=Paper= {{Paper |id=Vol-2358/paper-01 |storemode=property |title=UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion (UML in Higher Education: A Critical Reflection) |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-2358/paper-01.pdf |volume=Vol-2358 |authors=Jürgen Anke,Stefan Bente |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/seuh/AnkeB19 }} ==UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion (UML in Higher Education: A Critical Reflection)== https://ceur-ws.org/Vol-2358/paper-01.pdf
                 UML in der Hochschullehre:
                  Eine kritische Reflexion
                           Jürgen Anke, Hochschule für Telekommunikation Leipzig
                                      Stefan Bente, Technische Hochschule Köln
                                   anke@hft-leipzig.de, stefan.bente@th-koeln.de

Zusammenfassung                                             Abstract
Trotz ihrer hohen Bekanntheit und Verbreitung ist           Despite its pervasiveness and popularity, the Uni-
die Unified Modelling Language (UML) 20 Jahre               fied Modeling Language (UML) is not uncontro-
nach der Vorstellung ihrer ersten Version in der            versial in software engineering 20 years after the
Softwaretechnik nicht unumstritten. Ein wesentli-           launch of its first version. A major reason is their
cher Grund ist ihre unklare Nutzung in der Praxis           unclear use in practice, which is influenced by the
die u.a. durch Ausdifferenzierung von Software-             differentiation of software product types, agile
produktarten, agilen Entwicklungsansätzen sowie             development approaches and microservices as
Microservices als Architekturstil mit reduzierter           architectural style with reduced complexity. These
Komplexität beeinflusst wird. Diese Trends beför-           trends move away from traditional top-down, se-
dern eine Abkehr von klassischen Top-Down-                  quential approaches that require extensive specifi-
Ansätzen mit sequenziellem Vorgehen, das um-                cations of requirements and design. For teaching
fangreiche Spezifikationen der Anforderungen und            (especially at the Bachelor level), therefore, the
des Entwurfs erfordert. Für die Lehre (insbesonde-          question arises whether we still need UML at all
re auf Bachelorniveau) stellt sich daher die Frage,         and if so, for what and to what extent. The aim of
ob wir UML überhaupt noch brauchen und wenn                 this paper is to gather empirical evidence on the
ja, wofür und in welchem Umfang. Ziel dieses Bei-           relevance of UML and to draw conclusions for pos-
trags ist es, empirische Belege zur Relevanz der            sible competence goals in software engineering
UML zusammenzutragen und daraus Schlussfolge-               education. Our goal is to provide an up-to-date
rungen für mögliche Kompetenzziele in der Soft-             view of the practical relevance of UML to stimulate
waretechnikausbildung zu ziehen. Unser Ziel ist es,         discussion about the role of UML in software engi-
eine aktuelle Sicht auf die praktische Relevanz der         neering courses.
UML zu liefern und damit die Diskussion über die
Ausgestaltung der Lehre im Fach Softwaretechnik
anzuregen.




V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                     8
                                                                            UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                         Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


Einleitung und Motivation                                   Praxis wird anhand von bestehenden Studien be-
                                                            wertet. Daneben haben wir eine Analyse von stu-
Die Beschreibung bestehender oder geplanter Sys-
                                                            dentischen Projekt- und Abschlussarbeiten hin-
teme ist eine wichtige Teilaufgabe im Software
                                                            sichtlich ihrer Nutzung von grafischer Modellie-
Engineering. Dies wird vielfach mit grafischen
                                                            rung durchgeführt.
Modellen der Unified Modelling Language (UML)
durchgeführt. Die UML ist der De-facto-Standard
die grafische Modellierung von objektorientierten
Systemen, um deren Analyse, Entwurf und Doku-
mentation zu unterstützten (Rupp, Queins, & SO-
PHISTen, 2012; Sommerville, 2015).
Folgerichtig ist das Erlernen der UML ein wichtiger
Bestandteil in vielen Software Engineering Modu-
len an Hochschulen, wie es auch in den Rahmen-
empfehlungen der Gesellschaft für Informatik (GI)
verankert ist (Gesellschaft für Informatik, 2016).
Jedoch ist die UML auch in der Lehre aus unserer
Erfahrung nicht unumstritten.
Aus unserer Sicht sind mögliche Gründe dafür z.B.:
- Die Relevanz der UML in der Praxis scheint
   zurückzugehen, da umfangreiche Spezifikatio-
                                                             Abb. 1: Google Trends für Begriffe des Software
   nen in agilen Entwicklungsansätzen wie z.B.
                                                               Engineerings (2004-2018, nur Deutschland)
   Scrum nicht mehr erforderlich sind.
- Aufgrund ihrer Komplexität ist die UML                    Dieser Beitrag ist wie folgt aufgebaut: Zunächst
   schwer zu erlernen (Erickson & Siau, 2007;               ordnen wir die UML historisch ein, diskutieren die
   Seiko Akayama u. a., 2013).                              Einsatzfelder sowie den Nutzen der Modellierung.
- Besondere Schwierigkeiten verursacht die Ver-             Anschließend erfolgt die Analyse von Studien zur
   bindung verschiedener Sichten auf das Soft-              Nutzung von UML in der Praxis sowie studenti-
   waresystem (Boberić-Krstićev u. a., 2011).               schen Arbeiten. Nach der Diskussion der Ergebnis-
- Klassische UML-Tools führen aufgrund ihrer                se leiten wir Schlussfolgerungen für die Rolle der
   Komplexität in der Lehre oft zu Herausforde-             UML in der Lehre ab.
   rungen (Liebel, Heldal, & Steghofer, 2016; Seiko
   Akayama u. a., 2013).                                    UML in der Softwaretechnik
- Der Nutzen der Modellierung erschließt sich
   Studierenden nicht (Boberić-Krstićev u. a.,              Entstehung der UML
   2011; Burgueño, Vallecillo, & Gogolla, 2018).            Im Methodenkrieg der 1990er Jahre gab eine Reihe
Der Eindruck einer sinkenden Bedeutung von UML              konkurrierender Ansätze für objektorientierte Me-
wird auch anhand der Google Trends deutlich,                thoden und Modellierungssprachen. Die erste Ver-
welche die relative Häufigkeit von Suchanfragen             sion der UML wurde 1997 als Vereinigung einer
betrachtet (Abb. 1). Hierbei wurde der Zeitraum             aus der „Unified Method“ nach Rumbaugh/Booch
2004-2018 sowie die Region Deutschland gewählt.             und dem „Object Oriented Software Engineering“
Zudem wurde mit „Themen“ statt Suchbegriffen                nach Jacobsen gebildet. Der Toolhersteller Rational
gearbeitet, die verschiedene Formulierungen und             unterstützte die UML bereits damals und trug da-
Schreibweisen berücksichtigen.                              mit zu ihrer Verbreitung bei (Rupp u. a., 2012). In
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob            den folgenden Jahren fand eine Erweiterung der
und wie die UML in der grundständigen Software              UML um weitere Diagrammtypen und Konstrukte
Engineering Ausbildung zu integrieren ist. Dazu             wie der Object Constraint Language (OCL) statt.
haben wir uns in diesem Beitrag an folgenden Leit-          Zur Standardisierung wurde die UML schließlich
fragen orientiert:                                          an die Object Management Group (OMG) überge-
                                                            ben. In der aktuellen Version 2.5 enthält die UML
-    Wie und wofür wird die UML in der Praxis               insgesamt 14 Diagrammtypen, von denen jeweils
     tatsächlich eingesetzt?                                sieben zur Beschreibung der Struktur (z.B. Klassen-
-    Welche Kompetenzen sollten dafür durch die             diagramm, Verteilungsdiagramm, Paketdiagramm)
     Hochschullehre entwickelt werden?                      und sieben zur Beschreibung des Verhaltens (z.B.
Grundlage dieser Arbeit sind empirische Studien             Use-Case Diagramm, Aktivitätsdiagramm, Se-
über den Einsatz der UML anhand ihrer tatsächli-            quenzdiagramm) dienen.
chen Nutzung. Die Relevanz in der industriellen



V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                    9
                                                                               UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                            Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


Einsatzfelder und Modellarten                               Nutzen der Modellierung
Modelle können beschreibend (deskriptiv) oder               Die Verwendung von UML für die Modellierung
vorschreibend (präskriptiv) sein. Beschreibende             im Software Engineering soll sowohl Produktquali-
Modelle werden einerseits für die Systemdokumen-            tät als auch Entwicklungsproduktivität verbessern.
tation und andererseits in der Analyse für die Be-          Die Zwischenschritte zu diesen Wirkungen entste-
schreibung des Problemraums (Domänenmodell,                 hen in den Kategorien Entwickler, Team, Prozess
Geschäftsprozesse usw.) eingesetzt. Präskriptive            und Produkt, wie eine Studie von Chaudron u. a.
Modelle hingegen werden für den Entwurf und die             (2012) ergeben hat (siehe Abb. 2). Insgesamt lässt
Implementierung eingesetzt, da sie einen Bauplan            sich sagen, dass das Ziel der Nutzung von UML im
(„Vorschrift“) für ein zu realisierendes System be-         Verstehen, Beschreiben und Kommunizieren von
schreiben. Für die automatische Codeerzeugung               existierenden oder geplanten Softwaresystemen in
auf Basis eines solchen Modells ist ein hoher De-           verschiedenen Lebenszyklusphasen (Analyse, Ent-
tailgrad und ein für die Zielplattform geeigneter           wurf, Implementierung, Wartung) besteht. Ivar
Generator erforderlich. Wenn hingegen ein Pro-              Jacobson, einer der Gründerväter von UML
grammierer die Implementierung manuell durch-               schreibt dazu: „Used appropriately it is a practical
führt, kann dieser auf Basis seiner Interpretations-        tool for raising the level of abstraction on software
fähigkeiten auch mit einem weniger formalen Mo-             from the level of code to the level of the overall
dell arbeiten. Tab. 1 fasst die verschiedenen Aufga-        system” (Jacobson, 2009).
ben, Modellarten und Beteiligte zusammen.                   Die zentrale Rolle der Modellierung wird auch
Je nachdem, wofür die UML eingesetzt wird, gibt             durch den Guide to the Software Engineering Body of
unterschiedliche Anforderungen an die Modelle               Knowledge (SWEBOK) unterstrichen. Hier wird die
und demnach auch die Fähigkeiten der Modeller-              UML als eine mögliche Modellierungssprache ge-
steller und -nutzer. Sommerville nennt für die Mo-          nannt und auf die Notwendigkeit verwiesen, eine
dellierung von Systemen drei verschiedene Absich-           für die jeweilige Aufgabenstellung geeignete grafi-
ten, die jeweils unterschiedliche Grade an Detaillie-       sche Notation auszuwählen (Bourque, Fairley, &
rung und Rigorosität in der Anwendung der Mo-               IEEE Computer Society, 2014).
dellierungssprache erfordern (Sommerville, 2015):
- Diskussionen über ein bestehendes oder geplantes
     System: Diese Modelle können unvollständig             Phase       Analyse      Entwurf         Imple-          Doku-
     sein und die Notationen der Modellierungs-                                                      men-            mentation
     sprache informell verwenden.                                                                    tierung
- Dokumentation eines bestehenden Systems: Diese            Original Problem-        Analyse-        Ent-            Implemen-
     Modelle müssen ebenfalls nicht vollständig             / Grund- raum            modell          wurfsmo-        tiertes
     sein, wenn nur Teile des Systems dokumentiert          lage                                     dell            System
     werden. Jedoch ist Korrektheit und Genauig-
                                                            Modell-     Analyse-   Entwurfs- (Code)                  Entwurfs-
     keit erforderlich.
                                                            inhalte     modelle,   modelle,                          modell,
- Codegenerierung: Präzise Systembeschreibung
                                                                        z.B.   Do- z.B.    Da-                       z.B.    Da-
     als Basis für die Erzeugung der Implementati-
                                                                        mänen-     tenstruk-                         tenstruk-
     on in einer modell-basierten Entwicklung.
                                                                        modell,    turen,                            turen,
Dies ist im Wesentlichen übereinstimmend mit der                        Geschäfts- System-                           System-
Systematisierung von Chaudon et.al., die                                prozesse   architektur                       architektur
1.   Modelle zur Analyse und Verstehen                      Ersteller   Mensch       Mensch          Mensch          Mensch /
2.   Modelle zur Kommunikation                                                                                       Maschine
3.   Modelle als Vorlage für die Implementierung
                                                            Nutzer      Mensch       Mensch          Mensch / Mensch
4.   Modelle als Basis für die Codegenerierung
                                                                                                     Maschine
unterscheiden (Chaudron, Heijstek, & Nugroho,
2012). Die Reihenfolge dieser Nutzungsarten (von            Modell-     Informell, präzise,   präzise,    Vollstän-
den Autoren als modeling styles bezeichnet) gibt            qualität    geringer   mittlerer  hohe De- dig, kor-
ebenfalls die steigende Anforderung an Modellqua-                       Detailgrad Detailgrad taillierung rekt,   ge-
lität bzw. Genauigkeit an.                                                                                nau

                                                                 Tab. 1: Modellarten und ihre Eigenschaften




V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                     10
                                                                               UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                            Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln




                                Abb. 2: Nutzen der UML Modellierung (Chaudron u. a., 2012)


                                                                   -   Nur für Validierung von Anforderungen mit
UML-Nutzung durch Praktiker                                            dem Kunden wurde der Nutzen bei Aktivi-
                                                                       täts- und Use Case-Diagrammen am höchs-
Für die Beurteilung der praktischen Relevanz von
                                                                       ten eingeschätzt.
UML stützen wir uns auf Studien, die den Einsatz
                                                                  - Der Einbezug von Kunden wurde anhand
der UML in der Praxis untersucht haben. Dabei
                                                                       ihrer Mitwirkung beim Entwickeln, Prüfen
werden einerseits die empirisch ermittelte Nutzung
                                                                       und Freigeben von Modellen bewertet. In al-
von UML-Modellelementen und andererseits die
                                                                       len Fällen wird das Use Case Diagramm
Verwendungszwecke untersucht.
                                                                       am häufigsten genannt, gefolgt vom Akti-
Häufigkeit von Modellelementen der UML                                 vitätsdiagramm.
                                                               3) Analyse von Lehrbüchern, UML Tutorials,
Die Frage nach der Nutzung der UML anhand der                     Hochschulkursen (Gianna Reggio, Maurizio
tatsächlichen Verwendung von Diagrammtypen                        Leotta, Filippo Ricca, & Diego Clerissi, 2013)
und Modellelementen wurde in den letzten 15 Jah-                  - In Hochschulkursen sind Klassen-, Se-
ren mittels verschiedener Methoden untersucht.                         quenz-, Aktivitäts-, Use Case- und Zu-
Die Ergebnisse und die zugrundeliegende Methode                        standsdiagramme besonders häufig.
werden nachfolgend kurz vorgestellt.                              - In UML Tutorials zusätzlich dazu Kompo-
1) Delphistudie (Erickson & Siau, 2007)                                nenten- und Verteilungsdiagramme.
   - Enterprise Systeme: 1. Klassen-, 2. Use                      - Die am seltensten genutzte Diagrammty-
       Case-, 3. Sequenz-, 4. Aktivitätsdiagramme                      pen sind Timing-, Profil-, Interaktionsüber-
   - Echtzeitsysteme: 1. Klassen-, 2. Zustands-,                       sichts- und Kompositionsstrukturdia-
       3. Sequenz-, 4. Use Case-Diagramme                              gramme.
   - Web Applikationen: 1. Klassen-, 2. Use                    4) Quantitative Analyse von Open UML Model-
       Case-, 3. Sequenz-, 4. Zustandsdiagramme                   len, N=121 (Langer, Mayerhofer, Wimmer, & Kap-
2) Befragung, N=284 (Dobing & Parsons, 2010)                      pel, 2014)
   - 73% der Befragten nutzten in mind. 2/3 ih-                   - Häufigste Sprachelemente: Class (100%),
       rer Projekte Klassendiagramme, gefolgt                          Use Case (47%), Interactions (39%)
       von Use Case (51%) und Sequenzdia-                         - Häufigste Elemente in Interaktionsdia-
       grammen (50%)                                                   grammen: Message, Lifeline
   - Klassen- und Sequenzdiagrammen wurden                        - Profile werden häufig für Robustness-
       für die Aufgaben Implementierung, Doku-                         Diagramme u. Datenbankschemata genutzt
       mentation, Erklären/Verständnis im Team am                 - Klassen sind die am häufigsten mit Stereo-
       häufigsten ein mindestens begrenzter Nut-                       typen versehenen Modellelemente.
       zen zugeschrieben.



V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                     11
                                                                            UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                         Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


5) Experteninterviews, N=50 (Petre, 2013)                       -  Das Verhältnis von modellierten Klassen
   - 35 von 50 Befragten nutzen UML gar nicht,                     und implementierten Klassen lag zwischen
      v.a. wegen des Fokus auf die Softwarear-                     4% im größten Projekt (~900 Klassen) und
      chitektur und nicht auf das ganze System                     40% im kleinsten Projekt (<60 Klassen)
      (fehlender Kontext), dem hohen Aufwand                   - Nur wenige Projekte aktualisierten ihre ini-
      zum Verstehen der UML (unnötige Kom-                         tialen Modelle, meist wurden bei neuen
      plexität) sowie Problemen von Synchroni-                     Features neue Modelle hinzugefügt.
      sierung bzw. Inkonsistenzen zwischen                  3) Befragung zum Einsatz von Entwurfsmodellen,
      Modell und Code bzw. Modellsichten                       N=3785 (Gorschek, Tempero, & Angelis, 2014)
   - 11 von 50 Befragten nutzen UML nur selek-                 - Entwurfsmodelle werden in der Praxis
      tiv, besonders in frühen Phasen zur Bewer-                   nicht häufig verwendet.
      tung von Ideen, auch im Team. Sie weniger                - Modelle werden eher informell und ohne
      verwendeten UML meist in kleineren Mo-                       Toolsupport erstellt.
      dellen, adaptierten die Notation an ihre                 - Die Notation ist tendenziell nicht UML.
      Bedürfnisse und beendeten die Verwen-                    - Die Nutzung von Modellen nimmt mit
      dung, wenn UML in der jeweiligen Pro-                        Grad an Erfahrung und Qualifikation ab
      jektphase nicht mehr gebraucht wurde.                    - Modelle werden eher zur Kommunikation
   - 3 der 50 Befragten nutzten UML für die au-                    und Zusammenarbeit genutzt und auf
      tomatische Codeerzeugung. Die entspre-                       Whiteboard oder Papier gezeichnet und
      chenden Einsatzfälle waren Software für                      werden nach Erstellung selten aktualisiert.
      eingebettete System oder Produktlinien.               4) Befragung zum Einsatz von Skizzen und Dia-
                                                               grammen im Software Engineering, N=394
Einsatz von konzeptioneller Modellierung                       (Baltes & Diehl, 2014)
Bei diesem Aspekt geht es um die Erhebung von                  - 48% aller Skizzen enthalten einige UML-
Einsatzfällen für Modellierung, z.B. in Anhängig-                  Elemente, 9% ausschließlich UML.
keit von Unternehmensgrößen, Modellierungser-                  - Die Hälfte der Skizzen wurde von einer
fahrung, Projekttyp oder Entwicklungsphase. Die                    einzelnen Person angefertigt, 28% von zwei
hier betrachtete konzeptionelle Modellierung um-                   und 15% von drei Personen.
fasst auch andere Sprachen, nicht nur die UML.                 - 58% aller Skizzen wurde analog (Papier,
Wie auch schon bei den Studien zur Häufigkeit von                  Whiteboard) angefertigt, 40% digital.
Modellelementen werden hierfür unterschiedliche                - Digitale Skizzen werden im Vergleich zu
Forschungsmethoden eingesetzt.                                     analogen Skizzen zu einem höheren Teil
1) Befragung zur Modellierung, N=312 (Davies,                      (77%) überarbeitet und archiviert (94%).
   Green, Rosemann, Indulska, & Gallo, 2006)                   - Wesentliche Einsatzzwecke sind Entwerfen
   - Die häufigsten regelmäßig eingesetzten                        (75%), Erklären (65%), Verstehen (56%)
       Modellierungstechniken sind ER-                             sowie Anforderungen analysieren (45%).
       Diagramm (42%), Datenflussdiagramm                   Zwischenfazit und Diskussion
       (34%) und Flowcharts (29%). UML ist mit
       21% auf Platz 5.                                     Da einige Studien z.T. schon über 10 Jahre alt sind,
   - Die meistgenutzten Tools sind MS Visio                 können die Ergebnisse der Studien nur mit Vor-
       (44%) und Rational Rose (11%).                       sicht auf die heutige Verwendung extrapoliert
   - Unternehmensgröße: Die UML wird bei                    werden. Dennoch lassen sich gewisse Tendenzen
       mittleren Unternehmen (100-1000 Mitarbei-            bei der Nutzung von UML (bzw. konzeptionellen
       ter) häufiger eingesetzt als bei kleineren           Modellierungsansätzen insgesamt) in der Praxis
       oder größeren Unternehmen.                           der Softwareentwicklung durchaus ausmachen.
   - Modellierungserfahrung: Mitarbeiter mit 4-             Tendenzen in der UML-Nutzung
       10 Jahren Erfahrung nutzen häufiger kon-             Die UML hat gemäß den ausgewerteten Studien in der
       zeptionelle Modelle als Kollegen, die kür-           Praxis eine sehr hohe Bekanntheit und auch eine hohe
       zere oder längere Erfahrung haben.                   Nutzung. Allerdings werden in der Praxis die ein-
   - Die häufigsten Einsatzzwecke für konzep-               zelnen Diagrammtypen unterschiedlich häufig
       tionelle Modellierung sind (1) Datenbank-            verwendet. Insbesondere Klassen-, Aktivitäts-, Use-
       design/–management, (2) Geschäftspro-                Case- und Sequenzdiagramme sind verbreitet.
       zessdokumentation, (3) Interne Prozess-
       verbesserung, (4) Softwareentwicklung, (5)           Die Verwendungszwecke sind oft in frühen Phasen der
       Verbesserung kollaborativer Prozesse.                Systementwicklung, z.B. zur Unterstützung der Ana-
2) Analyse der Repositories von Open Source                 lyse. Dabei spielt Modellierung besonders für die
   Projekten, N=10 (Osman & Chaudron, 2013)                 Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen
                                                            den Beteiligten eine wichtige Rolle.



V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                  12
                                                                             UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                          Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


Modelle sind häufig informell oder werden mit infor-        trachtet. Ein Beleg ist etwa das Prinzip 11 des Agi-
mellen Notationen gemischt. Alternativen zur Mo-            len Manifests: “The best architectures (…) and de-
dellierung mit UML sind weniger formelle Model-             signs emerge from self-organizing teams”, (Beck
lierungsansätze wie das C4-Architekturmodell                u. a., 2001), kritische Aussagen zu „klassischer“
(Brown, 2018), textuelle Domain Specific Langu-             Softwarearchitektur finden sich darüber hinaus an
ages (DSL) oder auch Ad-Hoc-Notationen.                     vielen Stellen in der agilen Literatur (z.B. Coplien &
Als Medien werden neben Papier und Whiteboard auch          Bjørnvig, 2010, S. 85). Diese Grundhaltung trägt
verschiedene Tools eingesetzt, wobei diese nicht not-       dazu bei, dass formale Modellierung in agilen Pro-
wendigerweise klassische UML-Modellierungstools             jekten weniger verbreitet ist, auch wenn seit mehre-
sind. Wenn ein konsistentes Gesamtmodell mit                ren Jahren eine Reihe von Frameworks existieren,
vielen untereinander verbundenen Sichten weniger            die agiles Vorgehen mit Architekturplanung ver-
wichtig ist, kann auf ein Model Repository verzich-         binden (siehe z.B. Cockburn, 2006; Larman & Vod-
tet werden. In diesen Fällen können auch Zeichen-           de, 2009; Leffingwell, 2007).
tools wie Visio oder eines der zahlreichen auf Kol-         Microservices haben keine zentralen Modelle mehr. Das
laboration ausgelegten webbasierten Zeichenwerk-            Aufkommen des Microservice-Architekturstils als
zeuge für die UML-Modellierung genutzt werden.              Alternative zur monolithischen oder service-
Die Erzeugung von Code aus UML-Modellen spielt in           orientierten Architektur ist eng verbunden mit der
der Praxis eine sehr untergeordnete Rolle. Der An-          agilen Vorgehensweise. Microservices sind so weit
satz der modellgetriebenen Architektur (MDA) mit            wie möglich lose gekoppelt, unter Inkaufnahme
umfangreicher Codeerzeugung aus detaillierten               von Daten-Redundanzen. Eine klassische Top-
UML-Modellen hat sich im Wesentlichen nur in für            Down-Modellierung von Applikations-, Daten-
langlebige Systeme in gut verstandenen Domänen              und Technologiearchitektur findet hier nicht mehr
etabliert (Sommerville, 2015).                              statt (oder in einer wesentlich abstrakteren, Prinzi-
                                                            pien-orientierten Weise, die nicht unbedingt mehr
Gründe für die veränderte Nutzung von UML                   eine formale Modellierung erfordert).
Trotz ihrer Verbreitung wird die UML in der Praxis          Die Services selbst sind eher klein und interagieren
in sehr unterschiedlichem Maße eingesetzt. Hierfür          mit ihrer Umgebung häufig durch REST- und
lassen sich eine Reihe von Gründen identifizieren.          Eventschnittstellen, die sich ebenfalls gut ohne eine
Die zunehmende Diversifizierung von Softwarepro-            graphische Modellierung spezifizieren lassen. Die-
duktarten schränkt der Nutzen einer einheitlichen Mo-       se maximal autarken Softwareeinheiten ermögli-
dellierungssprache ein. Die Diversität der Software-        chen eine idealtypische Anwendung des agilen
landschaft insgesamt nimmt zu. Beispiele sind die           Ansatzes selbstorganisierter, autarker und im We-
weite Verbreitung von Webapplikationen und mo-              sentlichen auf mündliche (oder zumindest infor-
bilen Apps oder das Nebeneinander von Endkun-               melle) Kommunikation ausgerichtete Entwick-
denorientierten E-Commerce-Applikationen neben              lungsteams. Eine Modellierungssprache wie UML,
klassischen betrieblichen Informationssystemen              die inhärent von einem zentralen Gesamtmodell
oder sicherheitskritischen Echtzeitsystemen. Diese          mit vielen komplementären Sichten ausgeht, stiftet
verschiedenen Softwareprodukte unterscheiden                in diesem Kontext nur geringen Nutzen.
sich sowohl in ihren technischen Plattformen wie            Domain Driven Design modelliert fachlich und weniger
auch in ihren typischen Projektkonstellationen              komplex. Domain Driven Design (Evans, 2003) ist
stark voneinander. Dies betrifft u.a. die Stabilität        der dem Microservice-Stil zugrundeliegende ver-
der Anforderungen, die Größe des Projektteams               bundene Entwurfsansatz. Der Designfokus liegt
sowie den formalem Projektrahmen, was wiede-                hier auf dem Verständnis und der Modellierung
rum den Nutzen der Modellierung beeinflusst.                der Domäne, also der Fachlichkeit einer Anwen-
Agile Entwicklung braucht weniger UML. Agile Me-            dung. Die Gestaltung der Applikations- und Tech-
thoden basieren auf iterativer und inkrementeller           nologiearchitektur rückt in Hintergrund, gemäß
Entwicklung, in denen die Phasen Analyse, Ent-              der Überzeugung, dass diese nachgeordnet und
wurf, Implementierung, Test und Dokumentation               dezentral gestaltet wird. Domain Driven Design
in kurzen Zyklen wiederholt werden. Dadurch                 nutzt zur Analyse nicht-graphische Begrifflichkei-
sinkt die Notwendigkeit einer umfangreichen Spe-            ten wie die Ubiquitous Language oder informelle
zifikation des gesamten Systems bzw. großer Sys-            Modellierungsformen wie Context Maps (Fowler,
temteile, wofür in einem klassischen Wasserfall-            2014), die nicht standardisiert sind und sich höchs-
Vorgehen häufig UML eingesetzt wird.                        tens (im Fall der Context Map) grob an UML-
In der agilen Welt wird die Rolle des Software-             Klassendiagramme anlehnen.
Architekten, die klassischerweise UML als wesent-
liches Spezifikations- und Kommunikationsinstru-
ment verwendet, mit einer gewissen Skepsis be-


V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                   13
                                                                            UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                         Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


UML-Nutzung durch Studierende                               Vorlesungen in Informatik, Medien- und Wirt-
                                                            schaftsinformatik vermittelt werden (nur Zu-
Wir haben anhand von 47 Abschlussarbeiten und
                                                            standsdiagramme fallen aus der Reihe, die zwar
Projektberichten in den Studiengängen Informatik,
                                                            gelehrt, aber in den Arbeiten nicht auftreten). Da-
Medien- und Wirtschaftsinformatik (Bachelor und
                                                            von abgesehen bestätigen sich die Ergebnisse der
Master) der TH Köln untersucht, ob und welche
                                                            oben zitierten Studien zum UML-Einsatz: Eine
Modellierungsansätze Studierende verwendet ha-
                                                            Teilmenge der UML-Diagramme wird in der Praxis
ben. Es wurden nur Arbeiten betrachtet, in denen
                                                            in nennenswertem Umfang verwendet.
die Konzeption und/oder Erstellung eines Soft-
waresystems mindestens einen Teilschwerpunkt
darstellte. Die Arbeiten durften nicht älter als fünf
Jahre sein, um ein aktuelles Bild zu gewinnen.
Weiterhin durfte es keinerlei Vorgaben seitens der
Betreuer geben, ob (und wenn ja welche) Modellie-
rungsansätze zu verwenden waren1. Da die be-
trachteten Arbeiten also UML nicht explizit erfor-
dern, lässt sich aus den Ergebnissen eine Tendenz
ableiten, inwiefern Studierende UML (oder kon-
kurrierende Ansätze) als Mehrwert bei der Spezifi-
kation und Dokumentation empfinden.




                                                                Abb. 4: Häufigkeit von UML-Diagrammen
                                                            Eine weitere Erkenntnis lässt sich aus Abb. 4 ablei-
                                                            ten: Komponentendiagramme treten in knapp 30%
                                                            der Arbeiten auf, dort gibt es davon dann insge-
                                                            samt 49 Instanzen. Klassen- und Use-Case-
                                                            Diagramme werden in ähnlich vielen Arbeiten
                                                            verwendet, aber mit weniger Instanzen. Wenn also
                                                            eine Arbeit Komponentendiagramme enthält, dann
                                                            in der Regel mehrere; Use-Case-Diagramme hinge-
                                                            gen treten fast überall maximal einmal auf, bei
                                                            Klassendiagrammen ist es ähnlich.
 Abb. 3: Modellierungsnutzung durch Studierende
Wie Abb. 3 zeigt, verwenden weniger als die Hälfte          Einsatzkontexte graphischer Modellierung
der graphischen Modellierungen in den untersuch-            Ein wesentliches Ziel der Untersuchung war es, die
ten Arbeiten UML. In knapp der Hälfte der Arbei-            Verwendung von UML-Diagrammen mit der von
ten werden zudem UI-Mockups genutzt, die im                 Nicht-UML-Notationen zu vergleichen. Hierfür
Folgenden jedoch nicht weiter betrachtet werden.            wurden zwölf Einsatzkontexte für graphische Mo-
In den analysierten Arbeiten spielen nur Klassen-,          dellierung definiert, in denen neben UML auch
Komponenten-, Aktivitäts-, Use-Case- und Se-                andere formale Notationen sowie informelle Dar-
quenzdiagramme eine nennenswerte Rolle (siehe               stellungen in den untersuchten Arbeiten auftraten.
Abb. 4). In jeweils einer Arbeit kommt auch ein             Diese sind in Tab. 2 übersichtsweise dargestellt.
Objekt- und Deployment-Diagramm zum Einsatz.                Die Häufigkeit des Auftretens der verschiedenen
Das mag daran liegen, dass diese Diagrammtypen              Einsatzkontexte (unabhängig davon, ob UML oder
gerade diejenigen sind, die in den Softwaretechnik-         eine alternative Darstellung gewählt wurde) ist in
                                                            Abb. 5 dargestellt. Demnach wird eine Komponen-
                                                            tenstruktur in über der Hälfte der Arbeiten gra-
1 Dadurch schieden z.B. Praktikumsberichte in Veranstal-
                                                            phisch modelliert, technisch-algorithmische Abläu-
tungen aus, bei denen die Beschäftigung mit UML-            fe, eine Klassenstruktur der Implementierung so-
Modellierung ein explizites Lernziel war. Die untersuch-    wie eine Übersicht der Anwendungsfälle sind
ten Arbeiten wurden von neun verschiedenen Professo-        ebenfalls oft anzutreffen.
ren betreut. Damit dürfte sich auch der Einfluss von dem
Bemühen der Studierenden, ihrem Betreuer in dessen
persönlichen Modellierungsvorlieben zu gefallen, über
die Gesamtheit der Ergebnisse verwischen.



V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                  14
                                                                                     UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                                  Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


                     Andere                                         Allerdings ist es etwas ernüchternd, dass im Medi-
Einsatzkon- UML-              Informelle                            an jede untersuchte Arbeit nur jeweils zwei der
                     formale
text        Diagramm          Variante                              genannten Einsatzkontexte graphisch modelliert,
                     Notation
                                                                    mit jeweils vier Diagrammen. Abb. 6 zeigt die Häu-
                                     ArchiMa- Verknüpfung           figkeit der Wertepaare „(Anzahl Diagramme, An-
Anwendungs- Use Case                 te Busi-  von Aktoren          zahl Einsatzkontexte)“ als Blasendiagramm (je häu-
fälle                                ness Ser- und Anwen-           figer ein Wertepaar auftritt, desto größer die Blase).
                                      vices    dungsfällen          Bei Diagrammen liegt der Mittelwert mit ca. acht
Nutzungs-                                                           Diagrammen je Arbeit deutlich über dem Median.
                                                    Informelles
szenario /    Aktivitäts- BPMN,                                     Einzelne Arbeiten verwenden also graphische Mo-
                                                    Flussdia-
Geschäftspro- diagramm     EPK
                                                    gramm
                                                                    dellierung deutlich größerem Ausmaß als der Rest.
zess
Fachliche
Zustände von Zustands-                      -
                                                    Informeller
Geschäftsob- diagramm                               Graph
jekten
Fachliches   Klassen-                               Informeller
                                            -
Datenmodell diagramm                                Graph
Technischer                                         Informelles
Prozess /          Aktivitäts- BPMN,
                                                    Flussdia-
algorithmi-        diagramm     EPK
                                                    gramm
scher Ablauf
Technische
Zustandsfolge Zustands-                     -
                                                    Informeller           Abb. 5: Abdeckung der Einsatzkontexte
(State Machi- diagramm                              Graph
ne)
              Sequenz-                              Mit Pfeilen
Technisches   oder                                  und Sequenz-
Kommunika- Kommuni-                         -       Zahlen anno-
tionsszenario kations-                              tierte Struk-
              diagramm                              turen
Logisches                              ER-
Datenmodell / Klassen-                Dia-
                                                    Informeller
Domänenmo- diagramm                  gramm
                                                    Graph
dell
                                       ER-
Physisches         Klassen-                         Informeller
                                      Dia-
Datenmodell        diagramm                         Graph             Abb. 6: Anzahl Diagramme vs. Einsatzkontexte
                                     gramm
Klassenstruk-                                       Informeller     Verwendung von UML im Vergleich mit an-
tur der Im-   Klassen-                              Graph, teilw.   deren Notationen
                                            -
plementie-    diagramm                              aus Technik-
                                                                    UML-Klassendiagramme stellen in gleich vier von
rung                                                symbolen
                                                                    zwölf Einsatzkontexten eine der Alternativen dar
                                                    Informelle      (siehe Abb. 7). Am häufigsten wird die Klassen-
                   Kompo-
Komponen-                                           Block- oder     struktur der Implementierung dargestellt, hier trifft
                   nenten-                  -
tenstruktur                                         Symbolgra-      man hauptsächlich auf UML-Klassendiagramme.
                   diagramm
                                                    phik            Das physische Datenmodell wurde in den unter-
                                                    Informelle      suchten Arbeiten hingegen ausschließlich als ER-
                   Deploy-                                          Diagramm modelliert. Logisches und fachliches
Verteilungs-                                        Block- oder
                   mentdia-                 -                       Datenmodell werden nur selten modelliert.
sicht                                               Symbolgra-
                   gramm
                                                    phik            UML-Aktivitätsdiagramme sind in zwei der zwölf
                                                                    untersuchten Einsatzkontexte von Belang. In bei-
  Tab. 2: Untersuchte Einsatzkontexte graphischer                   den tritt eine UML-Modellierung gleichberechtigt
                   Modellierung                                     neben anderen Darstellungsformen auf (siehe Abb.
                                                                    8). Bei technischen Prozessen und algorithmischen



V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                           15
                                                                             UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                          Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


Abläufen trifft man häufig eine informelle Flussdi-         Zwischenfazit und Diskussion
agramm-Notation an, während Geschäftsprozesse               Auch wenn geplant ist, die Untersuchung noch
oder Nutzungsszenarien häufig als BPMN (und                 weiterzuführen und ihre Datenbasis zu verbreitern,
gelegentlich auch als EPK) modelliert waren.                lassen sich schon einige Erkenntnisse festhalten.
                                                            Graphische Modellierung wird benötigt. Graphische
                                                            Modellierung hat ihren festen Platz in der Doku-
                                                            mentation studentischer Softwarekonzeption und -
                                                            Implementation. Allerdings streuen die untersuch-
                                                            ten Arbeiten stark in Umfang und Konsistenz der
                                                            verwendeten Modellierungsansätze. Möglicher-
                                                            weise liegt dies einfach an der natürlichen Quali-
                                                            tätsverteilung der untersuchten Arbeiten.
                                                            Nur ein Subset der UML-Spezifikation ist für studenti-
                                                            sche Arbeiten relevant. Die Untersuchungen zeigen,
                                                            dass in den Arbeiten im Wesentlichen diejenigen
                                                            Diagramme verwendet werden, auf die sich auch
            Abb. 7: Einsatzkontexte mit UML-                die Lehre an der TH Köln beschränkt (und die auch
                  Klassendiagrammen                         in den Praxisstudien als die dominierenden Typen
                                                            festgestellt werden). Ob die Studierenden einfach
                                                            das einsetzen, was sie im Studium kennengelernt
                                                            haben, oder aber diese Diagrammtypen anschei-
                                                            nend ihren Zweck gut erfüllen, lässt sich aus dieser
                                                            Untersuchung nicht klären. Die Tatsache, dass so
                                                            viele andere formale und informelle Notationen
                                                            eingesetzt werden, spricht doch für eine „Freiwil-
                                                            ligkeit“. Sprich: Es ist zu vermuten, dass die Studie-
                                                            renden nur Diagrammtypen verwenden, die sie für
                                                            sinnvoll erachten und gut verstehen.
                                                            Informelle Notationen haben ihren Platz. Es fällt auf,
            Abb. 8: Einsatzkontexte mit UML-                dass informelle Notationen oft eingesetzt werden,
                 Aktivitätsdiagrammen                       in denen UML möglicherweise eine Überformali-
                                                            sierung darstellt (Komponentenstrukturen, tech-
                                                            nisch-algorithmische Abläufe). Dort, wo die UML-
                                                            Diagramme jedoch entweder intuitiv klar (Use-
                                                            Case-Diagramme) und/oder kompakt und aus-
                                                            drucksstark (Klassen-, Sequenz-Diagramme) sind,
                                                            kommen informelle Alternativen selten vor.
                                                            Andere formale Notationen haben ebenfalls ihren Platz.
                                                            Bei Geschäftsprozessen und physischem Datenmo-
                                                            dell dominieren andere Notationen als UML. Mög-
                                                            licherweise liegt dies an der Struktur der Informa-
                                                            tik-Ausbildung an der TH Köln, die in den entspre-
                                                            chenden Fächern (Datenbanken, Informationsma-
                                                            nagement) die Standards „ER“ und „BPMN“ lehrt.
     Abb. 9: Verwendung von weiteren UML-                   Vielleicht sind diese Standards aber einfach tatsäch-
 Diagrammen in ihren jeweiligen Einsatzkontexten            lich verbreiteter als ihre UML-Gegenstücke.
In Abb. 9 sind die Einsatzkontexte dargestellt, in          Das Potential graphischer Modellierung für fachliche
denen UML-Use-Case-, Komponenten-, Sequenz-,                Aspekte wird nicht ausgeschöpft. Betrachtet man die
Deployment- und Kommunikationsdiagramme                     Ergebnisse in Abb. 5, so sind die drei am häufigsten
eine Rolle spielen. Komponentendiagramme haben              abgedeckten Einsatzkontexte graphischer Modellie-
in einer informellen Darstellung mit gestapelten            rung allesamt technischer Natur. Die fachlich ge-
oder geschachtelten Blöcken eine große Konkur-              prägten Kontexte „Anwendungsfälle“, „Nutzungs-
renz. Anwendungsfälle werden hingegen in der                szenario / Geschäftsprozess“ und „fachliches Da-
Regel als Use-Case-Diagramme modelliert. Glei-              tenmodell“ stehen auf den Plätzen 4, 6 und 10 (von
ches gilt für Kommunikationsszenarien, hier domi-           12). Klassendiagramme werden überwiegend für
nieren Sequenz- und Kommunikationsdiagramme.                Code-Dokumentation verwendet (Abb. 7). Zu-



V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                   16
                                                                            UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                         Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


standsfolgen von Geschäftsobjekten (die ein starkes         These 1. UML-Kompetenz sollte in der Software-
Werkzeug fachlicher Modellierung sind) wurden in            technikausbildung weiterhin vermittelt werden.
den untersuchten Arbeiten gar nicht gefunden.               Die hohe Verbreitung von UML und ihre Nutzung
Dies alles zeigt ein deutlich technisches Überge-           als mittlere Abstraktionsebene zwischen fachlichem
wicht der graphischen Modellierung (ob in UML               Problem und Implementierung lassen ihre Behand-
oder in anderer Form). Auf das Potential fachlicher         lung in der Lehre weiterhin sinnvoll erscheinen.
Modellierung sollte also in der Lehre noch stärker
                                                            Die Aktivität der modellbildenden Abstraktion ist
hingewiesen werden.
                                                            eine grundlegende Querschnittskompetenz in der
                                                            Informatik (Engels, Hausmann, Lohmann, & Sauer,
UML in der Lehre – belassen, verän-                         2006). Vor diesem Hintergrund dient die Beschäfti-
dern, abschaffen?                                           gung mit UML grundsätzlich dem Erlernen dieser
Die Beschreibung von Software mithilfe von Mo-              Kompetenz – ganz unabhängig davon, ob man die
dellen ist eine essentielle Aufgabe und gehört da-          konkreten Modellelemente auch tatsächlich später
her zum Kernbestandteil der Softwaretechnikaus-             in seiner beruflichen Praxis verwendet.
bildung. Bereits von 10 Jahren stellte Glinz dazu ein       Darüber hinaus scheinen einige UML-Diagramm-
Thesenpapier über die Rolle der Modellierung in             typen intuitiv verständlich und gut anwendbar zu
der Lehre vor (Glinz, 2008), das jedoch nicht spezi-        sein, oder zumindest als bewusste oder unbewusste
fisch auf UML bezogen ist.                                  Vorlagen für eine informelle Modellierung zu die-
Die dargestellten empirischen Untersuchungen                nen. Sie können daher als eine Art von informati-
zeigen, dass die UML in der Praxis eher selektiv            scher Allgemeinbildung angesehen werden. (siehe
eingesetzt wird. Eine eigene schlaglichtartige Ana-         auch These 2.)
lyse von studentischen Arbeiten bestätigt diesen            These 2. Die Lehre sollte sich auf ausgewählte
Eindruck auch für diejenigen Informatikern, die             UML-Modellelemente fokussieren.
gerade ins Berufsleben eintreten.                           Die dargestellten Studienergebnisse legen nahe,
Welcher Schluss ist daraus für die zukünftige Aus-          dass ein Anspruch an Studierende, die UML-
gestaltung und Weiterentwicklung der Software-              Sprachelemente möglichst umfänglich zu beherr-
technik-Lehre zu ziehen? Ist die UML-Ausbildung             schen, nicht sinnvoll ist. Insbesondere die hohe
in ihrer jetzigen Form noch zeitgemäß? Sollte sie           Komplexität und der hohe Formalisierungsgrad
verändert werden? Oder wäre es sinnvoll, sie ganz           der UML erscheint nicht mehr zeitgemäß, da insbe-
aus den Curricula von Informatik-Studiengängen              sondere die Maschinenlesbarkeit von UML Model-
zu verbannen? Diese Fragen kann nur durch eine              len für Codegenerierung bzw. direkter Ausführung
Diskussion in der Fachcommunity beantwortet                 („Executable UML“) sich nicht in der Breite durch-
werden. Dazu möchten wir nicht nur die mögli-               setzen konnten.
chen Alternativen aufzeigen, sondern auch selbst            Wie die empirischen Untersuchungen zeigen, wer-
Stellung beziehen.                                          den UML-Modelle vielfach informell zur Kommu-
Die Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus Re-             nikation und Zusammenarbeit eingesetzt. In diesen
cherche und eigenen Erhebungen legen unserer                Situationen werden nur wenige Sprachelemente
Meinung nach nahe, dass eine UML-Ausbildung in              benötigt. Einige Diagrammtypen scheinen intuitiv
der Form, wie sie vor 15 Jahren angemessen war,             verständlich und gut merkbar zu sein. Sowohl in
heute nicht mehr in die Zeit passt. Die Gründe hier-        der Praxis wie auch in der Auswertung studenti-
für haben wir unter „Zwischenfazit und Diskussi-            scher Arbeiten werden diese Elemente mehr oder
on“ bei UML-Nutzung durch Praktiker und durch               weniger nahe am definierten Standard verwendet.
Studierende aufgezeigt. Ein reines „Belassen“ ist           Dies trifft insbesondere auf Klassen-, Use-Case und
unserer Ansicht nach also keine sinnvolle Option.           Sequenz-Diagramme zu.
Ebenso wenig erscheint es angebracht, UML kom-              Andere UML-Diagrammtypen findet man häufig
plett aus den Curricula zu entfernen. Unsere Er-            auch in einer informellen, „verballhornten“ Form,
kenntnisse legen nicht den Schluss nahe, dass UML           die sich aber durchaus mehr oder weniger deutlich
für die Softwaretechnik nicht mehr relevant ist.            an den UML-Sprachelementen orientiert. Beispiele
Damit erscheint eine Anpassung des jetzigen Lehr-           hierfür sind Komponenten-, Deployment-, Aktivi-
konzepts der sinnvollste Ansatz zu sein. Aus den            täts-, Zustands- und Kommunikationsdiagramme.
obigen Analysen und Erkenntnissen lassen sich               Diese Tatsache allein ist unserer Ansicht nach
durchaus Bereiche identifizieren, in denen eine             Grund genug, Kompetenzen in den „originalen“
Neujustierung der Lehre sinnvoll ist. Um eine               UML-Diagrammtypen in der Lehre zu vermitteln.
Fachdiskussion zum Thema anzuregen, haben wir               Eine größere Bedeutung hat die UML nach wie vor
unsere Vorschläge als Thesen strukturiert.                  für die Analyse, z.B. für Domänen- oder Geschäfts-



V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                  17
                                                                            UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                         Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


prozessmodelle. Da in diesen Fällen sowohl Mo-              These 5. Die Modellierungskompetenz sollte auf
dellersteller als auch -nutzer Menschen sind, ist ein       das Absolventenprofil abgestimmt sein.
geringeres Maß an Formalität ausreichend.                   Sinnvoll wäre aus unserer Sicht eine Herleitung der
Dafür wird der durch die hohe Ausdrucksstärke               angestrebten Modellierungskompetenz anhand des
bedingte große Umfang an Modellelementen je-                gewünschten Kompetenzprofils pro Studienfach
doch nicht benötigt. Dies sorgt zum einen für Kon-          und bestehenden Vorkenntnissen. Bei reinen In-
kurrenz durch informelle Modellierungsansätze,              formatikstudiengängen ist in der Regel das Berufs-
für eine hohe Hürde beim Erlernen der UML sowie             bild des Softwarearchitekten Teil des Absolventen-
auch mangelhafte Einsicht in die Notwendigkeit              profils, was einen bewussten Umgang mit Me-
der Sprachbeherrschung bei den Studierenden.                taebenen und Abstraktion voraussetzt. Im Gegen-
                                                            satz dazu steht bei angehenden Medien- oder Wirt-
Konkrete Kandidaten für eine Verschlankung in
                                                            schaftsinformatikern eher die Anwendung im Vor-
der Lehre sind nach unserer Ansicht die Vielzahl
                                                            dergrund. Verschiedene technische Studiengänge
von Beziehungstypen in Komponentendiagram-
                                                            sind z.B. mit der Entwicklung von Echtzeitsyste-
men, detaillierte Spezifikation von Extension Points
                                                            men befasst, in denen formale Verifikation und
in Use-Case-Diagrammen oder komplexe Entry-
                                                            Codegenerierung relevant sind.
und Exit- Aktionen in Zustandsdiagrammen.
These 3. Die Lehre sollte sich auf die Beherr-              Zudem spielt Ausrichtung des Studiengangs auf
schung von Einsatzkontexten anstatt von UML-                eine Zieldomäne eine wichtige Rolle. Dabei sollten
Diagrammtypen fokussieren.                                  die verschiedenen Schwerpunkte in Softwarepro-
                                                            dukten (Web vs. Backend, E-Commerce / Social
Die GI gibt für die Informatikausbildung an Hoch-           Media vs. betriebliche Anwendungssysteme) sowie
schulen folgende inhaltliche Empfehlungen mit               Projektmanagementansätze (agil vs. phasenorien-
Bezug zur UML (Gesellschaft für Informatik, 2016):          tiert) als Leitlinie dienen. In weiterführenden Mo-
- Stufe 1 (Verstehen): „Verschiedene Notationen             dulen zum Thema Softwareproduktlinien oder
    wie z.B. UML für die Modellierung von Soft-             Softwarewartung können besondere Einsatzberei-
    waresysteme erläutern.“                                 che der Modellierung erschlossen werden.
- Stufe 2 (Anwenden): „Standardsituationen im
    Bereich der Modellierung (…) umsetzen. Die              These 6. Die UML-Ausbildung sollte die Model-
    Begriffswelt des Anwenders durch geeignete              lierung von Fachlichkeit stärker fokussieren.
    Vorgehensweisen erfassen und zu einer fachli-           Die Lehre sollte die frühen Phasen der Modellbear-
    chen Terminologie im Projekt verdichten.“               beitung stärker in den Fokus nehmen. UML hat
- Stufe 3 (Analysieren): „Die Eignung eines Vor-            große Stärken in der Beschreibung einer fachlichen
    gehensmodells, einer Notation oder einer Me-            Domäne in Form eines fachlichen Datenmodells
    thode für ein klassifiziertes Softwaresystem            sowie von geschäftlichen Abläufen als Aktivitäts-
    oder eine klassifizierte Aufgabe einschätzen.“          diagrammen. Transaktionale Vorgänge lassen sich
In dieser Systematik ist 2 (Anwenden) die praxisre-         sehr gut als Zustandsdiagramme eines Geschäfts-
levanteste Lernstufe. Allerdings wird in realen             objekts beschreiben.
Projekten nicht die Kompetenz „Entwerfe ein                 Unsere Auswertung der studentischen Arbeiten hat
UML-Klassendiagramm“ gefordert, sondern „Ent-               im Gegensatz dazu gezeigt, dass UML eher für die
werfe ein fachliches oder logisches Datenmodell“.           technische Beschreibung aus Entwickler- statt aus
Daher plädieren wir dafür, in der Formulierung              Nutzersicht eingesetzt wird (siehe z.B. Abb. 7).
von Lernzielen den Fokus von UML-Diagramm-                  These 7. Die Lehre sollte nicht Tools, sondern
typen hin zu Einsatzkontexten graphischer Model-            Kommunikation und Interaktivität in den Fokus
lierung zu lenken. In Tab. 2 haben wir dazu einen           stellen.
Vorschlag von zwölf Einsatzkontexten gemacht.
                                                            Softwareentwicklung wird immer stärker durch
These 4. Die Fähigkeit zur Auswahl von Model-               Kommunikation und Zusammenarbeit geprägt.
lierungsansätzen sollte gestärkt werden.                    Damit sollte die Ausbildung die interaktive Nut-
Neben der UML haben sich diverse andere mehr                zung von UML stärker einüben, z.B. in der Analy-
oder weniger formale Modellierungsansätze etab-             se- und frühen Entwurfsphase, in der in der Praxis
liert. Informelle Modellierungsansätze sowie for-           oft auf Papier oder am Whiteboard gearbeitet wird.
male Nicht-UML-Modellierungssprachen sollten                Für die praktische Umsetzung ergeben sich daraus
daher vergleichend in die Lehre einfließen. Studie-         interessante Fragestellungen in Bezug auf die kon-
rende sollten die Kompetenz erwerben, geeignete             krete didaktische Umsetzung sowie die damit ver-
Modellierungsansätze, Diagrammtypen und den                 bundene geeignete Toolunterstützung.
angemessenen Detailgrad im Modell in Abhängig-
keit von der Aufgabenstellung auszuwählen. Dies
ist konform mit Stufe 3 der o.g. GI-Empfehlung.



V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                  18
                                                                            UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                         Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


Zusammenfassung und Ausblick                                Boberić-Krstićev, D., Tešendić, D., Simos, T. E.,
                                                               Psihoyios, G., Tsitouras, C., & Anastassi, Z.
Die Bedeutung von UML für die Softwaretechnik
                                                               (2011). Teaching Object-Oriented Modelling Us-
ist in Veränderung begriffen. Die Ursachen dafür
                                                               ing UML. In Numerical Analysis and Applied
liegen in Trends, die umfangreiche Modellierungen
                                                               Mathematics ICNAAM 2011 (S. 810–812). AIP.
nicht mehr erforderlich machen. Dazu gehören
                                                               https://doi.org/10.1063/1.3636856
agile Entwicklungsansätze, Microservicearchitektu-
ren sowie das weitgehende Scheitern des MDA-                Bourque, P., Fairley, R. E., & IEEE Computer Socie-
Ansatzes, der detaillierte und formale Modelle                 ty. (2014). Guide to the Software Engineering Body
erfordert. Die Aufmerksamkeit, die diesen Themen               of Knowledge (SWEBOK(R)): Version 3.0 (3.
derzeit geschenkt wird, darf nicht darüber hinweg-             Aufl.). IEEE Computer Society Press.
täuschen, dass in vielen Großprojekten oder für             Brown, S. (2018). The C4 model for software archi-
sicherheitskritische Produkte die UML nach wie                 tecture. Abgerufen 21. Oktober 2018, von
vor eine sehr wichtige Rolle spielt.                           https://c4model.com/
Aus unserer Sicht ist es notwendig, die Stellung der        Burgueño, L., Vallecillo, A., & Gogolla, M. (2018).
UML in der Lehre kritisch zu hinterfragen. Wir                 Teaching UML and OCL models and their vali-
haben in diesem Beitrag dazu empirische Belege                 dation to software engineering students: an ex-
über die Nutzung der UML zusammengetragen.                     perience report. Computer Science Education,
Diese Bestandsaufnahme diente als Grundlage für                28(1),                                    23–41.
die Ableitung von Konsequenzen für die Ausge-                  https://doi.org/10.1080/08993408.2018.1462000
staltung der Lehre. Naturgemäß kann dies keine              Chaudron, M. R. V., Heijstek, W., & Nugroho, A.
abschließende Bewertung sein, sondern soll ent-
                                                               (2012). How effective is UML modeling ? Soft-
sprechend unserer Zielsetzung Impulse zu diesem
                                                               ware & Systems Modeling, 11(4), 571–580.
Thema liefern.
                                                               https://doi.org/10.1007/s10270-012-0278-4
Für weiterführende Arbeiten erscheint neben einer
                                                            Cockburn, A. (2006). Agile Software Development: The
Verbreiterung und Aktualisierung der empirischen
                                                               Cooperative Game (0002 Aufl.). Upper Saddle
Basis auch eine Ausdifferenzierung hinsichtlich
                                                               River, NJ: Addison Wesley Pub Co Inc.
verschiedener Studienrichtungen und -niveaus
sinnvoll. Es muss beobachtet werden, wie sich die           Coplien, J. O., & Bjørnvig, G. (2010). Lean architec-
Nutzung der UML in der Praxis weiterentwickelt.                ture for Agile software development. Hoboken,
Dabei sind Situationen zu betrachtet, in denen Mo-             N.J.: Wiley.
delle einen Mehrwert leisten. Wer ist Modellerstel-         Davies, I., Green, P., Rosemann, M., Indulska, M., &
ler, wer -nutzer? Wie umfangreich und präzise                  Gallo, S. (2006). How do practitioners use con-
müssen die Modelle sein? Müssen aufkommende                    ceptual modeling in practice? Data & Knowledge
Programmierparadigmen wie funktionale und de-                  Engineering,             58(3),          358–380.
klarative Programmierung berücksichtigt werden,                https://doi.org/10.1016/j.datak.2005.07.007
da UML unmittelbar mit OOP zusammenhängt?
                                                            Dobing, B., & Parsons, J. (2010). Dimensions of
Wie kann Fachlichkeit stärker in den Fokus ge-
                                                               UML Diagram Use: Practitioner Survey and Re-
nommen werden? Wie kann der identifizierte
                                                               search Agenda. Principle Advancements in Data-
Kompetenzbedarf in praxisorientierten Lehrkon-
                                                               base Management Technologies: New Applications
zepten umgesetzt werden? Wir hoffen, mit diesem
                                                               and             Frameworks,             271–290.
Beitrag die Diskussion dazu ein Stück weit ange-
                                                               https://doi.org/10.4018/978-1-60566-904-5.ch013
regt zu haben.
                                                            Engels, G., Hausmann, J. H., Lohmann, M., & Sau-
                                                               er, S. (2006). Teaching UML Is Teaching Soft-
Literaturangaben                                               ware Engineering Is Teaching Abstraction. In J.-
Baltes, S., & Diehl, S. (2014). Sketches and diagrams          M. Bruel (Hrsg.), Satellite events at the MoDELS
    in practice. In S.-C. Cheung, A. Orso, & M.-A.             2005 conference (Bd. 3844, S. 306–319). Berlin:
    D. Storey (Hrsg.), Proceedings of the 22nd ACM             Springer. https://doi.org/10.1007/11663430‗
    SIGSOFT International Symposium on Founda-
                                                            Erickson, J., & Siau, K. (2007). Can UML Be Simpli-
    tions of Software Engineering, (FSE-22), Hong
                                                                fied? Practitioner Use of UML in Separate Do-
    Kong, China, November 16 - 22, 2014 (S. 530–541).
                                                                mains.
    ACM. https://doi.org/10.1145/2635868.2635891
                                                            Evans, E. (2003). Domain-Driven Design: Tackling
Beck, K., Beedle, M., Bennekum, A. van, Cockburn,
                                                               Complexity in the Heart of Software (1 edition).
   A., Cunningham, W., Fowler, M., … Thomas,
                                                               Boston: Addison-Wesley Professional.
   D. (2001). Manifesto for Agile Software Develo-
   pment. Abgerufen 30. November 2018, von                  Gesellschaft für Informatik. (2016). Empfehlungen
   http://agilemanifesto.org/                                  für Bachelor- und Masterprogramme im Studienfach



V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                  19
                                                                            UML in der Hochschullehre: Eine kritische Reflexion
                                                                         Jürgen Anke und Stefan Bente, HFT Leipzig & TH Köln


     Informatik an Hochschulen (GI-Empfehlungen).           Seiko Akayama, Birgit Demuth, Timothy Leth-
     Abgerufen                                  von             bridge, Marion Scholz, Perdita Stevens, & Dave
     https://gi.de/fileadmin/GI/Hauptseite/Aktuelles            R. Stikkolorum. (2013). Tool Use in Software
     /Meldungen/2016/GI-Empfehlungen_Bachelor-                  Modelling Education. In EduSymp@MoDELS.
     Master-Informatik2016.pdf                              Sommerville, I. (2015). Software Engineering, Global
Gianna Reggio, Maurizio Leotta, Filippo Ricca, &               Edition (10th edition). Boston: Pearson.
   Diego Clerissi. (2013). What are the used UML
   diagrams? A Preliminary Survey. In EESS-
   MOD@MoDELS.
Glinz, M. (2008). Modellierung in der Lehre an
    Hochschulen: Thesen und Erfahrungen. Infor-
    matik-Spektrum,           31(5),        425–434.
    https://doi.org/10.1007/s00287-008-0273-x
Gorschek, T., Tempero, E., & Angelis, L. (2014). On
   the use of software design models in software
   development practice: An empirical investiga-
   tion. Journal of Systems and Software, 95, 176–193.
   https://doi.org/10.1016/j.jss.2014.03.082
Jacobson, I. (2009). Taking the temperature of UML.
    Abgerufen       1.    November     2018,    von
    http://blog.ivarjacobson.com/taking-the-
    temperature-of-uml/
Langer, P., Mayerhofer, T., Wimmer, M., & Kappel,
   G. (2014). On the usage of UML: initial results
   of analyzing open UML models. In H.-G. Fill
   (Hrsg.), Modellierung 2014. Bonn: Köllen.
Larman, C., & Vodde, B. (2009). Scaling lean & agile
   development: thinking and organizational tools for
   large-scale Scrum. Upper Saddle River, NJ: Ad-
   dison-Wesley.
Leffingwell, D. (2007). Scaling Software Agility: Best
    Practices for Large Enterprises. Upper Saddle
    River, NJ: Pearson Education.
Liebel, G., Heldal, R., & Steghofer, J.-P. (2016). Im-
    pact of the Use of Industrial Modelling Tools on
    Modelling Education. In 2016 IEEE 29th Interna-
    tional Conference on Software Engineering Educa-
    tion and Training (CSEET) (S. 18–27). IEEE.
    https://doi.org/10.1109/CSEET.2016.18
Osman, H., & Chaudron, M. R. V. (2013). UML
   Usage in Open Source Software Development:
   A Field Study. Gehalten auf der EESS-
   MOD@MoDELS 2013.
Petre, M. (2013). UML in Practice. In Proceedings of
    the 2013 International Conference on Software En-
    gineering (S. 722–731). Piscataway, NJ, USA: IE-
    EE          Press.        Abgerufen           von
    http://dl.acm.org/citation.cfm?id=2486788.24868
    83
Rupp, C., Queins, S., & SOPHISTen, die. (2012).
   UML 2 glasklar: Praxiswissen für die UML-
   Modellierung (4. Aufl.). München: Carl Hanser
   Verlag.




V. Thurner, O. Radfelder, K. Vosseberg (Hrsg.): SEUH 2019                                                                  20