=Paper= {{Paper |id=None |storemode=property |title=Drei Feedback-Zyklen in der Software Engineering-Ausbildung durch erweitertes Just-in-Time-Teaching |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-956/S1_Paper2.pdf |volume=Vol-956 |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/seuh/HagelMM13 }} ==Drei Feedback-Zyklen in der Software Engineering-Ausbildung durch erweitertes Just-in-Time-Teaching== https://ceur-ws.org/Vol-956/S1_Paper2.pdf
 Drei Feedback-Zyklen in der Soft-
ware Engineering-Ausbildung durch
erweitertes Just-in-Time-Teaching
                       Georg Hagel; Jürgen Mottok; Martina Müller-Amthor
{georg.hagel,martina.mueller-amthor}@fh-kempten.de, juergen.mottok@hs-regensburg.de

                                                       al. 1998, 1999, Simkins, 2010). Allerdings finden
Zusammenfassung                                        sich die dort veröffentlichten Einsätze in den Dis-
                                                       ziplinen Physik, Biologie und Chemie. Im Bereich
Das Konzept des Just-in-Time-Teachings existiert
                                                       der Informatik findet sich nur ein Erfahrungsbe-
seit Ende des 20. Jahrhunderts (Novak, 1998) und
                                                       richt für die Grundlagenausbildung (Bailey et. al.,
wird weltweit in vielen Bereichen erfolgreich prak-
                                                       2005) und einer für Theoretische Informatik (Flei-
tiziert. Allerdings noch nicht im Bereich Software
                                                       scher, 2004), jedoch nicht für Vorlesungen im Be-
Engineering. Es basiert auf großen Selbststudiums-
                                                       reich Software Engineering. Das Just-in-Time-
Anteilen für die Studierenden und zwei Feedback-
                                                       Teaching wird in (Prince et. al.,2007) zu den induk-
Zyklen, durch die die Lehrenden zeitnah, eben
                                                       tiven Lehr- und Lernmethoden gezählt.
„Just-in-Time“ auf Probleme der Studierenden
                                                            Durch die Veranstaltung „Forum der Lehre
eingehen können. Wir setzten diese Lehr- und
                                                       2012“ inspiriert, bei dem das Just-in-Time-Teaching
Lerntechnik erstmals in unseren Software Enginee-
                                                       (JiTT) vorgestellt wurde (Riegler 2012), haben wir
ring-Kursen für Master- und Bachelorstudiengänge
                                                       uns vorgenommen, diese aktivierende Lehrmetho-
ein und schildern unsere Erfahrungen mit dieser
                                                       de auch in unseren Software Engineering-Veran-
Technik. Außerdem erweitern wir sie durch einen
                                                       staltungen zu erproben.
weiteren Feedback-Zyklus, den wir im Bereich
                                                            Nach einer Einführung in die aktivierende Leh-
Software Engineering für unabdingbar halten.
                                                       re und das Just-in-Time-Teaching allgemein, be-
                                                       schreiben wir unsere ersten Erfahrungen mit dieser
Einführung                                             aktivierenden Lehrmethode. Da wir in unseren
Die klassische Vorlesung, in der die Lehrenden         ersten Versuchen mit dem erhaltenden Feedback
versuchen die Lehrinhalte durch Vorlesen eines         noch nicht zufrieden waren, erweiterten wir die
Manuskripts den Studierenden zu vermitteln, ge-        Methode um einen weiteren Feedback-Zyklus. Wir
hört, zumindest in der Informatik-Ausbildung,          beschreiben unsere Erfahrungen mit dem von uns
glücklicherweise längst der Vergangenheit an. Aber     erweiterten Just-in-Time-Teaching, durchgeführt in
auch beim heute üblichen Vortrag mit Powerpoint-       einer gesamten Lehrveranstaltung. Abschließend
Unterstützung stellen wir fest, dass mit der Über-     wird die andere Herangehensweise an die Vorbe-
mittlung des Lernstoffes auf diese Weise nicht das     reitung der Veranstaltungen aufgezeigt und Vor-
gewünschte Maß des Lernens desselben stattfindet.      und Nachteile der Methode beschrieben.
    Den Lehrenden stehen mit den konstruktivisti-
schen Methodenbaukästen „Methodenpool“ (Reich,         Aktivierende Lehre
2008) und der „Methodensammlung“ (Macke,               Aktivierende Lehre ist ein wichtiger Bestandteil,
2009) Ideenquellen zur Ausgestaltung eines aktivie-    um nachhaltiges, kompetenzorientiertes Lernen zu
renden Lernprozesses zur Verfügung. Erste positi-      fördern. Aktivierende Lehre und aktives Lernen
ve Versuche im Einsatz dieser Methoden findet          hängen unmittelbar zusammen (Mottok, 2010).
man beispielsweise in (Mottok, 2009, 2010, 2012        Lehrende geben Studierenden Raum, mitzudenken
und Hagel, 2010).                                      und mitzuarbeiten. Dieses Miteinander lässt sich
    Ein weiterer aktivierender Ansatz, der die klas-   sowohl innerhalb als auch außerhalb von Vorle-
sische und auch die heute häufige Vorlesung quasi      sungen und Übungen gestalten. Dabei vollzieht
auf den Kopf stellt, ist das Just-in-Time-Teaching.    sich ein Perspektivwechsel von der Inhaltsorientie-
Es wird seit Ende des vergangenen Jahrtausends in      rung in der Lehre hin zur Orientierung an Lerner-
wechselnden Disziplinen mit Erfolg eingesetzt (Bai-    gebnissen bzw. Kompetenzen der Studierenden.
ley et. al., 2005, Henderson et. al. 2006, Nowak et.




A. Spillner, H. Lichter (Hrsg.): SEUH 13                                                                17
    Lernen entspringt aus dem Verrichten der ei-       Fragen, so dass die Lehrenden merken, ob die Stu-
gentlichen Arbeit mit Feedback (Maier, 2000). Stu-     dierenden die Texte tatsächlich gelesen und die
dierende lernen am besten in Kontexten, also situa-    entsprechenden Fach-Kompetenzen erworben ha-
tiv. Isoliert Gelerntes ist schwer erinnerbar und      ben. Die Studierenden können sich die Zeit für die
schnell entschwunden. Wenn Aktivität von Beginn        Erarbeitung des Stoffes und die Bearbeitung der
an in den Lernprozess integriert wird, dann steigt     Aufgaben frei einteilen. Sie können die Zeiten so
die Wahrscheinlichkeit für gelingendes Lernen im       wählen, dass sie den Stoff am besten aufnehmen
Sinne einer Initiierung neuer Handlungsweisen          können.
(Stelzer-Rothe, 2008).
    Entdeckung und Motivation spielen eine große       Erstes Feedback der Studierenden
Rolle bei aktivierender Lehre. Die Studierenden        Die Lehrenden erhalten durch die Beantwortung
entdecken ihre eigenen Fähigkeiten und Möglich-        der Aufgaben ein Feedback über die Punkte des
keiten, Probleme zu lösen. Es entsteht Handlungs-      Stoffes, die die Studierenden verstanden haben,
kompetenz bei den Studierenden. Diese zeigt sich       aber auch über die Themen, die den Studierenden
in der Fähigkeit, Lerninhalte sowohl in Routinesi-     noch Schwierigkeiten bereiten. Die Lehrenden
tuationen als auch in neuen, nie zuvor erlebten und    schauen sich die Lösungen der Aufgaben kurz vor
durchdachten Situationen zielorientiert zu erfassen    der Lehrveranstaltung an und können so „Just-in-
(Meyer, 2009).                                         Time“ die Inhalte der Lehrveranstaltung dem
    Auch die Lehrenden werden motiviert durch          Kenntnisstand der Studierenden anpassen. Damit
die mobilisierten studentischen Kreativitäts-, Leis-   lehren wir nicht mehr, was wir meinen, lehren zu
tungs- und Begeisterungspotenziale.                    müssen, sondern unsere Studierenden teilen uns
    Der Vorteil aktivierender Lehre ist die aktive     mit, wo sie Lehre benötigen.
Wissenskonstruktion durch die eigene Erfahrung
der Lernenden. Dies ist dem klassischen rezeptiven     Lehrveranstaltung
Lernen überlegen.                                      In der Lehrveranstaltung gehen die Lehrenden auf
    Aktivierendes Lernen als selbstorganisiertes       die Fragen und Probleme der Studierenden ein.
Lernen soll die Studierenden zu einem höheren          Dabei können Sie die Antworten der Studierenden
Grad an Selbstbestimmung und Selbstorganisation        verwenden, so dass diese sich direkt angesprochen
verhelfen. Damit wird aber auch die Übernahme          und in ihren Problemen ernst genommen fühlen.
höherer Verantwortung für die individuellen Lern-      Weitere Vorteile, Antworten der Studierenden di-
prozesse impliziert (Faulstich, 2012) und die          rekt zu verwenden findet man in (Rieger, 2012).
Grundlage für Prozesse des lebenslangen Lernens            Meist kommen Diskussionen über die Inhalte
geschaffen.                                            zustande. Dadurch werden die Studierenden aktiv
    Der im Folgenden vorgestellte didaktische An-      in die Erarbeitung der Lösungen eingebunden.
satz Just-in-Time-Teaching in Software Engineering     „Die Lehrveranstaltung dient so nicht mehr primär
trägt die dargestellten Aspekte aktivierender Lehre.   der Übermittlung des Stoffes, sondern dazu, Stu-
                                                       dierende bei der Bewältigung ihrer konkreten
Just-in-Time-Teaching                                  Schwierigkeiten mit dem Stoff zu unterstützen“
                                                       (Rieger, 2012).
Oben behaupteten wir, dass durch das Just-in-
Time-Teaching die Lehrveranstaltung auf den Kopf       Zweites Feedback der Studierenden
gestellt wird. Wie kommen wir dazu? Beim Just-in-
                                                       In der Vorbereitung der Lehrveranstaltung bereiten
Time-Teaching wird die Aufgabe des Lesens der
Lehrinhalte nicht mehr durch die Lehrenden vor-        die Lehrenden neben Antworten auf die Fragen der
genommen (=“Vorlesung“), sondern an die Studie-        Studierenden zusätzlich „Just-in-Time“ Aufgaben
renden übergeben. Die Erstvermittlung des Stoffes      für die Lehrveranstaltung vor, die dort per Klicker
wird damit an die Studierenden übertragen.             oder automatischen Antwortsystemen von den
                                                       Studierenden beantwortet werden. Hier ist es sinn-
Selbststudium und Aufgaben                             voll, ein automatisches Antwortsystem zu verwen-
                                                       den, um allen Studierenden eine individuelle, nicht
Die Lehrenden geben den Studierenden zunächst
                                                       durch andere Studierende beeinflusste Antwort zu
einen oder mehrere Texte, die zu den Lernzielen
                                                       ermöglichen. Dabei können nach einer ersten Ab-
der nächsten Lehrveranstaltung passen, zum
                                                       stimmrunde zunächst mittels Peer-Instruction (Ma-
Selbststudium. Die Aktivierung der Studierenden
                                                       zur, 1997, Simon et. al., 2000) die Studierenden über
geschieht durch zusätzlich erstellte webbasierte
                                                       ihre abgegebenen Antworten und die Gründe da-
Aufgaben, die von den Studierenden bis etwa einen
                                                       für diskutieren und sind damit in den Lehr-
Tag vor der Lehrveranstaltung online zu bearbeiten
                                                       Lernprozess eingebunden. Nach der Diskussion
sind. Bei den Aufgaben handelt es sich um allge-
                                                       kann eine erneute Abstimmung stattfinden, die
meine Verständnisfragen, aber auch inhaltliche
                                                       meist wesentlich mehr korrekte Antworten auf-




   18                                                           A. Spillner, H. Lichter (Hrsg.): SEUH 13
weist. Durch dieses direkte Feedback erkennen die         Die Lehrveranstaltung zur strukturierten Test-
Lehrenden, ob die Studierenden die Konzepte aus-     fallermittlung lief dann vollkommen anders ab, als
reichend verinnerlicht haben. Falls nicht kann,      gewohnt: Zunächst wurde auf die Schwierigkeiten
wiederum Just-in-Time, darauf eingegangen wer-       der Studierenden und deren Fragen genau einge-
den. Der positive Effekt auf das Lernen durch den    gangen. Dann wurde ein weiteres Beispiel gemein-
Einsatz von automatischen Antwortsystemen in         sam in der Lehrveranstaltung erarbeitet.
den Lehrveranstaltungen kann beispielsweise in                Das Feedback der Studierenden war in der
(Knight et al, 2005) nachgelesen werden.             Mehrzahl positiv. Auch in der Abschlussklausur
                                                     wurde das Thema überwiegend sehr gut bearbeitet.
Erste Erfahrungen mit dem Just-in-                   Daher beschlossen die Lehrenden, das Just-in-
                                                     Time-Teaching weiter auszubauen.
Time-Teaching
                                                         Was haben wir aus der Testphase gelernt:
Wie berichtet durch das „Forum der Lehre“ inspi-
riert und im Rahmen des Projektes EVELIN zur            Die Beantwortung der Fragen muss motiviert
systematischen Verbesserung des Lernens von              werden.
Software Engineering (Abke et. al 2012) haben sich      Die Vorbereitung auf die Lehrveranstaltung
die Verantwortlichen für die Software Engineering-       war sehr aufwendig.
Ausbildung der Hochschulen in Kempten und               In der Lehrveranstaltung gab es ausgiebige
Regensburg zum Ziel gesetzt, das Just-in-Time-           Diskussionen zu dem dort behandelten Bei-
Teaching in die Lehre einzuführen. Dazu wählten          spiel.
wir zunächst gewünschte Lernziele aus, die die
Studierenden im Rahmen der Veranstaltung errei-
chen sollten:
    Die Studierenden sollen in der Lage sein, die
Strukturierte Testfallermittlung durch Grenzwert-
betrachtung zu verstehen und anzuwenden.
    Dazu erhielten die Studierenden zunächst die
Aufgabe, die entsprechenden Kapitel aus den Bü-
chern von Liggesmeyer (Liggesmeyer, 2002) und
Spillner (Spillner, 2010) zu studieren. Außerdem
wurden die in Abbildung 1 gezeigten allgemeinen
Fragen zum Verständnis gestellt.
    Die freiwillige Beantwortung der Fragen ergab
erwartungsgemäß einen Rücklauf von weniger als
50% bei den Studierenden. Dabei tauchte eine Fra-
ge häufig auf:
   „Wie bestimme ich den Repräsentanten, kann
    ich mir den selber ausdenken oder gibt es da
    irgendwelche Vorschriften, wie ich auf den
    komme?“
Darauf konnten wir in der Lehrveranstaltung aus-
führlich eingehen. Auch die Frage:
   „Gibt es auch einen sog. White-Box-Test?“
leitete am Ende der Lehrveranstaltung sinnvoll auf
das nächste Themengebiet über.
     Außer den in Abbildung 1 gezeigten Fragen,
wurde ein online zu bearbeitendes Beispiel zur
strukturierten Testfallermittlung erstellt. In der
Vorbereitung der Lehrveranstaltung war die
Durchsicht der Antworten zu diesem Beispiel sehr
aufwendig, da die verwendete Lehr- und Lernplatt-
form Moodle keine Hilfsmittel anbot, um die Ant-
worten automatisch zu beurteilen. Allerdings
                                                           Abb. 1: Allgemeine Verständnisfragen
konnte durch die Sichtung der Antworten erkannt
werden, wo die Studierenden in der Anwendung         In Kempten haben wir weiterhin versucht, inner-
der strukturierten Testfallermittlung noch Schwie-   halb der Vorlesung Softwarearchitektur für den
rigkeiten hatten.                                    Master-Studiengang „Angewandte Informatik“




A. Spillner, H. Lichter (Hrsg.): SEUH 13                                                             19
einen „Reading-First“-Ansatz zu wählen. Die Stu-            „Ich verstehe nicht, wie tief man den System-
dierenden bekamen einen aktuellen Artikel zur                kontext spezifizieren muss. Was gehört alles
Softwarearchitektur über das Thema Messaging                 dazu?“
und idempotente Nachrichten, den sie bis zur             Darauf konnte in der folgenden Lehrveranstaltung
nächsten Lehrveranstaltung lesen sollten (Helland,
                                                         eingegangen werden. Die dritte Frage (über die
2012). Ziel war es, dass die Studierenden das The-
ma idempotente Nachrichten und ihren Einsatz in          Anknüpfungspunkte) zeigte, ob die Studierenden
der Softwarearchitektur verstehen sollten. In der        die Sachverhalte des Textes in ihr bisheriges Studi-
Lehrveranstaltung haben wir diesen Text ausführ-         um, oder bisherige Erfahrungen einordnen konn-
lich besprochen und diskutiert. Dadurch, dass die        ten. Damit hingen die gelernten Themen nicht ein-
Studierenden jedoch keine Fragen zur online-             fach in der Luft, sondern wurden mit schon Gelern-
Beantwortung bekamen, hatte der Lehrende keinen          tem verknüpft.
Einblick, wie viel tatsächlich vom Thema verstan-             Zu den jedes Mal vorhandenen, oben vorge-
den wurde. Durch die lebhafte Diskussion entstand        stellten, allgemeinen Fragen kamen spezielle Fra-
der Eindruck, dass das Thema beherrscht würde.           gen in der Lehr- und Lernplattform Moodle hinzu,
Die Klausur am Ende des Semesters zeigte jedoch,         die einfache Sachverhalte abfragten, um zu erken-
dass lediglich 10% (!) der Studierende noch die          nen, ob die Studierenden den Text überhaupt
Kernaussagen kannten. Daraus schließen wir, dass         durchgearbeitet haben. Außerdem sollte das Gele-
die online zu beantwortenden Fragen und die Just-        sene an Hand eines Beispiels angewendet werden.
in-Time Lehrveranstaltung im Just-in-Time-               Wir verwendeten ein fiktives Projekt „Bewerber-
Teaching die zentrale Rolle spielen.                     managementportal für Hochschulen“ für das Ma-
                                                         nagement von Bewerbern, die bei der Hochschule
Eine ganze Lehrveranstaltung durch                       arbeiten wollen (Berufungsverfahren für Professo-
Just-in Time Teaching                                    ren, Einstellung von Labor- und wissenschaftlichen
                                                         Mitarbeitern, Mitarbeitern in der Verwaltung und
Um das Just-in-Time-Teaching einmal in einer ge-
                                                         Hiwis). Bei der Beantwortung der Fragen ging es
samten Lehrveranstaltung anzuwenden, wählte
                                                         nicht nur um Fachwissen, sondern auch um prakti-
man in Kempten die Lehrveranstaltung „Require-
                                                         sche Anwendung des Gelernten. Insgesamt muss-
ments Engineering und –Management“ im Master-
                                                         ten bei jeder Fragerunde 10 Fragen beantwortet
Studiengang „Angewandte Informatik“, die sich
                                                         werden. Die Studierenden hatten meist 5 Tage Zeit,
um ein Spezialgebiet des Software Engineerings
                                                         sich das Thema anzueignen und die Fragen zu
dreht. Die Veranstaltung wurde durchgehend von
                                                         beantworten. Einige Studierende bearbeiteten den
15 Studierenden besucht.
                                                         Stoff gemeinsam und diskutierten über die Inhalte,
    Die Lehrenden überlegten sich von Woche zu
                                                         andere wählten das Selbststudium alleine. Für die
Woche, welcher Teil des Lehrbuches, dem Stan-
                                                         Bearbeitung der Aufgaben wurde grundsätzlich ein
dardwerk von Chris Rupp und den SOPHISTen
                                                         Stichtag festgesetzt, so dass sichergestellt war, dass
(Rupp, 2009), bearbeitet werden sollte. Dazu erhiel-
                                                         alle Antworten kurz vor der Vorlesung vorlagen.
ten die Studierenden jede Woche die folgenden
                                                         Dies war in der Regel etwa 1 Tag vor der Vorle-
drei Standardfragen (Riegler, 2012) über die Lehr-
                                                         sung. Die Fragen wurden seitens der Studierenden
und Lernplattform Moodle:
                                                         zu einem sehr großen Prozentsatz beantwortet. Das
   „Was fanden Sie schwierig, oder haben Sie            lag daran, dass wir entgegen den letzten Versuchen
    nicht verstanden? Es mag sein, dass Sie hier         mit der Methode einen Prozentsatz beantworteter
    nichts angeben können. Dann antworten Sie            Fragen als Prüfungsvorleistung erbringen ließen.
    bitte mit ‚nichts‘.“                                 Die Antworten waren meist 2-10 Zeilen lang. Für
   „Beschreiben Sie, was Sie am interessantesten        manche Fragen mussten auch Diagramme erstellt
    oder gewinnbringend fanden.“                         werden, die in Dateiform abgegeben wurden.
   „Welche Anknüpfungspunkte sehen Sie zwi-
    schen diesem Stoff und dem, was Sie bereits          Erstes Feedback
    wissen?“                                             Die Lehrenden sichteten die Antworten und er-
Bei der Beantwortung der ersten Frage kam immer          kannten an Hand der Antworten Schwächen der
seltener „nichts“, je weiter die Lehrveranstaltung       Studierenden. Dieser Teil des Just-in-Time-
fortschritt. Die Fragen der Studierenden waren oft       Teachings war stets sehr aufwändig (4-10 Stunden,
sehr detailliert, so dass wir erkannten, dass sich die
                                                         manchmal auch mehr), da die Antworten größten-
Studierenden mit dem Stoff intensiv auseinander
gesetzt haben. Beim Kapitel über die Abgrenzung          teils nicht automatisch ausgewertet werden konn-
des zu erstellenden Systems kamen z.B. folgende          ten. Allerdings bereitete es viel Freude, die nächste
Fragen:                                                  Lehrveranstaltung „kundengerecht“, also „studie-




    20                                                            A. Spillner, H. Lichter (Hrsg.): SEUH 13
rendengerecht“ zu gestalten. Hierbei handelte es        zweite Feedback über den Wissensstand der Stu-
sich um die erste Feedback-Schleife, in der die Leh-    dierenden. Danach konnten noch offene Fragen
renden die Probleme der Studierenden mit dem            diskutiert, oder weitere Beispiele behandelt wer-
Stoff erkennen konnten. Für die Gestaltung der          den.
nächsten Lehreinheit wurden teils Präsentationsfo-          Mit diesen beiden Feedbacks waren die Feed-
lien erstellt, die Sachverhalte klar stellen sollten,   back-Zyklen des reinen Just-in-Time-Teachings
teils aber auch Folien mit anonymen Zitaten der         erschöpft.
Studierenden, die dann in der Vorlesung diskutiert      Drittes Feedback
wurden. Auch weitere Beispiele wurden hinzuge-          Die Lehrenden wollten darüber hinaus einen pas-
fügt.                                                   senden Umgebungsrahmen zur Verbesserung wei-
                                                        terer Lernprozesse im Bereich der personalen, sozi-
Zweites Feedback                                        alen Kompetenzen sowie der Aktivitäts- und
Parallel dazu überlegten sich die Lehrenden Auf-        Handlungskompetenz schaffen (Heyse 2009). Dazu
gaben für die Lehrveranstaltung, die mit Hilfe eines    wurde eine Vertreterin einer realen Unternehmens-
automatischen Antwortsystems (siehe Abb. 2) von         organisation als „Kundin“ eingeladen. Wichtige
den Studierenden beantwortet wurden. Der Einsatz        Persönlichkeitseigenschaften der Kundin waren
                                                        selbstbewusstes und sicheres Auftreten, Offenheit
dieses Mediums hat den Vorteil, dass die Studie-
                                                        und Bereitschaft zum Praxisdialog, Entscheidungs-
renden, wie oben besprochen, individuell die Fra-       und Schlagfertigkeit. Da in der Zusammenarbeit
gen beantworten können.                                 mit den Studierenden Feedback erwartet wurde,
Außerdem hatten die Studierenden viel Spielfreude       waren Kommunikations- und Kooperationsfähig-
dabei, was zu einem lockeren Lernklima beitrug.         keit weitere Rahmenparameter. Die gemeinsame
                                                        Bearbeitung des Projekts „Bewerbermanagement-
Unser Angebot, die Fragen anonym zu beantwor-
                                                        portal“ fand in der Übungsstunde statt. Die Studie-
ten, wurde bei den Masterstudierenden abgelehnt.
                                                        renden mussten also zusätzlich zum Selbststudium
Sie hatten Freude am Wettbewerb. Da sich die            und zur Just-in-Time-Teaching-Fragerunde keine
Studierenden geeinigt hatten, dass wir nach jedem       weiteren Übungsaufgaben bearbeiten. Damit blieb
Test die Prozentzahl der richtig beantworteten Fra-     der Aufwand für die Lehrveranstaltung für die
gen gemeinsam anschauen, war die Motivation             Studierenden in einer vergleichbaren Größenord-
hoch, sich bei der Beantwortung der Fragen anzu-        nung wie bei der klassischen Vorlesung mit Übun-
strengen. Die aktive Beteiligung der Studierenden       gen.
war immens und es bedurfte keiner Maßnahme, die              Die Kundin hat den Studierenden in typischer
Beantwortung der Fragen zu benoten.                     Kundenpraxis die Anforderungen für das Bewer-
                                                        bermanagementsystem vorgetragen. Die Lehr-
                                                        Lerngemeinschaft versuchte gemeinsam mit Hilfe
                                                        der verschiedenen erlernten Requirements Engine-
                                                        ering-Techniken, die Anforderungen des Kunden-
                                                        systems zu erheben. Dabei erkannten die Studie-
                                                        renden von Woche zu Woche, wie sie tiefer und
                                                        tiefer ins Requirements Engineering eintauchten
                                                        und die gefundenen, sowie dokumentierten Anfor-
                                                        derungen immer genauer und aussagekräftiger
                                                        wurden.
                                                        Für die Lehrenden ergab sich so sehr schön eine
                                                        dritte Feedback-Schleife, da wir sahen, wie die Stu-
                                                        dierenden im Liveprojekt das Gelernte angewendet
   Abb. 2: Automatisches Antwortsystem                  haben und Dialogfähigkeit sowie Kundenorientie-
   (SMART)                                              rung sichtbar wurde.
                                                             Alle drei Feedback-Zyklen gingen in die Vorbe-
In der Lehrveranstaltung, die somit Just-in-Time
                                                        reitung der Lehrveranstaltung der kommenden
vorbereitet wurde, wurden zunächst die Probleme
                                                        Woche wieder ein. In dieser Reflexion des „Kun-
der Studierenden mit dem Stoff behandelt und
                                                        dentermins“ fand sowohl der Austausch über krea-
danach die erneute Fragerunde mit den Klickern
                                                        tive, beobachtende und befragende Techniken des
durchgeführt. Hierbei erhielten die Lehrenden das




A. Spillner, H. Lichter (Hrsg.): SEUH 13                                                                 21
Requirements Engineering (Rupp 2009) statt, als                                                                           mehr Flexibilität und einen hohen Aufwand in der
auch eine für die Studierenden überraschende und                                                                          Vorbereitung jeder Lehrveranstaltung, der nicht im
rege Auseinandersetzung über Kommunikations-                                                                              Voraus erbracht werden kann (vgl. hierzu auch
                                                                                                                          Fleischer, 2004). Durch die Interaktion mit den Stu-
stil und Konfliktmanagement sowie über strategi-
                                                                                                                          dierenden und das direkte Anpassen der Lehrin-
sche Vertragsverhandlung. Eine Skizze der Schritte
                                                                                                                          halte an deren Vorwissen kann eine Vorbereitung
unseres Vorgehens haben wir in Abb. 3 dargestellt.                                                                        erst in letzter Minute, „Just-in-Time“ eben, erfol-
                                                                                                                          gen. Gerade bei Lehrveranstaltungen mit 50 Studie-
                                                                                                                          renden und mehr ist der Ansatz ohne eine automa-
                                                                                                                          tische Auswertung der Fragen nicht realistisch
                    Lehrende                                                     Studierende                              „Just-in-Time“ durchführbar. Peter Riegler weist
                                                                                                                          jedoch in (Riegler 2012) darauf hin, dass die Ant-
                                                                                                                          worten bei vielen Studierenden auch mit der Un-
        Vorbereitung des Materials zum
             Selbststudium
                                                                                                                          terstützung von Hilfslehrenden gesichtet werden
                                                                                                                          können.
                                                                                                                              Wird die gleiche Lehrveranstaltung zum wie-
        Vorbereitung der Aufgaben zum
           Vor- und Nachbereiten                                                                                          derholten Male gehalten, geht der Aufwand jedoch
                                                                                                                          zurück: Die Fragen für die Studierenden für den
                                                                                                                          Selbststudiumsanteil können beibehalten werden.
                                                                                                      Selbststudium


         Veröffentlichung der Aufgaben                                      Studieren des Materials und
               über Moodle                                                    Diskussion der Inhalte                      Auch wird man mehr und mehr feststellen, dass
                                                                                                                          die Studierenden häufig mit den gleichen Inhalten
          Auswerten der abgelieferten
                                                                                                                          der Veranstaltung Probleme haben, so dass die
           Ergebnisse kurz vor der FEEDBACK                                  Bearbeitung der Aufgaben                     Vorbereitung der Lehrveranstaltung zu einem er-
             Lehrveranstaltung
                                                                                                                          heblichen Anteil identisch ist. Die „Just-in-Time“-
                                                                                                                          Komponente bleibt mit ihrem Aufwand jedoch
              Vorbereitung der
          Lehrveranstaltung mit neuen
                                                                                                                          erhalten.
            Aufgaben mit Hilfe der                                                                                            Eine weitere Herausforderung für die Lehren-
               Auswertung
                                                                                                                          den sind die zu erstellenden Fragen für den online-
                                                                                                                          Teil, aber auch für die Lehrveranstaltung. Es sollen
                                                                                                      Lehrveranstaltung




         Vertiefung und Erklärung des
        Stoffes aufgrund der Auswertung
                                                                                                                          ja nicht nur die Kernaussagen der Bücher abgefragt
                                                                                                                          werden, sondern auch Konzepte verstanden und
                                                                                                                          Methoden gelernt und angewandt werden.
           Stellen neuer Aufgaben mit
              Response System.
                                                                            Diskussion (peer instruction)                     Denkbar wäre auch eine echte Firmenpräsenta-
                                                                                                                          tion mit den erarbeiteten Ergebnissen zu planen
                                                                                                                          und durchzuführen, in den Studierende als kon-
          Vertiefung und Erklärung des
        S t o f f e s a u f g r u n d d e r A u s w e rFt uEnEgD B A C K
                                                                             Bearbeitung der Aufgaben                     kurrierende Unternehmensberatungen ihr Ergeb-
                                                                                                                          niss des Requirements Engineerings darstellen.
                                                                                                                          Eine solche Erweiterung sorgt bei den Stakeholdern
                                                                                                      Praxisprojekt




         Vorbereitung von Aufgaben für
             das Praxisprojekt
                                                                            Diskussion (peer instruction)                 einer Hochschule für angewandte Wissenschaften,
                                                                                                                          die sich auch als Hochschule der Region versteht,
                                                                                                                          für besondere Profilierung.
          Auswertung der erarbeiteten                                      Bearbeitung der Aufgaben in der
               Ergebnisse.         FEEDBACK                                        Gruppe

                                                                                                                          Fazit
         Abb. 3: JiTT mit dreifachem Feedback                                                                             Die Methode des Just-in-Time-Teachings hat uns
                                                                                                                          aus einer Vielzahl von Gründen motiviert. Unsere
                                                                                                                          Erfahrungen damit sind durchgängig als positiv zu
                                                                                                                          bewerten. Erste Versuche mit einzelnen Lehreinhei-
                                                                                                                          ten waren für die Einstimmung der Lehrenden auf
Umdenken in der Vorbereitung                                                                                              diese Methode gut geeignet. Allerdings bemerkten
Für uns als Lehrende bedeutete diese Methode ein                                                                          wir, dass die Studierenden viel mehr bei der Sache
radikales Umdenken in der Vorbereitung der Lehr-                                                                          sind, wenn die ganze Lehrveranstaltung nach die-
veranstaltungen (Hesse 2000). Während man früher                                                                          sem Prinzip abgehalten wird. Die Vorteile der Me-
seine Folien, oder andere Materialien schon früh-                                                                         thode unter Berücksichtigung der dritten Feedback-
zeitig fertigstellen konnte und in der direkten Vor-                                                                      Schleife haben wir nach unterschiedlichen Schwer-
bereitung kurz vor der Lehrveranstaltung noch-                                                                            punkten angeordnet (teils übereinstimmend mit
mals darüber schauen musste, was in sehr kurzer                                                                           Fleischer, 2004). Unter dem Punkt „Studierende“
Zeit erledigt ist, fordert diese Art der Veranstaltung                                                                    haben wir alle Vorteile für die Studierenden aufge-




   22                                                                                                                             A. Spillner, H. Lichter (Hrsg.): SEUH 13
führt, unter „Feedback“ alle Vorteile das Feedback        Die dritte Feedback-Schleife durch die Anwen-
betreffend, unter „Lehrveranstaltung die Vorteile          dung der gelernten Techniken an einem größe-
für unsere Veranstaltungen, wenn wir diese Me-             ren, realen Beispiel zeigt, ob die Studierenden
thode anwenden und unter „Sonstige“ all diejeni-           die Techniken auch an einem größeren Beispiel
gen Punkte, die nicht in die anderen Kategorien            anwenden können.
passen. Dabei sind die Grenzen zwischen den
Punkten fließend:                                      Lehrveranstaltung
                                                          Die Fragerunden in der Lehreinheit motivieren
Studierende                                                die Studierenden sich auf den Lehrstoff vorzu-
   Anstatt lediglich auf die Klausuren zu lernen,         bereiten. Sie bieten auch die Möglichkeit älteres
    lesen die Studierenden regelmäßig im Lehr-             Wissen zu wiederholen.
    buch.                                                 Die Studierenden diskutieren Fragestellungen
   Aus der Heterogenität der studentischen Vorer-         mit, da sie sich auf die Lehreinheit vorbereitet
    fahrungen wird das im Selbststudium Gelesene           haben.
    unterschiedlich verwertet. In der gemeinsamen         Die Studierenden werden in den Lehrprozess
    Erörterung entwickelt sich diese Vielfalt zu ei-       durch Peer Instruction eingebunden.
    nem weiteren aktivierenden, sowie belebenden
    Element und unterstützt die Motivation der            Die Studierenden machen in der Lehrveranstal-
    Mitarbeit.                                             tung einen motivierten und interessierteren
                                                           Eindruck.
   Die individuelle Beantwortung der Fragen der
    Studierenden durch die Lehrenden kommt ei-            Die Studierenden sind gezwungen aus ihrer
    ner individuellen Betreuung der Studierenden           reinen Konsumentenhaltung in der Lehrveran-
    nahe. Die Studierenden erhalten jeweils die In-        staltung herauszukommen und aktiv am Ge-
    formation, die sie gerade benötigen.                   schehen teilzunehmen.

   Die Studierenden erkennen, dass sie nicht allei-      Die Atmosphäre im „Hörsaal“ ist fehlertole-
    ne mit ihren Fragen und Problemen zum Lehr-            rant, d.h. Fragen sind durch die Methode er-
    stoff sind.                                            laubt.
   Die Studierenden besuchen gerne die Lehrver-       Sonstige
    anstaltung, weil sie dort ihre persönlichen Fra-      Es werden Fehler oder Unstimmigkeiten im
    gen beantwortet bekommen.                              Lehrmaterial aufgedeckt.
   Durch die Erstvermittlung des Lehrstoffes             Ad hoc gestellte Fragen, die bei dieser Art der
    durch die Studierenden bereiten diese sich auf         Veranstaltung häufiger zu erwarten sind, hal-
    den lebenslangen Lernprozess vor.                      ten die Veranstaltung für den Lehrenden inte-
   Die Studierenden können die Zeit des Selbst-           ressant.
    studiums auf Zeiten legen, an denen sie am         Für Veranstaltungen, in denen unter 50 Studieren-
    aufnahmefähigsten sind.                            de erwartet werden, kann das Just-in-Time-
   Die Studierenden üben sich im Schreiben fach-      Teaching sehr gut durch einen Lehrenden durchge-
    licher Texte durch die schriftliche Beantwor-      führt werden. Bei mehr Studierenden wird die Un-
    tung der Fragen im online-Teil.                    terstützung von Hilfslehrkräften benötigt. Stellen
   Teamarbeit, wie in Unternehmen wird in der         sich die Lehrenden auf die andere Herangehens-
    Übung am realen Beispiel situativ geübt und        weise der Vorbereitung auf eine Lehreinheit um,
    steigert neben den bereits erwähnten Kompe-        können sie mit motivierten, aktiven und wissens-
    tenzen auch die Innovationskraft, da Menschen      durstigen Studierenden rechnen. Durch die Einfüh-
    miteinander aus unterschiedlichen Perspekti-       rung der dritten Feedback-Schleife können ausführ-
    ven ein Thema erarbeiten.                          lichere Themen des Software Engineerings an grö-
                                                       ßeren Beispielen direkt in der Übung in Form von
Feedback                                               Teamwork erarbeitet werden.
   Die Beantwortung der Fragen in der Selbststu-          Ein Rücklauf von ca. 50% in der Beantwortung
    diums-Komponente der Methode gibt den Stu-         von Fragen in der der von JiTT genutzten Lern-
    dierenden Feedback, in wie weit sie den Lehr-      plattform Moodle kann erhöht werden wenn für
    stoff verstanden haben.                            die studentische Mitarbeit in Just-in-Time-Teaching
                                                       Anreizsysteme geschaffen werden. So können bei-
   Die Antworten auf die online gestellten Fragen     spielsweise 10 Bonuspunkte für die Klausur durch
    und auf die Fragen in der Lehreinheit geben di-    kontinuierliche Beiträge der Studierenden in JiTT
    rektes Feedback über den Lernfortschritt der       von den Studierenden gesammelt werden. Hierfür
    Studierenden.




A. Spillner, H. Lichter (Hrsg.): SEUH 13                                                                 23
ist allerdings eine Änderung der Studienpläne nö-      Erfassung, Beschreibung und Auswahl der jeweili-
tig. Dies ist in Regensburg erstmals im WS             gen Lehr-Lernmethode als auch die unterschiedli-
2012/2013 umgesetzt.                                   chen Feedback-Typen zur Verfügung steht (Müller-
     Zusammenfassend lässt sich sagen, dass quali-     Amthor 2012).
tativ hochwertiges Lernen vor allem dann stattfin-         Weiter zu untersuchen ist, ob diese Art der
det, wenn sich die Lernenden unter sinnvoller An-      Lehrveranstaltung zu besseren Leistungen der Stu-
leitung die Dinge selbst aneignen, selbst Frage- und   dierenden in Klausuren führt. In einer JiTT-
Problemstellungen entwickeln, diese als relevant       basierten Lehrveranstaltung Software Engineering
erkennen und selbst nach Möglichkeiten und Al-         verändern die Studierenden ihr Verhalten von ei-
ternativen der Lösung suchen (Wörner, 2008).           ner passiven hin zu einer aktiven Rolle indem sie
                                                       im angebotenen Lernarrangement aktiv partizipie-
Ausblick                                               ren..
Um die Zeit der Bearbeitung der ersten Feedback-
Runde zu verkürzen und diese Methode auch für          Danksagungen
Lehrveranstaltungen mit mehr als 50 Studierenden       Die vorliegende Arbeit ist gefördert durch das vom
allein durchführbar zu machen, bieten sich Systeme     BMBF finanzierte Verbundvorhaben "Experimen-
für die online-Aufgaben an, die Fragen automatisch     telle Verbesserung des Lernens von Software Engi-
auswerten können. Zu diesen gehört LON-CAPA            neering        (EVELIN)",       Förderkennzeichen
(Kortemeyer et. al., 2008, LON-CAPA), hinter dem       01PL12022{A,B,C,D,E,F}, Projektträger DLR. Das
ein Computeralgebra System verborgen ist. Damit        Verbundvorhaben EVELIN ist im Bund-Länder-
eignet es sich hervorragend für alle mathemati-        Programm für bessere Studienbedingungen und
schen und physikalischen Aufgaben. Diese können        mehr Qualität in der Lehre angesiedelt. Die Hoch-
von dem System sogar automatisch randomisiert          schulen Aschaffenburg, Coburg, Kempten, Lands-
werden, so dass die Studierenden je unterschiedli-     hut, Neu-Ulm und Regensburg sind Verbund-
che Fragen bekommen können. Dies ist ein wesent-       partner, weitere Informationen unter www.las3.de
licher Grund, warum das Just-in-Time-Teaching in       und www.qualitätspakt-lehre.de.
Mathematik- und Physik-Lehrveranstaltungen             Wir danken auch den Reviewern unseres Artikels,
schnell Fuß gefasst hat. Auf dem Gebiet der auto-      für ihre konstruktiven Anmerkungen.
matischen Auswertung von Lösungen müssen wir
im Software Engineering noch einiges an Arbeit
investieren. Existiert außerdem ein Pool an Fragen
                                                       Literatur
und Antworten, auf den die Lehrenden zugreifen         Abke, J., Brune, P., Haupt, W., Hagel, G., Landes,
können, verringert sich auch der Aufwand für die          D., Mottok, J. Niemetz, M., Pfeiffer, V., Studt,
Erstellung der Fragen für die Selbststudiumsphase.        R., Schroll-Decker, I., Sedlmaier, Y. (2012):
Aber schon wenn ein paar Aufgabentypen automa-            EVELIN – ein Forschungsprojekt zur systemati-
tisierbar wären, kann sich das Just-in-Time-              schen Verbesserung des Lernens von Software
Teaching auch in dieser Disziplin durchsetzen.            Engineering. Erscheint im Tagungsband des
     Das Design einer geeigneten Dokumentations-          Embedded Software Engineering Kongress‘
form für Feedback-Ergebnisse und passender Er-            2012.
klärungsinhalte könnte sich positiv sowohl auf         Bailey, T., Forbes, J. (2005): Just-in-Time Teaching
Zeit- und Gestaltungsressourcen in der JITT-               for CS0. SIGCSE 2005. St. Louis, USA.
Vorbereitung als auch auf die Erfahrungskurve im
                                                       Faulstich, P., Zeuner, C. (2010): Erwachsenenbil-
Umgang auswirken.
                                                          dung, Beltz Verlag, Weinheim.
     Werden die erfassten Feedbacks auf einer Kol-
laborationsplattform anonym zur Verfügung ge-          Fleischer, R. (2004): Just-in-time: Better Teaching in
stellt, wäre es auch möglich die Studierenden in           Hong Kong. Proceedings of the Second Teach-
eine weitere Feedbackschleife zu schicken, in der          ing and Learning Symposium.
über die Gesamtergebnisse der zu einer Lehrveran-      Häfele, H., Maier-Häfele, K., (2010): 101 e-Le@rning
staltungsstunde gesammelten Aussagen Stellung             Seminarmethoden – Methoden und Strategien
genommen werden kann.                                     für die Online- und Blended-Learning-Seminar-
     Der Einsatz von strukturierten Dokumentati-          praxis, managerSeminare Verlags GmbH, Bonn.
onsformen zur Erfassung praxisrelevanter Er-
                                                       Hagel, G., Mottok, J., Utesch, M., Landes, D., Studt,
kenntnisse zum persönlichen Nachlesen und Re-
                                                          R. (2010): Software Engineering Lernen für die
flektieren sollten ohne Medienbruch als Hilfe ange-
                                                          berufliche Praxis - Erfahrungen mit dem kon-
boten und jederzeit zugänglich sein. Eine Pattern-
                                                          struktivistischen Methodenbaukasten, im Ta-
sammlung könnte angelegt und dynamisch erwei-
                                                          gungsband des Embedded Software Enginee-
tert werden (Schmolitzky 2011), welche sowohl für
                                                          ring Kongress' 2010.




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