=Paper= {{Paper |id=Vol-2542/MOD20-SP4 |storemode=property |title=Zur Modellierungsausbildung in der Informatik: Auswertung von Modellierungsaufgaben im Zeitraum 2011 bis 2019 (On Modeling Education in Informatics: Evaluation of Modeling Tasks in the Period 2011 to 2019) |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-2542/MOD20-SP4.pdf |volume=Vol-2542 |authors=Dirk Hamann,Christoph Gibcke,Kurt Sandkuhl,Birger Lantow |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/modellierung/HamannGSL20 }} ==Zur Modellierungsausbildung in der Informatik: Auswertung von Modellierungsaufgaben im Zeitraum 2011 bis 2019 (On Modeling Education in Informatics: Evaluation of Modeling Tasks in the Period 2011 to 2019)== https://ceur-ws.org/Vol-2542/MOD20-SP4.pdf
      Joint Proceedings of Modellierung 2020 Short, Workshop and Tools & Demo Papers
                                                  Modellierung 2020: Short Papers 31


Zur Modellierungsausbildung in der Informatik: Auswertung
von Modellierungsaufgaben im Zeitraum 2011 bis 2019


Dirk Hamann,1 Christoph Gibcke,2 Kurt Sandkuhl,3 Birger Lantow4



Abstract: Die Modellbildung unter Verwendung konkreter Modellierungssprachen, -methoden
und -werkzeuge gehört zu den Grundkompetenzen, die in der Informatik-bezogenen Ausbildung
vermittelt werden. In den Jahren 2011 bis 2019 ist eine Datensammlung an der Uni Rostock
entstanden, die Hinweise auf den Kenntnisstand von Studenten der Wirtschaftsinformatik im Bereich
Modellierung geben kann. Gegenstand des Beitrags ist eine vergleichende Auswertung der Jahre in
der Datensammlung, um Veränderungenen im Kenntnisstand der Studierenden und daraus ableitbare
Implikationen für die Lehre zu ermitteln.

Keywords: Unternehmensmodellierung; Hochschullehre; Modellierung



1    Einleitung

Die Modellbildung unter Verwendung konkreter Modellierungssprachen, -methoden
und -werkzeuge gehört zu den Grundkompetenzen, die in vielen Informatik- und
Wirtschaftsinformatik-bezogenen Studiengängen vermittelt werden. In den Jahren 2011
bis 2019 ist eine Datensammlung entstanden, die Hinweise auf den Kenntnisstand von
Studenten des 6. Semesters Wirtschaftsinformatik im Bereich Modellierung geben kann.
Jedes Jahr wurde in der ersten Vorlesung im Modul Unternehmensmodellierung eine kurze
Modellierungsübung durchgeführt, die ursprünglich nur zur Einschätzung des Kenntnis-
stands der Studierenden anderer Fachrichtungen diente, die das Modul gewählt haben.
Nach einigen Jahren zeigten sich nach dem subjektiven Eindruck der Lehrenden Ver-
änderungen in den Lösungen der Studierenden für diese Modellierungsaufgabe. Um zu
überprüfen, ob auch eine systematische, objektive Auswertung diesen Eindruck bestätigt,
wurde 2019 eine vergleichende Auswertung der Jahre durchgeführt. Bei der Evaluation der
Modellierungsergebnisse standen folgende Fragen im Fokus:

•      Welche unterschiedlichen Modellierungssprachen (Ereignis-gesteuerte Prozessketten,
       4EM-Methode, Entity-Relationship-Diagramme) oder Modellierungsabsichten (Pro-
1 Universität Rostock, Institut für Informatik, 18057 Rostock, Germany Dirk.Hamann@uni-rostock.de
2 Universität Rostock, Institut für Informatik, 18057 Rostock, Germany Christph.Gibcke@uni-rostock.de
3 Universität Rostock, Institut für Informatik, 18057 Rostock, Germany Kurt.Sandkuhl@uni-rostock.de
4 Universität Rostock, Institut für Informatik, 18057 Rostock, Germany Birger.Lantow@uni-rostock.de




Copyright © 2020 for this paper by its authors.
Use permitted under Creative Commons License Attribution 4.0 International (CC BY 4.0).
32 Dirk Hamann, Christoph Gibcke, Kurt Sandkuhl, Birger Lantow

      zessmodellierung, Informationsmodellierung, Softwaremodellierung, ...) sind in den
      Dokumenten sichtbar?
•     Welche Modellierungsfehler sind in den Modellen häufig sichtbar? Welche Modellie-
      rungssprachen waren im Allgemeinen gut beherrscht?
•     Sind im Lauf der Zeit Änderungen sichtbar?
•     Welche Auswirkungen haben die Evaluierungsergebnisse auf die Lehre?


2   Bezug zur Literatur
Die Literatur „How Novices Design Business Processes“[RSR12] hat eine hohe Über-
einstimmung mit dem Sachverhalt dieser Arbeit. In dem Artikel wurde untersucht, wie
unerfahrende Studenten aus dem Kontext einer Modellierungsaufgabe, welche nahezu
identisch mit dem dieser Arbeit ist, Geschäftsprozessmodelle entwerfen. Die Größe der
quasi-experimentellen Studie umfasste 89 Studenten bzw. Modelle. Es konnte fünf un-
terschiedliche Prozessdesign-Archetypen: Fluss-, textuelles-, hybrid-, Storyboard- und
Canvas-Diagramme identifiziert werden. Von diesen wurde die Qualität untersucht und
ermittelt, welche Darstellungsformate es den Studenten ermöglichte Geschäftsregeln, Zustän-
de, Ereignisse, Aktivitäten, zeitliche und räumliche Informationen in einem Prozessmodell
unterzubringen. Es wurde festgestellt, dass die Qualität der Prozessmodellentwurfe mit
zunehmender Verwendung von Grafiken abnimmt und das hybrid-Diagramme mit geeigneter
Textbeschriftung und abstrakten grafischen Formen zur Beschreibung von Geschäftsprozes-
sen gut geeignet sind.
Die dieser Arbeit zugrunde liegende Modellierungsaufgabe hat durch die vielen Dimensio-
nen der Aspekte eine hohe Komplexität. Um dieser Komplexität zu begegnen, wird in dem
Artikel „Managing Process Model Complexity via Concrete Syntax Modifications“
[Ro11] ein Ansatz zur Bewältigung vorgestellt. Es werden eine Sammlung von Mustern
präsentiert, die verschiedene vorhandene Mechanismen verallgemeinern und konzeptuali-
sieren, um die visuelle Darstellung eines Prozessmodells zu ändern. Des Weiteren wird der
Grad der Unterstützung für diese Muster in einer Reihe von Sprachen und Tools detailliert
analysiert. Das Ergebnis dieses Artikels ist eine Usability-Bewertung der Muster.
Im Buch „Evaluations of Process Modeling Grammars“ [Re11] beschreibt Recker eine
ontologische, qualitative und quantitative Analyse am Beispiel von BPMN.
Der Artikel „Complementary use of modeling grammars“ [Gr11] hat einen engen Be-
zug zum Sachverhalt dieser Arbeit. In dem Artikel wird betont, dass die konzeptionelle
Modellierung ein wichtiges Mittel zur grafischen Erfassung der Anforderungen eines Infor-
mationssystems ist. Beobachtungen der Modellierungspraxis legen nahe, dass Modellierer
häufig mehrere Modellierungsgrammatiken in Kombination verwenden, um verschiedene
Aspekte realer Domänen zu erfassen. Es wird festgestellt, dass Benutzer des analysierten
Tools Grammatiken kombinieren, um die in jeder Grammatik vorhandene ontologische
Unvollständigkeit zu überwinden. Die qualitativen Daten geben Aufschluss darüber, warum
sich einige der vorhergesagten Mängel in der Praxis anders manifestieren als vorhergesagt.
                                                  Auswertung von Modellierungsaufgaben 33

Recker und Dreiling [RD07] untersuchten in einem Lehrexperiment mit Studenten ohne
Modellierungsvorkenntnisse, inwiefern das Erlernen einer speziellen Prozessmodellierungs-
sprache zum Lösen von Aufgaben hilft. Die Modelllösungen und folgende Verständnisfragen
zeigten, dass die verwendete Modellierungssprache keine Auswirkung auf die Qualität des
Modells hat.


3   Modellierungssachverhalt und Modellierungskontext

Das Modul Unternehmensmodellierung ist ein Pflichtbestandteil des Bachelorstudiengangs
Wirtschaftsinformatik und als Wahlfach für einige andere Studiengänge, u.a. dem Master
Dienstleistungsmanagement, zu hören. In der Einführungsveranstaltung des Moduls forderte
der Dozent die Studenten zur Bearbeitung einer Modellierungsaufgabe auf. Es handelte
sich um den folgenden Sachverhalt:
Peggy entscheidet sich, ein Taxi für die Fahrt zum Flugplatz zu rufen. Das Taxi kommt nach
10 Minuten und braucht eine halbe Stunde für die 20 km zum Flugplatz.
Am Flugplatz angekommen benutzt Peggy einen Check-in Automaten und erhält ihren
Boardingpass. Sie hätte natürlich auch am Counter der Fluglinie einchecken können. Sie hat
kein Gepäck, das aufgegeben werden muss, und geht deshalb direkt zur Sicherheitskontrolle,
die 100 m weiter hinten im Terminal auf der rechten Seite ist. Die Warteschlange ist dort
recht kurz, so dass sie schon nach 5 Minuten im Bereich mit den Abflug-Gates ist.
Peggy entscheidet sich, nicht in die Frequent Flyer Lounge zu gehen, sondern in den Duty
Free Bereich. Dort kauft sie eine Zeitung und ist nach 15 Minuten wieder zurück am Gate.
Nach 10 Minuten Wartezeit und einer weiteren Sicherheitskontrolle, steigt sie ins Flugzeug
ein und fliegt nach Manchester.
Insgesamt enthält die textuelle Beschreibung 138 Wörter und Zahlen. Zudem gibt es 30
wesentliche Aspekte, die in verschiedene Dimensionen unterteilbar sind (zeitlich, räumlich,
Ereignisse...) und für die Vollständigkeit des Modells stehen. Ziel der Modellierungsaufgabe
war es, das vorhandene Modellierungswissen zu evaluieren, bevor mit den eigentlichen
Lehrinhalten begonnen wird. Die Modellierungsaufgabe wirkt auf den ersten Blick über-
schaubar bei einer zeitlichen Vorgabe von 20 Minuten. Dennoch birgt sie aufgrund der
zahlreichen Dimensionen mit den Aspekten jedoch die Schwierigkeit, dies alles in genau
einem Modell unterzubringen. Die Modellierungsaufgabe stellt der Dozent in dieser Form
bereits seit 2011. Bis ins Jahr 2019 sammelten sich 96 Dokumente (= Datensätze) an.


4   Darstellung der Modellierungsaufgabe

Zur Modellierung des Sachverhalts stand es den Studenten frei, eine ihnen geläufige Model-
lierungssprache bzw. -notation zur Lösung für die gestellte Aufgabe zu verwenden oder gar
ein eigenes Modell. Auf Grund dessen entstanden 96 Modelle in den unterschiedlichsten
34 Dirk Hamann, Christoph Gibcke, Kurt Sandkuhl, Birger Lantow

Darstellungsformen bzw. Modellierungssprachen.
Die vorhandenen 96 Dokumente mussten nach den gewählten Darstellungsformen zunächst
in Modellierungstypen unterteilt werden. Eine erste Unterteilung geschah in die Gruppe der
formalen Modellierungssprachen. Nach der Zuordnung in die formalen Sprachen blieb aber
ein großer Teil noch unberücksichtigt, weil die Studenten in weitaus größerem Maße andere
Darstellungsformen abseits der formalen Modellierungssprachen verwendeten. Zumeist
wurde eine einheitliche Symbolik innerhalb eines Modells verwendet, die in sich betrachtet
konsistent war, jedoch keiner formalen Modellierungsnotation entsprach. Als wesentliche
Unterteilung hielten modellierte Prozess- sowie Ereignis- und Aktivitätsmodelle her. Es
verblieben acht Datensätze ohne jegliche Zuordnung, sie beinhalteten zumeist sehr kreative
Darstellungsformen.

       Modellierungsklassifikation           Modellierungstyp                  Anzahl
                                             BPMN                                7
                                             EPK                                 7
       formale Modellierungssprache          Syntaxdiagramm                      4
                                             UML-Klassendiagramm                 2
                                             Zustandsautomat                     9
                                             Ereignis- und Aktivitätsmodelle     40
       nicht-formale Modellierungssprache    Prozessmodelle                      19
                                             sonstige                            8
                     Tab. 1: Häufigkeitsverteilung der Modellierungstypen

In Tabelle 1 ist die Aufteilung der verwendeten Darstellungsformen des Modellierungssach-
verhalts angegeben. Es lässt sich konstatieren, dass die Studenten einerseits vermehrt auf im
Studium Erlerntes zurückgreifen und ihr Wissen unter Beweis stellen. Als Indiz dafür ist der
gezeigte leichte Anstieg bei der Verwendung von formalen Modellierungssprachen heranzu-
ziehen. Dennoch gebraucht der größere Teil weiterhin eigene Darstellungsformen, was auf
eine Unsicherheit beim Gebrauch oder Unkenntnis der formalen Modellierungssprachen
zurückzuführen ist.


5   Fehler während der Modellierung

Selbstredend ist ein fehlerfreies Modell die Voraussetzung für die korrekte Interpretation
eines modellierten Sachverhalts sowie die Repräsentation für Dritte. Als Fehlertypen treten
syntaktische und inhaltliche Fehler auf. Syntaktische Fehler beziehen sich auf eine falsche
Verwendung der Modellierungsnotation in der gewählten Modellierungssprache. Inhaltliche
Fehler sind beispielsweise das Vertauschen von Konnektoren, wodurch bei Alternativpfaden
ganz andere Zusammenhänge resultieren.

Syntaktisch fehlerfreie Modelle basieren auf der Einhaltung von Regeln für die jeweils
verwendete Modellierungssprache. Bei der Untersuchung der 29 Datensätze mit formalen
                                                   Auswertung von Modellierungsaufgaben 35

Modellierungssprachen entsprachen lediglich sechs von ihnen einer syntaktisch einwand-
freien Verwendung der jeweiligen Notation und deren Elemente (siehe Tabelle 2). Es findet
sich darunter kein fehlerfreies EPK oder BPMN-Modell.
               Modellierungssprache      Anzahl    davon syntaktisch korrekt
               BPMN                        7                  0
               EPK                         7                  0
               Syntaxdiagramm              4                  2
               UML-Klassendiagramm         2                  1
               Zustandsautomat             9                  3
               Summe                       29                 6
              Tab. 2: Syntaktisch fehlerfreie Modelle nach Modellierungssprache


Bei der Modellierungsauswertung traten folgende, modellierungssprachen-übergreifende,
wiederkehrende Fehler auf: In 4 der 29 Modelle fehlen die gerichteten Kanten zwischen
den Modellelementen. In 3 Modellen fehlt das Start- bzw. Zielelement, 2 Modelle verwen-
den Aktivitätselemente falsch. 2 der insgesamt 14 EPK und BPMN-Modelle verzichten
auf Konnektoren. 6 der verbliebenen 12 EPK und BPMN-Modelle verfügen über keine
Schließkonnektoren.
Die Leserichtung von Modellen ist üblicherweise von links nach rechts oder von oben
nach unten und demzufolge ist das Fehlen der gerichteten Wege als vermeintlich kleinerer
Fehler einzustufen. Jedoch erschwert es den Zugang zu Modellen, vor allem wenn es zu
Alternativen kommt und sich dort die Richtungen verzweigen. Viele Modellierungssprachen
zeichnen sich durch ihre spezifischen Start- und Endelemente aus. Fehlt ein solches Element,
weiß der Nutzer mitunter nicht, ob etwas im beschriebenen Sachverhalt fehlt oder der
Modellierer aus Bequemlichkeit darauf verzichtete.
Die inhaltlichen Fehler bezogen sich größtenteils auf die richtige Darstellung des Sachver-
halts. Hierbei spielte die verwendete Darstellungsform der Modellierung keine Rolle.
Ein wesentlicher Modellierungsfehler lag in der falschen Verwendung der Konnektoren. Der
gesamte Sachverhalt verlangte als bestmögliche Lösung die Verwendung von 3 Konnektoren
ab, wobei zweimal das exklusive ODER (XOR) und einmal das logische ODER abgebildet
werden mussten. 27 der 95 verwertbaren Modelle verwendeten zumindest einen Konnektor.
Hierbei gab es aber nur 5 Modelle, die die verwendeten Konnektoren auch richtig setzten.
Negativ stachen hierbei die BPMN und EPK-Modelle hervor, wo von 11 beschrifteten
Modellen mit Konnektoren keines die exakten drei Konnektoren enthielt.
Ein sehr häufig auftretender Fehler war das Fehlen des ODER-Konnektors als Möglichkeit
zum Betreten des Duty Free Bereichs als auch der Frequent Flyer Lounge. Die Formulierung
des Aufgabentextes zielte explizit auf die Auswahl einer der beiden Bereiche ab, wobei aber
auch der Weg in beide Bereiche nicht ausgeschlossen war. Von den 88 Modellen die diesen
Fakt behandelten, berücksichtigten 58 diese ODER-Option nicht (= 66%).

Hier schloss sich das Problem an, dass in 17 Modellen die Frequent Flyer Lounge als
36 Dirk Hamann, Christoph Gibcke, Kurt Sandkuhl, Birger Lantow

Sackgasse ohne Rückweg endet, d.h. lediglich in die Richtung zur Frequent Flyer Lounge
zeigte eine gerichtete Kante hin und Peggy müsste laut den 17 Modellen dort verweilen, da
es keine Rückkante gibt.


6   Aspekte

In diesem Abschnitt soll untersucht werden, welche Aspekte aus der Modellierungsaufgabe
von den Studenten besonders häufig bzw. selten modelliert wurden. Als erstes galt es
dafür die einzelnen Aspekte zu identifizieren, die der Aufgabentext explizit beinhaltet. Es
wurden darüber hinaus aber auch jene Aspekte gezählt, die implizit im Text vorhanden
sind und idealerweise im Modell vorhanden sein sollten. Aus „Peggy entscheidet sich, ein
Taxi [...]“ ist z.B. zu entnehmen, dass es noch Taxi-Alternativen gegeben haben muss.
Bei der Auswertung wurde für jedes Modell ermittelt, ob ein Aspekt vorhanden = 2,
eingeschränkt vorhanden = 1 oder nicht vorhanden = 0 ist. Die Liste der 30 Aspekte
ist in Abbildung 2 ersichtlich.
Eine weitere Perspektive auf die Aspekte ist mit Abbildung 1 gegeben. Es wird die
relative Häufigkeit der Aspekte in Abhängigkeit von den jeweiligen Modellierungssprachen/-
absichten dargestellt. Die sonstigen Modellierungssprachen/-absichten n.n. haben den
höchsten Zentralwert bzw. Median. Studenten mit einer eigenwilligen Modellierungssprache/-
absicht konnten daher - in Relation gesehen - die meisten Aspekte modellieren. Über
den Grund kann nur spekuliert werden. Möglicherweise führte eine Zeitersparnis zu
diesem Ergebnis, weil keine Gedankengänge über die exakte Anwendung einer bestimmten
Modellierungssprache von Nöten waren. Vielleicht haben sich aber auch während der
Modellierung die Grenzen der jeweiligen Sprachen offenbart.
Die Streuung der Daten kann als die allgemeine Fähigkeit der Studenten interpretiert
werden, mit der die jeweiligen Modellierungssprachen/-absichten umgesetzt werden konnten.
Gibt es eine relativ große Streuung, so gibt es einige Studenten die relativ wenige und
Andere die relativ viele Aspekte modellieren konnten. Innerhalb der Gruppe der Studenten
gibt es demnach ein unterschiedliches Niveau mit der die Modellierungsspracheabsicht
beherrscht wurde. Es ist zu erkennen, dass die „reinen“ Modellierungssprachen/-absichten
wie Zustandsautomat, EPK, Syntaxdiagramm oder BPMN eine relativ geringe Streuung
aufweisen, demnach wurden diese von den Studenten gleichermaßen gut beherrscht. Somit
lässt sich die Streuung der Daten auch als Schwere interpretieren, mit der ein Aspekt
modelliert werden konnte.

Abbildung 2 schlüsselt die durchschnittliche Häufigkeit nach Jahren auf. Die spaltenweise
Anordnung geschah anhand des erzielten Jahresdurchschnittswerts der Aspekte (2016: 66%,
2018: 54%). Es ist tendenziell zu erkennen, dass die Unterschiede zwischen den Jahren bei
den Aspekten zu finden sind, die von den Studenten weniger häufig modelliert wurden,
wie die Aspekte 20 km, rechte Seite, Peggy entscheidet2. An dieser Stelle sei darauf
                                                                                                                                                                        Auswertung von Modellierungsaufgaben 37
                                                1




                                           0.8
         relative Häufigkeit der Aspekte




                                           0.6




                                           0.4




                                           0.2




                                                0
                                                                &
                                                               m




                                                                                eg




                                                                                                    at




                                                                                                                      n.




                                                                                                                                        eg




                                                                                                                                              K




                                                                                                                                                               m




                                                                                                                                                                        N




                                                                                                                                                                                       l




                                                                                                                                                                                                         l




                                                                                                                                                                                                                           m




                                                                                                                                                                                                                                             m




                                                                                                                                                                                                                                                        t




                                                                                                                                                                                                                                                                        rt
                                                                                                                                                                                      el




                                                                                                                                                                                                       el




                                                                                                                                                                                                                                                        ar




                                                                                                                                                                                                                                                                    ba
                                                                                                                                             EP




                                                                                                                                                                    M
                                                           ts




                                                                                                 m




                                                                                                                      n.




                                                                                                                                                              m




                                                                                                                                                                                                                          m




                                                                                                                                                                                                                                           am
                                                                                                                                                                                  od




                                                                                                                                                                                                    od
                                                                             w




                                                                                                                                        w




                                                                                                                                                                                                                                                   Ab
                                                         itä




                                                                                                                                                                   BP
                                                                                               to




                                                                                                                                                             ra




                                                                                                                                                                                                                       ra




                                                                                                                                                                                                                                                                   -A
                                                                             iv




                                                                                                                                     iv




                                                                                                                                                                                 m




                                                                                                                                                                                                   m




                                                                                                                                                                                                                                         gr




                                                                                                                                                                                                                                                   K-
                                                                                            au
                                                                           at




                                                                                                                                   at




                                                                                                                                                        ag




                                                                                                                                                                                                                      g
                                                     tiv




                                                                                                                                                                                                                                                                  N
                                                                                                                                                                                 is




                                                                                                                                                                                                  ss




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                                                                                                                                                                                                                                      ia
                                                                        rn




                                                                                                                                rn




                                                                                                                                                                                                                                                 EP




                                                                                                                                                                                                                                                              M
                                                    Ak




                                                                                          ds




                                                                                                                                                        di




                                                                                                                                                                               gn




                                                                                                                                                                                                                  sd




                                                                                                                                                                                                                                    nd
                                                                                                                                                                                             ze
                                                                      te




                                                                                                                              te




                                                                                                                                                                                                                                                             BP
                                                                                                                                                       ax
                                                                                       an




                                                                                                                                                                             ei




                                                                                                                                                                                                              nd
                                                                                                                                                                                              o




                                                                                                                                                                                                                                 se
                                            -+




                                                                    Al




                                                                                                                            Al




                                                                                                                                                   nt




                                                                                                                                                                            Er




                                                                                                                                                                                           Pr
                                                                                     st




                                                                                                                                                                                                             ta




                                                                                                                                                                                                                               as
                                            is




                                                                   l+




                                                                                                                           l+




                                                                                                                                                  Sy
                                                                                  Zu




                                                                                                                                                                                                          s
                                           gn




                                                                                                                                                                                                                            Kl
                                                               el




                                                                                                                       el




                                                                                                                                                                                                       Zu




                                                                                                                                                                                                                            L-
                                     ei




                                                           od




                                                                                                                    od
               Er




                                                                                                                                                                                                                        M
                                                         sm




                                                                                                                  sm




                                                                                                                                                                                                                       U
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                                                                                                                itä
                                                    oz




                                                                                                            tiv
                                                                                                           Ak
                                                Pr




                                                                                                      -+
                                                                                                      is
                                                                                                 gn
                                                                                                 ei
                                                                                               Er




                                                                                                                                                  Modellierungsprachen/-absichten




                    Abb. 1: Relative Häufigkeit der Aspekte nach Modellierungssprache/-absicht

                                                      Aspekte                                                                      2016                2011             2013                           2014                         2019                     2018
                                                    Peggy entscheidet1                                                              64%                 55%              46%                            40%                          48%                      50%
                                                                      Taxi                                                          86%                 90%              96%                            95%                          90%                      92%
                                                        Taxi-Alternative                                                             0%                 35%              54%                            25%                          15%                      28%
                                                                  10 min                                                            79%                 68%              54%                            45%                          63%                      58%
                                                                    Fahrt                                                          100%                 85%             100%                            85%                          85%                      96%
                                                           halbe Stunde                                                             57%                 65%              54%                            40%                          38%                      54%
                                                                   20 km                                                            36%                 48%              25%                            30%                          28%                      12%
                                                                Flugplatz                                                           86%                 90%              79%                            95%                          83%                      82%
                                                          Peggy benutzt                                                             36%                 53%              29%                            25%                          28%                      40%
                                                   Check-in Automaten                                                              100%                 88%              92%                            90%                          95%                      90%
                                                    erhält Boardingpass                                                             57%                 63%              58%                            45%                          73%                      38%
                                                                 Counter                                                            86%                 83%              92%                            90%                          75%                      86%
                                                                  Gepäck                                                            71%                 63%              88%                            55%                          65%                      66%
                                                            kein Gepäck                                                             64%                 50%              75%                            50%                          48%                      52%
                                                  Sicherheitskontrolle1                                                            100%                 90%             100%                           100%                          90%                      94%
                                                                   100 m                                                            36%                 50%              33%                            45%                          25%                      16%
                                                            rechte Seite                                                            21%                 23%               8%                            10%                           8%                       0%
                                                    Warteschlange kurz                                                               7%                 58%              46%                            30%                           5%                      10%
                                                                    5 min                                                           57%                 63%              46%                            40%                          30%                      52%
                                              Bereich der Abflug-Gates                                                              71%                 70%              67%                            70%                          48%                      48%
                                                    Peggy entscheidet2                                                              36%                 58%              29%                            25%                          25%                      38%
                                                      Duty Free Bereich                                                            100%                 88%             100%                            90%                         100%                      98%
                                           nicht Frequent Flyer Lounge                                                             100%                 75%             100%                            70%                          95%                      94%
                                                           kauft Zeitung                                                            50%                 48%              46%                            65%                          42%                      20%
                                                                  15 min                                                            67%                 50%              58%                            50%                          33%                      42%
                                                                     Gate                                                           92%                 65%              71%                            60%                          44%                      56%
                                                      10 min Wartezeit                                                              67%                 58%              58%                            60%                          47%                      44%
                                                  Sicherheitskontrolle2                                                             83%                 88%              83%                            90%                          89%                      78%
                                                      steigt in Flugzeug                                                            92%                 80%              88%                            85%                          92%                      80%
                                                            Manchester                                                              58%                 40%              50%                            30%                          56%                      28%

                                                                    Abb. 2: Durchschnittliche Häufigkeit der Aspekte nach Jahren


hingewiesen, dass es sich bei der Auswertung und den Ergebnissen eher um Tendenzen in
der Stichprobe der Studenten handelt, als um belastbare Daten und Fakten.
38 Dirk Hamann, Christoph Gibcke, Kurt Sandkuhl, Birger Lantow

7   Zusammenfassung
Die Modellierung eines Sachverhalts unter freien Vorgaben, wie es die Nicht-Einschränkung
auf eine Darstellungsform im Modul Unternehmensmodellierung derzeit durchführt, bietet
viel Raum für die Erstellung eines Modells. Nicht zuletzt deshalb resultierten die unter-
schiedlichsten Lösungen für die Modellierungsaufgabe „Peggy fliegt nach Manchester“.
Bei der Auswertung der vorhandenen Datensätze fanden nahezu alle gängigen Modellie-
rungssprachen und Darstellungsmöglichkeiten für die Modellrepräsentation Anwendung.
Der weitaus größte Teil der Modelle bestand aus eigenen Darstellungsformen, die abseits
der formalen Modellierungssprachen liegen. Die Ergebnisse lagen im Ganzen aber ein
gutes Stück von einem akzeptablen Durchschnittswert entfernt. Es zeigte sich, dass die
Studenten mit den formalen Modellierungssprachen nur bedingt umgehen und sie dem-
zufolge fehlerfrei abbilden können. Neben systematischen Fehlern in der Notation traten
viele Ungenauigkeiten bei der Modellierung von Alternativpfaden zu Tage. Bezeichnend
war die hohe Fehlerquote der Studenten bei den Modellen, die die Alternativwege mit
Konnektoren (81%) darzustellen versuchte. Aber auch das Weglassen ganzer Aspekte
während der Sachverhaltsmodellierung, wie etwa die Taxi-Alternative zu Beginn, werfen
abschließend die Frage in den Raum, ob die Studenten

•     die textuelle Sachverhaltsdarstellung falsch aufnahmen,
•     unpassende Modellierungssprachen für ihre Modellierungsgedanken und -absichten
      verwendeten
•     oder der Kenntnisstand zur Modellierung einer solchen Aufgabe schlichtweg nicht
      ausreichte?


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          3Dihub.