=Paper= {{Paper |id=Vol-2232/paper3 |storemode=property |title=Effizienz in Zeiten der Digitalisierung: Schneller, besser, kostengünstiger?(Efficiency in the digital age: Quicker, better, cheaper?) |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-2232/paper3.pdf |volume=Vol-2232 |authors=Stefanie Lemcke,Sven Strickroth,Ulrike Lucke }} ==Effizienz in Zeiten der Digitalisierung: Schneller, besser, kostengünstiger?(Efficiency in the digital age: Quicker, better, cheaper?)== https://ceur-ws.org/Vol-2232/paper3.pdf
               R. Zender, U. Lucke, J. Haase, M. von der Heyde, G. Leitner und W. Meyer (Hrsg.):
               Proceedings des Workshops "Lernen und Arbeiten im Wandel", Potsdam, 2018 29

Effizienz in Zeiten der Digitalisierung: Schneller, besser,
kostengünstiger?

Stefanie Lemcke1, Sven Strickroth1 und Ulrike Lucke1



Zusammenfassung: Die fortschreitende Digitalisierung soll alle Bereich des Lebens leichter und
angenehmer gestalten – so auch die Abarbeitung von Verwaltungsprozessen. Wie realistisch sind
jedoch solche Aussagen? Am Beispiel des internen Prozesses zur Genehmigung von
Beschaffungen an der Universität Potsdam wird untersucht, ob das dafür eingeführte Online-
System eine effizientere Bearbeitung unterstützt. Erste Zwischenergebnisse deuten jedoch an, dass
der IT-gestützte Prozess keine zeitlichen Vorteile beim Ausfüllen der Anträge bietet. Allerdings
deuten Anzeichen auf eine gestiegene Vollständigkeit und Qualität der Anträge hin. Diese und
weitere Zwischenergebnisse werden in dem vorliegenden Paper vorgestellt und daraus
resultierende Erkenntnisse diskutiert.



Abstract: The ongoing digitization aims to make many parts of life easier and more enjoyable - as
well as the execution of administrative processes. How realistic are such statements? Currently,
this is being evaluated on the basis of the internal approval process for procurements at the
University of Potsdam. In concrete terms, it is examined whether the online system introduced for
this purpose supports a more efficient way of working than the traditional paper based workflow.
First results show that the IT-supported process offers no time-related advantages when filling out
forms. However, there are also indications of increased completeness and quality of these
applications. These and other interim results are presented and discussed in this paper.


Keywords: Digitalisierung, Verwaltungs-IT, Prozesse, Effizienz



1     Einleitung
Digitalisierung ist in aller Munde. So finden sich im aktuellen Koalitionsvertrag
zwischen CDU, CSU und SPD2 Aussagen über Fortschritte und Verbesserungen durch
Digitalisierung in nahezu allen Bereichen des Lebens, die an Heilsversprechen erinnern.
Durch Digitalisierung in der Verwaltung werden das Prinzip Digital First (als „Vorrang
digitaler Verwaltungsleistungen vor Notwendigkeit zu persönlichem Erscheinen oder
Schriftform“; Zeilen 359-360) bzw. die E-Akte (als „vollständige elektronische
Vorgangsbearbeitung in der öffentlichen Verwaltung“; Zeilen 2028-2029) postuliert.
1
  Universität Potsdam, Institut für Informatik und Computational Science, A.-Bebel-Str.89, 14482 Potsdam,
  {vorname.nachname}@uni-potsdam.de
2
  https://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2018/03/2018-03-14-koalitionsvertrag.pdf, letzter
  Abruf; 2018-07-11
30   Stefanie Lemcke, Sven Strickroth und Ulrike Lucke

Ähnlich große, oft politisch motivierte Erwartungshaltungen werden auch für
Hochschulen formuliert [HfD15]. Dennoch sind „Digitalisierung“ oder „Digitale
Transformation“ primär von der Privatwirtschaft geprägte Begriffe [He17].
Im wissenschaftlichen Diskurs hat hingegen eine differenzierte Auseinandersetzung mit
Vor- und Nachteilen, nötigen oder förderlichen Rahmenbedingungen, realistisch
erreichbaren Zielen sowie Auswirkungen auf den Einzelnen und die Gesellschaft bereits
begonnen: z. B. für die Hochschullehre [Ha17], für die Forschung [Be17] sowie
ausschnittweise auch bereits für die Hochschulverwaltung [Gi17] bzw. für die dortige
Arbeitskultur [Ba17]. Doch nur „wenn die Verwaltung innovativ ist, können auch die
Bereiche Lehre und Forschung in die digitale Zukunft schreiten“ [Sc17, S. 119]. Zudem
ist die Verwaltung „über die finanzielle Verzahnung und die Betreuung der digitalen
Infrastruktur mit Forschung und Lehre verbunden und kann Treiber oder Verzögerer der
[digitalen] Transformation sein“ [Sc17, S. 103].
Aus der Vielzahl von Verwaltungsprozessen an Hochschulen wird häufig das Campus
Management in den Blick genommen. Die Prozesse des Ressourcen Managements (z. B.
Beschaffung, Dienstreisen, Urlaub, Krankmeldungen, …) werden jedoch zumeist noch
über konventionelle Papierformulare abgewickelt. Die Digitalisierung hält hier oftmals
lediglich beschränkt Einzug durch die Bereitstellung digital ausfüllbarer PDF-Formulare.
Für Teilprozesse gibt es spezialisierte technische Unterstützung durch Software
verschiedener Anbieter, aber nur sehr selten werden komplette Prozesse vollständig
digital abgedeckt [Br18]. Dadurch entstehen Fehlerquellen durch Medienbrüche bzw.
manuelle Datenübertragungen; häufig werden die Vorgänge als langsam und
intransparent empfunden. Zudem sind IT-Projekte in der öffentlichen Verwaltung oft
schwergängig, und die Ergebnisse bleiben hinter den Erwartungen zurück [Me09].
Das Ziel dieses Beitrags ist es daher, durch empirische Studien an einem konkreten
Fallbeispiel gängige Erwartungshaltungen auf ihre Realisierbarkeit in der Praxis zu
untersuchen. Als Ziele der Digitalisierung der Verwaltung werden oft benannt [Gi17]:

     Vermeidung von Medienbrüchen
     Vermeidung von Fehlern
     einfacherer Datenaustausch
     höhere Transparenz
     höhere Effizienz und damit gesteigerte Wirtschaftlichkeit
Ein eher unreflektiertes „schneller, besser und billiger“ scheint die Devise zu sein, d. h.
eine kritische Auseinandersetzung ist notwendig. Diese erfolgt hier am Beispiel des
Beschaffungsprozesses durch einen systematischen Vergleich von Online- und Papier-
Variante. Dieser Verwaltungsvorgang wurde ausgewählt, da er sowohl komplex als auch
durch gesetzliche Vorgaben klar strukturiert ist sowie viele Akteure und
rechtsverbindliche Daten bzw. Handlungen im Binnen- und Außenverhältnis der
                                                    Effizienz in Zeiten der Digitalisierung   31

Hochschule beteiligt sind. Da an der Universität Potsdam ein Online-
Beschaffungssystem derzeit eingeführt ist, besteht die Möglichkeit zur
Gegenüberstellung von digitalem und papiergebundenem Prozess. So sollen der
tatsächlich erzielbare Mehrwert und damit die Relevanz der Digitalisierung in der
Hochschulverwaltung näher untersucht werden. Mittelfristig kann dadurch auch der
disruptive Charakter der Digitalisierung [He17] – sofern er denn die
Hochschulverwaltung betrifft – aufgezeigt werden.


2    Gegenstandsbereich
Als Einrichtungen des öffentlichen Dienstes unterliegen Universitäten einer Vielzahl von
Verordnungen und Regularien, welche sich in vielfältigen, komplexen Prozessen
niederschlagen. Ein Beispiel dafür sind Beschaffungsanträge, die bereits vor der
Ausschreibung und Auftragsvergabe einen mehrstufigen, internen Genehmigungsprozess
durchlaufen müssen. Dabei sind viele verschiedene Personen in unterschiedlichen
Positionen bzw. Funktionen einzubeziehen.




    Abb. 1: Überblick über einen Beschaffungsprozess am Beispiel der Universität Potsdam
Beispielhaft wird in Abb. 1 der Beschaffungsprozess der Universität Potsdam in
vereinfachter Form gezeigt. Nachdem ein Mitarbeiter einen Bedarf festgestellt und den
Beschaffungsantrag mit allen relevanten Informationen ausgefüllt hat, wird dieser zur
Budgetprüfung an den Verwaltungsleiter und anschließend zur Plausibilitätsprüfung an
den Kostenstelleninhaber weitergeleitet. Nach den Genehmigungen durch diese beiden
Instanzen wird eine abschließende Kontrolle durch das Dezernat für Haushalt und
Beschaffung (im Folgenden: Dezernat) durchgeführt und bei erfolgreicher Prüfung die
zu beschaffenden Güter oder Dienstleistungen ausgeschrieben und der Auftrag vergeben.
32   Stefanie Lemcke, Sven Strickroth und Ulrike Lucke

Ein Beschaffungsantrag umfasst alle nötigen Informationen zur Erstellung eines
Auftrages sowie die Finanzierungsquelle. Neben einer präzisen Leistungsbeschreibung
des Bedarfes inkl. dreier Angebote muss angegeben werden, warum die Beschaffung
notwendig ist und aus welchen Mitteln sie finanziert werden soll. Für die Finanzierung
existieren mehrere Strukturen (bzw. Kapitel, Titel, Kostenstelle, Kostenart usw.) welche
angeben, wer, wofür und warum die Güter beschafft werden. So kann nachvollzogen
werden, ob die angeforderten Artikel (über diese Finanzierung) beschafft werden dürfen.
Traditionell erfolgt die Bearbeitung der Anträge auf Papier. Nach dem Ausfüllen und
Ausdrucken der PDF-Vorlage werden die Anträge per Hauspost an den nächsten
Bearbeiter zu Unterschrift weitergeleitet. Nach Eingang im Dezernat werden die Daten
erneut in Formularvorlagen zur weiteren Bearbeitung übernommen. Dieses Vorgehen ist
zum einen zeitaufwendig und zum anderen fehleranfällig. Um diesen Problemen zu
begegnen, wird an der Universität Potsdam ein System (Beschaffung.UP) eingeführt,
welches den Beschaffungsantrag sowie den Genehmigungsablauf vollständig digital
abbildet. Dabei wird die Steuerung des in BPMN modellierten Zeichnungsprozesses
durch eine integrierte Workflow-Engine übernommen. Die Modellierung entspricht
nahezu dem originalen Papier-Prozess und unterscheidet sich in einigen Fakultäten
lediglich in der Reihenfolge der einzelnen Arbeitsschritte. Zusätzlich werden beim
Ausfüllen der Anträge verschiedene Unterstützungen, wie das Vorausfüllen der Felder
(Stammdaten, Lieferanschrift, etc.) anhand der Profildaten, eine Vorselektion der
Finanzierungsdaten anhand der Zugehörigkeit der Nutzer zu Organisationseinheiten
sowie automatische Berechnungen und Überprüfung auf Vollständigkeit der Anträge
angeboten.
Da sich Beschaffung.UP noch im Pilotbetrieb befindet und die Eingliederung sämtlicher
Bereiche und Fakultäten der Universität noch nicht abgeschlossen ist, werden derzeit
beide Prozesse parallel akzeptiert und durchgeführt.


3    Thesen
In diesem Beitrag wird der erste Zwischenstand einer laufenden Studie beschrieben,
welche sich mit der Fragestellung befasst: „Ist eine effizientere Bearbeitung eines
Beschaffungsantrages durch die Benutzung von Beschaffung.UP möglich?“
Zunächst muss dabei geklärt werden, was in diesem Zusammenhang Effizienz bedeutet
und was der Unterschied zu Effektivität ist. In der DIN EN ISO 9241-11 werden sowohl
die Effizienz als auch die Effektivität als Messung für die Gebrauchstauglichkeit genutzt,
welche „das Ausmaß, in dem ein Produkt von bestimmten Benutzern in einem
bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv,
effizient und zufriedenstellend zu erreichen“ [ISO98] ist. In diesem Zusammenhang ist
Effektivität „die Genauigkeit und Vollständigkeit, mit der Benutzer ein bestimmtes Ziel
erreichen“ [ISO98], während Effizienz „der im Verhältnis zur Genauigkeit und
                                                Effizienz in Zeiten der Digitalisierung   33

Vollständigkeit eingesetzte Aufwand, mit dem Benutzer ein bestimmtes Ziel erreichen“
[ISO98] ist. Konkret bedeutet dies, dass eine Aufgabe effektiv bearbeitet werden kann,
wenn sie mit den vorliegenden Mitteln vollständig gelöst werden kann. Effizienz
hingegen setzt die Effektivität noch ins Verhältnis zum benötigten Aufwand, d. h. je
geringer der Aufwand zur vollständigen Bearbeitung ist, desto effizienter ist die
Bearbeitung. Hinzu kommt die Dimension der Zufriedenstellung, die das subjektive
Befinden des Nutzers in diesem Prozess betrachtet.
Von dieser Definition ausgehend werden für die Studie drei Dimensionen betrachtet und
die folgenden Hypothesen aufgestellt:

     Zeit:
      H1: Durch Beschaffung.UP werden die Anträge schneller bearbeitet.
      H2: Durch Beschaffung.UP werden die Umlaufzeiten reduziert.

     Qualität:
      H3: Durch Beschaffung.UP steigt die Qualität der Anträge.

     Ressourcen:
      H4: Durch Beschaffung.UP werden weniger zusätzliche, individuelle Ressourcen
      notwendig.


4     Untersuchungsdesign
Für die Untersuchung der in Kapitel 3 genannten Hypothesen wurde ein direkter
Vergleich zwischen den beiden Prozesse, digital vs. papiergebunden, gezogen. Dabei
erfordern sowohl die Erhebung der Daten als auch die anschließende Auswertung den
Einsatz verschiedener Methoden, welche in diesem Kapitel beschrieben werden. Da es
bisher keinen hinreichenden Evaluationsansatz für solche Studien gibt, musste ein
eigenes Studiendesign erarbeitet werden, das im Folgenden vorgestellt wird.


4.1    Methoden der Datenerhebung

Zur Datenerhebung werden sowohl qualitative als auch quantitative Methoden in einer
Kombination aus Beobachtungen, Interviews und standardisierten Fragebögen genutzt.
Allgemein betrachtet sind alle Methoden der Datenerhebung Beobachtungen, da die zu
ermittelten Daten visuell über die entsprechenden Messinstrumente erhoben werden. In
der empirischen Sozialforschung werden Erhebungsmethoden jedoch nur dann
Beobachtung genannt, wenn sie eine menschliche Handlung, eine sprachliche und/oder
nonverbale Kommunikation dokumentieren [Di12]. In dieser Studie werden
34    Stefanie Lemcke, Sven Strickroth und Ulrike Lucke

Beobachtungen genutzt, um die Bearbeitungszeit für Beschaffungsanträge zu ermitteln.
Dazu werden Messpunkte festgelegt, die sich durch die thematischen Bereiche im
Antragsformular ergeben. Die Ermittlung der Bearbeitungszeiten findet anschließend in
Einzelterminen mit freiwilligen Mitarbeitern statt, welche bei der Ausfüllung eines
Antrages beobachtet und die benötigte Zeit dabei gestoppt wird. Während der Studie
wurde dieses Vorgehen durch die Verwendung eines Umlaufzettels erweitert, in dem der
Empfang, ausgeführte Arbeiten sowie die Bearbeitungsdauer dokumentiert werden
sollte, um zudem eine Schätzung der Bearbeitungszeiten der nachfolgenden Mitarbeiter
sowie die Laufzeit des Antrages bis zum Absenden in das Dezernat zu erhalten.
Interviews sind eine Form der Befragung zur Erfassung von Meinungen und
Einstellungen [Di12]. Das verwendete Leitfadeninterview zählt dabei zu den halb
strukturierten Interviewformen, welches einen roten Faden für die Gesprächsführung
vorgibt, aber gleichzeitig Raum für tiefer gehende Nachfragen bietet. Das Interview wird
direkt im Anschluss an die Beobachtung durchgeführt und dient der Erfassung von
Unterschieden im Prozessablauf sowie von Steigerungen in der Qualität der Anträge. Es
werden hier Fragen zu nachfolgenden Bearbeitern, Korrekturen bzw. Beanstandungen
durch diese Personen sowie zu zeitlichen Verzögerungen gestellt.
Standardisierte Fragebögen sind eine Form der strukturierten Befragung. Mit dem
System Usabilty Scale (SUS, [Br96]) wurde eine Methode zur quantitativen
Datenerhebung gewählt, um zusätzlich eine Bewertung der Gebrauchstauglichkeit von
Beschaffung.UP zu erfassen. Der SUS besteht aus lediglich 10 Fragen (mit abwechselnd
positiven und negativen Aussagen) auf einer fünfstufigen Likert-Skala (von „stimme gar
nicht zu“ bis „stimme voll und ganz zu“) und hat sich als ein aufwandsarmes Mittel zur
Abschätzung der Gebrauchstauglichkeit etabliert. Wichtig ist es, eine für die Nutzer
verständliche Version zu nutzen [Fi06], daher wurde eine deutsche Variante eingesetzt.


4.2     Durchführung der Studie

Durch die Gegenüberstellung der zwei Prozesse – Papier und Online – teilt sich die
Studie in zwei Bereiche. Es müssen Personen sowohl beim Ausfüllen eines Antrages auf
Papier als auch beim Bearbeiten von Anträgen über Beschaffung.UP beobachtet werden.
Durch die sukzessive Eingliederung der Fakultäten der Universität Potsdam in das neue
Beschaffungssystem lassen sich zwar deutlich weniger Personen finden, welche noch auf
Papier beschaffen, gleichzeitig bietet das jedoch die Möglichkeit einen direkten
Vergleich mit denselben Teilnehmern in beiden Bereichen durchzuführen.
Für die Durchführung der Studie wurden Verwaltungsleiter und Sekretariate von zwei
Fakultäten für eine freiwillige Teilnahme angefragt, welche noch auf Papier beschaffen
und demnächst in Beschaffung.UP eingegliedert werden. In Einzelterminen wurden die
Teilnehmer zunächst beim Ausfüllen eines Antrages beobachtet und die benötigte Zeit
dafür ermittelt. Direkt im Anschluss wurden die Interviews durchgeführt. Im Bereich der
Online-Beschaffungsanträge wurde zusätzlich Fragen zum System gestellt, welche die
                                                 Effizienz in Zeiten der Digitalisierung   35

Kenntnis und Nützlichkeit der zur Verfügung gestellten Hilfsmittel ermitteln sollen, und
darum gebeten den SUS-Fragebogen auszufüllen.


4.3    Datenauswertung

Für die Auswertung wurden die erhobenen Daten den drei identifizierten Dimensionen
(vgl. Abschnitt 3) zur Beantwortung der Fragestellung zugeordnet und analysiert:

     Zeit: Im Bereich der Antragserstellung bietet sich eine direkte Gegenüberstellung
      der Bearbeitungszeiten an. Durch den identischen Aufbau der Formulare lassen
      sich die identifizierten Messpunkte ohne zusätzlichen Aufwand miteinander ver-
      gleichen. Die benötigte Laufzeit der Formulare bis zum Eingang im Dezernat
      basiert im Papierbereich auf Schätzungen der Teilnehmer. Erst später wurde eine
      Erweiterung durch Umlaufzettel vorgenommen, um konkrete Daten zu erhalten.
     Qualität: Um eine Aussage über eine gestiegene oder verminderte Qualität zu
      treffen, werden die im Anschluss an die Beobachtung durchgeführten Interviews
      verwendet. Die Interviews werden hinsichtlich Prozessablauf, Umlaufzeiten,
      möglichen Rückfragen, gewünschten Korrekturen sowie Kommunikationsweg
      qualitativ ausgewertet.
     Ressourcen: Hier werden ebenfalls die durchgeführten Interviews herangezogen
      und hinsichtlich erwähnter Hilfsmittel und (kreativen) Maßnahmen zur
      Vereinfachung der Arbeitsschritte analysiert.
Eine Tendenz der Gebrauchstauglichkeit ergibt sich aus der Auswertung der SUS-
Fragebögen. Dies erfolgt gemäß der Berechnungsvorschrift aus [Br96] und ergibt einen
Wert zwischen 0 und 100. Basierend auf Vergleichsuntersuchungen anderer Software-
systeme lässt sich dieser Wert schließlich auf eine Bewertung mangelhaft (unter 52
Punkten), OK (ab 52 Punkten), gut (ab 73 Punkten), exzellent (ab 85 Punkten) oder
bestmöglich (100 Punkte) abbilden [BKM09].


5     Ergebnisse der Studie
Dieser Abschnitt widmet sich der Darstellung der Ergebnisse der Untersuchung gemäß
der im vorherigen Abschnitt vorgestellten Auswertung. Da die Studie noch nicht
vollständig abgeschlossen ist, handelt es sich um vorläufige Ergebnisse. Zudem konnte
der ursprünglich geplante Vergleich mit denselben Personen nicht vollständig umgesetzt
werden, sodass der Teilnehmerkreis für die Online-Prozesse auf weitere Einrichtungen
der Universität erweitert wurde.
Aktuell haben 17 Personen an der Studie teilgenommen, von denen ein Teilnehmer
bereits bei beiden Prozessen beobachtet werden konnte.
36    Stefanie Lemcke, Sven Strickroth und Ulrike Lucke




      Papierprozess (14 Personen)
       −       8 Projektassistenten mit rechnerischer Zeichnungsbefugnis sowie
       −       1 wissenschaftliche Hilfskraft (Antragsteller)
       −       3 Sekretärinnen ohne rechnerische Zeichnungsbefugnis (Antragsteller)
       −       1 Verwaltungsleiter (Finanzprüfung)
       −       1 Mitarbeiterin einer zentralen Einrichtung (Antragsteller)
      Online-Prozess (4 Personen)
       −       2 Mitarbeiter einer zentralen Einrichtung (Antragsteller)
       −       1 Verwaltungsleiter (Finanzprüfung)
       −       1 Projektassistent (Antragsteller, hat bereits im Bereich des Papierprozesses
               teilgenommen)
Alle bis auf eine Person (beim Online-Prozess) haben bereits in der Vergangenheit
Beschaffungsanträge gestellt und können daher als erfahren eingestuft werden.
Darüber hinaus wurden Interviews mit zwei Mitarbeitern des Dezernates durchgeführt.
Da hier die Prozesse sowohl auf Papier als auch online eintreffen, konnten diese
Personen zu beiden Prozesses Aussagen treffen. Allerdings ist die Auswertung dieser
Beobachtungen und Interviews leider noch nicht abgeschlossen, sodass derzeit noch
keine detaillierten Aussagen zu diesem Teil des Prozesses getroffen werden.


5.1     Zeit

Für die Betrachtung der ersten Hypothese (H1) konnten insgesamt 12 Personen zum
Papierprozess befragt sowie die durchschnittliche Bearbeitungszeit beim Ausfüllen eines
Antrages ermittelt werden. Die 7 realen Anträge wurden in durchschnittlich 5 min
bearbeitet. Ein Antrag wurde lediglich simuliert und beanspruchte nur ca. 1 min. Die
restlichen 4 Personen gaben jeweils nur eine Schätzung ab. Hier liegt die
Durchschnittszeit bei ca. 11:25 min. Im Online-Bereich wurde bisher nur 3 Personen
beim Ausfüllen eines Antrages begleitet. Durchschnittlich wurden hier die Anträge in
11 min bearbeitet. Eine Person arbeitete jedoch zum Zeitpunkt der Beobachtung das
erste Mal mit Beschaffung.UP. Wenn man diesen Antrag nicht mit betrachtet, liegt die
durchschnittliche Bearbeitungszeit bei 7:30 min. Im Vergleich der Durchschnittszeiten
verläuft die Bearbeitung eines Papierantrages schneller als über Beschaffung.UP. Gemäß
                                                   Effizienz in Zeiten der Digitalisierung   37

des Mann Whitney-Test (U-Test) ist dieser Unterschied jedoch nicht signifikant
(p=0,067 für alle Anträge, p=0,22 ohne die Person ohne Vorkenntnisse).
Für die Ermittlung der Umlaufzeit (H2) der Papierprozesse wurden im Laufe der Studie
Umlaufzettel eingeführt. Insgesamt wurden 3 der bisher 7 Anträge dadurch beobachtet.
Da ein Umlaufzettel bisher nicht zurückgesendet wurde, kann sich derzeit nur auf zwei
Datensätze (4 bzw. 15 Tage) bezogen werden. Im Online-Bereich hingegen existieren
seit dem 01.10.2016 (bis Anfang Juli 2018) insgesamt 305 Anträge, die offiziell beendet
(nicht abgebrochen oder zurückgezogen) wurden. Hier liegt die durchschnittliche
Umlaufzeit bei 3 Tagen (Minimum: 2 Stunden, Maximum: 104 Tage, Median: 5 Tage).


5.2    Qualität

Die Qualität (H3) wird für diese Studie in Form von Vollständigkeit und Korrektheit der
Anträge überprüft. Während der Beobachtungen bzw. Interviews zu den Papieranträgen
hat sich folgendes gezeigt:

     10 der 11 Teilnehmer füllten den Antrag immer vollständig aus. Es existiert ein
      Sonderfall; hier wurde der Antrag durch eine wissenschaftliche Hilfskraft
      vorbereitet und die Kontierung anschließend durch die Projektassistentin ergänzt.
     Nach den Aussagen der Teilnehmer kam es bei bisherigen Anträgen nur selten zu
      Rückfragen durch nachfolgende Bearbeiter. Weiterhin wurde angegeben, dass
      bisher nur Nachfragen zur sachlichen Notwendigkeit gestellt wurden (2
      Nennungen), während die Kontierung (insbesondere die Kostenart) von den
      nächsten Bearbeitern selbstständig korrigiert wurde.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bereits die Anträge beim ursprünglichen
Prozess vollständig und nach den Aussagen der Probanden korrekt ausgefüllt werden. In
Interviews mit dem Dezernat hingegen wurde berichtet, dass die Anträge auf Papier
nicht immer vollständig und vor allem die Stammdaten, die Lieferanschrift und die
Kontierung oft nicht ausgefüllt, diese beim Online-Formular jedoch meistens
eingetragen sind. Eine Aussage zur Korrektheit der Daten wurde nicht abgegeben. Die
Beobachtungen und Interviews bei den Online-Prozessen ergaben, dass das Vorausfüllen
der Stammdaten und der Lieferanschrift von den Bearbeitern als nützlich empfunden
wird und die Anzeige und Filterung der möglichen Kontierungen eine korrekte Angabe
erleichtert. Jedoch wurde berichtet, dass oft lediglich die Kostenstelle bekannt ist und der
Rest geraten und darauf vertraut wird, dass nachfolgende Personen dies berichtigen.


5.3    Ressourcen

Effizienz lässt sich nicht nur durch Zeit und Qualität belegen, sondern auch durch die
Verwendung zusätzlicher Ressourcen (H4). Oftmals führen viele Wege zum Ziel, welche
zwar genauso schnell aber nur durch die Nutzung von individuellen Hilfsmitteln
38   Stefanie Lemcke, Sven Strickroth und Ulrike Lucke

umsetzbar sind. Während der Beobachtungen beim Ausfüllen der Anträge konnte der
Einsatz verschiedener – offizieller und individueller – Hilfsmittel und Maßnahmen zur
Vereinfachung von (sich wiederholenden) Arbeitsschritten beobachtet werden, welche in
den anschließenden Interviews auch bestätigt wurden:

     7 Personen nutzen die offiziellen Listen für die Kontierungsstrukturen, welche
      durch das Dezernat im Intranet zur Verfügung gestellt werden.
     5 Personen nutzen, teilweise zusätzlich zu den offiziellen Hilfsmitteln, selbst oder
      manchmal durch die Verwaltungsleitung erstellte, individualisierte Teillisten.
Um wiederkehrende Handlungen (z. B. das Ausfüllen von Stammdaten, Lieferanschrift
und Begründungen) zu vereinfachen, konnten ebenfalls verschiedene Umgehungs-
lösungen beobachtet werden:

     Eine Person nutzte einen Stempel für die Lieferanschrift.
     4 Personen verwenden teilweise alte Anträge erneut und tauschen nur die
      relevanten Daten wie Artikel und Begründung aus oder haben sich eine Vorlage
      mit allen relevanten Daten erstellt.
     Eine Person verwendete zusätzlich zur erstellten Vorlage das Copy & Paste-
      Verfahren: Hierbei werden die benötigten Daten aus alten Anträgen oder, im Fall
      der Artikel, aus den Rahmenverträgen kopiert.
Überwiegend wurden die Formulare neu aus dem Intranet geladen. Dies wurde damit
begründet, dass sonst veraltete Versionen verwendet werden könnten, welche dann vom
Dezernat zurückgeschickt werden. Um diesen Problemen vorzubeugen sind in
Beschaffung.UP mehrere Hilfsmittel integriert worden. So werden beispielsweise die
Stammdaten und die Lieferanschrift anhand der Profildaten bereits in der aktuellen
Formularvorlage vorausgefüllt. Weiterhin werden nur valide und gültige Kontierungs-
strukturen angezeigt, welche anhand der im persönlichen Profil bzw. im Kopf des
Formulars eingestellten Organisationsstruktur gefiltert werden.
Diese und weitere Hilfsmittel wurden zwar von den drei Teilnehmern im Online-Bereich
insgesamt als nützlich eingestuft, allerdings sind sie nicht immer bekannt und wurden
daher teilweise nicht genutzt. Zudem konnte auch die Verwendung von (externen)
Hilfsmitteln beim Ausfüllen von Anträgen über Beschaffung.UP beobachtet werden:

     Die Kostenart wurde in alten Anträgen nachgeschlagen, da die angebotene Liste
      als zu umfangreich und unstrukturiert empfunden wird.
     Für Begründungen wurden Textbausteine in einem Textdokument gespeichert, die
      bei Bedarf einfach kopiert werden.
     Anträge wurden im alten Formular vorgeschrieben und dann einfach die Texte in
      das Online-Formular übernommen. Zwar geschah dies, um während des
      Interviews etwas Zeit zu sparen, dennoch wurde durch diesen Probanden auch
                                                   Effizienz in Zeiten der Digitalisierung   39

      angemerkt, dass die Formularfelder teilweise zu klein sind und dass die
      Übersichtlichkeit beim Papierformular deutlich besser sei.


5.4    System Usability Scale

Um die Gebrauchstauglichkeit von Beschaffung.UP einschätzen zu können, wurde bei
den Interviews zu Beschaffung.UP – sowohl bei den Antragstellern als auch im Dezernat
– zusätzlich der SUS eingesetzt. Um die Aussage der Stichprobe zu verbessern, wurden
zusätzlich die Mitarbeiter des Institutes für Informatik, welche bereits seit der Testphase
mit dem System arbeiten, um Ausfüllung des Fragebogens gebeten. Somit konnten 13
Fragebögen zu folgenden Rollen ausgewertet werden:

     8 Antragssteller
     1 Kostenstelleninhaber (hat auch als Antragsteller mit dem System gearbeitet)
     2 Verwaltungsleiter
     2 Mitarbeiter des Dezernates
Beschaffung.UP wurde im Durchschnitt mit 83 (gut) bewertet. Werden nur die Personen
außerhalb des Dezernates betrachtet liegt der Wert bei 84 (gut).


6     Diskussion
Die vorgestellten Ergebnisse basieren noch auf einer kleinen Stichprobe einer noch
laufenden Studie. Zudem erfolgte eine Selbstselektion der Teilnehmer. Daher kann die
Studie bislang nicht als repräsentativ angesehen werden. Dennoch bietet sie bereits jetzt
interessante Einblicke und Tendenzen in diesen Bereich und Abläufe.
Die Bearbeitungsdauern der Anträge (H1) scheinen mit dem Online-Beschaffungssystem
größer zu sein als bei den Papieranträgen. Statistisch ist jedoch kein signifikanter
Unterschied feststellbar, sodass davon auszugehen ist, dass beide gleich lang dauern.
Dennoch sind Rückschlüsse auf die Art der Bearbeitung möglich. Im Papierprozess sind
die kurzen Bearbeitungszeiten vor allem durch die langjährige Erfahrung der Teilnehmer
erklärbar: Das Ausfüllen der Anträge ist hier Routine, sodass die benötigten
Informationen oft bekannt sind bzw. vorab schon bereit gelegt werden. Es ist aber
denkbar, dass neue Mitarbeiter, mit weniger Routine, von den digitalen Hilfsmitteln
profitieren können. Im Vergleich der Umlaufzeiten (H2) kann sogar behauptet werden,
dass die Weiterleitung mittels Beschaffung.UP schneller ist: Eine Zeit von ca. 2 Stunden
für den Umlauf ist auf Papier nur zu unterbieten, wenn alle Beteiligten am gleichen
Standort tätig und zur gleichen Zeit auch anwesend sind. Jedoch zeigt gerade der 15
Tage laufende Papierantrag, in diesem Fall verursacht durch Forschungsfreisemester und
Urlaub, dass der orts- und zeitunabhängige Zugriff gerade in dringenden Fällen
vorteilhaft sein kann.
40   Stefanie Lemcke, Sven Strickroth und Ulrike Lucke

Die Annahme, dass die Anträge online qualitativ besser ausgefüllt werden (H3), lässt
sich nur durch die Aussagen des Dezernates belegen, da bei allen beobachteten
Papieranträgen alle notwendigen Felder ausgefüllt wurden. Dabei muss bedacht werden,
dass diese Teilnehmer meist viel Erfahrung besitzen. Allerdings zeigt die Aussage des
Dezernates, dass die eingebauten Funktionen zum Vorausfüllen der Formulare mit
Stammdaten und Lieferanschrift als nützlich eingestuft werden können.
Allgemein wurden die eingebauten Hilfsmittel (H4), wie das Vorausfüllen von
Stammdaten, Unterstützung bei der Kontierung, Kopierfunktion etc., von den
Teilnehmern des Online-Bereiches als hilfreich empfunden und decken alle
beobachteten Hilfsmittel und Provisorien im Papierprozess ab. Die zusätzlich
verwendeten Werkzeuge, welche im Online-Bereich erfasst werden konnten, können als
Möglichkeiten zur Weiterentwicklung und damit besseren Unterstützung angesehen
werden. Auch der SUS-Wert von 83 (84 ohne das Dezernat) zeigen, dass der Umgang
mit dem System als gut, fast sogar exzellent (ab 85) wahrgenommen wird. Allerdings
waren die integrierten Hilfsmittel von Beschaffung.UP nicht immer allen bekannt. Auch
wenn ein Teilnehmer zum Zeitpunkt der Beobachtung zum ersten Mal mit
Beschaffung.UP gearbeitet hat, kann dennoch festgehalten werden, dass die angebotenen
Hilfsmittel nicht ausreichend sichtbar sind und nur durch das Lesen der Dokumentation
bzw. durch Schulungen bekannt werden. Um die Nützlichkeit der integrierten Hilfsmittel
deutlich zu steigern, muss also über Konzepte zur Steigerung ihrer Sichtbarkeit
nachgedacht werden.


7    Fazit und Empfehlungen
Digitalisierung wird oft unreflektiert mit „schneller, besser und billiger“ assoziiert. In
diesem Artikel wurde am Beispiel des Beschaffungsprozesses an der Universität
Potsdam ein systematischer Vergleich des Online- und Papierprozesses durchgeführt.
Ziel der weiter laufenden Studie ist es festzustellen, ob die Bearbeitung von
Beschaffungsanträgen durch Beschaffung.UP effizienter (schneller, besser und mit
weniger zusätzlichen Ressourcen) durchführbar ist. Die Ergebnisse lieferten bislang die
Erkenntnis, dass jenseits der deutlich schnelleren digitalen Datenübermittlung, durch
entfallende Postwege und der Möglichkeit ortsunabhängig Anträge bearbeiten zu
können, zunächst keine zeitliche Verbesserung beim Ausfüllen der Anträge zu
verzeichnen ist. Hinsichtlich der Qualität scheinen die vollständig digitalisierten
Prozesse zwar Vorteile zu bringen, dies lässt sich allerdings nur durch Aussagen des
Dezernates belegen und ist in den Beobachtungen bislang nicht nachweisbar. Die
Funktionen von Beschaffung.UP decken einige Behelfslösungen und Vereinfachungen
im Papierprozess ab, aber auch bei der Arbeit mit dem Online-System werden einige
(neue) Hilfsmittel verwendet. Insgesamt kann man also bislang nur sagen, dass durch
Beschaffung.UP keine effizientere Arbeit beobachtet werden kann, wobei die
Bearbeitungsdauern zumindest nicht schlechter werden. Somit ist auch eine
                                                 Effizienz in Zeiten der Digitalisierung   41

abschließende Aussage über Gewinner bzw. Verlierer zum jetzigen Zeitpunkt der Studie
noch nicht möglich. Allerdings konnte festgestellt werden, dass eine zunehmende
Verlagerung der Arbeit (Ausfüllen des Antrages) vom Sekretariat auf die eigentlichen
Antragsteller erfolgt.
In der Konsequenz bleibt festzuhalten, dass im Zuge der Digitalisierungsbemühungen
ein gezieltes Erwartungsmanagement bei politischen Entscheidungsträgern notwendig zu
sein scheint. Hierfür sind neben dem Abschluss der hier beschriebenen Studie auch
ähnliche Untersuchungen zu anderen Verwaltungsprozessen an Hochschulen geboten,
um verallgemeinerbare Aussagen ableiten zu können.
Während der Planung, Durchführung und Auswertung der Studie konnten hierfür einige
interessante organisatorische und inhaltliche Aspekte festgestellt werden:

    Der Vergleich zwischen papiergebundenem und digitalem Prozess im Zuge einer
     bereits laufenden Systemeinführung gestaltet sich als schwierig, da nur noch selten
     Papieranträge gestellt werden. Daher sind langfristig angelegte Untersuchungen
     von Vorteil, die jedoch frühzeitig bedacht werden müssen.
    Die Einführung neuer Systeme, die mit einer Prozessvereinheitlichung
     bzw. -veränderung einhergehen, stößt nicht immer auf Zustimmung. Ein explizites
     Commitment der Hausleitung ist von großem Vorteil – sowohl für die
     Digitalisierung der Verwaltungsprozesse als auch für deren empirische Analyse.
    Das (i. d. R. aufwändige) Einbeziehen breiter Akteursgruppen bereits in das
     Design des digitalen Systems zahlt sich in dessen höherer Akzeptanz aus, erfordert
     jedoch entsprechende Ressourcen. Dies muss in der Projektplanung bedacht
     werden.
    Dezentral ist (noch) viel Wissen und Erfahrung zur Abwicklung von Verwaltungs-
     prozessen vorhanden, welches als Ausgangspunkt für weitere Optimierungen auch
     der digitalen Lösungen genutzt werden sollte.
    Die zahlreichen Behelfslösungen, welche bei beiden Prozessen festgestellt
     wurden, zeigen, dass Menschen ihre Arbeitsmittel selbstständig so effizient wie
     möglich gestalten. Ein digitales System muss diese Freiheiten erlauben bzw.
     unterstützen.
    Umfassende Schulungen sind notwendig, damit alle Funktionen einer neuen
     Lösung bekannt gemacht und effektiv genutzt werden können, gerade bei nicht IT-
     affinen Mitarbeitern.
    Akteure in Verwaltungsprozessen schätzen ihre tatsächlich aufgewandte
     Arbeitszeit deutlich schlechter ein als die real benötigte Zeit.
Diese Erkenntnisse sind nicht überraschend, sondern zeigen einige Ähnlichkeiten mit
Digitalisierungsprojekten in der Hochschullehre. Auch hier sind zahlreiche Ansätze
bekannt, die bereits in der Konzeptionsphase hätten breiter gedacht werden müssen, um
42   Stefanie Lemcke, Sven Strickroth und Ulrike Lucke

später nachhaltig einsetzbar sein zu können. So ist z. B. die Verfügbarkeit eines starken
und fest in der Organisationsstruktur verankerten Projektmanagement-Teams (nicht
zwingend in der zentralen IT, jedoch in enger Kooperation mit dieser) mit ausreichenden
Ressourcen für die Begleitung des Einführungsprozesses ein wesentlicher Erfolgsfaktor
für die Digitalisierung der Hochschulverwaltung [KLL17].
Zugleich wird klar, dass Digitalisierungsprojekte in der Verwaltung nicht losgelöst
jeweils für sich, sondern im Kontext des Gesamtgefüges betrachtet werden müssen. Erst
wenn der tatsächlich erzielbare Beitrag einer digitalisierten Verwaltungslösung zu den
strategischen Zielen der Hochschule klar ist, und wenn alle für die Umsetzung
benötigten Ressourcen (inkl. Arbeitszeit der am Prozess beteiligten Mitarbeiter) für die
gesamte Projektdauer gesichert sind, sollte mit dem Vorhaben begonnen werden. Nur so
können die großen Erwartungen an die digitale Transformation Realität werden.


8    Literaturverzeichnis
[Ba17]     Banscherus, U. et al.: Wandel der Arbeit in wissenschaftsunterstützenden Bereichen an
           Hochschulen - Hochschulreformen und Verwaltungsmodernisierung aus Sicht der
           Beschäftigten, Study Nr. 362, Hans-Böckler-Stiftung, 2017.
[Be17]     Bernard, L. et al.: Entwicklung von Forschungsdateninfrastrukturen im internationalen
           Vergleich. Rat für Informationsinfrastrukturen, 2017.
[BKM09] Bangor, A.; Kortum, P.; Miller, J.: Determining what individual SUS scores mean:
        Adding an adjective rating scale. Journal of Usability Studies 04/03, S. 114–123, 2009.
[Br18]     Beise, A.S. et al.: Digitalisierung der Hochschulen. HIS-Institut für Hochschul-
           entwicklung, im Druck.
[Br96]     Brooke, J.: SUS – A quick and dirty usability scale, In: (Jordan, P. W., Hrsg.):
           Usability Evaluation. Industry, Taylor & Francis Ltd, S. 189–194, 1996.
[Di12]     Diekmann, A.: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 6.
           Auflage, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2012.
[Fi06]     Finstad, K.: The system usability scale and non-native english speakers. Journal of
           Usability Studies 01/04, S. 185–188, 2006.
[Gi17]     Gilch, H.; Jungermann, I.; Wannemacher, K.: Digitalisierung der Verwaltung bei der
           Einführung von Campus-Management-Systemen an Hochschulen. 12. Jahrestagung
           der Gesellschaft für Hochschulforschung, 2017.
[Ha17]     Handke, J.: Handbuch Hochschullehre Digital. Leitfaden für eine moderne und
           mediengerechte Lehre. Tectum Verlag, 2017.
[He17]     von der Heyde, M. et al.: Hochschulentwicklung im Kontext der Digitalisierung -
           Bestandsaufnahme, Perspektiven, Thesen. In: (Eibl, M. & Gaedke, M., Hrsg.): Proc.
           INFORMATIK 2017. Bonn : Köllen. S. 1757–1772, 2017.
                                                      Effizienz in Zeiten der Digitalisierung   43

[HfD15]   Hochschulforum Digitalisierung: 20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung.
          Arbeitspapier Nr. 14. 2015.
[ISO98]   DIN EN ISO 9241-11: Ergonomische Anforderungen für Bürotätigkeit mit
          Bildschirmgeräten – Teil 11: Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit; Leitsätze,
          1998.
[KLL17]   Kiy, A.; List, C.; Lucke, U.: A Virtual Environment and Infrastructure to ensure future
          readiness of Data Centers. In: Proc. of the European University Information Systems
          Organization (EUNIS 2017) "Shaping the Digital Future of Universities", Münster,
          Germany, 2017.
[Me09]    Mertens, P.: Schwierigkeiten mit IT-Projekten der öffentlichen Verwaltung.
          Informatik-Spektrum 32/01, S. 42–49, 2009.
[Sc17]    Scheer, A.-W.: Hochschule 4.0. In: Dittler, U. (Hrsg.): E-Learning 4.0: Mobile
          Learning, Lernen mit Smart Devices und Lernen in sozialen Netzwerken, 2017.