=Paper= {{Paper |id=None |storemode=property |title=Forschung mit Master-Studierenden im Software Engineering |pdfUrl=https://ceur-ws.org/Vol-956/S4_Paper3.pdf |volume=Vol-956 |dblpUrl=https://dblp.org/rec/conf/seuh/HeseniusH13 }} ==Forschung mit Master-Studierenden im Software Engineering== https://ceur-ws.org/Vol-956/S4_Paper3.pdf
Forschung mit Master-Studierenden
     im Software Engineering
                              Marc Hesenius, Universität Duisburg-Essen
                                    marc.hesenius@paluno.uni-due.de
                              Dominikus Herzberg, Hochschule Heilbronn
                                  dominikus.herzberg@hs-heilbronn.de


Zusammenfassung                                             einer Zahl von sieben Forschungsthemen eines auszu-
Master-Studierende bringen oft viel Potential mit an        wählen und dazu eine Arbeit in Artikelform zu ver-
die Hochschule. Im Vergleich zu Bachelor-Studierenden       fassen sowie eine Präsentation zu halten. Die Veran-
haben sie in der Regel völlig andere Sicht- und Herange-    staltungen haben in Summe fünf ECTS bzw. vier SWS
hensweisen entwickelt, zum Teil aufgrund des höheren        und wurden vom verantwortlichen Professor sowie
Alters, aber maßgeblich wegen der Möglichkeit, bereits      einem Assistenten gemeinsam über die gesamte Zeit
einige Jahre außerhalb der Hochschule gearbeitet zu         begleitet. Die Studierenden hatten die Möglichkeit,
haben. Es stellt sich die Frage, wie dieses Potential für   in Gruppen zu arbeiten, hiervon machten aber nur
die Forschung an Hochschulen genutzt werden kann.           wenige Gebrauch.
Im Folgenden beschreiben wir unsere Erfahrungen mit            Dieser Erfahrungsbericht soll unsere Ideen und Vor-
einer Grupper Master-Studierender im ersten Semester,       gehensweise zusammenfassen und zur Wiederholung
denen wir die Aufgabe gestellt haben, aus einem Pool        animieren. Die Ergebnisse sind für Universitäten und
von Forschungsthemen eines auszuwählen und eine Ar-         Fachhochschulen gleichermaßen interessant. Sie zei-
beit in Form eines Artikels zu schreiben. Das erklärte      gen, dass bei einem Betreuungsaufwand von vier
Ziel war, publizierbare Ergebnisse zu generieren. Unsere    SWS wissenschaftlich publizierbares Material entste-
Erwartungen wurden wesentlich übertroffen.                  hen kann. Doktoranden an Universitäten können so
                                                            ihre Forschungsarbeiten vorantreiben und in 4-6 Mo-
                                                            naten von Studierenden Forschungsaufgaben effizient
Einleitung                                                  erarbeiten lassen. An Fachhochschulen, wo der wis-
Die Beschäftigung mit aktueller Forschung ist in vie-       senschaftliche Mittelbau fehlt, kann so Freiraum für
len Studiengängen durchaus Gegenstand der Lehre,            Forschung geschaffen und gefördert werden.
jedoch oft nur abgekoppelt von anderen Veranstaltun-
gen im Rahmen von Seminararbeiten und Literatur-            Themenauswahl
studien. Die Einheit von Forschung und Lehre wird
vielerorts nicht praktiziert (Euler, 2005). Software En-    Die Themen orientierten sich am Fokus der Veranstal-
gineering bietet aber weitreichende Fragestellungen,        tungen und waren so gewählt, dass die Studierenden
die eine Kombination von Forschung und Lehre inter-         Ergebnisse in der verfügbaren Zeit erreichen konnten.
essant machen (Broy u. Pree, 2003). Wie wir versucht        Diese waren (in Klammern die Anzahl der Arbeiten):
haben, das Potential, welches Master-Studierende mit
                                                            (a) Relation of SW Architecture and Organizational
an die Hochschule bringen, für die Forschung zu nut-
                                                                Structure (5)
zen, möchten wir im Folgenden anhand unserer Er-
fahrungen mit einer Gruppe von 19 Studierenden im           (b) Port Shen to Clojure (1)
ersten Semester des Master-Studienganges Software
Engineering and Management an der Hochschule Heil-          (c) Reinvent Programming for iPads/Tabs (4)
bronn beschreiben. Bei der Gruppe handelt es sich um
internationale Studierende, entsprechend wurden alle        (d) Architecture Diagrams Supporting the Functional
Veranstaltungen auf Englisch durchgeführt; des Weite-           Paradigm (4)
ren kennzeichnet die Gruppe ein breiter Bildungshin-
                                                            (e) Program Structure and Run-Time Visualization of
tergrund mit dem Fokus auf Informatik und IT sowie
                                                                Algorithms (1)
teils mehrjährige Berufserfahrung.
   Im Rahmen der Veranstaltungen Software Architec-         (f) Architecture and Scale-Free Networks (0)
ture (SWA) und Paradigms in Software Development
(PSD) bekamen die Studierenden die Aufgabe, aus             (g) Concurrency and Architecture (1)




A. Spillner, H. Lichter (Hrsg.): SEUH 13                                                                     115
   Die Studierenden waren nicht an diese Auswahl           nisse haben unsere Erwartungen übertroffen. Aus 16
gebunden und konnten ihre Arbeiten feiner auf be-          Arbeiten waren fünf auf sehr gutem Niveau und für
stimmte Aspekte ausrichten. Mit den Themen (a) und         eine Publikation geeignet. Alle auf Konferenzen einge-
(b) wurden zwei Notausgänge integriert, falls Studie-      reichte Arbeiten wurden vor Einreichung überarbeitet.
rende ihre Stärke oder Schwäche im Programmieren              Zwei Arbeiten zu den Themen (d) und (g) waren
sahen. Thema (a) hatte zwar konkreten Bezug auf            hochwertig, jedoch noch nicht ganz vollständig. Leider
Software Architektur, im Fokus lag aber die Beziehung      entschieden sich die Studierenden, die Themen nicht
zu Unternehmensstrukturen. Thema (b) war eine an-          weiter zu verfolgen. Eine sehr gute empirische Arbeit
spruchsvolle Programmieraufgabe, sodass hier keine         zum Thema (e) stellt einen Versuch mit Bachelor-
Ausarbeitung geschrieben werden musste. Die The-           Studierenden im ersten Jahr vor, der von zwei Master-
men (a) und (e) waren bewusst empirisch orientiert         Studierenden vorbereitet, durchgeführt und analysiert
und wurden auch entsprechend vorgestellt.                  wurde. Aktuell warten wir auf die Ergebnisse eines
   Unsere Erwartung war, aus den eingereichten Arbei-      Peer-Reviews dieses Artikels. Verschiedene Arbeiten
ten eine nach eventueller Überarbeitung publizieren        zum Thema (a) haben interessante Zusammenhänge
zu können, sowie einige andere zu einer weiteren           zwischen Architektur und Unternehmensstruktur auf-
Veröffentlichung zu verbinden.                             gezeigt, sind jedoch nur schwach empirisch belegbar.
                                                           Eine diese Arbeiten wurde bei der VARSA 20121 ein-
Struktur und Durchführung                                  gereicht und vom Peer-Review nicht angenommen, da
Die Struktur des gesamten Semesters war grob in            der Artikel nicht ganz den Fokus der Konferenz traf.
drei Phasen unterteilt: Einführung (die zeitlich längste   Aus den Arbeiten zum Thema (c) stach eine besonders
Phase), Forschung, Schreiben.                              hervor und wurde nach Anreicherung durch weitere
   Die Einführungsphase startete mit einem Multiple-       Ideen auf der SC 20122 durch die Reviewer angenom-
Choice-Test über 32 Fragen, die eine breite Themen-        men und im Juni 2012 unter (Hesenius u. a., 2012)
spanne des Software Engineerings abdeckten. Ziel           veröffentlicht.
war, einen Überblick über den Leistungsstand zu be-           Die Nichtbestehensquote lag bei ca. 36%. Eine auf-
kommen sowie Studierende zu identifizieren, die sich       fällige Korrelation mit dem Einführungstest besteht
bei der Themenwahl potentiell vergreifen konnten. Es       – aus guten Ergebnissen folgten auch gute Arbeiten.
folgten einige Vorlesungseinheiten zu SWA und PSD          Natürlich gibt es erfreuliche wie unerfreuliche sta-
sowie Einführungen in wissenschaftliches Schreiben,        tistische Ausreißer: So verhoben sich zwei durchaus
Zitieren sowie die Wertigkeit und korrekte Angabe          begabte Studierende mit guten Ergebnissen im Ein-
von Quellen. In diesem Zusammenhang wurde auch             führungstest an der Programmieraufgabe (b).
das Thema Plagiate behandelt. Des Weiteren bekamen            Für die Zukunft ist zu prüfen, wie mehr Lehrinhalte
die Studierenden einen Leitfaden, der den groben Auf-      eingewoben werden können, etwa durch Kombination
bau einer wissenschaftlichen Publikation beschrieb         mit dedizierten Veranstaltungen zum wissenschaftli-
und gleichzeit als verpflichtende LATEX-Vorlage diente     chem Schreiben.
sowie eine Leseliste zur Vorbereitung. Im Folgenden
wurden die Themen präsentiert und zur Wahl gestellt.       Literatur
Die Studierenden wurden mit kleinen Aufgaben lang-         [Broy u. Pree 2003] B ROY, Manfred ; P REE, Wolf-
sam an ihre gewählten Projekte herangeführt: Zuerst          gang: Ein Wegweiser für Forschung und Lehre im
sollten Sie ein einseitiges Proposal schreiben, in dem       Software-Engineering eingebetteter Systeme. In:
Sie den Kontext sowie das Problem zusammenfassten            Informatik-Spektrum 26 (2003), Januar, Nr. 1, S.
und die angedachte Lösung präsentierten. Anschlie-           3–7. – ISSN 0170–6012, 1432–122X
ßend sollten Sie die wissenschaftliche Community
analysieren und wichtige Konferenzen, Personen und         [Euler 2005] E ULER, Dieter: Forschendes Lernen.
Literatur identifizieren. Ihnen war im Zuge dieser Ar-       In: W. Wunderlich & S. Spoun (Hrsg.), Universität
beiten einmalig erlaubt, das Thema zu wechseln.              und Persönlichkeitsentwicklung. Frankfurt, New York:
   Die folgenden zwei Phasen waren von der Umset-            Campus (2005)
zung der Arbeit sowie der Verschriftung der Ergeb-         [Hesenius u. a. 2012] H ESENIUS, Marc ; O ROZCO M E -
nisse geprägt. Aufgrund der vier SWS konnten wir             DINA , Carlos D. ; H ERZBERG , Dominikus: Touching
wöchentliche Gespräche mit den Studierenden führen,          factor: software development on tablets. In: Procee-
sie somit kontinuierlich betreuen und viel Feedback          dings of the 11th international conference on Softwa-
geben bzw. bekommen. Die Abgabe war frühzeitig als           re Composition. Berlin, Heidelberg : Springer-Verlag,
fixe, nicht verhandelbare Deadline definiert worden.         2012. – ISBN 978–3–642–30563–4, S. 148–161

Ergebnisse und Ausblick
Wir haben einen Versuch beschrieben, Master-
Studierende im ersten Semester unter Anleitung eine          1 http://sites.google.com/site/varsa2012/

Forschungsarbeit durchführen zu lassen. Die Ergeb-           2 http://wg24.ifip.org/SC2012/




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