=Paper= {{Paper |id=Vol-2542/MOD20-TuD1 |storemode=property |title=ADAMO - Echtzeit Kollaboration mit adaptiven Prozessmodellen (ADAMO - Real-Time Collaboration with Adaptive Process Models) |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-2542/MOD20-TuD1.pdf |volume=Vol-2542 |authors=Daniel Hilpoltsteiner,Markus Schmidtner |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/modellierung/HilpoltsteinerS20a }} ==ADAMO - Echtzeit Kollaboration mit adaptiven Prozessmodellen (ADAMO - Real-Time Collaboration with Adaptive Process Models)== https://ceur-ws.org/Vol-2542/MOD20-TuD1.pdf
                                                     Modellierung 2020: Tools & Demos Papers             193

ADAMO – Echtzeit Kollaboration mit adaptiven Prozess-
modellen
Daniel Hilpoltsteiner1, Markus Schmidtner
Zusammenfassung
Dieser Beitrag stellt die Implementierung eines Modellierungswerkzeugs vor, das auf zwei Themen
ausgerichtet ist. Erstens ist die Verwaltung von Varianten ein grundlegendes Problem im Geschäfts-
prozessmanagement. Standardmodellierungssprachen wie EPK und BPMN 2.0 wurden bereits für
die Variantenmodellierung erweitert. Solche Erweiterungen werden jedoch selten durch geeignete
Modellierungswerkzeuge implementiert. Zweitens bieten nur sehr wenige Modellierungswerkzeuge
die Möglichkeit, an einem Modell mit mehreren Personen gleichzeitig zu kollaborieren. Daher be-
schreibt dieser Beitrag einen Prototyp für die verteilte Modellierung adaptiver Informationsmodelle.



1     Motivation
Konkrete Probleme treten in der Praxis bei der Verwaltung von Prozessmodellvarianten
auf. Dies zeigt sich beispielsweise in Branchen und Anwendungsbereichen wie Logistik,
Projektmanagement [TiSe16], und Fahrzeugleasing für die Bank eines Automobilherstel-
lers [Seel17]. LA ROSA et al. [LvDM17] geben einen Überblick über bestehende Ansätze
zur Modellierung von Prozessvarianten mit adaptiven, konfigurierbaren Modellen. In der
Regel werden konfigurierbare Modelle durch Hinzufügen oder Entfernen von Elementen
angepasst. Mit Hilfe der kontextfreien Grammatik wurde das Modell mit Konfigurations-
termen erweitert, um die Varianten nach dem Prinzip der "Elementselektion über Terme"
zu identifizieren. Ein Konfigurationsterm repräsentiert Entscheidungsregeln und besteht
aus einer Kombination von Variablen und logischen Operatoren, die zusammen eine
"wahre" oder "falsche" Aussage bilden [Beck02], [Delf06]. Das Modellierungswerkzeug
ADAMO (ADAptives Modellierungswerkzeug) ist nach HEVNER und CHATTERJEE
[HE10] als Artefakt der Design Science Research (DSR) zu interpretieren. Es löst prakti-
sche Probleme bei der Erstellung adaptiver Informationsmodelle und ermöglicht gleich-
zeitig die verteilte Konstruktion der Modelle. Die Funktionalitäten werden im Rahmen
eines Technologietransferprojektes in Zusammenarbeit mit verschiedenen mittelständi-
schen Unternehmen entwickelt und bewertet.
Das Tool, dessen Architektur und Implementierung in diesem Beitrag aufgezeigt wird,
ermöglicht es dem Anwender, ein einziges adaptives Modell mit verschiedenen Varianten
zu erstellen und zu pflegen (siehe Abbildung 1). Zudem kann eine konkrete Prozessvari-
ante in einer auf Variablen basierenden Situation extrahiert werden, basierend auf dem
genannten der „Elementselektion über Terme“ [Beck02], [Delf06]. Die Verwendung eines
1
 HAW Landshut, Institut für Projektmanagement und Informationsmodellierung,
{daniel.hilpoltsteiner|markus.schmidtner}@haw-landshut.de
Copyright (c) 2020 for this paper by its authors. Use permitted under Creative Commons License Attribution 4.0
International (CC BY 4.0).
194    Daniel Hilpoltsteiner und Markus Schmidtner

einzigen Modells kann den Administrationsaufwand reduzieren und das Risiko von In-
konsistenzen über mehrere Dateien hinweg verringern. Dies trifft vor allem auf Prozess-
varianten zu, welche eine ähnliche Struktur aufweisen, jedoch Abweichung in einzelnen
Prozessschritten aufweisen. Im Allgemeinen ist die Geschäftsprozessmodellierung die
Grundlage für eine Vielzahl von Anwendungen in verschiedenen Bereichen. Adaptive
Modelle bieten die Möglichkeit, ein generisches Prozessmodell zu optimieren, das von
einer Reihe von Parametern abhängig ist. Im Bereich der kollaborativen Werkzeuge gibt
es bereits Tools wie z. B. „Cheetah Experimental Platform“, „Signavio Process Editor“,
„CoMoMod“. Im Gegensatz zu FORSTER at al. [FO12] fokussiert sich dieser Beitrag le-
diglich auf die technische Realisierung der Kollaboration über MQTT.




    Abbildung 1. Unterschied zwischen einem Standard-Modellierungswerkzeuges und ADAMO



2     Architektur und Implementierung
Als Architektur für das Modellierungswerkzeug wurde ein Client-Server-System defi-
niert. Damit der Benutzer von verschiedenen Geräten wie iPads, Android-Tabletts oder
Linux/Windows-PCs arbeiten kann, wurde eine JavaScript-Anwendung implementiert.
Um ein solches Softwaretool zu erstellen, verglichen die Autoren [SDSS16] verschiedene
Open-Source-Modellierungstools und untersuchten ihre Eignung als Grundlage für einen
Forschungsprototyp für adaptive Informationsmodelle. Es wurde festgestellt, dass beste-
hende Open-Source-Modellierungstools für diesen Zweck unzureichend geeignet sind.
Die Entscheidung für ein Open-Source-Modellierungstool wurde aufgrund verschiedener
Anforderungen getroffen, darunter die Zugänglichkeit des Quellcodes, die Lizenzbedin-
gungen, die bestehende Funktionalität und eine Bewertung der zukünftigen Nutzbarkeit
der im Open-Source-Modellierungstool verwendeten Architektur. Basierend auf allen bis-
herigen Anforderungen wurde das Open-Source-Modellierungsframework bpmn-js als
geeignete Grundlage gewählt. Wichtige Anforderungen zur Modellierung adaptiver Pro-
zessmodelle wurden in HILPOLTSTEINER et al. [HI19] beschrieben. Diese umfassen vor
allem Anforderungen an die Effizienz und Benutzerfreundlichkeit im Umgang mit adap-
tiven Prozessmodellen sowie die Sicherstellung der Mehrbenutzerfähigkeit und des kolla-
borativen Arbeitens. Durch weitere Evaluation mit Projektpartnern wurde der Bedarf zur
Entwicklung eines Benutzermanagements, und einer Modelldatenbank erkannt. Des Wei-
teren wurde eine Strategie zum Echtzeit-Datenaustausch zwischen verschiedenen Clients,
wenn mehrere Anwender gleichzeitig an einem Modell arbeiten, gewünscht. Wendet man
                        ADAMO – Echtzeit Kollaboration mit adaptiven Prozessmodellen   195

die Definition von kollaborativem Arbeiten nun auf ein Modellierungswerkzeug an, so
lassen sich 2 Kernpunkte ableiten. So muss es den Anwendern ermöglicht werden zusam-
men auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten, sprich die gemeinsame Erstellung von Mo-
dellen, und Ressourcen, sprich Modelle, zu teilen. Zudem muss eine Struktur geschaffen
werden, um Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten abbilden zu können. Ein wichtiger
Teil hierbei ist die Konsensbildung.




                   Abbildung 2. Darstellung der Architektur von ADAMO
Für die Client-Anwendung wurde das Framework Angular gewählt, da es sich durch seine
starke Community und die Anzahl der darauf basierenden zusätzlichen Bibliotheken aus-
zeichnet. Sie dient zur Modellierung der Modellvarianten in einer grafischen Oberfläche.
Die Architektur trennt die Datenkommunikation in zwei hierarchische Schichten: eine für
die Echtzeit-Zusammenarbeit mit dem MQTT-Protokoll und die andere für die Daten-
persistenz. Das Protokoll ermöglicht es, dass alle Clients sowohl Daten veröffentlichen als
auch Themen abonnieren können. Die Kommunikation erfolgt über einen Server, der auch
"Broker" genannt wird. Dies ermöglicht eine lose Kopplung zwischen den einzelnen Cli-
ents. Ein weiterer Vorteil von MQTT ist die themenbezogene Kommunikation über soge-
nannte Themen. Auf diese Weise ist es möglich, einzugrenzen, welche Informationen ein
Teilnehmer erhält. Der Server übernimmt dabei das Benutzer-, Rechte- und Rollenma-
nagement während der MQTT-Broker die Echtzeitkollaboration der Nutzer auf Modell-
ebene gewährleistet.
Abbildung 3 zeigt die Oberfläche des Modellierungswerkzeugs in einem Browser. Oben
wird eine Administrationsleiste angezeigt, mit der Sie mehrere Informationsmodelle
gleichzeitig öffnen und bearbeiten können. Diese verschiedenen Modelle werden dann in
verschiedenen Registerkarten nebeneinander angezeigt. Am Ende der Leiste stehen Infor-
mationen über den aktuellen Benutzer sowie Einstellmöglichkeiten zur Verfügung. Unten
ist die Modellierungs-Leinwand, die auf dem Open-Source-Framework bpmn-js basiert.
Auf der linken Seite befindet sich eine Palette mit verschiedenen Werkzeugen, die um
Funktionalitäten zur adaptiven Modellierung erweitert wurde. Unter anderem können die
einzelnen Varianten der Informationsmodelle anhand der Konfigurationsbedingungen ein-
196     Daniel Hilpoltsteiner und Markus Schmidtner

gefärbt werden. Konkrete Varianten können extrahiert und in verschiedenen Formaten ex-
portiert oder in eine Workflow-Engine hochgeladen werden. Das Modellierungswerkzeug
ist online zugänglich2.




Abbildung 3. Aufbau der Modellierungsoberfläche von ADAMO und Darstellung der kollaborie-
renden Personen
Zudem wurden zusätzliche Funktionen zur Modellierung und Auswertung von adaptiven
Modellen in Form von Annotationen im Modell und Algorithmen im Quellcode hinzuge-
fügt. Sobald mehrere Benutzer dasselbe Modell in der ADAMO-Anwendung geöffnet ha-
ben, erscheint die Anzahl der Benutzer hinter den Symbolen der Berechtigungen. Klickt
man auf die Zahl oder fährt mit der Maus darüber, werden Informationen über die Benut-
zer eingeblendet, die gleichzeitig das Modell bearbeiten.


3       Ausblick
In diesem Beitrag wurde die Funktionalität eines Modellierungstools für die Echtzeit-Zu-
sammenarbeit mit adaptiver Informationsmodellierung vorgestellt. Das Softwaretool
wurde so konzipiert, dass mehrere Benutzer es gleichzeitig nutzen und an einem Modell
arbeiten können. Dazu wurden das Konzept und die Architektur der Anwendung vorge-
stellt, aber auch Einblicke in die Implementierung gegeben. Ziel des Forschungsprojektes
ist es, das Modellierungswerkzeug in Zusammenarbeit mit verschiedenen Unternehmen
weiter zu verbessern. Der Ansatz konzentriert sich derzeit mehr auf die Entwicklung adap-
tiver Informationsmodelle zu ausführbaren Workflows. Dazu werden mit den Unterneh-
men realistische Modelle entwickelt, auf einer Workflow-Engine ausgeführt und getestet.
Der Prototyp ist mit Docker Containern flexibel einsetzbar und benötigt keine zusätzliche
Hardware für Demonstrationszwecke. Ein zukünftiger Aspekt, welcher betrachtet werden
2
    https://github.com/HAWMobileSystems/adamo
                       ADAMO – Echtzeit Kollaboration mit adaptiven Prozessmodellen   197

soll, ist das Verhalten von Anwendern bei der kollaborativen Modellierung, wie von ER-
TUGRUL et al. [ER15] untersucht. Auf dieser Basis könnten dann zusätzliche Kollaborati-
onsstrategien in den Prototypen integriert werden.
Das Technologietransferprojekt „Kompetenznetzwerk Intelligente Produktionslogistik“
wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) – Operatio-
nelles Programm mit Ziel „Investition in Wachstum und Beschäftigung“ Bayern 2014 –
2020 gefördert. Förderkennzeichen: EU-1703-0001


4    Literaturverzeichnis
[Beck02]     Becker, J. Hrsg.: Wissensmanagement mit Referenzmodellen. Konzepte
             für die Anwendungssystem- und Organisationsgestaltung ; mit 13 Tab.
             Physica-Verl., Heidelberg, 2002.
[Delf06]     Delfmann, P.: Adaptive Referenzmodellierung. Methodische Konzepte zur
             Konstruktion und Anwendung wiederverwendungsorientierter Informati-
             onsmodelle. Logos-Verl., Berlin, 2006.
[ER15]       Ertugrul, A. M.; Demirors, O.: An exploratory study on role-based collab-
             orative business process modeling approaches. New York, 2015; S. 1–5.
[FO12]       Forster, S.; Pinggera, J.; Weber, B.: Collaborative business process model-
             ing. In EMISA 2012–Der Mensch im Zentrum der Modellierung, 2012.
[HE10]       Hevner, A. R.; Chatterjee, S.: Design Research in Information Systems
             Theory and Practice. In Integrated Series in Information Systems Volume
             22, 2010.
[HI19]       Hilpoltsteiner, D.; Schmidtner, M.; Seel, C.: Prototypische Konzeption
             und Implementierung eines Softwarewerkzeugs zur Konstruktion adapti-
             ver BPMN-Prozessmodelle, 2019; S. 1–49.
[LvDM17]     La Rosa, M. et al.: Business Process Variability Modeling. In ACM Com-
             puting Surveys, 2017, 50; S. 1–45.
[SDSS16]     Seel, C. et al.: Vergleichende Analyse von Open-Source-Modellierungs-
             werkzeugen als Basis für Forschungsprototypen. In (Barton, T. et al.
             Hrsg.): Prozesse, Technologie, Anwendungen, Systeme und Management
             2016. Angewandte Forschung in der Wirtschaftsinformatik, 2016.
[Seel17]     Seel, C.: Metamodellbasierte Erweiterung der BPMN zur Modellierung
             und Generierung von Prozessvarianten. Aschaffenburg, Heide, 2017; S.
             41–50.
[TiSe16]     Timinger, H.; Seel, C.: Ein Ordnungsrahmen für adaptives hybrides Pro-
             jektmanagement. In GPM-Magazin PMaktuell, 2016, 2016; S. 55–61.