=Paper= {{Paper |id=Vol-1919/paper4 |storemode=property |title=Biodiversitätsmonitoring in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) (Biodiversity monitoring in the German Exclusive Economic Zone (EEZ)) |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-1919/paper4.pdf |volume=Vol-1919 |authors=Mirko Hauswirth,Matthias Bluhm |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/uis/HauswirthB17 }} ==Biodiversitätsmonitoring in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) (Biodiversity monitoring in the German Exclusive Economic Zone (EEZ))== https://ceur-ws.org/Vol-1919/paper4.pdf
                                        Tagungsband UIS 2017




Beitrag D: Mirko Hauswirth, Matthias Bluhm

        Biodiversitätsmonitoring in der Ausschließlichen
                              Wirtschaftszone (AWZ)


                             Mirko Hauswirth1, Matthias Bluhm2
                    1
                     Bundesamt für Naturschutz, mirko.hauswirth@bfn.de
                         2
                          con terra GmbH, m.bluhm@conterra.de


Abstract
The Federal Agency for Nature Conservation (BfN), Dept. Marine Nature Conservation, is
responsible for nature conservation in the German Exclusive Economic Zone (EEZ). Tasks
include the selection and administration of marine reserves and the marine monitoring.

The information collected and processed by the BfN must be provided internally and publicly,
as well as for the MDI.DE and EU Guidelines, in the required reporting formats (MSRL, Natura
2000 / FFH, INSPIRE). To meet these requirements information should be made easily
accessible with modern Apps and Services.

For these purposes, a system architecture was developed by using the standard products
existing at BfN. Data retention is based on Oracle- and Esri-products. The services are
provided by ArcGIS for Server and a map application based on map.apps (con terra) is created
for public. Processes for importing data, including quality assurance, as well as for export (e.g.
for reporting requirements) are implemented with FME.

For a smooth operation of the infrastructure a workflow with supporting software tools is
developed, which provides a simple flow of information from data collection to the desired
information products.

Extensive data on biodiversity monitoring at the BfN is a major Focus. These include e.g. data
on seabirds, marine mammals, biotopes / habit types and benthos.

Zusammenfassung
Das BfN, Abt. Meeresnaturschutz, ist für den Naturschutz in der deutschen AWZ zuständig.
Aufgaben sind u.a. die Auswahl und Verwaltung der Meeresschutzgebiete und das
Biodiversitätsmonitoring. Die vom BfN gesammelten und aufbereiteten Informationen müssen
hausintern und öffentlich sowie für die MDI.DE (Marine Daten-Infrastruktur Deutschland) und
EU-Richtlinien in den geforderten Berichtsformaten (MSRL, Natura 2000 / FFH, INSPIRE)
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bereitgestellt werden. Um diesem Anspruch gerecht zu werden sollen Informationen mittels
moderner Apps einfach zugänglich gemacht werden und Dienste so bereitgestellt werden,
dass die Anforderungen aus der MDI.DE und den EU-Richtlinien erfüllt werden.

Für diese Zwecke wurde auf Basis der beim BfN bestehenden Standardprodukte eine
Systemarchitektur entwickelt. Die Datenhaltung erfolgt auf Basis von Oracle und Esri-
Produkten. Die Dienste werden mit ArcGIS for Server bereitgestellt und für die Öffentlichkeit
wird eine Kartenanwendung auf Basis von map.apps (con terra) [Uhlenküken 2017a] erstellt.
Prozesse zum Import von Daten inklusive Qualitätssicherung sowie für den Export (z.B. für
Berichtspflichten) werden mit FME umgesetzt.

Für den reibungslosen Betrieb der Infrastruktur wird ein Workflow mit unterstützenden
Softwarewerkzeugen entwickelt, der für einen einfachen Informationsfluss von der
Datenerhebung bis in die gewünschten Informationsprodukte sorgt.

Einen Schwerpunkt bilden umfangreiche Daten des Biodiversitätsmonitorings am BfN. Dazu
zählen z.B. Daten zu Seevögeln, marinen Säugetieren, Biotopen/Lebensraumtypen und
Benthos.

Aktuell können Sichtungsdaten zu Seevögeln und marinen Säugetieren (Schweinswale) aus
flugzeug- und schiffgestützten Beobachtungen dargestellt werden. Diese bilden die Basis für
weitere Auswertungen und die jährlichen Monitoringberichte. Für die Einzelsichtungen liegen
Informationen seit 2001 mit mehreren Millionen Einzelpunkten vor.

Aus den Einzeldaten werden Verbreitungskarten auf Basis eines von der EU bereitgestellten
Rasters erstellt. In einem abschließenden Schritt werden noch der Bestand sowie der Trend
für einzelne Arten ermittelt.


1 Aufgaben des BfN in der AWZ
Die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) ist nach dem Seerechtsübereinkommen
der Vereinten Nationen das Meeresgebiet zwischen der 12- und 200-Meilen-Grenze.
In der AWZ hat der zugehörige Küstenstaat bestimmte Rechte, wie z.B. das Recht zur
wirtschaftlichen Ausbeutung einschließlich des Fischfangs. Es bestehen aber auch
Pflichten, insbesondere die Pflicht zum Schutz der Meeresumwelt. Daraus ergeben
sich für das Bundesamt für Naturschutz im wesentlichen folgende Aufgaben:

   •   Auswahl und Verwaltung von Meeresschutzgebieten (§56 BNatSchG)
   •   Durchführung des Umweltschadensgesetzes (USchadG) im Hinblick auf marine
       Biodiversitätsschäden
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   •   Biodiversitätsmonitoring (Beobachtung von Natur und Landschaft, §6
       BNatSchG)
   •   Führung     eines    Registers      der      geschützten   Biotope   und   eines
       Kompensationsverzeichnisses für Eingriffe in Natur und Landschaft
   •   Überwachung der Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorschriften einschließlich
       Gefahrenabwehr


2 Marines Biodiversitätsmonitoring
Grundlage für Maßnahmen im Naturschutz ist das Wissen um den Zustand der
Ökosysteme und dessen Veränderungen. Dieses Wissen wird durch die langfristige
und systematische Beobachtung von Natur und Landschaft, von Arten und
Lebensräumen (= Monitoring) erlangt.

Durch ein gutes Meeresmonitoringprogramm lassen sich negative Entwicklungen der
marinen biologischen Vielfalt zuverlässig und frühzeitig erkennen und zielgerichtete
Maßnahmen ergreifen, um ihnen entgegenzuwirken. Vielfach können anhand von
Monitoringdaten spezifische Auswirkungen von konkreten menschlichen Aktivitäten
auf die biologische Vielfalt im Meer identifiziert werden.

So liefert z.B. das gemäß FFH -Richtlinie durchzuführende Monitoring mariner
Lebensraumtypen und Arten Daten zum Erhaltungszustand von benthischen
Lebensräumen sowie von Tier- und Pflanzenpopulationen, indem deren Verbreitung
und Vorkommen, Struktur und Funktionen bzw. Habitatqualität, sowie Trends und
Gefährdungen erfasst werden. Ziel ist es, den Zustand anhand festgelegter Kriterien
zu bewerten. Je nach Einschätzung der Ergebnisse bilden die Bewertungen dann die
Grundlage für die Einleitung von Schutzmaßnahmen. Deren Wirksamkeit wird
wiederum erneut anhand von Monitoringdaten evaluiert.

Rechtsgrundlagen für bestehende Monitoringverpflichtungen ergeben sich aus den
folgenden Gesetzen bzw. Richtlinien:

   •   Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
   •   Art. 11 und 17 der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL, 92/43/EWG)
   •   Art. 10 und 12 der Vogelschutzrichtlinie (VRL, 79/409/EWG)
   •   Art. 8 und 11 der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL, 2008/56/EG)

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   •    Art. 5, 8 und 15 der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL, 2000/60/EG) für die
        Küsten- und Übergangsgewässer
   •    Oslo-Paris-Übereinkommen (OSPAR, NO-Atlantik einschließl. Nordsee)
   •    Helsinki-Übereinkommen (HELCOM, Ostsee), inkl. „Baltic Sea Action Plan“
   •    Zusammenarbeit       zum    Schutz        des      Wattenmeeres       (TWSC),    inkl.
        „Wattenmeerplan“
   •    ASCOBANS-Abkommen zum Schutz der Kleinwale

Das     Marine   Biodiversitätsmonitoring    betrifft      Meeressäugetiere    (Schwerpunkt
Schweinswale), Seevögel (Rast- und Zugvögel), Benthos und Lebensraumtypen sowie
anadrome      Wanderfische.    Im    den      weiteren        Ausführungen      werden    die
Meeressäugetiere und Schweinswale betrachtet. Nähere Informationen zur Methodik
der Erhebung und der Auswertungen finden sich in Markones et al. (2015) für die
Seevögel und in Viquerat et al. (2015) für die Meeressäugetiere.


3 Datenmanagement für das Biodiversitätsmonitoring
Die wichtigsten Ziele im Projekt „Datenmanagement für das Biodiversitätsmonitoring“
sind:

   •    Informationen zum Biodiversitätsmonitoring in der AWZ intern und öffentlich
        zugänglich machen,
   •    Anforderungen aus Berichtspflichten erfüllen (und MDI-DE),
   •    Einen einfachen Informationsfluss von der Datenerhebung bis in die
        gewünschten Informationsprodukte sicherstellen,
   •    QS-Maßnahmen und Standardanweisungen zu Datenerfassung und -
        verarbeitung weiterentwickeln.

Die Systemarchitektur basiert auf der Geodateninfrastruktur (GDI) des BfN und den
dort verfügbaren Softwareprodukten. Die bestehende Infrastruktur, insbesondere der
Workflow von den Datenlieferanten bis in die Informationsprodukte, wird aktuell noch
weiterentwickelt.




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                      Abbildung 1: Grobe Skizze der Systemarchitektur

Die Abbildung 1 zeigt die Architektur und die Abläufe in einer groben Form. Die Daten
werden von Forschungsinstituten und Ingenieurbüros erhoben und an das BfN
übermittelt. Mittels automatisierter Routinen werden die Daten in die BfN-Datenbank
(Meeresnaturschutz) eingespielt. Hierzu wird das Produkt FME der Firma Safe
Software genutzt. Die Daten, die qualitätsgeprüft sind und über Dienste bereitgestellt
werden sollen, werden in den BfN-Gesamtbestand überführt. Auf diesem
Datenbestand werden die Dienste aufgesetzt: Metadatendienste über den smart.finder
der con terra GmbH [Uhlenküken 2017b], [Hackmann 2015] und Mappingdienste über
ArcGIS Server.

Zudem erfolgt die Bereitstellung von Diensten oder Daten in entsprechenden
Berichtsformaten (z.B. XML) für die EU-Richtlinien: INSPIRE, Natura 2000, MSRL.

Mit diesem Projekt stellt das BfN auch einen Infrastrukturknoten für die Marine
Dateninfrastruktur Deutschland (MDI-DE) bereit. Die Metadaten der BfN-Dienste
werden vom MDI-DE Server eingesammelt und die Dienste können in der MDI-DE
genutzt werden.




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4 Ergebnisse
Die ersten Ergebnisse, die im Herbst 2017 veröffentlicht werden, sind Anwendungen
zu Schweinswalen und zu Seevögeln.

Bei den Seevögeln wurde das Datenmodell überarbeitet und ein Importtool konzipiert
und entwickelt. Damit wurden Daten von 2001-2015 für 19 Arten aufbereitet
(Sichtungsdaten, auf 3-Jahreszeiträume aggregierte Daten) und in die Datenbank
übernommen. Insgesamt wurden mehr als 1,4 Mio. Beobachtungspunkte mit 61.000
Sichtungen ausgewertet. Die Mappingdienste wurden aufgrund der Menge mittels
Pythonskripten erzeugt. Für die Sichtungsdaten wurden 19 Dienste mit Layern für
jedes Jahr und jede Jahreszeit (19 x 15 x 4 Layer) generiert. Für die auf 3 Jahre
aggregierten Daten wurden 19 Dienste mit Layern für 3-Jahreszeiträume je Jahreszeit
(19 x 5 x 4 Layer) erzeugt.




    Abbildung 2: Exemplarische Darstellung aus der Anwendung zur Verbreitung von Seevögeln

Nach außen präsentiert werden die Daten mit zwei map.apps Anwendungen: eine für
die Sichtungsdaten (Punkte) und eine für die auf 3 Jahreszeiträume und ein 10x10 km
EU-Raster aggregierten Daten (siehe Abbildung 2).

Bei den Schweinswalen wurden Daten von 2001-2016 aufbereitet (Sichtungsdaten,
aggregierte Daten je Survey, auf 3-Jahreszeiträume aggregierte Daten) und in die
Datenbank übernommen. Basis sind hier ca. 800.000 Mio. Beobachtungspunkte mit

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29.000 Sichtungen. Als kartografische Darstellungen werden die Verbreitung der
Schweinswale, die Sichtung von Kälbern, die Sichtung anderer Meeressäuger sowie
die Beobachtung anthropogener Aktivitäten angeboten. Präsentiert werden die Daten
ebenfalls mit zwei map.apps Anwendungen: eine für die Sichtungsdaten (siehe
Abbildung 3) und eine für die auf 3 Jahreszeiträume auf ein 10x10 km EU-Raster
aggregierten Daten (siehe Abbildung 4).




  Abbildung 3: Exemplarische Darstellung aus der Anwendung zur Verbreitung von Schweinswalen
                               (Transekte und Einzelsichtungen)




  Abbildung 4: Exemplarische Darstellung aus der Anwendung zur Verbreitung von Schweinswalen

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5 Fazit und Ausblick
Die Daten und Anwendungen werden schrittweise erweitert. Bis Ende 2017 sollen u.a.
folgende Daten bzw. Darstellungen ergänzt werden: Daten zu Seevögeln von 2016,
Trenddaten, POD-Daten und Darstellungen zum Erfassungsaufwand. Zudem werden
die Schutzgebietsdaten aktualisiert. Daten zu Biotopen und Benthos werden in 2017
konzeptionell vorbereitet und sollen dann 2018 bereitgestellt werden.

Der Workflow von der Datenaufbereitung zum Informationsprodukt ist bereits
weitgehend automatisiert, soll aber noch optimiert werden.


6 Literaturverzeichnis
Hackmann, Ralf (2015): Building and managing next generation geo apps. Geospatial World
  Forum 2015, Lisbon.
  https://geospatialworldforum.org/speaker/SpeakersImages/%20Ralf%20Hackmann.pdf
  (zuletzt aufgerufen 28.08.2017)
Markones, N.; Guse, N.; Borkenhagen, K.; Schwemmer, H.; Garthe, S.: (2015): Seevogel-
  Monitoring 2014 in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee. Im Auftrag des
  Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Fachbetreuung im BfN: Mirko Hauswirth und Kathrin
  Heinicke Fachgebiet Meeres- und Küstennaturschutz, Insel Vilm.
Viquerat, S.; Gilles, A.; Herr, H.; Siebert, U.; Gallus, A.; Krügel, K.; Benke, H. (2015):
   Monitoring von marinen Säugetieren 2014 in der deutschen Nord- und Ostsee. Im Auftrag
   des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Fachbetreuung im BfN: Mirko Hauswirth und
   Kathrin Heinicke Fachgebiet Meeres- und Küstennaturschutz, Insel Vilm.
Lehfeldt, R.; Räder, M. (Redaktion) (2016): Leitfaden zur Anbindung eines Infrastrukturknotens
  an die MDI-DE, https://www.mdi-de.org/downloads/MDI-DE_Leitfaden_ISK_2.1.pdf (zuletzt
  aufgerufen 27.08.2017)
Uhlenküken, Christoph (2017a): „map.apps - Innovative Apps für Web und Mobile“ ,
  https://www.conterra.de/mapapps (zuletzt aufgerufen 27.08.2017)
Uhlenküken, Christoph (2017b): „smart.finder - Suchen auf                 die   smarte   Art“,
  https://www.conterra.de/smartfinder (zuletzt aufgerufen 27.08.2017)




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