=Paper= {{Paper |id=Vol-2092/paper9 |storemode=property |title=Bitte stimmen Sie jetzt ab! – Ein Erfahrungsbericht über das Audience Response System PINGO(Please Vote Now! – A Field Report on the Audience Response System PINGO) |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-2092/paper9.pdf |volume=Vol-2092 |authors=Dennis Kundisch,Jürgen Neumann,Darius Schlangenotto |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/delfi/KundischNS17 }} ==Bitte stimmen Sie jetzt ab! – Ein Erfahrungsbericht über das Audience Response System PINGO(Please Vote Now! – A Field Report on the Audience Response System PINGO)== https://ceur-ws.org/Vol-2092/paper9.pdf
       Carsten Ullrich, Martin Wessner (Eds.): Proceedings of DeLFI and GMW Workshops 2017
                                                         Chemnitz, Germany, September 5, 2017



Please Vote Now! – A Field Report on the Audience Response
System PINGO

Dennis Kundisch, Jürgen Neumann, Darius Schlangenotto



Abstract: Active learning allows lecturers to let students interactively participate in class.
Audience response systems (ARS) are one way to realize active learning as they enable
lecturers to simultaneously ask every student subject-related questions. In this article, we
present our experiences with the web-based ARS PINGO, which has been developed and
hosted at Paderborn University. Using PINGO as an example for ARS, we (1) present
possible use cases and analyze actual user behavior, (2) describe the characteristics of the
underlying software architecture, and (3) discuss challenges regarding the establishment
of a long-term operation for a successful e-learning project.
        Carsten Ullrich, Martin Wessner (Eds.): Proceedings of DeLFI and GMW Workshops 2017
                                                          Chemnitz, Germany, September 5, 2017




Bitte stimmen Sie jetzt ab! – Ein Erfahrungsbericht über
das Audience Response System PINGO

Dennis Kundisch1, Jürgen Neumann2, Darius Schlangenotto3



Abstract: Handlungsorientierte Formen der Didaktik erlauben es Dozenten die Lernenden zu
aktiver und selbstständiger Mitarbeit anzuregen. Solch handlungsorientierte Formen der Didaktik
lassen sich u. a. durch elektronische Audience Response Systeme (ARS) realisieren, die es Dozen-
ten ermöglichen während einer Präsenzveranstaltung Studierende hinsichtlich einer themenbezo-
genen Problemstellung zu befragen. In diesem Beitrag werden die Erfahrungen mit dem an der
Universität Paderborn entwickelten und betriebenen webbasierten ARS PINGO diskutiert. Am
Beispiel von PINGO werden (1) Einsatzszenarien und die tatsächliche Nutzung durch Dozenten
vorgestellt, (2) Besonderheiten der Softwarearchitektur eines solchen ARS hervorgehoben sowie
(3) die Herausforderungen der Verstetigung eines erfolgreichen eLearning-Projekts fokussiert.
Keywords: Audience Response System, PINGO, Lehr-/Lerndesign, Erfahrungsbericht



1     Motivation
In vielen Fachdisziplinen werden die Inhalte auch heute noch vorwiegend über den Weg
der klassischen Frontalvorlesung vermittelt. In stark nachgefragten Studienfächern, führt
dies häufig zu sehr hohen Teilnehmerzahlen und den Studierenden bleibt oft nur die
Rolle passiver Rezipienten, die sich den Vortrag des Dozenten4 anhören und sich die
dargebotenen Inhalte auf unterschiedlichen Wegen, nach der Vorlesung, individuell
erschließen. Diese Form des Lernens ist, angesichts mittlerweile gut fundierter Erkennt-
nisse der Lehr-/Lernforschung, nicht optimal [Gl96]. Handlungsorientierte Formen der
Didaktik erlauben es Dozenten die Lernenden zu aktiver und selbstständiger Mitarbeit
anzuregen [Ha98]. Solch handlungsorientierte Formen der Didaktik lassen sich u. a.
durch elektronische Audience Response Systeme (ARS)5 realisieren, die es Dozenten
ermöglichen während einer Präsenzveranstaltung Studierende hinsichtlich einer themen-
bezogenen Problemstellung zu befragen.

1 Universität Paderborn, Warburger Straße 100, 33098 Paderborn, Dennis.Kundisch@wiwi.upb.de
2 Universität Paderborn, Warburger Straße 100, 33098 Paderborn, Juergen.Neumann@wiwi.upb.de
3 Universität Paderborn, Warburger Straße 100, 33098 Paderborn, Darius.Schlangenotto@wiwi.upb.de
4 Es sind stets Personen männlichen und weiblichen Geschlechts gleichermaßen gemeint; aus Gründen der

 einfacheren Lesbarkeit wird im Folgenden nur die männliche Form verwendet.
5 Auch als Live Feedback System, Audience Response System oder Personal Response System bezeichnet

 [Ku13]. Ein Überblick über die Historie von ARS findet sich in [JS02].
Dennis Kundisch et al.

Ein ARS, welches sich mit mehr als 12.000 registrierten Dozenten durch eine hohe
Marktdurchdringung auszeichnet, ist das kostenlos angebotene, webbasierte ARS PIN-
GO. Das System wird seit 2011 an der Universität Paderborn entwickelt, unter
https://pingo.upb.de als gehosteter Service sowie unter https://github.com/PingoUPB als
Open Source Version bereitgestellt und kontinuierlich hinsichtlich verschiedener didak-
tischer Einsatzszenarien evaluiert (z. B. [Zo16], [Be14], [Be12]). PINGO ermöglicht die
Umsetzung unterschiedlicher Lehr-/Lerndesigns und zeichnet sich durch eine intuitive
Bedienbarkeit aus. Technisch wurde das System für den Einsatz in Großveranstaltungen
ausgelegt, um Lehrenden die Möglichkeit zu geben auch Veranstaltungen mit mehr als
1.000 Zuhörern interaktiver zu gestalten. In diesem Beitrag werden ausgewählte Erfah-
rungen der vergangenen sechs Jahre aus didaktischer, technischer und organisatorischer
Sicht zusammengefasst. Damit wird das Ziel verfolgt, eLearning-Verantwortlichen und
Webentwicklern nutzenstiftende Anregungen bei der Durchführung von ähnlichen Pro-
jekten zur Verfügung zu stellen.


2    ARS und Lehr-/Lerndesigns
Im (Hoch-)Schulkontext dienen ARS insbesondere dazu Vorlesungen und Übungen
interaktiver zu gestalten, um Studierende aus ihrer häufig eher passiven Rolle herauszu-
holen und diese aktiv in die Veranstaltung einzubeziehen. ARS erlauben hierbei die
Umsetzung unterschiedlichster Lehr-/Lerndesigns [Ku13] und können z. B. zur Klausur-
vorbereitung (insb. Multiple-Choice-Klausuren), Wissens-/Meinungsabfrage, Motivation
neuer Inhalte und zum Sammeln von Veranstaltungsfeedback eingesetzt werden. Dar-
über hinaus lassen sich die speziell für ARS entwickelten und fundiert evaluierten Lehr-
/Lerndesigns Peer Instruction [Ma97] und Class-Wide Discussions [Du96] realisieren.
Bei Peer Instruction stellt der Vortragende nach einem kurzen Impulsreferat eine Mul-
tiple-Choice-Frage. Bei weniger als 80 % korrekten Antworten, vertieft der Dozent ent-
weder das Impulsreferat (< 30 % richtige Antworten) oder lässt die Teilnehmer mit ihren
Nachbarn diskutieren (Peer Discussion bei > 30 % und < 80 % richtiger Antworten).
Anschließend wir die Frage erneut zur Abstimmung gestellt und die neuen Umfrageer-
gebnisse ein weiteres Mal ausgewertet. In der Literatur wird eine positive Korrelation
zwischen dem Einsatz von Peer Instruction und positiven Rückmeldungen in studenti-
schen Evaluationen, unabhängig von der Gruppengröße, postuliert [LGP17]. Darüber
hinaus legen diverse Studien nahe, dass der Einsatz von Peer Instruction positive Aus-
wirkungen auf die Leistungen in Abschlussklausuren hat (z. B. [SPS13]). Bei Class-
Wide Discussions werden die Umfrageergebnisse zu einer gestellten Frage im gesamten
Plenum unter Moderation durch den Vortragenden diskutiert [Du96]. Im Vergleich zu
Peer Instruction wird hier also nicht nur mit den unmittelbaren Nachbarn diskutiert,
sondern die gesamte Zuhörergruppe einbezogen.
                                                              Bitte stimmen Sie jetzt ab!

3     ARS PINGO

3.1    Funktionalität

Mit PINGO lassen sich u. a. die in Kapitel 2 genannten Lehr-/Lerndesigns umsetzen.
Neben Single- und Multiple-Choice-Fragen, die v. a. bei Peer Instruction und Class-
Wide Discussions Verwendung finden, bietet PINGO weitere Flexibilität durch zusätzli-
che Fragetypen. So können auch Freitextfragen und Fragen mit einer numerischen Ein-
gabe (bspw. Schätzfragen) an das Publikum gestellt werden. Vortragende können Fragen
vorab im System vorbereiten (inkl. LaTeX-Formelunterstützung) oder ad-hoc an das
Plenum senden. Das System bietet zudem die Möglichkeit vorbereitete Fragen in ande-
ren Formaten (z. B. XML für Moodle oder QTI für Ilias) zu im- oder exportieren.
Abbildung 1 gibt einen Überblick über ein typisches Nutzungsszenario eines webbasier-
ten ARS wie PINGO. Dozenten stellen eine Frage an das Plenum (Abb. 1, Schritt 1).
Studierende antworten in einem vorgegebenen Zeitfenster auf die Frage (Schritt 2). An-
schließend erfolgt die Auswertung der Ergebnisse und die Diskussion im Plenum
(Schritt 3). Die bspw. an eine Peer Discussion anschließende Wiederholungsfrage wird
ebenfalls durch PINGO unterstützt. Dabei werden die Ergebnisse der Wiederholung im
Vergleich zu den ursprünglichen Ergebnissen angezeigt und es ist ebenfalls möglich zu
betrachten, wie viele Teilnehmer von einer bestimmten Antwortmöglichkeit zu einer
anderen gewechselt sind. Um eine sinnhafte Integration von PINGO in unterschiedlichs-
te Veranstaltungen zu ermöglichen, stellen wir vielfältige didaktische Materialien (z. B.
http://go.upb.de/pingoDidaktik oder https://youtu.be/KK22QMb0MFA) zur Verfügung.




                   Abb. 1: Nutzungsszenario eines webbasierten ARS
Neben den klassischen Umfragefunktionalitäten bietet PINGO diverse Funktionalitäten
zur Kollaboration zwischen den Dozenten. So können Dozenten ihre Fragen öffentlich
anderen Nutzern zur Verfügung stellen und Fragen kommentieren. In PINGO werden
zudem mehrere Fragen innerhalb einer Veranstaltung, oft über mehrere Termine, gestellt
und die zugehörigen Ergebnisse in dieser Veranstaltung gespeichert. Im System ist es
Dennis Kundisch et al.

deshalb möglich, eine solche Veranstaltung mit mehreren Dozenten zu teilen, sodass
jeder Dozent Fragen stellen und Ergebnisse einsehen kann. Darüber hinaus erlaubt die
Zusatzapplikation PINGO Remote (für Windows und Mac), PINGO ohne die Verwen-
dung eines Webbrowsers und dem damit verbundenen Hin- und Herwechseln zwischen
Präsentation und Browser zu steuern. So können Fragen durch ein kleines, über der Prä-
sentation (bspw. PowerPoint oder PDF) liegendes Fenster gestartet werden. Derzeit wird
zudem an einer vollständigen PowerPoint Integration gearbeitet.
Im Vergleich zu diversen anderen ARS zeichnet sich PINGO durch die Möglichkeit zur
Vorbereitung und Wiederverwendung von Fragen, den Einsatz mittels beliebigen inter-
netfähigen Endgeräten und eine hohe Nutzeraktivität aus [Ve14]. Das System bietet
jedoch keine Möglichkeit in Echtzeit die Vortragsweise des Lehrenden zu bewerten
[Ve14] oder mittels Learning Analytics den eigenen Lernfortschritt zu analysieren.


3.2    Softwarearchitektur & Betrieb

Webbasierte ARS wie PINGO benötigen eine angepasste Softwarearchitektur, die es
erlaubt, zeitgleich stattfindende Abstimmungen mit hunderten von Teilnehmern an un-
terschiedlichsten Standorten weltweit durchzuführen. Abbildung 2 zeigt die Serveranfra-
gen, welche im Rahmen eines Nutzungsszenarios entstehen. Derzeit finden in Spit-
zenlastzeiten hunderte Umfragen mit tausenden von Teilnehmern parallel statt. Diese
Leistungsdaten erfordern die Bereitstellung eines skalierbaren Systems, welches eine
Vielzahl paralleler Serveranfragen verarbeiten kann.




                         Abb. 2: Nutzungsszenario & Softwarearchitektur

Die Softwarearchitektur von PINGO besteht im Kern aus einer mit dem Web-
Framework Ruby on Rails entwickelten Webapplikation, welche über einen NGINX
Webserver zur Verfügung gestellt wird (für Details, siehe [WN13]). Als Datenbankser-
ver nutzt PINGO die NoSQL-Datenbank MongoDB (für Details, siehe [Ba16]). Derzeit
wird die Gesamtarchitektur über den deutschen Hosting-Anbieter maxcluster in einem
Rechenzentrum in Frankfurt bereitgestellt. Die Webapplikation und der Datenbankserver
werden hierbei auf separaten Servern betrieben, um so Leistungsengpässe zu vermeiden
und das Potential der NoSQL-Datenbanktechnologie vollumfänglich auszuschöpfen.
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3.3    Nutzung

Seit der Entwicklung im Jahr 2011 wurden mit PINGO von den mehr als 12.000 re-
gistrierten Dozenten mehr als 170.000 Umfragen durchgeführt und mehr als drei Millio-
nen Antworten wurden über das System abgegeben. Pro Monat stimmen derzeit mehr als
100.000 Personen ab und uns erreichen monatlich mehr als 50 technische oder didakti-
sche Hinweise per Email oder Telefon. PINGO wird nach wie vor vorranging an Hoch-
schulen eingesetzt (89 % aller Nutzer). Die Zahl der Nutzer, die PINGO im Schul- (5 %)
oder Unternehmensumfeld (6 %) einsetzen, steigt jedoch kontinuierlich.


4     Projekterfahrungen

4.1    Nutzerverhalten

Die weite Verbreitung von PINGO ist aus unserer Sicht auf zwei wesentliche Faktoren
zurückzuführen. Zum einen verfügt PINGO über ein niederschwelliges Design und einen
Funktionsumfang, der direkt auf die Umsetzung von einigen wenigen ARS-basierten
Lehr-/Lerndesigns abgestimmt wurde. Wir haben bewusst darauf verzichtet, zahlreiche
weitere Interaktionsmöglichkeiten (bspw. Zwischenfragen des Publikums, Live-
Feedback zum Vortragstempo etc.) in PINGO zu integrieren. Zum anderen hat sich die
Softwarearchitektur in der Praxis bewährt, sodass wir in der Lage sind, allen Nutzern ein
hoch-performantes System zur Verfügung zu stellen, welches 24/7 zur Verfügung steht.
Im Schul- und (Hoch-)Schulkontext wird PINGO oftmals im Rahmen der Lehre einge-
setzt, um Zuhörer aktiv in Veranstaltungen einzubeziehen und diese interaktiver zu ge-
stalten. Im Unternehmenskontext nutzen Vortragende PINGO insbesondere, um Ab-
stimmungen im Rahmen von Workshops und größeren Plenumsveranstaltungen durch-
zuführen. Umfrageersteller nutzen hierbei vorrangig Single-Choice- (46 % aller im Sys-
tem hinterlegten Fragen) oder Multiple-Choice-Fragen (40 % aller Fragen). Der Anteil
an wiederholten Umfragen beträgt 13 %. Dies legt den Schluss nahe, dass Peer Instruc-
tion (und vergleichbare umfassendere Lehr-/Lerndesigns) nur ein Einsatzszenario unter
vielen anderen darstellt.
Darüber hinaus nutzen Vortragende die Kollaborationsmöglichkeiten von PINGO, um
gemeinschaftlich Veranstaltungen vorzubereiten. So werden 10 % aller Fragen und 8 %
aller Veranstaltungen für eine Zusammenarbeit freigegeben, 13 % aller geteilten Fragen
weisen mindestens einen Kommentar auf. Es zeigt sich jedoch auch, dass Fragen nur
sehr selten (3 % aller im System angelegten Fragen) öffentlich allen anderen Nutzern zur
Verfügung gestellt werden.
Eine zentrale Herausforderung bei der Verwendung eines ARS wie PINGO besteht aus
unserer Sicht nach wie vor in der Formulierung geeigneter Fragen, insbesondere wenn es
darum geht Niveau-gerecht, nicht-trivial, aber trotzdem trennscharf das Verständnis von
Dennis Kundisch et al.

Konzepten und nicht nur Wissen abzufragen. So berichten uns Dozenten vielfach, dass
der Einsatz von Votinglösungen in Veranstaltungen zwar sehr positiv von Zuhörern
angenommen wird, jedoch hohe Anforderungen an die (Um-) Gestaltung der eigenen
Lehrveranstaltung stellt. Die teilweise mit Standard-Lehrbüchern ausgelieferten Fragen-
kataloge (sog. „test banks“) stellen dabei teilweise einen guten Startpunkt dar (und las-
sen sich i.d.R. auch problemlos nach PINGO importieren). Zumindest in unserer eigenen
Domäne ist trotzdem jeweils noch viel Eigenleistung nötig. Es wäre wünschenswert,
wenn sich mittelfristig evaluierte themen- und fachspezifische Fragenkataloge für ARS
etablieren ließen, welche kontinuierlich weiterentwickelt werden. Dies würde die Effizi-
enz des Einsatzes von ARS im Lehrkontext aus unserer Sicht deutlich erhöhen. Plattfor-
men wie PINGO könnten solche Kataloge zentral bereitstellen und die Weiterentwick-
lung über Kommentar- und Diskussionsmöglichkeiten unterstützen.


4.2    Bewertung der eingesetzten Technologien

Rückblickend erwies sich insbesondere die Wahl von Ruby on Rails als Web-
Framework aufgrund der flexiblen Integrierbarkeit mit anderen Softwarekomponenten
und der Verfügbarkeit diverser Bibliotheken, in Form von sogenannter gems, als äußerst
vorteilhaft. Im Vergleich zur anfänglichen Architektur (siehe [Ku12]), wurde 2016 das
Websocket-System angepasst. Das ursprüngliche socket.io, welches beispielsweise dazu
diente die verbleibende Abstimmzeit bei allen Teilnehmern synchron anzuzeigen, wurde
durch Faye ersetzt. Mit den steigenden Nutzerzahlen und der sich dadurch erhöhenden
Zahl an parallel zu verarbeitenden Serveranfragen, zeigte sich socket.io wenig robust.
Faye erwies sich in dem Anwendungskontext als weit robuster und ist in der Lage eine
Vielzahl paralleler Anfragen fehlerfrei zu verarbeiten.
Daneben erwies sich der Einsatz der NoSQL-Datenbank MongoDB aufgrund ihrer Ska-
lierbarkeit als äußerst vorteilhaft. Obwohl während besonderer Lastzeiten zwischen dem
Webserver und dem Datenbankserver 10 MB/s an Daten ausgetauscht werden, verblei-
ben die Antwortzeiten des MongoDB Datenbankservers unter einer Millisekunde. In
einer Simulation mit einem exakten Replikat der Infrastruktur, gelang es uns zudem
nicht eine Leistungsgrenze zu identifizieren [Ba16]. So verblieb auch bei einer fünffach
höheren Maximallast (50 MB/s) die Antwortzeit bei unter einer Millisekunde.
Die eingesetzte Softwarearchitektur bedingt, dass es bisher zu keinerlei serverseitigen
Systemengpässen kam. Nutzerberichte über einen „nicht funktionierenden PINGO-
Service“ ließen sich bislang ausnahmslos auf eine nicht adäquate WLAN-Ausstattung
vor Ort (insb. Anzahl der Access Points in großen Hörsälen) zurückführen. Viele Hoch-
schulen haben in den vergangenen Jahren jedoch massiv in die WLAN-Ausstattung
investiert, um verschiedenste E-Learning Angebote auch in großen Hörsälen für alle
Hörer nutzbar zu machen. Gleichwohl empfehlen wir jedem unserer Nutzer, vor dem
Einsatz von PINGO in Großveranstaltungen, mit dem IT-Service Kontakt aufzunehmen,
um zu prüfen, inwiefern die WLAN-Ausstattung die Nutzung von PINGO erlaubt.
                                                                Bitte stimmen Sie jetzt ab!

Die Softwarearchitektur bedingt jedoch auch, dass die Einarbeitungszeit auf unserer
Seite für neue Mitglieder im PINGO-Entwickler-Team vergleichsweise hoch ist. So
stellt Ruby on Rails ein Webframework dar mit dem funktionale Programmierkonstrukte
umgesetzt werden und MongoDB basiert auf einem nicht-relationalen Datenbankkon-
zept. Trotz umfangreicher Vorkenntnisse in der objektorientierten Programmierung und
relationaler Datenbankmodelle, gilt es für neue Teammitglieder die fundamental anderen
Grundkonzepte von Ruby on Rails und MongoDB zeitaufwändig zu erlernen. In der
Einarbeitungsphase zeigt sich zudem, dass weniger (allgemeine) Vorkenntnisse dabei
oftmals zweckdienlicher sind. Hochschulen, welche sich dazu entschieden haben die
Open Source-Version von PINGO selbst zu hosten, berichten uns darüber hinaus von
Schwierigkeiten bei der Einrichtung und Weiterentwicklung der Software, da die genutz-
te Architektur hohe Anforderungen an den Betrieb und die Weiterentwicklung stellen
und die benötigten Kompetenzen oftmals nicht zur Verfügung stehen.


4.3      Verstetigung

Eine große Herausforderung für erfolgreiche E-Learning-Systeme wie PINGO besteht
aus unserer Sicht darin, diese nach einer (geförderten) Projektphase zu verstetigen. Bis-
lang erfolgen der Betrieb und die Weiterentwicklung nach Auslaufen der Projektförde-
rung aus lehrstuhleigenen Mitteln. Aufgrund der hohen Anforderungen an ein webba-
siertes ARS (z. B. 24/7-Verfügbarkeit) und der weiten Verbreitung von PINGO, stellen
Nutzer vielfältige Anfragen und neue Anforderungen. Die Anfragen möchten wir ideal-
erweise mit einem fachlich fundierten Nutzersupport mit kurzer Reaktionszeit begegnen.
Viele der Weiterentwicklungswünsche – beispielsweise fragten in den vergangenen
Monaten mehr als 30 Leute an, ob PINGO nicht auch Fragensequenzen unterstützen
könne und ob es die Möglichkeit gäbe, PINGO in PowerPoint zu integrieren – würden
wir gerne aufgreifen. Die Aufgabe eines Lehrstuhls ist jedoch i. d. R. nicht einen 24/7-
Support sowie eine Auftragsentwicklungsabteilung zu unterhalten – und nicht für jeden
Featurewunsch kann ein eigenes „Forschungsprojekt“ erfolgreich beantragt werden. In
Gesprächen mit anderen Projektverantwortlichen wurde uns zudem klar, dass das Prob-
lem der Verstetigung zentral ist, für viele erfolgreiche universitäre Projekte und Prototy-
pen. Mindestens zwei Handlungsbereiche drängen sich diesbezüglich auf: Zum einen
sollten Projektverantwortliche selbst bereits frühzeitig geeignete Kooperationspartner
(innerhalb der Universität bspw. das Rechenzentrum und das Lernzentrum) in das Pro-
jekt mit einbeziehen, die den Dauerbetrieb bei Erfolg zu einem späteren Zeitpunkt
grundsätzlich sicherstellen könnten. Zum anderen gilt es Förderstrukturen zu etablieren,
die eine Verstetigung deutlich besser unterstützen.


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