aufgerufen wurden, sich ein literarisches Werk einer beliebi- gen Zeit mit einem Bezug zu einem Ort im Vereinigten Königreich auszuwählen, um dann zu beschreiben, in welchem Maße der Autor den Geist oder das Wesen der Gegend in seinem Werk eingefangen hat [14]. Auch dieses Projekt arbei- tet auf unbezahlter, freiwilliger Basis und spricht dadurch gleichermaßen eine breitere und unkontrollierte Masse an Menschen im digitalen Raum an. Die Pilotprojekte mit Georeferencer: Map images der National Library of Scotland und Online Gallery Georeferencing der British Library sowie das Crowd- sourcing Projekt der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt zur Georefe- renzierung von historischen Karten stellen in Hinblick auf den spezifischen Cha- rakter der Kartenmaterialien ähnliche Initiativen dar. Jedoch wurde sich hier für ein anderes Konzept der Durchführung entschieden, zwar auch auf Anbindung eines externen Dienstleisters in Form von Georeferencer, jedoch ohne Einbe- ziehung eines bereits katalogisierten, bezahloriertierten Crowdworker-Kollektivs mit festgesetzten Qualitätsaspekten, wie wir es im Rahmen unserer Initiative untersuchen [9]. 6 Zusammenfassung und weiterführende Arbeiten Für die Übertragung der Flurnamen und deren Position, aus den zumeist in Kur- rent- oder Sütterlinschrift vorliegenden Listen und Karten in Form von Mess- tischblättern, lokalen Flurkarten oder Handzeichnungen, wurde ein Crowdsour- cing-Ansatz gewählt, der es ermöglicht, Erfahrungen auf dem Gebiet der Tran- skription und der Verortung zu sammeln und festzustellen, ob ein solch spezi- fischer Bestand, wie das Mecklenburgische Flurnamenarchiv, Crowd-basiert ab- zuarbeiten ist und welche Rahmenbedingungen dafür explizit von Nöten sind. Die Entscheidung viel hierbei aufgrund der ausgearbeiteten Konzepte, notwen- diger Expertisen und der Möglichkeit zur Abarbeitung beider Kernprobleme auf einen Full-Service Dienstleister im Bereich etablierter Crowdsourcing-Lösungen. Detaillierte Ergebnisse des gesamten Projektablaufs werden nach Abschluss des Projektes im Rahmen eines Workshops präsentiert. Die voranschreitenden Vorgänge und Forschungen im Umfeld von WossiDiA halten zudem viel Potenzial für eine tiefenerschließende Verzahnung der verschie- denen Bestände bereit. So sind nicht nur Vernetzungen der Flurnamen kulturell wertvoll, sondern auch denkbare Querverweise zu anderen Beständen wie den Ortschroniken, um nur einen momentan stark bearbeiteten Bereich des Instituts für Volkskunde (IVK) zu nennen. Zudem möglich wäre für die Erfassung von Georeferenzierungen eine flächen- deckende Darstellung Mecklenburgs in Form einer Landeskarte, welche durch ein Ampelschema erschlossene, teilerschlossene und noch zu erschließende Gebiete offerieren könnte. Denkbar wäre auch an dieser Stelle eine Verzahnung mit di- versen anderen Beständen, wie Orte, Gebiete der Erzählforschung etc., welche zukünftig ebenfalls Geodaten beherbergen könnten. Eine solche Darstellung und Vernetzung von Beständen könnte potenziell auch mit dem sogenannten Holsten-Archiv für Pommern [7], welches sich ak- tuell in Stettin befindet, mittels weiterführenden Gemeinschaftsprojekten und Forschungsarbeiten vorgenommen werden, denn der Lehrer und Volkskundler ” [, Robert Holsten,] tat in Pommern das, was Richard Wossidlo in Mecklenburg machte: Er sammelte regionale Bezeichnungen, Sitten und Gebräuche, die ihm seine Zuträger aus allen Kreisen Pommerns überbrachten.“ [5]. Erst Anfang 2016 wurde die pommersche Flurnamensammlung von dem Schweriner Wilfried Krempien, der enge verwandtschaftliche Beziehungen zu Wossidlo hat, in Polen aufgespürt [5]. Die wiederentdeckte Sammlung umfasst 43 Kästen mit alphabetisch geordneten 20.000 Karteikarten mit Flurnamen der einzelnen Kreise Pommerns, die sich nun im Archiv der Stettiner Universität befinden. Das dazugehörige Kartenmaterial und die Erläuterungsbögen befin- den sich im Archäologischen Museum Stettins. Angedacht vom IVK ist eine solche kooperative Zusammenarbeit, sodass es bereits mehrere Treffen, Besichtigungen und Termine beider universitärer Seiten gab. Im Juni 2017 fand zudem ein weiterführender Workshop zu vernetzten Themenbereichen in Greifswald statt. Auch internationale Zusammenarbeit wird aktuell forciert. So wurde Ende 2016 ein multinationales Erzählforschungsprojekt beantragt und Anfang 2017 bewilligt. Beteiligte Länder sind dabei Amerika, Deutschland und die Nieder- lande im Rahmen der TA-P for the Social Sciences and Humanities, einer Ko- operation mit mittlerweile 18 geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungs- einrichtungen in Südamerika, Nordamerika und Europa. So ist auch die DFG ein Partner. Es handelt sich dabei um ein transatlantisches Projekt zum Aufbau eines gemeinsamen Harvesters3 für Belief legends 4 . Vgl.: [17, 16]. Literatur 1. Carletti, L., Giannachi, G., Price, D., McAuley, D., Benford, S. (eds.): Digital humanities and crowdsourcing: An exploration. Museums and the Web (2013) 2. Danish Agency for Cultures: 1001 Stories of Denmark (2016), http://www.kulturarv.dk/1001fortaellinger/en GB 3. Gallo, G., Scutella, M.G.: Directed Hypergraphs as a Modelling Paradigm. Tech. Rep. TR-99-02, Università di Pisa, Dipartimento di Informatica (1999) 4. Greve, D.: Vorbemerkungen. In: Greve, D. (ed.) Flurnamen in Mecklenburg- Vorpommern: mit einem Lexikon der Flurnamenelemente (Flurnamen von A bis Z), pp. 1–14. Stiftung Mecklenburg, Schwerin (2016) 5. Haescher, K.: Schwerin: Hobbyforscher löst Fall Holsten“ (Jan 2016), ” http://www.nnn.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/mecklenburg- magazin/hobbyforscher-loest-fall-holsten-id12571491.html 6. Heimatbund Mecklenburg: Zur Flurnamenforschung; Aufruf zur Flunamenfor- schung; Fragebogen für die Flurnamenforschung. Zeitschrift des Heimatbundes Mecklenburg (Landesverein des Bundes Heimatschutz) 3(1), 16–22 (1908) 7. Holsten, R.: Die Pommersche Flurnamensammlung. No. 6 in Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern — Reihe V: Forschungen zur pommerschen Geschichte, Böhlau Verlag, Köln, Graz (1963) 8. Lang, A., Rio-Ross, J.: Using Amazon Mechanical Turk to transcribe historical handwritten documents. The Code4Lib Journal 15 (2011) 9. Lichtwark, M.: Crowdsourcing in digitalen Archiven. Aufbereitung, Analyse und Konzeption einer Deskribierung am Mecklenburgischen Flurnamenarchiv. Rostock (2017) 10. Meyer, H., Schering, A.C., Heuer, A.: The Hydra.PowerGraph System — Building digital archives with directed and typed hypergraphs. Datenbank-Spektrum 17(2), 113–129 (Jul 2017) 11. Meyer, H., Schering, A.C., Schmitt, C.: Wossidia-the digital wossidlo archive. In: Meyer, H. (ed.) Corpora ethnographica online, Rostocker Beiträge zur Volkskunde und Kulturgeschichte, vol. 5, pp. 61–84. Waxmann, Münster u.a. (2014) 12. Meyer, H., Schmitt, C.: Semantische, räumliche und zeitliche Vernetzung regional- ethnologischer Archive. In: Bolenz, E., Franken, L., Hänel, D. (eds.) Wenn das Erbe in die Wolke kommt — Digitalisierung und kulturelles Erbe. pp. 61–86. Klartext Verlag, Essen (2015) 13. NYPL/Zooniverse: Old weather: Whaling: Transcribe, htt- ps://whaling.oldweather.org/#/transcribe 14. 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