=Paper= {{Paper |id=Vol-2531/paper09 |storemode=property |title=Gamification in der Software Engineering Lehre - ein Erfahrungsbericht (Gamification for Software Engineering Students - an Experience Report) |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-2531/paper09.pdf |volume=Vol-2531 |authors=Isabel John |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/seuh/John20 }} ==Gamification in der Software Engineering Lehre - ein Erfahrungsbericht (Gamification for Software Engineering Students - an Experience Report)== https://ceur-ws.org/Vol-2531/paper09.pdf
  Gamification in der Software Engineering Lehre –
                ein Erfahrungsbericht
                                                                            Isabel John
                                                                     Fakultät Informatik und
                                                                      Wirtschaftsinformatik
                                                                FHWS, Hochschule für Angewandte
                                                               Wissenschaften Würzburg/Schweinfurt
                                                                       isabel.john@fhws.de

    Abstract (Deutsch)— In diesem Paper beschreiben wir die                                    und somit in einen Zustand der Vertiefung, in dem das Lernen
Evolution eines blended learning Kurses in Software                                            leicht fällt.
Engineering und agilem Projekt Management. Wir
verwendeten in aufeinanderfolgenden Semestern mehrere                                              Gerade im Bereich der Vermittlung von agilen Inhalten
Gamification Ansätze in diesem Kurs, u.A. Punkte-basierte                                      wie Agiles Manifest, Agiles Projektmanagement und Scrum
Gamification und Story-basierte, narrative Gamification. Der                                   in der Software Engineering oder Projektmanagement-
gamifizierte Kurs wurde mit dem Lern Management System                                         Ausbildung an Hochschulen ist eine reine Wissensvermittlung
Moodle realisiert. Wir beschreiben unsere Erfahrungen mit den                                  nicht angebracht, da Agilität auf das agile Mindset und die
verschiedenen Gamification Ansätzen und skizzieren weitere                                     Softskills des Teams angewiesen ist [5]. Agile Inhalte sollten
Ansätze für die Zukunft des Kurses.                                                            projektorientiert gelebt werden und agile Werte verinnerlicht
                                                                                               und selbst erkannt werden um nachhaltig von den
   Abstract — In this paper we describe the evolution of a                                     Studierenden eingesetzt zu werden [6]. Dieses Paper
blended learning course in software engineering. The course                                    beschreibt die Entwicklung einer Kursreihe zum Thema
covers an introduction to Software Engineering also dealing                                    Software Engineering über mehrere Semester, besonderen
with agile project management and scrum. We used different                                     Fokus haben dabei agile Methoden. Die Kursreihe, wurde mit
gamification approaches in this course over the years, including                               verschiedenen Gamification Methoden im Learning
point based gamification and story based gamification. The
                                                                                               Management System Moodle implementiert. Jeder Kurs
gamified e-learning course was realized with the learning
                                                                                               versucht dabei, die Motivation der Studierenden zu erhöhen
management system Moodle. We describe our experiences with
the different gamification approaches and outline possible
                                                                                               und agile Werte und agile Inhalte adäquat zu vermitteln. Dabei
approaches for the future.                                                                     wurden      verschiedene      Gamification    Ansätze      wie
                                                                                               Pointsification, integrierte Gamification im Kurs oder Story-
   Keywords—gamification, e-learning, motivation, agile,                                       basierte Gamification versucht und evaluiert. Das Paper fasst
scrum                                                                                          die Erfahrungen zu den Kursvarianten zusammen und schließt
                                                                                               mit einem Ausblick auf weitere Ideen zum Thema Software
                         I. EINLEITUNG                                                         Engineering Lehre mit Gamification Unterstützung.
    Lernen geschieht aus intrinsischen Motiven, wie                                                                             II. GAMIFICATION
persönlichem Interesse oder Spaß an einem Thema, wodurch
das eigene Wohlbefinden und Resultate langfristig positiv                                          Die psychologischen Grundlagen für Gamification lassen
bewertet werden können oder aus extrinsischen Motiven wie                                      sich unter anderem in der Self Determination Theory (SDT)
bessere Noten [1]. Auch Studierende können intrinsisch und                                     [1] und in der Theorie des Flow [4] finden. Die SDT besagt,
extrinsisch motiviert werden. Neben dem Interesse an einer                                     dass Menschen motiviert sind, wenn die drei
Sache spielen noch eine Vielzahl anderer Faktoren eine Rolle,                                  Grundbedürfnisse nach Kompetenz, sozialer Eingebundenheit
die sich auf die Motivation eines Studierenden auswirken                                       und Autonomie befriedigt werden können. Zur spielerischen
können. Zu diesen Faktoren, zählt u.a. die Gestaltung der                                      Erweiterung existierender Umgebungen, wie z.B. in unserem
Hochschullehre im Hinblick auf Präsenzunterricht und                                           Fall ein existierender e-learning Kurs mit Folien zum
außerschulische,      selbstorganisierte     Weiterbildungs-                                   Download, sollten also alle drei Bedürfnisse adressiert
möglichkeiten [2]. In einer Gesellschaft, in der das Leben                                     werden. Der Flow beschreibt einen Zustand der Vertiefung
zunehmend digital stattfindet und sich eine schier endlos                                      und Konzentration, in dem man in eine Tätigkeit absorbiert
scheinende Menge an Unterhaltungsmöglichkeiten bietet,                                         wird. Gamification, also die Integration von Spielelementen
erscheint es naheliegend, auf digitale Angebote zu setzen, die                                 in spielfremde Umgebungen, versucht nun, durch eben diese
die intrinsische Motivation zum Lernen ausnutzen und                                           Spielelemente, Motivation und Flow eines Spiels in einer
steigern. Die Nutzung von E-Learning-Umgebungen zur                                            anderen Umgebung zu erreichen. Typische Spielelemente
Ergänzung des Präsenzunterrichts ist bereits Standard an                                       sind dabei unter anderem [3]:
Hochschulen. Das Problem hierbei ist, dass diese entweder                                      • Levels: Das schrittweise Freischalten von Funktionalitäten
nur als Sammlung von Lerninhalten dienen oder überwiegend
Gestaltungsansätze vorziehen, die eine extrinsische                                            • Quests: verschiedene, abwechslungsreiche Aufträge für
Motivation fördern und somit Handlungsresultate oftmals nur                                       die Spieler
von kurzer Dauer sind [2]. Eine Alternative und ein bekannter
Ansatz zur Erhöhung der intrinsischen Motivation ist                                           • Leaderboard: Eine Rangliste von allen Spielern oder von
Gamification, also der Einsatz von Spielelementen in                                              Spielern die etwas besser /schlechter als der Spieler selbst
spielfremden Kontexten [3]. Durch das spielerische Element                                     • Badges: Abzeichen als Belohnungen für bestimmte
das nicht mit einem externen Anreiz (wie Noten oder Boni)                                         Tätigkeiten
gekoppelt ist, kommen Studierende leichter in einen Flow [4]



S. Krusche, S. Wagner (Hrsg.): SEUH 2020                                                                                                                          51


                        Copyright © 2020 for this paper by its authors. Use permitted under Creative Commons License Attribution 4.0 International (CC BY 4.0).
                                                                  meist webbasierten Software-Systeme unterstützen bei der
                                                                  Bereitstellung von Lerninhalten und dienen sowohl der
                                                                  Kontrolle als auch der Organisation von Lernvorgängen. LMS
                                                                  sollten, um in verschiedenen universitären und schulischen
                                                                  Kontexten nutzbar zu sein, eine große Erweiterbarkeit und
                                                                  Anpassungsfähigkeit haben. Das im vorliegenden Kontext
                                                                  genutzte System Moodle hat 50% Marktanteil bei den LMS
                                                                  Systemen und ist somit das am weitesten verbreitete LMS.
                                                                  Standardmäßig        kann      man      hier     verschiedene
                                                                  Interaktionsmöglichkeiten wie Quizze, Foren, Gruppen etc.
                                                                  einbauen. Moodle bietet einige Elemente zur Erweiterung, die
                                                                  sogenannten Plugins [9]. Sie werden auf dem Moodle Server
                                                                  installiert und können dann z.B. für Gamification Erweiterung
         Abb 1.    Aktivitätsabschluss des initialen Kurses       mit Punkten, Ranglisten etc. genutzt werden. Problematisch
    Durch eine gezielte Kombination von Spielelementen            ist hier, dass die Plugins auf dem oft zentral administrierten
kann der Nutzer bzw. Spieler intrinsisch motiviert werden,        Moodle Server installiert werden müssen [9] und nicht für den
weiter zu machen, also im Kontext Hochschule u.U. mehr zu         einzelnen Kurs. Daher ist die Einführung von Gamification
lernen oder das Wissen besser zu internalisieren [2]. Dabei ist   Elementen nicht ohne weiteres für einen einzelnen Kurs
jedoch z.B. das Leaderboard im Hochschulkontext                   möglich. Moodle Plugins müssen dann vor der Installation
datenschutzrechtlich problematisch (Siehe Kapitel VI). Basis      von der zentralen Administration datenschutzrechtlich und
für viele dieser Elemente ist es, ein Punktesystem zu haben.      inhaltlich geprüft werden, da sie theoretisch hochschulweit
Ohne Punkte, die nach Regeln an alle Teilnehmer für               genutzt werden können.
bestimmte Tätigkeiten verteilt werden, kann es z.B. keine             Zusammenfassend ergibt sich für den vorliegenden
Level und kein Leaderboard geben.                                 Erfahrungsbericht also die folgende Ausgangssituation: Als
    Zur Entwicklung eines solchen Punktesystems und einer         Lehrende(r) im Software Engineering sollten auch Inhalte zu
sinnvollen Kombination von Gamification Elementen kann            Agilität, Agilem Projektmanagement, Scrum und anderen
man z.B. ein Framework wie MDA [7] verwenden. Bei MDA             agilen Methoden in der Vorlesung gelehrt und von den
werden zunächst die Spielmechaniken (Mechanics), also z.B.        Studierenden verinnerlicht werden. Agile Planspiele sind, wie
das Basispunktesystem für die Anwendung analysiert, danach        oben beschrieben ein Standbein dieser Verinnerlichung. Doch
wird das Zusammenspiel (Dynamics) der ausgewählten                wie kann der Wissensteil zu den agilen Methoden über e-
Spielelemente bestimmt und als letztes das Erscheinungsbild       Learning und Blended Learning (also der Kombination von
(Aesthetics) für die Anwendung bestimmt. So kann man eine         Online und Präsenzlehre) im LMS außerhalb der weiterhin
Anwendung, wie z.B. eine Sprachlern-App oder in unserem           stattfindenden Präsenzlehre zu den Studierenden gebracht
Fall einen e-learning Kurs zielgerichtet gamifizieren.            werden und wie kann man die Motivation, sich diese Inhalte
                                                                  anzueignen und zu internalisieren durch Gamification
                    III. AGILITÄT LEHREN                          unterstützen?
    Mit dem Begriff „Agilität“ beschreiben wir Dinge, die            Ähnliche Arbeiten wie die Vorliegende sind [10] mit
eine hohe Beweglichkeit besitzen. Genau diese Eigenschaft         Anwendungen in der Mathematik-Lehre, [11] im E-
der Beweglichkeit bzw. in kontextuellem Sinn der                  Commerce und [8] im Software Engineering als interaktiver
Anpassungsfähigkeit       schreibt   man      einem     agilen    Kurs ohne explizite Gamification. Alle drei Arbeiten hatten
Vorgehensmodell wie Scrum zu. Scrum, als am häufigsten            recht positive Erfahrungen mit aktivierenden Methoden und
verwendetes agile Framework und Agiles Projektmanagement          Gamification und haben die vorliegende Arbeit inspiriert.
allgemein sollten in der Software Engineering Lehre ihren         Keine der Arbeiten beschäftigt sich aber mit der konkreten
Platz finden. Doch wie vermittelt man diese Beweglichkeit         Umsetzung in Moodle und den Schwierigkeiten und
und das Umdenken hin zu mehr Flexibilität? Es reicht hier         Erfahrungen der Umsetzung wie diese Arbeit.
nicht, die agilen Prinzipien auswendig zu lernen, Agilität und
Projektmanagement muss gelebt werden [6] [5] [8].                          V. INITIALES KONZEPT: POINTSIFICATION
    Ein häufiger Ansatz zur Vermittlung von Agilität und              Aus dieser Ausgangssituation heraus wurde an der
Projektdenken sind agile Planspiele wie Scrum mit Lego oder       Fakultät 2016 /2017 zunächst initiale Gamification Elemente
das Kanban Pizza Game (eine Sammlung von agilen                   in Moodle realisiert [12]. Diese initiale Studie sollte zeigen,
Planspielen findet sich z.B. unter www.tastycupcakes.org).        ob Gamification mit der vorliegenden Moodle-Installation auf
Bei diesen Spielen wird versucht, Projekterfahrung zu             dem Hochschul-Moodle Server überhaupt sinnvoll möglich
erzeugen und im spielerischen Umgang eine teamorientierte,        ist. Letztendlich wurde ein erster gamifizierter Kurs mit
flexible Zusammenarbeit zu unterstützen.       Auch dieser        Inhalten zu Software Engineering und Agilität auf einem
Ansatz wird in der Fakultät verfolgt und agile Planspiele         lokalen/eigenen Server aufgebaut. Auch wenn für diese
ergänzen die seminaristische Präsenzlehre und die hier            initiale Aktivität schon MDA für das Design verwendet
beschriebenen Online-Kurse.                                       wurde, handelt es sich hier eher um eine Sammlung von
                                                                  spielerischen Elementen in Richtung Pointsification, also das
                  IV. AUSGANGSSITUATION                           bloße Punkte sammeln, als um ein tragfähiges Konzept. Es
    Um E-Learning parallel zu Präsenzveranstaltungen zu           wurden folgende Elemente verwendet:
organisieren, werden häufig Learning Management Systeme
(LMS) wie Moodle (https://moodle.org/) oder Canvas
(https://www.instructure.com/canvas/) verwendet. Diese




S. Krusche, S. Wagner (Hrsg.): SEUH 2020                                                                                      52
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                                                                                                                         Plugin
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                                                                                                                         balken
                                                               Onboarding/
                                                               Questbereich
                                                                                                                               Plugin
                                                                                                                               Auszeich-
                                                                                                                               nungen

            Abb 2.     Kurseinstieg des zweiten Kurses (Rahmen und Beschreibungen zur Verdeutlichung)

    •    Als Basis für den Kurs gab es ein Punktesystem das               weiteres möglich, eine Rangliste mit Realnamen anzuzeigen.
         für den in Moodle integrierten Aktivitäten Abschluss             Es wurde erwogen, dass Studierende sich einen Spielernamen
         Punkte verteilte (siehe Abb. 1)                                  oder Spitznamen anlegen können sollten und so quasi
                                                                          anonymisiert in der Rangliste auftauchen, dies wurde jedoch
    •    Quests zu verschiedenen Aktivitäten wie Foliensätze              als datenschutztechnisch nicht sicher genug und zu
         bearbeiten, Quizze oder Teilnahme an Umfragen.                   umständlich eingeschätzt. Daher wurde sich für eine
    •    10 Level für die Kursnutzer die mit dem Moodle                   anonymisierte Rangliste entschieden, in der nur der jeweilige
         Plugin Level-Up [9] realisiert wurden (vgl. Abb. 2)              Teilnehmer mit seinem Namen und seinem Rang auftaucht,
                                                                          alle anderen Teilnehmer sind als „jemand anderes“
   Das initiale Konzept wurde auf einem eigenen Moodle                    anonymisiert. Bezogen auf die Punktevergabe und das
Server realisiert, da die benötigten Plugins noch nicht auf dem           Fortschritts-Plugin wurde ein integriertes Kurskonzept
hochschuleigenen Server zur Verfügung standen. Daher                      realisiert, mit einer kleinen Onboarding-Lektion und einem
wurde das Konzept auch nur stichprobenartig von einzelnen                 Quest Bereich mit den eigentlichen Inhalten und Fragen, gut
Studierenden evaluiert und noch nicht integriert in einer                 sichtbaren Plugins zu Level und Fortschrittsbalken und
Vorlesung eingesetzt.                                                     Badges zu den einzelnen Themen/Kapiteln, die man nach
                                                                          Themenabschluss automatisch verliehen bekam (Abb. 2).
VI. WEITERENTWICKLUNG: GAMIFICATION MIT KONZEPT
                                                                             Der Kurs enthielt letztendlich neben den agilen Inhalten
    Der nächste Schritt der Weiterentwicklung bestand 2017
                                                                          auch Inhalte zu grundlegenden Software Engineering Themen
in einem integrierten Konzept zur Gamification, in dem die
                                                                          wie Prinzipien und UML um auf eine große Menge von
initial eingesetzten Konzepte in einem Moodle Kurs auf dem
                                                                          Quizfragen zugreifen zu können. Es gab insgesamt 75 im
Hochschulserver zusammengeführt und real erprobt wurden
                                                                          Rahmen des Kurses entwickelte Fragen mit Multiple/Single-
[13]. Hier waren vor allem technische Herausforderungen und
                                                                          Choice Aufgaben, Zuordnungsaufgaben und Textbausteinen.
Datenschutzbedenken zu meistern, außerdem wurden die
Kurskonzepte integrierter präsentiert und entsprechend des                   Als finales Element gab es eine sogenannte „Master
MDA Frameworks [7] eingesetzt. Folgende Aktivitäten                       Quest“ mit schwereren Aufgaben, bei erfolgreicher
wurden angegangen:                                                        Beantwortung gab es frühzeitigen Zugriff auf eine
                                                                          Bespielklausur aus einem früheren Semester. Aus Gründen
• Evaluation und Installation der Moodle- Plugins Level-
   Up! – Gamification , Blocks: Progress Bar [9] und der                                        45,00%
   in       Moodle       integrierten     Auszeichnungen                                        40,00%
   (https://docs.moodle.org/31/de/Auszeichnungen                                                35,00%
   _verwalten ) auf dem zentralen Moodle Server durch die                                       30,00%
                                                                                                25,00%
   IT der Hochschule                                                                            20,00%
                                                                                                15,00%
    • Nutzung der Plugins und weiterer Elemente in einem
                                                                                                10,00%
      Gamification-Konzept in einem durchgängigen                                                5,00%
      Moodle-Kurs mit Onboarding, Quests, Badges etc.                                            0,00%
                                                                                                             0: trifft
                                                                                                                                                      4: trifft
                                                                                                            gar nicht      1          2        3
    • Adressierung von Datenschutz-Belangen                                                                     zu
                                                                                                                                                      völlig zu

                                                                              3. Ich kann mich für lernen
    • Integration des Kurses in die SE-Vorlesung und                              motivieren (SE). (Vor      2,86%       14,29%     37,14%   28,57%   17,14%
      Befragung der Teilnehmer                                                        Gamification)
                                                                              3. Ich habe mich wegen der
   Durch die Installation auf dem zentralen Server und                         Gamification Umsetzung
                                                                                                            18,92%       13,51%     10,81%   40,54%   16,22%
Einbeziehung der Studierenden in der SE Vorlesung mussten                           mehr zum Lernen
                                                                                motivieren können (SE).
nun auch Datenschutzbedenken adressiert werden. Aus
Datenschutz und Anonymitätsgründen ist es nicht ohne                      Abb 3. Vergleich der Motivation, zweiter Kurs




S. Krusche, S. Wagner (Hrsg.): SEUH 2020                                                                                                                          53
   der Gleichbehandlung wurde die Beispielklausur 2 Wochen                   und in den Gedanken verankert bleiben [14]. Als Basis für die
   nach Beendigung der Befragung allen Teilnehmern zur                       storybasierte und narrative Gamification wurde das Buch
   Verfügung gestellt.                                                       „Geschichten vom Scrum: Von Sprints, Retrospektiven und
                                                                             agilen Werten“ verwendet [16] das mit narrativen Methoden
      An diesem Test Kurs nahmen etwa 40 Studierende des 3.                  und einer Geschichte in einer mittelalterlichen Umgebung
   und 4. Semesters Informatik/Wirtschaftsinformatik teil, die               agile Prinzipien und Scrum-Begriffe und Vorgehensweisen
   Software Engineering als Pflichtvorlesung belegten. Die                   transportiert. Es wurde ein Kurskonzept mit einer
   Studierenden wurden im Rahmen einer Seminararbeit an der                  schrittweisen Einführung von Inhalten und einem Wechsel
   Fakultät [13] zu ihrer Motivationssteigerung durch die                    von narrativen und interaktiven Elementen entworfen. Es war
   Gamification Elemente befragt. Die Resultate waren                        nach einer Einführung in den Kurs zunächst ein Teil der
   uneinheitlich (siehe Abb. 3):                                             Geschichte zu lesen, dann waren Fragen zur Geschichte und
       Die Motivation der Studierenden war vor der Teilnahme                 zu Scrum zu beantworten. Dabei handelte es sich nicht nur um
   am gamifizierten Kurs mehrheitlich (35%) in der Mitte der                 Wissensfragen, sondern auch um Fragen wie: „Was würdest
   Motivationsskala. Nach der Teilnahme konnten immerhin                     du in der Situation tun?“ zu denen es keine richtige oder
   40% bejahen, dass sie sich durch die Gamification Inhalte                 falsche Antwort ging, sondern um die aktive Beschäftigung
   motivieren konnten, jedoch haben auch fast 20% dies                       mit der Story und dem Kurs. Der gesamte storybasierte Kurs
   komplett verneint. Das Fazit dieser Kursweiterentwicklung                 ist kapitelweise aufgebaut. Insgesamt enthält der Kurs sechs
   war also konform mit der Gamification Forschung [14]: Nicht               zugängliche Abschnitte. Diese schließen eine Einführung, vier
   jede(r) lässt sich gleichermaßen und durch die gleiche Art von            Kapitel und ein Bonuskapitel ein. Zielsetzung war die
   Gamification motivieren.                                                  Steigerung     von    Autonomie,      Kompetenz,      soziale
                                                                             Eingebundenheit, und Flow im Einklang mit der in Kapitel II
          VII. NEULAND: STORY BASED GAMIFICATION                             erwähnten Self Determination Theory und narrativer
       Nach diesem eher uneinheitlichen, aber für die                        Gamification [14].
   Gamification einigermaßen positiven Fazit für das bisherige                   Der Aufbau wurde so gewählt, dass zum einen ein Flow-
   Kurskonzept sollte als nächstes im Studienjahr 2017/18 eine               Erleben ermöglicht werden kann, indem durch die Passung
   andere Art von Gamification ausprobiert werden, die                       von Anforderung und Fähigkeit (Fragen zum Inhalt der
   storybasierte oder narrative Gamification [14]. Dadurch                   Geschichte),      deutliche     Zielsetzung     (Hauptquest,
   sollten evtl. weitere Teilnehmern motiviert werden. Dieses                Transparenz),            unmittelbare          Rückmeldung
   Kapitel beschreibt die Konzeption und Durchführung und die                (positives/ermutigendes, klar ersichtliches Feedback zu
   Evaluation des Kurskonzepts.                                              Aufgaben) und Neuartigkeit (Variation der Quests,
       Um evtl. einen langfristigeren Erfolg, im Sinne einer                 unbekannte Inhalte, Items) eine intrinsische Motivation
   effizienten Wissensaneignung und eine Variation der                       erfolgen konnte. Außerdem wurde dem Teilnehmer durch
   Gamification auch für weitere Teilnehmer bereitzustellen, die             diese sequentielle Struktur auch eine Bearbeitung in kleinen
   durch den bisherigen, punktebasierten Ansatz nicht abgeholt               Schritten ermöglicht. So kann der Kurs bewältigt werden,
   wurden, wurde für das folgende Semester ein storybasierter                ohne die Übersicht zu verlieren, falls eine zwischenzeitliche
   gamifizierter Kurs im Rahmen einer Bachelorarbeit [15]                    Bearbeitungspause eintreten sollte. Ein Kapitelanfang eines
   geplant. Der Kurs fokussierte im Gegensatz zu den früheren                Story Kapitels ist in Abb. 4 zu sehen. Es wurde als grund-
   Kursen nur auf agile Methoden und Scrum. Dieser Kurs sollte               legende Kursmechanik der Abschluss von Kapiteln durch das
   narrative Elemente enthalten und so die Geschichte in das                 Markieren von Checkboxen gewählt. Eine automatische
   Zentrum des Kurses zu stellen. Um Menschen zu erreichen                   Markierung über Zeitstempel für die Lesezeit war in der
   und zu überzeugen, liefern Geschichten Möglichkeiten, die                 Moodle-Installation auf Dozentenseite nicht möglich, daher
   sich seit tausenden von Jahren immer wieder bewähren.                     musste dieser indirektere Weg genutzt werden. Auch eine
   Erzählungen vollbringen es durch Veranschaulichung und                    automatische Markierung nur für das Öffnen des Dokuments
   Komplexitätsreduktion auch komplizierte Sachverhalte, bei                 schien bei den eher längeren Kapiteln (2-6 A4 Seiten) nicht
   gleichzeitiger Adressierung der Emotionen so zu vermitteln,               sinnvoll. Nach erfolgreichem Abschluss eines Kapitels erhält
   dass diese allgemein verständlich und langfristig begeistern              man jeweils ein Badge. Das Bonuskapitel stellt den letzten
                                                                             Teil des storybasierten Kurses dar. Dieses besteht aus einer
                                                                             Zusatzquest, einem fünften lesbaren Kapitel und einem
                                                                             Dokument, welches, ähnlich wie im vorherigen Kurs,
                                                                             Musterfragen zur Klausur enthält. Um die Ästhetik
                                                                             Exposition/Discovery [14] zu unterstützen, wird „???“ als
                                                                             Überschrift angezeigt, was an die Neugier der Teilnehmer
                                                                             appellieren soll. Das Bonuskapitel ist prinzipiell jederzeit
                                                                             zugänglich, erfordert jedoch Aktivitätsabschluss in Moodle
                                                                             die Lösung der Zusatzquest „Wie lautet die Parole?“, um die
                                                                             weiteren Inhalte dieses Kapitels freizuschalten. Durch diese
                                                                             Maßnahmen soll Neugier, Selbstwirksamkeit und Flow beim
                                                                             Absolvieren des Kurses unterstützt werden.
                                                                                Es wurde versucht, die Einführung des storybasierten
                                                                             Kurses im Rahmen der konzepterstellenden Bachelorarbeit
                                                                             [15] vergleichend zu evaluieren. Dazu wurde eine Instanz des
                                                                             in Kapitel VI beschriebenen Kurses zur Verfügung gestellt
                                                                             und die Teilnehmer zufällig in den storybasierten oder in den
Abb 4. Kapitelanfang des storybasierten Kurses, aus [5] , angelehnt an [9]   punktebasierten Kurs eingeteilt. Die Hypothese war



   S. Krusche, S. Wagner (Hrsg.): SEUH 2020                                                                                            54
„Teilnehmer des storybasierten E-Learning Kurses zu Scrum          versucht werden, die abstrakten Projektmanagement Inhalte
weisen eine höhere intrinsische Motivation bei der                 für die Studierenden verständlicher und somit durch die
Bearbeitung des Kurses auf als Teilnehmer des                      Kombination der Methoden erlebbarer zu machen.
[punktebasierten] Alternativkurses.“ [15]. Die Teilnahme am
Kurs war freiwillig, von den 122 möglichen Teilnehmern                                 DANKSAGUNGEN
(Software Engineering/IT-Projektmanagement Studierende                 Die Autorin dankt allen Projekt-, Seminar-, und
des 3. und 4. Semesters) haben 18 teilgenommen, nur 9 haben        Bachelorarbeiterinnen  und     den     wissenschaftlichen
den Validierungsfragebogen ausgefüllt. Diese geringe               Hilfskräften die zur Weiterentwicklung des gamifizierten
Teilnehmerrate ist wahrscheinlich auf fehlende „Werbe              Moodle Kurses beigetragen haben, insbesondere Mahrukh
Maßnahmen“ und die Kürze der Zeit zum Durcharbeiten des            Chaudhry, David Engelhaupt und Duc Dat Pham.
Kurses und zum Beantworten der Fragenzurückzuführen. Da
die Datenbasis dadurch sehr klein war, wurde auf eine             IX. REFERENZEN
quantitative Evaluierung verzichtet. Den Ergebnissen der           [1]  E. L. Deci und R. M. Ryan, „Self-determination
Untersuchung zu Folge ist es möglich, mit der in dieser Arbeit          theory: A macrotheory of human motivation,
gezeigten Gestaltung eines E-Learning Kurses intrinsische               development, and health“, Canadian Psychology, Jg.
Motivation bei den Teilnehmern hervorzurufen. Die
                                                                        49, Nr. 3, 2008. Zugriff am: 8. Oktober 2019.
Ergebnisse zeigten dabei allgemein ein hohes Interesse bzw.
Vergnügen der Teilnehmer für die Bearbeitung des                   [2] H. Fischer, M. Heinz und u.a., „Die Gamifizierung der
storybasierten aber auch des Alternativkurses. Bei einzelnen            Hochschullehre“, 113–125, 2017.
Studierenden gab es Indizien auf ein Flow-Erleben, auch hier       [3] S. Deterding, D. Dixon, R. Khaled und L. Nacke,
war das Flow Erlebnis aber bei beiden Arten von Kursen zu               „From game design elements to gamefulness: defining
Verzeichnen. Die Teilnahmequote fiel beim storybasierten                gamification“, Proceedings of MindTrek'11, S. 9–15,
Kurs von anfangs 100% auf unter 20% ab. Also ist                        2011.
anzunehmen, dass das Konzept des storybasierten E-Learning         [4] M. Csikszentmihalyi, Flow: The psychology of optimal
Kurses zwar evtl. intrinsische Motivation fördert, jedoch               experience. New York: Harper & Row, 1990.
diese nicht lange genug aufrechterhalten kann. Gründe hierfür      [5] M. Winter, „Projektmanagement lernen ohne Projekt“,
könnten die teilweise gleichartige Kursgestaltung, die (zu)             SEUH 2019, S. 44–55, 2019, http://ceur-ws.org/Vol-
langen Texte oder das Vorwissen der Teilnehmer zu Scrum                 2358/.
sein. Die mangelnden gestalterischen Möglichkeiten bei             [6] M. Kropp, A. Meier und R. Biddle, „Teaching Agile
Moodle lassen evtl. auch keine Immersion aufkommen.                     Collaboration Skills in the Classroom“ in CSEE & T
Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl besitzen diese                     2016 Dallas, S. 118–127.
Ergebnisse jedoch nur eine beschränkte Aussagekraft.               [7] G. Zichermann und C. Cunningham, Gamification by
        VIII. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK :                            design: Implementing game mechanics in web and
                   GAMIFICATION LIGHT                                   mobile apps. O'Reilly, 2011.
                                                                   [8] S. Krusche, N. von Frankenberg und S. Afifi,
In diesem Paper wird die Entwicklung eines Kurskonzepts                 „Experiences of a Software Engineering Course based
von den ersten Ideen zu Gamification in Moodle über ein                 on Interactive Learning“ in SEUH, 2017, S. 32–40.
integriertes Konzept mit einem Moodle-Kurs auf dem                 [9] Moodle.org, https://moodle.org/plugins/.
zentralen Hochschulserver zu einem storybasierten, narrative       [10] V. Kruse, C. Plicht, J. Spannagel, M. Wehrle und C.
Kurs und die Erfahrungen dazu beschrieben.                              Spannagel, „Creatures of the Night: Konzeption und
    Das storybasierte Konzept wird momentan nicht                       Evaluation einer Gamification-Plattform im Rahmen
weiterverfolgt, da sich die Erstellung von guten Storys und die         einer Mathematikvorlesung“ in DeLFI Workshops,
studierendengerechte Integration von Storys in Moodle als zu            2014.
aufwändig herausgestellt hat, momentan scheint eine
                                                                   [11] L. Grogorick, D. Siemon und S. Robra-Bissantz,
punktebasierte Gamification für den Kurs zielführender
                                                                        „GamEducation – Spielelemente in der
(weitere       Screenshots        und      Beispiele      siehe
https://dx.doi.org/10.13140/RG.2.2.36395.80165        ). Die            Universitätslehre“, HMD - Praxis der
aktuellen Aktivitäten zu diesem Kurs sind also die                      Wirtschaftsinformatik, Jg. 305, 2015.
Weiterentwicklung des punktebasierten Konzepts aus Kapitel         [12] S. Schraut, Evaluation einer Gamification
VI zu einem stabilen Kurs, der in dieser Form regelmäßig                Erweiterung in Moodle. Bachelorarbeit, FHWS, 2017.
eingesetzt werden kann. Parallel zur Weiterentwicklung             [13] M. Chaudhry, Gamification mit Moodle Plugins.
wurde 2019 ein Kurs ohne Gamification Elemente entwickelt               Seminararbeit, FHWS, 2017.
der stattdessen mit 2-3-minütigen animierten Erklärvideos          [14] S. Nicholson, „A recipe for meaningful gamification“
Agilität und Scrum erklärt und ebenfalls Quizze verwendet.              in Gamification in education and business, Springer,
Dieser Kurs wurde im Rahmen des Projekts smartVHB                       2015, S. 1–20.
entwickelt          (https://www.vhb.org/lehrende/smart-vhb-       [15] D. Engelhaupt, Umsetzung eines gamifizierten,
blended-learning). Die beiden Elemente Gamification und                 storybased E-Learning Kurses zu Scrum.
Erklärvideos sollen als nächster Schritt verglichen und ihre            Bachelorarbeit, FHWS, 2018.
Motivationsförderung untersucht werden. Durch die                  [16] H. Koschek, Geschichten vom Scrum: Von Sprints,
Verwendung von Erklärvideos, die die Inhalte aus der                    Retrospektiven und agilen Werten. Dpunkt, 2009.
Vorlesung wiederholen und aufbereiten soll gleichzeitig




S. Krusche, S. Wagner (Hrsg.): SEUH 2020                                                                                  55