In vitro Evaluation einer neuartigen elektromagnetischen Aspirationsnadel Ingmar Gergel1 , Ralf Tetzlaff2 , Hans-Peter Meinzer1 , Ingmar Wegner1 1 Abt. Medizinische und Biologische Informatik, Deutsches Krebsforschungszentrum 2 Abt. Radiologie, Deutsches Krebsforschungszentrum i.gergel@dkfz-heidelberg.de Kurzfassung. Ziel dieser Arbeit ist es eine neuartige Aspirationsnadel mit integriertem elektromagnetischen Sensor vorzustellen und bezüglich ihrer Zuverlässigkeit und Genauigkeit zu evaluieren. Hierfür wurde ein Navigationssystem bestehend aus virtueller Bronchoskopie und Echtzeit Positionsangabe der Nadel entwickelt und in einer beatmeten Schwei- nelunge untersucht. Es wurden sieben Punktionsversuche während nor- maler Atembewegung durchgeführt und die Genauigkeit des Navigati- onssystems für jeden Versuch evaluiert. Den Ergebnissen zufolge ist das vorgestellte Navigationssystem performant und stellt einen vielverspre- chenden Ansatz dar um die Trefferrate von transbronchialen Biopsien zu erhöhen. 1 Einleitung Bei der transbronchialen Nadelaspiration (TBNA) handelt es sich um einen mi- nimal invasiven Eingriff für diagnostische Zwecke im Bereich der Bronchoskopie. Über den Arbeitskanal des Bronchoskops wird eine TBNA-Nadel vorgeschoben und durchdringt die Bronchialwand um außerhalb des Tracheobronchialbaums liegende Strukturen (z.B. Lymphknoten) zu biopsieren. Die eigentliche Biopsie- entnahme erfolgt somit blind“, da dem Arzt über das Bronchoskopievideo keine ” Informationen über die tatsächliche Lage der TBNA-Nadel zur Verfügung ste- hen. Je nach Ort der Biopsieentnahme in der Lunge werden Trefferraten von 62 % bis 69 % berichtet [1]. Um die Trefferrate während TBNA zu erhöhen wurden verschiedene Ver- fahren vorgestellt. Endobronchialer Ultraschall (EBUS) liefert Echtzeitbilder für TBNA, Herth et al. konnten für den Fall von mediastinal Lymphknoten Punktio- nen eine Trefferrate von 94 % nachweisen [2]. Der limitierende Faktor von EBUS bei TBNA ist jedoch der Bronchoskopdurchmesser, Biopsien können nur in Be- reichen direkt zugänglich für das Bronchoskop entnommen werden. Für weiter peripher gelegene Biopsieentnahmen in Regionen kleinerer Bronchien wurde von Choi et al. ein Doppellumen Katheter vorgestellt [3]. Ein Lumen des Kathe- ters beinhaltet einen elektromagnetischen Sensor und parallel dazu liegend im zweiten Lumen die Aspirationsnadel. Der Katheter wurde in einem selbst kon- struierten rigiden Plastikmodel evaluiert, allerdings ohne Berücksichtigung der Atembewegung. 230 Gergel et al. Ziel dieser Arbeit ist es, eine neue Aspirationsnadel zu entwickeln, die aus ei- ner handelsüblichen Wang Transbronchial Cytology Needle mit direkt integrier- tem elektromagnetischen Sensor besteht und diese in einer beatmeten Schweine- lunge zu evaluieren. Hierfür haben wir ein Software Navigationsystem zur An- zeige der aktuellen Position der TBNA-Nadel entwickelt. In einer explantierten Schweinelunge wurden unter Verwendung des ARTIChestTM (PROdesign Gesell- schaft für Produktentwicklung mbH, Germany) Thoraxphantom bei normaler Atembewegung sieben Punktionen durchgeführt und die Treffergenauigkeit eva- luiert. 2 Methoden Zur Evaluation der neuartigen Aspirationsnadel wurde ein Navigationssystem entwickelt und anschließend in einer beatmeten Schweinelunge untersucht. Eine handelsübliche Wang Transbronchial Cytology Needle (22 gauge, 13 mm needle projection, 1.9 mm diameter) wurde in Einzelteile zerlegt und ein Aurora⃝ R 5 degrees of freedom (DoF) Sensor am unteren Ende der Nadelspitze befestigt (Abb. 1). Das Sensorkabel wurde entlang des Führungsdrahtes über das Luer-Lock aus der TBNA-Nadel geführt. Somit konnte sichergestellt werden, dass die Bewegung der Nadel im Inneren des Plastikhülle nicht beeinträchtigt wurde und die Nadel während der Punktion immer noch arretiert werden kann. Um die Bewegung der TBNA-Nadel während einer Intervention zu erfassen wurde ein Navigationssystem, in Anlehnung an das von Wegner et al. vorge- stellte [4] entwickelt. Das von Wegner beschriebene Centerline Constraint ist für diesen Anwendungsfall jedoch nicht geeignet, da das zu ortende Instrument sich nicht immer im Inneren des Tracheobronchialbaums befindet. Folglich wurde Abb. 1. Spezialangefertigte TBNA-Nadel. (Links) Führungsdraht mit befestigtem elektromagentischen Sensor. (Mitte) TBNA-Nadel Spitze. (Rechts) Sensorkabel am Luer-Lock Ausgang. Evaluation einer Aspirationsnadel 231 die Centerline Constraint basierte Atembewegungskompensation für die TBNA Punktionen nicht implementiert. Abb. 2c zeigt eine Momentaufnahme des Na- vigationssystems. Es ermöglicht eine virtuelle Bronchoskopie vor dem Eingriff und bietet während der eigentlichen Intervention eine Navigationsunterstützung. Hierfür wird nach Registrierung der Koordinatensysteme (KS) von Bild und elek- tromagnetischen Trackingsystem kontinuierlich die Position der TBNA-Nadel auf den Bilddaten und in der virtuellen 3D Szene angezeigt. Das für die TBNA Versuche verwendete Thoraxphantom besteht aus einem verschließbaren Kunststoffbehälter in den eine Schweinelunge samt Herz plat- ziert und durch Anlegen eines Vakuums entfaltet wird (Abb. 2a). Die Atembe- wegung kann durch zyklisches Aufblasen und Entleeren eines Ballons -ähnlich der Zwerchfellbewegung- simuliert werden. Die Trachea wird an einer Röhre, die aus dem Behälter herausführt, befestigt. Dadurch wird der Luftaustausch gewährt und ein Bronchoskop kann eingeführt werden. Weiterhin können Atemfrequenz und Atemvolumen über die Phantom-Software eingestellt werden. Anhand des Thoraxphantoms konnte unter Atembewegnug untersucht wer- den wie zuverlässig der elektromagnetische Sensor in einer feuchten Umgebung (Lungengewebe) funktioniert und wie präzise die Positionsangabe der TBNA- Nadel im Navigationssystem mit der realen Position übereinstimmt. Vor den Versuchen wurde eine CT Planungsaufnahme in Inspirationslage akquiriert, für alle sieben TBNA Interventionen wurde anschließend folgender Ablauf befolgt: (1) Das Thoraxphantom wurde so platziert, dass im Radius von einem Meter keine metallischen Objekte vorzufinden waren und das Aurora⃝ R Trackingsy- stem wurde aktiviert. (2) Anschließend wurde eine punktbasierte Registrierung von CT Planungsaufnahme und elektromagnetichen Tracking KS durchgeführt. Hierfür wurden mit der getrackten TBNA-Nadel die im Bild KS definierte Land- marken, im Tracheobronchialbaum nacheinander angefahren. (3) Im Anschluss wurde die Beatmung eingeschaltet und die Atembewegung über die Phantom- (a) Throaxphantom (b) Bronchialbaum (c) Navigationssystem Abb. 2. (a) Das Thoraxphantom mit entfalteter Schweinelunge und eingeführtem Bronchoskop. (b) Markierungen der sieben TBNA Punktionen. (c) Momentaufnahme des Navigationssystems während TBNA Punktion #1 mit Anzeige der Nadelposition. 232 Gergel et al. Software geregelt. (4) Die TBNA-Nadel durchdrang die Bronchialwand an den in Abb. 2b markierten Stelle um eine Biopsieentnahme zu simulieren. (5) Darauf- hin wurde für drei volle Atemzyklen die TBNA-Nadel fixiert und ihre getrackte Position aufgezeichnet. Abschließend (6) wurde die Beatmung in Inspirationsla- ge wieder angehalten und (7) eine Kontrollaufnahme der Lunge mit eingeführter TBNA-Nadel akquiriert (Bronchoskop und Nadel wurden vorher mit Klebeband fixiert). Nach den Versuchen wurden alle sieben CT Kontrollaufnahmen auf die CT Planungsaufnahme punktbasiert registriert um eine Analyse der Tracking- genauigkeit der TBNA-Nadel zu ermöglichen. 3 Ergebnisse Der fiducial registraton error (FRE) variierte bei den TBNA Versuchen #1-7 zwischen 3.02 und 3.51 mm. Nach Registrierung von Kontroll- und Planungsauf- nahme war der root mean square error (RMS) von den verwendeten Landmarken für alle sieben Versuche kleiner 0.63 mm. Der kürzeste Abstand von aufgezeich- neter TBNA-Nadel Position zur Position in der Kontrollaufnahme betrug für die Versuche #1-7: 10.5, 6.6, 7.2, 8.7, 3.5, 10.7 and 0.8 mm. Diese Werte wurden gemessen während sich das Thoraxphantom in Inspitrationslage befand. Abb. 3 zeigt den Box-Whisker-Plot für die berechneten Abstände von ge- trackten TBNA-Nadel Positionen zu der Nadelposition in der Kontrollaufnahme. Niedrige Distanzen deuten auf eine hohe Positionsgenauigkeit im Navigationssy- stem hin. Die maximal gemessene Distanz (dmax ) betrug 23.1 mm, die minimale Distanz (dmin ) 0.8 mm. Der Abstand von dmax zu dmin in jedem TBNA Versuch entspricht dem Bewegungsintervall der Nadel während eines Atemzyklus. Die durchschnittliche Nadelbewegung (mavg ) von Inspiration zu Expiration war mit n=7 und i=# TBNA Versuch 8.1 mm ∑i dmaxi − dmini mavg = (1) n Abb. 3. Verteilung der Distan- zen von TBNA-Nadel Position in der Kontrollaufnahme zu den aufgezeichneten Positionen der getrackten Nadel im Versuch. Ausreißer werden als Kreuze und der Median als Linie dar- gestellt. Innerhalb der Box be- finden sich 50% aller gemesse- nen Distanzen (0.25-Quantil bis 0.75-Quantil). Evaluation einer Aspirationsnadel 233 4 Diskussion In der vorliegenden Arbeit wurde eine neuartige TBNA-Nadel mit integriertem elektromagnetischen 5 DoF Sensor vorgestellt. Die TBNA-Nadel wurde bezüglich Verlässlichkeit in feuchtem Gewebe und Genauigkeit in einer beatmeten Schwei- nelunge evaluiert. Hierfür wurde ein Navigationssystem bestehend aus virtueller Bronchoskopie und Echtzeit-Positionsangabe der getrackten TBNA-Nadel ent- wickelt. Für alle sieben durchgeführten TBNA Versuche konnte die Nadelposition erfolgreich -ohne Ausfälle- angezeigt und aufgezeichnet werden. Um die Genauig- keit der angezeigten Nadelposition im Navigationssystem zu bestimmen wurden die Distanzen von den aufgezeichneten Nadelpositionen (während des Versuchs) zu der Nadelposition in der Kontrollaufnahme berechnet. Den Ergebnissen zu- folge ist das von uns vorgestellte TBNA-Nadel Navigationssystem ein viel ver- sprechender Ansatz. Die Analyse der Genauigkeit der Nadelposition im Naviga- tionssystem zeigte, dass es zu einer fehlerhaften Anzeige von bis 23 mm kommen kann, jedoch nur während sich die Nadel in Expirationslage befand. In Inspi- rationslage hingegen, war der Anzeigefehler nicht größer als 10 mm. Weiterhin konnte mit mavg gezeigt werden, dass die durchschnittliche Bewegung der Nadel während eines Atemzyklus um die 8 mm liegt und somit ein einem vertretba- ren Rahmen bleibt. Dennoch können die Ergebnisse insbesondere während eines kompletten Atemzykluses noch verbessert werden. Folglich wird ein Bestandteil zukünftiger Arbeit die Integration eines Atembewegungs-Kompensationsmodels sein, um somit die Genauigkeit während des gesamten Atemzykluses zu erhöhen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass den Ergebnissen zufolge elektroma- gnetisch navigierte TBNA erfolgreich durchgeführt werden konnte und ein aus- sichtsreiches Verfahren darstellt um die Trefferrate von TBNA Biopsien zu er- höhen. Literaturverzeichnis 1. Sharafkhaneh A, Baaklini W, Gorin AB, et al. Yield of transbronchial needle aspi- ration in diagnosis of mediastinal lesions. Chest. 2003;124(6):2131–5. 2. Herth FJF, Eberhardt R, Vilmann P, et al. Real-time endobronchial ultrasound gui- ded transbronchial needle aspiration for sampling mediastinal lymph nodes. Thorax. 2006;61(9):795–8. 3. Choi J, Popa T, Gruionu L. Transbronchial needle aspiration with a new electro- magnetically-tracked TBNA needle. Proc SPIE. 2009;7261(2):Q1–Q8. 4. Wegner I, Biederer J, Tetzlaff R, et al. Evaluation and extension of a navigation system for bronchoscopy inside human lungs. In: Proc SPIE; 2007. p. 65091H.