=Paper= {{Paper |id=Vol-2197/paper14 |storemode=property |title=Mobile Anwendung zur gestaffelten Evakuierung bei Großveranstaltungen (Mobile Application for Staggered Evacuation at Major Events) |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-2197/paper14.pdf |volume=Vol-2197 |authors=Stefanie Lehmann,Hans-Knud Arndt }} ==Mobile Anwendung zur gestaffelten Evakuierung bei Großveranstaltungen (Mobile Application for Staggered Evacuation at Major Events)== https://ceur-ws.org/Vol-2197/paper14.pdf
                                      Tagungsband UIS 2018




Beitrag N: Stefanie Lehmann, Hans-Knud Arndt


       Mobile Anwendung zur gestaffelten Evakuierung bei
                             Großveranstaltungen


       Mobile Application for Staggered Evacuation at Major
                                         Events


                         Stefanie Lehmann1, Hans-Knud Arndt2
           1
           Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, stefanie.lehmann@ovgu.de
   2
    Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, hans-knud.arndt@iti.cs.uni-magdeburg.de


Abstract
The evacuation of large crowds can intensify or provoke panic situations and thus brings with
it a great potential for danger. Staggering the evacuation can help to avoid escalation. The
result is an optimization problem that can be solved with the help of mobile applications,
whereby at the same time social risks can be reduced in the age of the spread of fake news.

Zusammenfassung
Die Evakuierung großer Menschenmassen kann Paniksituationen verstärken oder hervorrufen
und bringt somit ein großes Gefahrenpotential mit sich. Eine Staffelung der Evakuierung kann
helfen, eine Eskalation zu vermeiden. Dabei entsteht ein Optimierungsproblem, das mit Hilfe
mobiler Anwendungen lösbar ist, wobei gleichzeitig im Zeitalter der Verbreitung von Fake
News auch soziale Risiken gemindert werden können.


1 Motivation
Früher war der Nutzen von Mobiltelefonen auf Großveranstaltungen wie mehrtägigen
Festivals kaum vorstellbar. Gründe dafür waren die nicht ausreichend lang haltbaren
Akkus, denen die Powerbank heute entgegenkommt, die schlecht ausgebauten
Mobilfunknetze und der scheinbar geringe Bedarf mobil vernetzt zu sein. In den letzten
Jahren ist nicht nur im Alltag die Bedeutung des Smartphones für den Nutzer gestiegen
und zur Selbstverständlichkeit geworden, auch im Bereich der Festivals sind mehr und
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mehr Angebote geschaffen worden, die das Leben der Besucher nicht nur
komfortabler sondern auch sicherer gestalten können. So bieten die mobilen
Anwendungen der größten Festivals in Deutschland (z. B. Rock am Ring und
Hurricane)    zwar   schon     einen    Nachrichtendienst     für   Notfallsituationen   wie
Unwetterwarnungen und statische Lagepläne, jedoch fehlt hier eine dynamische
Umsetzung zur Evakuierung der Besucher in Abhängigkeit von ihrem aktuellen
Standort.

In der Vergangenheit sind leider immer wieder im Zusammenhang mit Evakuierungen
erhöhte Gefahren durch Panik und mangelnde Hinweise zu Fluchtwegen entstanden,
die   durch   den    Einsatz    eines      ortsabhängigen     und    personengebundenen
Evakuierungssystems verbessert werden können.


2 Stand der Technik

2.1 Krisen- und Notfallsituationen
Da Krisen- und Notfallsituationen ein ständiges Problem der Gesellschaft darstellen,
zeigt sich ein vielseitiges Anwendungsfeld. In verschiedenen Bereichen wurden bisher
Lösungen entwickelt, aus denen Erfahrungen gezogen und die für den Anwendungsfall
der Großveranstaltung ausgebaut werden können. So existieren bisher vereinzelt
innerbetriebliche Lösungen, bei denen ein kleiner firmeninterner Personenkreis
registriert ist, der abhängig vom individuellen Standort evakuiert werden kann [Evalarm
2018]. Andere Lösungen fokussieren sich auf die Anwendung im Falle von
Naturkatastrophen, die aber noch in der Ideenphase stecken und nicht marktreif
umgesetzt wurden [Gymnasium Horn-Bad Meinberg 2013].

2.2 Ortung und Engpassvermeidung
Lange Zeit war die Standortermittlung in Innenräumen undenkbar. Inzwischen können
auch für Innenräume, wie beispielsweise große Einkaufszentren, standortbasierte
Dienste angewendet werden, indem über Hotspots eine ungefähre Position ermittelt
wird [Herbers 2015]. So können die Ansätze zur standortbezogenen Evakuierung auch
für Innenräume in Betracht gezogen werden. Über die MAC-Adresse und IMEI-
Nummer des Handys können Informationen übermittelt werden [Deutschbein 2018,
Lubkowitz 2014].


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Derzeitige Probleme bei der Evakuierung großer Menschenmassen zeigen sich, wenn
Engpässe an Ausgängen und auf Fluchtwegen liegen. Hier herrscht bereits eine
erhöhte Paniksituation. Wird die gesamte Menschenmasse gleichzeitig evakuiert, kann
die Panik weiter eskalieren, verstärkt durch das Schieben der weiter entfernt liegenden
Regionen, die zunehmend auf die Engpässe zuströmen. Werden zusätzlich durch die
Menschen die Ausgänge in der Masse optisch nicht erfasst, beginnen sie querzulaufen
und von der optimalen Fluchtroute abzuweichen. Somit dauert es nicht nur länger, ehe
das Gefahrengebiet geräumt ist, sondern auch hierbei eskaliert die Paniksituation
zunehmend. Zu viele negative Beispiele weist die Vergangenheit auf: 2010 starben bei
der Loveparade in Duisburg 21 Menschen, mehr als 650 wurden verletzt [Engelberg
2017], als sich am zu engen Durchgang zum Gelände die Massen stauten und Panik
ausbrach. Hierbei war keine Gefahrensituation der Auslöser für die Panik; sie entstand
aufgrund einer mangelhaften Veranstaltungsplanung. Ähnliche Zustände zeigten sich
im Stadion in Angola zu Beginn eines Fußballspiels: aufgrund des überfüllten Stadions
brach Panik aus und 17 Menschen verloren ihr Leben, 59 wurden schwer verletzt [Bild
2017, tz 2017]. Hätte man auch hier die weiter einströmenden Menschenmassen
warnen und somit aufhalten können, weiter in das Stadion voranzuschreiten, hätte eine
weitere große Tragödie womöglich vermieden werden können.

2.3 Fake News
Aktuelle   Probleme     bei   der    Nutzung         von   modernen   Techniken    zur
Nachrichtenübermittlung zeigen sich in der Verbreitung von Fake News. Diese bieten
ebenfalls einen weiteren Herd zur Eskalation in Paniksituationen. Die ohnehin
bestehende Gefahr der Netzüberlastung im Gebiet von Großveranstaltungen wird
durch die Verbreitung von unnützen Fake News hier weiter verstärkt. Auch der
Versuch, Angehörige zu kontaktieren und zu informieren, die sich nicht in hilfreicher
Reichweite befinden, überlastet das Handynetz nur unnötig und sollte während einer
Gefahrensituation unterbunden werden.


3 Optimierungsproblem: Evakuierung großer Menschenmassen
Auch wenn keine Veranstaltung wie eine andere ist und keine Panik auf genügend
Erfahrungen aufbauen kann, so lassen sich dennoch wiederkehrende Elemente
finden, die bei der Planung einer mobil gestützten Evakuierung, unabhängig vom
Anwendungsfall, als Parameter herangezogen werden können: Im Rahmen der
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Veranstaltungsplanung liegen im Vorfeld Lagepläne vor, die Fluchtwege um das
Gelände herum beinhalten. Für die Veranstaltungen, unabhängig davon, ob mit freiem
oder Ticket-Zugang durch Vorverkaufs- oder Tageskasse, liegen ungefähre
Besucherzahlen vor. Während vor einigen Jahren noch ein Verbot von Kamera und
Handy bei Konzerten ausgesprochen wurde, um die Besucher zu hindern, eigene,
kommerzielle Aufnahmen zu machen, so ist heute das Mitbringen von Smartphones
kein Problem mehr und fast jeder Besucher führt ein solches mit sich (Die Ausstattung
privater Haushalte mit Smartphones liegt in Deutschland bei über 95 % [Statistisches
Bundesamt 2018]). Das Smartphone bietet dabei die Möglichkeit, über das GPS-
Signal geortet zu werden.

Aufbauend auf den Parametern des Ortes einer Person, der Besucheranzahl der
Veranstaltung   und    des    zeitlichen     Verlaufs     wird   im   Folgenden   eine
Evakuierungsmethode mittels des Smartphones als mobiles Endgerät beschrieben.

3.1 Isolierte Evakuierung
Um eine Eskalation der Situation aufgrund von Fake News zu vermeiden, werden die
Smartphones durch die Evakuierungsanwendung während einer Gefahrensituation für
sämtliche anderweitigen Dienste gesperrt (Abbildung 1 links). So können keine Anrufe
und Nachrichten mit dem Smartphone empfangen und versendet werden. Außerdem
wird dadurch das Netz entlastet, sodass die wichtigen Informationen schneller
übertragen werden können. Dafür wird nur die MAC-Adresse des Smartphones
freigelassen. Negative Erfahrungen zeigen sich hier aus einer Feueralarmübung in
einer Schule: die Schüler versuchen die Eltern über das Handy zu erreichen – dies
lenkt nicht nur die Aufmerksamkeit vom aktuellen Geschehen ab – außerdem kann
niemand von außerhalb in einer solchen Gefahrensituation helfen.

3.2 Ortsabhängige Evakuierung
Um den Personen auf dem Gelände den optimalen Weg zum nächstgelegensten
Ausgang bieten zu können, werden Ortsdaten benötigt: durch die Mitführung des
Smartphones kann die Position der Person bestimmt werden. Abhängig von seinem
Standort wird der kürzeste Weg zum nächsten Ausgang ermittelt und als Nachricht an
das Smartphone übermittelt. Dies kann zur visuellen Unterstützung zusätzlich mittels
einer Karte erfolgen. Weiterhin kann auf besondere Gefahrenstellen aufmerksam
gemacht werden, wenn sich auf dem Weg zum Ausgang Treppen oder Wellenbrecher
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befinden, und Sammelpunkte außerhalb des Gefahrengebietes können angezeigt
werden (Abbildung 1 rechts).

Die Identifizierung und die Nachrichtenübertragung finden dabei über die MAC-
Adresse des Smartphones innerhalb des Netzwerkes statt. Da die Besucher eine
dynamische Menge ergeben, soll jedes Handy nur einmal angesprochen werden: so
können Personen, die bereits evakuiert wurden und sich näher an den Ausgang
bewegen, nicht erneut in die Abtastung des Gebiets fallen. Andererseits werden so
Personen, die missglückt in eine falsche Richtung laufen, nicht noch einmal
angesprochen. Sonst könnten eventuelle Ausbrüche von Panik durch Verwirrung und
erneutes Ändern der Laufrichtung verstärkt werden, wodurch sich die Räumung des
Platzes verzögert.

Nötige Parameter und zugleich bekannte Größen zur ortsabhängigen Evakuierung
sind die Entfernung zu den Ausgängen anhand des GPS-Signals zu einem Zeitpunkt
x, die Anzahl der geplanten Personen während der Veranstaltung, die Anzahl der
Ausgänge und die Anzahl der Smartphones im Gebiet der Veranstaltung anhand deren
MAC-Adresse. Abhängig von der jeweiligen Gefahrensituation (und der aktuellen
Gesetzeslage), wie schnell der Platz geräumt werden muss, wird die Anzahl der
gleichzeitig zu evakuierenden Personen und das Zeitintervall zwischen den zu
evakuierenden Gruppen bestimmt. Diese Parameter bedingen die Anzahl der
Intervalle.

Um Gegenströme und eine weitere Eskalation der Situation zu vermeiden, wird
ebenfalls das Signal nahegelegener, aber noch außerhalb des Geländes befindlicher
Personen erfasst. Diesen wird mitgeteilt, dass sie sich wieder entfernen, wenn möglich
an Sammelstellen zusammenfinden, und keinesfalls das Gelände betreten sollen. [Bild
2017, tz 2017]. Auch hier kann die MAC-Adresse des Smartphones für die Ortung
dienen.

Sollte ein Ausgang blockiert sein, muss das System anpassungsfähig reagieren. Dazu
kann der betroffene Ausgang als Variable im Administratorbereich entfernt werden,
wobei sich die Berechnung des nächstgelegenen Ausgangs zur ortsabhängigen
Evakuierung dynamisch anpasst.




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     Abbildung 1: Nutzeransicht: Sperrung des Smartphones durch die Anwendung (links). Der
       nächstgelegenste Ausgang wird grün markiert, die Position des Nutzers blau (rechts).

3.3 Gestaffelte Evakuierung
Die ortsabhängige Evakuierung wird durch das Ansetzen eines Intervalls erweitert:
Diese gestaffelte Evakuierung erfolgt ebenfalls abhängig von der Lokalität der Person
(Abbildung 2). Während im Schritt der ortsabhängigen Evakuierung die Entfernung der
Person zum nächstgelegensten Ausgang entscheidend ist, um den kürzesten Weg
zum Ausgang zu ermitteln, wird in diesem Schritt eine weitere Unterteilung der
jeweiligen zum Ausgang x zugehörigen Menge getroffen. Diese Unterteilung ist
abhängig von der Entfernung der Person zum Ausgang x: je näher sich eine Person
am Ausgang befindet, desto eher wird sie evakuiert. Da somit nicht die gesamte
Besuchermenge gleichzeitig evakuiert wird, ist eine Reduzierung der Massenpanik
und die Vermeidung von Engpässen an den Ausgängen zu erwarten. Die Anzahl der
Staffelungen und die Abstände zwischen den einzelnen Intervallen werden
situationsabhängig bestimmt. Entscheidende Parameter sind neben den gesetzlich
vorgeschriebenen Räumungszeiten die Anzahl der Ausgänge und die Personenanzahl
auf dem Gelände.




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Die gestaffelte Evakuierung ist neben der ortsabhängigen und isolierten Evakuierung
als rudimentärer Bestandteil des Evakuierungssystems anzusehen und greift erst bei
 großen Menschenmengen. Die ortsabhängige und isolierte Evakuierung sind fester
Bestandteil des Systems, da immer der optimale Ausgang gewählt werden muss und
              eine Verbreitung von Fake News vermieden werden kann.




 Abbildung 2: Ansicht der Berechnung im Backend: Evakuierte Personen im Zeitintervall 1 (links) und
   Zeitintervall 2 (mittig) werden rot markiert, bereits evakuierte Personen werden weiß, noch nicht
  evakuierte Personen werden schwarz markiert. Kombination der ortsabhängigen und gestaffelten
                                  Evakuierung im Zeitintervall 1 (rechts).


4 Herausforderungen und weitere Maßnahmen
Auf die MAC-Adresse des Smartphones einer fremden Person zuzugreifen ist zwar
illegal, aber simpel möglich (dpa 2010). Um die Illegalität auszuschließen, kann der
Benutzer beim Installieren der Anwendung mit einer kurzen Information belehrt und
dessen Einverständnis eingeholt werden. Dabei ist wiederum bei der Entwicklung der
Anwendung zu beachten, dass diese nicht in anderen Situationen auf die Daten des
Smartphones zugreift.

Eine weitere Herausforderung stellt die Paniksituation dar, in der die eingehende
Nachricht möglicherweise vom Anwender nicht wahrgenommen wird. Besonders bei
der Einführung des neues Systems sollten die Besucher präventiv auf die Maßnahmen
eingestimmt und belehrt werden. Oftmals werden auf den Leinwänden die bisherigen
Evakuierungsmaßnahmen schematisch vor Beginn einer Veranstaltung dargestellt.
Hier wird nun die neue Methode der Evakuierung über das Handy hinzugefügt. Da
aber nicht jeder Besucher stets sein Smartphone mit sich führt oder gar eines besitzt,
oder eine Nachricht aufgrund von Umgebungslärm wahrnimmt, besteht hier das
Risiko, dass die Informationen nicht jeden Besucher adressieren. Dafür kann die
Anwendung einen Signalton und eine Vibration des Smartphones auslösen und die
Aufmerksamkeit des Besuchers auf das Smartphone in seiner Hosen- oder

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Bauchtasche auf sich lenken. Wenn der Benutzer das Smartphone gerade benutzt,
beispielsweise die Anwendung der Kamera aktiviert hat, wird die aktuelle Anwendung
gesperrt und der Warnhinweis angezeigt.

In der Vergangenheit waren viele Anwendungen für das Smartphone bei
Großveranstaltungen aufgrund von technischen Unzulänglichkeiten auszuschließen:
heute stellen kurze Akkulaufzeiten dank der Mitführung von Powerbanks und
langlebigeren Akkus oder schlecht ausgebaute Netze dank weiterer Sendemasten zur
Netzverstärkung kein Problem mehr dar, um ein derartiges Evakuierungssystem
anzuwenden.


5 Ausblick
Ein Projekt zur Implementierung und feineren Ausarbeitung des Konzepts zeigt sich
als lohnenswert. Die Implementierung sollte dabei in der Entwicklung einer mobilen
Anwendung für das Smartphone münden, die den Zugriff auf die MAC-Adresse des
Smartphones nutzt und alle nötigen Funktionen umsetzt. Die Anwendung ließe sich
mit    anderen,     bestehenden     Lösungen         zu    mobilen   Anwendungen    für
Großveranstaltungen kombinieren [Lehmann & Arndt 2017, Lehmann & Arndt 2018].

In    weiteren    Betrachtungen   der   Evakuierungsmöglichkeiten      können   soziale
Komponenten einfließen, um diese weiter auszubauen: dabei kann beispielsweise
untersucht werden, wie Musik als Taktgeber verwendet werden kann, damit sich die
Menschenmassen gleichmäßiger bewegen. Hier könnten Algorithmen aus dem
Bereich der Schwarmintelligenz einfließen.

Die Anwendung kann des Weiteren nicht nur auf den Bereich von organisierten
Veranstaltungen angewandt werden, sondern auch in alltäglichen Situationen mit
gehäuften Menschenmassen; beispielsweise: an Feiertagen wie Silvester treffen viele
Menschen kurz nach Mitternacht in einer zentral gelegenen U-Bahn-Station
zusammen. Hier können Warnhinweise über eine Anpassung der App versendet
werden: der Passant wird aufgefordert, das Betreten der U-Bahn-Station zu
vermeiden, da diese bereits überfüllt ist. Somit können Paniksituationen nicht nur vor
dem Eskalieren bewahrt werden, sie können sogar vermieden werden. Ein anderes
geeignetes Szenario zeigen Einkaufshäuser, in denen sich eine Evakuierungs- oder


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Paniksituation ergibt und die Passanten können über die App zum nächst gelegensten
Ausgang geleitet werden. [Dambeck 2016]

In den Zeiten der Angst vor Terroranschlägen [faz 2017] gibt es außerdem ein weiteres
spezielles Spektrum für Einsatzmöglichkeiten einer mobilen Anwendung zur
gestaffelten Evakuierung, das weitere Herausforderungen und die Suche nach einer
geeigneten Lösung mit sich bringt. Auch hier kann das Smartphone einer Person, die
sich in Gefahr befindet, gesperrt werden: beispielsweise können die Smartphones der
Kinder in einer Schule für Anrufe gesperrt werden, wenn sie sich während eines
Amoklaufs in einem Versteck befinden und unerkannt bleiben müssen. So kann das
Klingeln des Smartphones verhindert werden. Sobald die Kinder außer Gefahr sind,
werden die Smartphones personenabhängig wieder für Anrufe freigegeben, damit die
Eltern informiert werden können.

Besonders im Kontext eines Amoklaufs könnten nicht nur Opfer, sondern auch Täter
über das Smartphone identifiziert werden: dabei kann ermittelt werden, wo sich der
Täter befindet. Sein Aufenthaltsort kann den Opfern übersendet werden, sodass sie
ihm ausweichen können. Eine Herausforderung zeigt sich darin den Täter in der
Menschenmenge zu identifizieren, unter der Voraussetzung, dass er ein Smartphone
bei sich trägt. Hier sind weitere Forschungen nötig.

In den USA haben Schüler während eines Amoklaufs auf sozialen Medien über die
aktuelle Lage berichtet [Roloff 2018]. Hier zeigt sich einerseits erneut, dass in einer
solchen Gefahrensituation das Smartphone gesperrt werden sollte, um die
Aufmerksamkeit auf das Geschehen zu lenken und um Fake News zu verhindern.
Jedoch kann andererseits ein direkter Kontakt zu einem Opfer an dieser Stelle für
Ermittlungen und eine Evakuierung hilfreich sein, wobei das aktuelle Geschehen von
außen verfolgt werden kann. Auch hier zeigt sich weiterer Forschungsbedarf, wie eine
mobile Anwendung zur Evakuierung helfen kann.


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