=Paper= {{Paper |id=None |storemode=property |title=Bildanalyse frei diffundierender Nanopartikel in vitro |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-715/bvm2011_72.pdf |volume=Vol-715 }} ==Bildanalyse frei diffundierender Nanopartikel in vitro== https://ceur-ws.org/Vol-715/bvm2011_72.pdf
Bildanalyse frei diffundierender Nanopartikel in
                      vitro

Thorsten Wagner1 , Dominic Swarat1 , Martin Wiemann2 , Hans-Gerd Lipinski1
    1
        Biomedical Imaging Group, Fachbereich Informatik, Fachhochschule Dortmund
                    2
                      Institute for Lung Health (IBE R&D gGmbH) Marl
                                    wagner.thorsten@gmx.de



          Kurzfassung. Durch eine Laser gestützte Mikroskopiemethode lassen
          sich Nanopartikel in vitro auch mit Lichtmikroskopen als mobile Objekte
          visualisieren. Aus Form- und Mobilitätseigenschaften visualisierter Na-
          nopartikel werden mit Bildverarbeitungsmethoden charakteristische Pa-
          rameter gewonnen, mit deren Hilfe unterschiedliche Nanopartikel-Proben
          in vitro analysiert und differenziert werden können, um in Folgeexperi-
          menten Aussagen über deren gesundheitsschädigende Wirkungen erzielen
          zu können.


1        Einleitung
Sowohl für die Industrie als auch für die Biomedizin haben Nanopartikel (NP) als
Werkstoffe eine zunehmend größere Bedeutung. Allerdings deuten insbesondere
klinische Untersuchungen darauf hin, dass NP beim Menschen auch erhebliche
gesundheitliche Probleme auslösen können [1, 2]. Um diese Gesundheitsgefähr-
dung experimentell abschätzen zu können, bieten sich zunächst in vitro Untersu-
chungen, z.B. an Zellkulturen an [3]. Dazu sind die NP in wässrige Lösungen zu
geben, um dann in einem weiteren Schritt deren Wechselwirkungen mit ebenfalls
in diesen Lösungen enthaltenen vitalen Zellen zu untersuchen. Da vitale Zellen
überwiegend mit der Lichtmikroskopie untersucht werden können, müssen Me-
thoden entwickelt werden, mit denen NP (Durchmesser 20 − 400 nm) auch mit
Hilfe der Lichtmikroskopie sichtbar gemacht, registriert und über deren Bildei-
genschaften charakterisiert werden können.


2        Material und Methoden
Werden NP von einem Laserstrahl getroffen, so streuen sie die Strahlung und
werden im Mikroskop sichtbar, da ihr scheinbarer Durchmesser um ein Vielfaches
größer ist als ihr wirklicher Durchmesser. NP erscheinen als sich unterschied-
lich schnell bewegende, unterschiedliche helle und unterschiedlich ausgedehnte
Punkte, wobei ihre Bewegung vor allem durch die Brownsche Molekularbewe-
gung bestimmt wird [4]. Die Brownsche Molekularbewegung ist grundsätzlich
ein dreidimensionaler zeitabhängiger Prozess. Werden die NP, die sich in einer
wässrigen Lösung befinden, jedoch über eine geschickt geführte Lasergeometrie
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bestrahlt, dann kann man näherungsweise mit einer zweidimensionalen Bildana-
lyse den Bewegungsvorgang erfassen (so genanntes N anoSightTM -Verfahren).
Ein seitlich auf eine Küvette gelenkter Laserstrahl bestrahlt in einem auf ei-
ner definierten Tiefe ( z-Referenzebene“) beschränkten Areal die sich dort in
                         ”
wässriger Lösung befindenden NP. Das von den NP gestreute Licht gelangt in
den Strahlengang eines Mikroskops und wird mit Hilfe einer digitalen Kamera
sowie eines PC als zeitliche Bildsequenz (typisch: 20 − 60 s Dauer; 30 Bilder
pro Sekunde) fortlaufend registriert. Die Bildebene, in der sich die NP befin-
den, liegt in der Nähe der z-Referenzebene und kann fokussiert werden. Die NP
lassen sich nach ihrer Form und Helligkeit sowie ihrem dynamischen Verhalten
(z.B. Tracking und daraus abgeleiteten Diffusionskoeffizient) charakterisieren.
Die sichtbare geometrische Form eines NP ist durch die Kompaktheit (circula-
rity) und einem Symmetrie-Parameter zu charakterisieren. Die Dynamik lässt
sich durch den Diffusionskoeffizienten jedes einzelnen sichtbaren Partikels so-
wie über die Form seines dabei zurückgelegten Pfades (z.B. anhand seiner frak-
talen Dimension [5]) beschreiben. Der Diffusionskoeffizient kann aus der direkten
Vermessung des Pfades ( track“) durch Bildung des mittleren Verschiebungs-
                            ”
quadrates berechnet werden. Ferner wurde die Diffusion von NP mit Hilfe der
Monte-Carlo Methode zwei- bzw. dreidimensional simuliert. Die Erzeugung für
die Simulation notwendigen normalverteilten Zufallszahlen erfolgt mit Hilfe des
Ziggurat-Algorithmus [6]. Schwachstellen bzgl. der Periodendauer des Ziggurat-
Algorithmus wurden berücksichtigt und die Periodendauer, wie von Leong et
al. vorgeschlagen [7], erhöht. Der Durchmesser jedes einzelnen NP wird aus dem
Diffusionskoeffizienten mit Hilfe der Stokes-Einstein-Gleichung ermittelt (für ein-
fache Geometrien ist der Partikeldurchmesser reziprok proportional zum Diffu-
sionskoeffizienten).


3     Ergebnisse

Die gemessenen Größen statischer und dynamischer Parameter werden hier am
Beispiel von monodispersen Polystyren Partikel (Durchmesser 100 nm) exem-
plarisch gezeigt. Abbildung 1, links zeigt sechs NP mit unterschiedlicher Form
und Helligkeit.
    Das sehr hell dargestellte Partikel (d) weist eine runde Struktur auf, während
ein etwa gleichhelles Partikel (c) eine elliptische Form besitzt. Die Partikel (b),
(e) und (f) sind deutlich dunkler als NP (c) bzw. (d), weisen aber ebenfalls un-
terschiedliche Rundheiten auf. Da sich Partikel unterschiedlich weit entfernt von
der z-Referenzebene befinden können, werden solche eher randständigen Partikel
weniger hell strahlen als solche, die sich im Zentrum des Laserstrahls befinden.
Das Partikel (a) zeigt zudem eine Doppelstruktur, die sich als Kollision zweier
NP deuten lässt. Solche Kollisionen sind überwiegend scheinbare (so genannte vi-
suelle) Kollisionen, weil es hier lediglich zu einer Übereinstimmung in den ebenen
Koordinaten kommt. In der Tiefe z können sie sehr weit auseinander liegen. Ech-
te Kollisionen, die zu einer Agglomeration der Partikel führen, sind eher selten,
wenn die Partikelkonzentration in der Flüssigkeit niedrig ist (typisch: 107 − 108
                                    Bildanalyse diffundierender Nanopartikel      351

Partikel/ml). Gleichwohl sind sie identifizierbar, denn der Diffusionskoeffizient
der beteiligten Partikel ist vor der Kollision i.A. deutlich höher als der des durch
Kollision entstandenen Agglomerates.
    Abbildung 1, Mitte zeigt eine Verteilung der diffundierenden NP als das Er-
gebnis einer Monto-Carlo-Simulation in drei Dimensionen. In der 3D-Graphik
haben alle simulierten Partikel die gleiche Helligkeit, aber unterschiedliche Radi-
en, entsprechend der jeweiligen Diffusionskoeffizienten (aus Beobachtungen em-
pirisch zugeordnet). Die Abbildung 1 zeigt rechts eine NP-Simulation, die sich
auf die 2D-Auswertemethode des N anoSightTM -Prinzip beschränkt, wobei sich
der z-Abstand der NP durch unterschiedliche Helligkeiten ausdrückt. Für beide
Simulationen wurden ebenfalls die zugehörigen Dichtefunktionen für die Diffu-
sionskoeffizienten und die NP-Durchmesser ermittelt. Typische Ergebnisse der




Abb. 1. Momentaufnahme diffundierender Nanopartikel (links: Originalregistrierung;
Mitte: äquivalente 3D-Simulation; rechts: korrespondierende 2D-Visualisierung).




Abb. 2. Dichtefunktionen der gemessenen und simulierten NP-Diffusionskoeffizienten
[10(−10) cm2 /s] (links) NP-Durchmesser [nm] (rechts).
352     Wagner et al.

Tabelle 1. Mittelwert und Standardabweichung von NP-Parametern (Durchmesser,
simulierter Durchmesser, Diffusionskoeffizient, Kompaktheit, Symmetriefaktor, fraktale
Dimension).

       diameter   simulated    diffusion       circularity   symmetry   fractal
       [nm]       diameter     coefficient      0