Antrieb und Verfolgung von magnetischen Partikeln im MRT Christian Dahmen, Tim Wortmann Abteilung Mikrorobotik und Regelungstechnik, Universität Oldenburg christian.dahmen@uni-oldenburg.de Kurzfassung. Durch die Modifikation einer MRT Pulssequenz und ei- nes Rekonstruktionsprogrammes kann auf magnetische Objekte zeitlich verschränkt Kraft ausgeübt und deren Position bestimmt werden. Zu- sammen mit einer geeigneten Regelung entsteht ein vielseitiges robo- tisches System. Es werden hierzu Objekterkennung, -verfolgung und - antrieb implementiert und getestet. Die Methoden werden im Experi- ment an einem Phantom getestet, wobei als Objekte eine Stahlkugel und eine Kapsel mit Ferrofluid gewählt wurden. Die Objekte werden initial in einem 3D Volumenbild durch merkmalsbasierte Mustererkennung lokali- siert und anschließend per Templatematching in einzelnen Schichtbildern verfolgt. Das Verfahren wird anhand von zusätzlichen Videoaufnahmen und einem strukturierten Referenzmuster überprüft. 1 Einleitung Die Gradientenfelder eines klinischen MRT-Gerätes werden im Normalfall für die Ortskodierung bei der Bildakquise benötigt. Prinzipiell lässt sich damit aber auch eine Kraftausübung auf magnetische Objekte erzielen. Durch zeitliches Ver- schränken von Gradientenpulsen für Kraftausübung und Bildgebung stehen End- effektor und Sensorik für ein robotisches System zur Verfügung. Damit können alle Komponenten für eine Positionsregelung magnetischer Objekte durch reine Softwareinstallation auf einem klinischen MRT-Gerät verfügbar gemacht wer- den [1]. Anwendungen hiervon werden in der unterstützten Katheternavigation, der gezielten Pharmakotherapie oder der Embolisierung gesehen. Das angestrebte Gesamtsystem besteht aus mehreren Komponenten (Abb. 1). Die Positionsbestimmung erfolgt über die Erkennung und Verfolgung der durch das magnetische Objekt hervorgerufenen Suszeptibilitätsartefakte. Ein vorge- schlagener Ansatz für makroskopische längliche Objekte basiert auf der Hough- Transformation [2]. Vereinzelte kugelförmige Objekte können ohne Bildrekon- struktion direkt durch Auswertung der MR-Signale lokalisiert werden [3]. Ein alternativer Ansatz für beliebige mikroskopische Objekte verwendet merkmals- basierte Objekterkennung und Template-Matching zur Objektverfolgung [4, 5]. Die Regelung ist unterteilt in einen High Level Controller zur Pfadplanung und einen Low Level Controller zur dynamischen Regelung [6]. Im Gradientencon- troller werden die Stellsignale für Antrieb und Positionsbestimmung generiert Antrieb und Verfolgung von magnetischen Partikeln im MRT 345 und von der MRT Hardware ausgeführt. Durch die rückgewonnenen Messsignale wird dann erneut die Position bestimmt. Ziel dieser Arbeit sind Implementierung, Integration und Test von Artefakterkennung, -verfolgung sowie des Gradienten- controllers. High Level Controller und Low-Level Controller sowie die entspre- chenden Signalpfade sind für die durchgeführten Experimente im Rahmen dieser Arbeit nicht verwendet worden. 2 Material und Methoden Für die Experimente stand ein SIEMENS Magnetom Verio 3T Gerät zur Verfü- gung. Eine Fast Low Angle SHot (FLASH) Sequenz wurde dahingehend modi- fiziert, dass Gradienten für den magnetischen Antrieb mit der üblichen FLASH Sequenz zeitlich verschränkt werden. Der magnetische Antrieb erfolgt gemäß der Gesetzmäßigkeit − → (−→ )−→ F = µ0 Vm M · ∇ H (1) − → Die wirkende Kraft F ist proportional zum Objektvolumen Vm , der Magneti- − → − → sierung M und dem Gradienten der magnetischen Feldstärke H . Die modifizier- te Sequenz ist in Abbildung 2 dargestellt. Einer Bildaufnahme geht jeweils eine Antriebsphase voran. Der Antriebsvektor muss zunächst vom physikalischen Ko- ordinatensystem in das logische Koordinatensystem der Sequenz (SliceSelection, MRT Hardware K-Raum Messung MRT System Daten MRI Artefakt High Level Gradienten Erkennung Positionen Controller Fall 1: 3D Bild Initialisierung Aktuelle Positionen Bildrekonstruktion Soll-Positionen Fall 2: 2D Schicht MRI Artefakt Low Level Gradienten Gradientenparameter Verfolgung Controller Antrieb Controller Bildverarbeitung Gradientenparameter Bildgebung Regelung Abb. 1. Funktionsweise der geplanten MRT-basierten Positionsregelung. Die Objek- terkennung initialisiert die Objektverfolgung. Basierend auf den Positionsdaten wer- den in der Regelung die Pfadplanung und die Berechnung der Stellgrößen (Gradienten) durchgeführt. Die MRT Hardware führt die Antriebs- und die Bildgebungsphase aus und stellt neue Messungen für die Objektverfolgung bereit. 346 Dahmen & Wortmann PhaseEncoding, Readout) transformiert werden. Prinzipiell könnte der Antrieb noch weiter mit der Bildaufnahme verschränkt werden, beispielsweise durch An- triebsphasen nach jeder gelesenen K-Raum Zeile. Der Senkung der Totzeit im Regelkreis steht hier jedoch ein geringerer Auslastungsgrad der Gradienten durch die höhere Zahl der Pulsflanken entgegen. Außerdem ist von stärkeren Bewe- gungsartefakten auszugehen. Die Positionsbestimmung wird durch die merkmalsbasierte Objekterkennung [4] initialisiert. In einer Nachbarschaft um das gefundene Objekt wird ein Tem- plate T extrahiert. Für jedes Suchbild I berechnet sich die Korrelationsmatrix C aus ∑ xt ∑ yt C (xp , yp ) = I (xp + x, yp + y) · T (x, y) (2) x=0 y=0 Um das Maximum der Korrelationsmatrix wird per Schwellwertverfahren ei- ne Region segmentiert, deren Schwerpunkt dann dem Objektschwerpunkt ent- spricht. Als Versuchsaufbau wurde eine mit reinem Wasser gefüllte Plexiglasbox (Ab- messungen 300 mm × 300 mm × 300 mm) mit einer Stahlkugel (d = 2.5 mm) bestückt. Dadurch steht eine Signal- und Artefaktquelle zur Verfügung. Gleich- zeitig kann die Bewegung der Kugel nicht nur über das MRT Tracking sondern auch mit einer Videokamera nachvollzogen werden. In diesem Fall wurden die Parameter Te = 10 ms, Tr = 97, 3 ms, Flipwinkel 15 Grad und Matrixgröße 128 × 128 verwendet. Gradientenstärke war 20 mT/m mit einer Dauer von 0,5 s. Als alternatives Objekt wurde eine schwimmende Kunststoffkapsel mit ei- nem Ferrofluid (Ferrotec Corporation, Eisenoxydnanopartikel mit Größen von ≈ 10 nm) verwendet. Die Sequenzparameter in diesem Fall waren Te = 2, 8 ms, Tr = 26, 9 ms, Flipwinkel 15 Grad und Matrixgröße 256 × 256. Der verwendete Gradient zur Fortbewegung war in diesem Fall 20 mT/m mit einer Dauer von 2 s. Zur Bestimmung der Messgenauigkeit wurde eine strukturierte Plexiglasschei- be mit darauf fixierter Stahlkugel verwendet. Die Experimente wurden ohne geschlossenen Regelkreis durchgeführt. Abb. 2. Pulsdiagramm der modifizierten FLASH Sequenz. Der Bildakquise ist eine Antriebsphase vorgeschaltet. Antrieb und Verfolgung von magnetischen Partikeln im MRT 347 3 Ergebnisse Abb. 3 (a) und (b) zeigen den Versuchsaufbau im MRT und als Beispiel eine Schichtaufnahme vom Tracking der Stahlkugel. Die Objekte bewegen sich in die vorgegebene und gewünschte Richtung und können im Kamera- und MRT-Bild jeweils verfolgt werden. Die Trajektorien der Stahlkugel und Ferrofluidkapsel sind in Abb. 3 (c) und (d) dargestellt. Für die gezeigte Bewegung benötigt die Stahlkugel 16s, die Ferrofluidkapsel 160 s. Die Bewegung der Stahlkugel im Ka- merabild weist 6 Kanten auf, jeweils in der Nähe der Ruhepositionen während der Bildgebungsphasen. Die Genauigkeit der Positionsbestimmung in Ruhelage wurde separat mit Hilfe der strukturierten Plexiglasscheibe bestimmt und beträgt 0.44mm. a) b) c) d) Abb. 3. (a) Versuchsaufbau: wassergefüllte Akrylbox, (b) Horizontale MRT Schicht- aufnahme durch Akrylbox mit Stahlkugel, (c) Trajektorien in MRT Aufnahmen und Videobild für Stahlkugel und (d) Trajektorien in MRT Aufnahmen und Videobild für Ferrofluidkapsel. 348 Dahmen & Wortmann 4 Diskussion Das Prinzip der zeitlichen Verschränkung von Positionsbestimmung und An- trieb magnetischer Objekte im MRT wurde demonstriert. Im Gegensatz zu dem Trackingverfahren in [3] erlaubt das angewandte Verfahren die Verfolgung meh- rerer Objekte beliebiger Form gleichzeitig, sofern sie in derselben Bildebene sicht- bar sind. Außerdem wird kontinuierlich aktualisiertes Bildmaterial für die Na- vigation bereitgestellt. Durch die vollständige Bildakquise ist das Verfahren im Vergleich zu [3] langsamer. Durch den open-loop Betrieb ist die Bewegung trotz konstanter Antriebs- richtung nicht geradlinig. Die Integration des Reglers wird diese Abweichung beheben. Durch den geringen Anteil magnetischen Materials an der Kapsel ist die Bewegung der Ferrofluidkapsel vergleichsweise langsam. Die Abweichung zwi- schen den von Video und MRT ermittelten Trajektorien sind unter anderem auf die Ungenauigkeit der Positionsmessung per Videokamera (Abstand ca. 5 m, fla- cher Winkel entlang Patiententisch) zurückzuführen. Eine tatsächlich deutlich höhere Genauigkeit des Trackings im Bewegungsfall kann erwartet werden. Wei- tere Einflussfaktoren sind die Bildgebungsgradienten, die ebenfalls Kraft auf die Stahlkugel ausüben, sowie Reibungskräfte. Diese beiden Faktoren können für die im Videobild beobachtete kantige Bewegung verantwortlich sein. Dies muss in weiteren Versuchen untersucht werden. In Zukunft muss die Bildrate von derzeit 1–3 Hz erhöht werden. Potential liefert die partielle K-Raum Akquisition. Für die Positionsbestimmung im Be- wegungsfall wird eine genauere Referenzmethode benötigt. Nach Integration des Reglers sollten weitere Versuchsszenarien getestet werden. Literaturverzeichnis 1. Mathieu JB, Martel S. Magnetic microparticle steering within the constraints of an MRI system: proof of concept of a novel targeting approach. Biomed Microdevices. 2007;9(6):801–6. 2. Dimaio S, et al. Needle artifact localization in 3T MR images. Stud Health Technol Inform. 2006;119:120–4. 3. Felfoul O, Mathieu JB, Beaudoin G, et al. MR-tracking based on magnetic signature selective excitation. IEEE Trans Med Imaging. 2008;27 (1):28–35. 4. Wortmann T, Dahmen C, Fatikow S. Study of MRI susceptibility artifacts for nanomedical applications. J Nanotechnol Eng Med. 2010;1(4). 5. Wortmann T, Dahmen C, Geldmann C, et al. Recognition and tracking of magnetic nanobots using MRI. In: Proc Int Symp Optomechatronic Technol; 2010. 6. Belharet K, Folio D, Ferreira A. 3D MRI-based predictive control of a ferromagnetic microrobot navigating in blood vessels. In: Proc IEEE Int Conf Biomed Robot Biomechatronics; 2010.